Klassisches Wanderterrain: die Täler und Höhen der Mittelgebirge Wandern ist eine Form weiten Gehens von mehreren
Stunden. Früher eine häufige Art des Reisens, stellt es heute vorwiegend eine Freizeitbeschäftigung und Sportart dar. Wandern ist eine mit Naturerleben verbundene, gemäßigte Sportart und ein zentraler Wirtschaftsfaktor des Sommertourismus.
In Europa sind landschaftlich reizvolle Regionen in der Natur durch Wanderwege, die in und nahe besiedeltem Gebieten liegen, gut erschlossen.
Man unterscheidet zwischen zweckfreiem und zweckgebundenem Wandern. Zweckfreie Wanderungen dienen dem
Selbstzweck, der Erbauung oder Ertüchtigung, während zweckgebundenes Wandern früher Gründe hatte wie Forschung, Arbeitssuche, Walz,
Flucht oder Handel, oder in weiterem Sinne militärische Märsche.
Abgeleitet aus einer deutschlandweit
repräsentativen Befragung ergibt sich für das zweckfreie Wandern in Abgrenzung zum Spazierengehen folgende nachfragebasierte Definition:
– Deutscher
Wanderverband (2010)[1]
Als erster historisch dokumentierter „zweckfreier“ Wanderer gilt der Italiener Francesco Petrarca,
der 1336 mit seinem Bruder den Mont Ventoux (1.900 m) bestieg. Über viele Jahrhunderte nach ihm sind nur wenige weitere Wanderungen
dieser Art dokumentiert. Doch war der Begriff des Wanderers auch in Deutschland im Mittelalter bekannt. 1353 werden in einem Vertrag zwischen Balduin
von Luxemburg, Erzbischof von Trier, und Wilhelm von Gennep, Erzbischof von Köln, über die Raubritterburg
Daun in der Eifel Kaufleute, Pilger, Wandeler und
gemeine Leut erwähnt, die aus der Burg überfallen wurden (LHAK Best. 1A Nr. 7079). Erst mit der Aufklärung, namentlich mit
Albrecht von Hallers Gedicht Die Alpen (1729) und Jean-Jacques Rousseaus Julie oder Die neue Heloise (1761), kam beim Bildungsbürgertum eine neue Naturbegeisterung auf.
Die neue Art der Fortbewegung, das Wandern, wurde zum Symbol der aufklärerischen Emanzipation des Bürgertums vom
Adel. Aufrecht im Gang blickte man nun in die Welt und beobachtete Volk und Natur ungetrübt von Kutschenfenstern. Zahlreiche aufklärerische Wanderer erkundeten im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts Europa zu Fuß und schrieben ihre Erkenntnisse
möglichst objektiv nieder. Dabei lag ein besonderes Augenmerk auf den sozialen und politischen Gegebenheiten der durchwanderten Gebiete. Als schillerndstes Beispiel gilt oftmals der Leipziger Johann Gottfried Seume, der 1801 zu einer Fußreise nach Sizilien aufbrach und nach neun Monaten über Paris nach Leipzig zurückkehrte. Wandern ist mit der Liminalität in Verbindung gebracht worden, da es ein besonderes Erlebnis mit anderen Hierarchien ist.[2]
Anschließend an die Aufklärung übernahmen die Romantiker das Wandern und prägten sein Bild bis heute.
Im Unterschied zu den Aufklärern war ihr Blick nicht mehr auf die sozialen und politischen Gegebenheiten gerichtet, sondern primär auf die Landschaft
als Spiegel des eigenen Inneren. Sie suchten die Einsamkeit, um in ihr den Kosmos in sich selber zu finden.
Harz, Rügen und die Sächsische Schweiz waren damals die Lieblingsziele der Romantiker. Deren
wilde unberührte Natur in Verbindung mit Wasser entsprach genau ihren Vorstellungen. Es entstanden zahlreiche Skizzen, Gemälde und Kupferstiche. Schließlich machten die Künstler die Regionen durch ihre Bilder so bekannt, dass es bei den
wohlhabenden Herrschaften bald zum guten Ton gehörte, diese Landschaft selbst zu sehen. Wer es sich leisten konnte, wurde mit Sänften zu den Aussichten getragen, denn die damalige Kleidung, gerade die der Frauen, war alles andere als wandertauglich.
Rückblickend betrachtet war dies der Anfang des Tourismus in Deutschland.
Im 19. Jahrhundert wurden zunehmend weniger Städte erwandert, sondern man ließ sich in Kutschen oder mit der Eisenbahn zu
den Ausgangspunkten in der Natur bringen, wo man auf immer mehr vorgegebenen Strecken lief. Wurden die Aufklärer noch angefeindet oder abschätzig angeschaut, so machten die Romantiker das Wandern salonfähig. Leider gerieten mit dem Einzug der
Eisenbahnlinien viele dieser damaligen Wanderwege in Vergessenheit.
In der Sächsischen Schweiz wurde sehr intensiv anhand von historischen Bildern der Wegeverlauf von Dresden ins Elbsandsteingebirge rekonstruiert.
Heute ist der Wanderweg als Malerweg erwanderbar.
Ausgeschilderter Wanderweg auf einer öffentlichen Straße in der Schweiz
Typisch beschilderte Wanderwege in Österreich (hier am Nassfeld) Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer zunehmenden Institutionalisierung des Wanderns
durch Wander- und Gebirgsvereine.
Diese meist bürgerlichen und heimatverbundenen Vereine leisteten Pionierarbeit in der Erschließung der Natur durch Wanderwege, Wegweiser, Wanderkarten, Schutzhütten und Aussichtstürme. Nach einem Gedicht von Wilhelm Müller komponierte Carl Friedrich Zöllner im Jahr 1844 ein Lied, das in dieser Fassung zum bekannten Wander- und Volkslied Das Wandern ist des Müllers Lust wurde. 1864 wurde mit dem Badischen Schwarzwaldverein
der erste deutsche Mittelgebirgsverein gegründet, 1896 nach einem Bergwanderunfall die erste Bergrettungsstelle weltweit im österreichischen Mürzzuschlag
(Bundesland Steiermark).
1883 in Fulda gegründet, ist der Deutsche Wanderverband
die Dachorganisation der Gebirgs- und Wandervereine in Deutschland. Seine Mitgliedsorganisationen markieren und betreuen ehrenamtlich ca. 200.000 km Wanderwege. Im Verband sind 58 Gebietsvereine mit insgesamt 600.000 Mitgliedern organisiert. Zu den Satzungsaufgaben
gehören neben der Wegearbeit und der Pflege des Wanderns auch Naturschutz-, Jugend-, Familien- und Kulturarbeit.
Die 1895 in Wien gegründeten Naturfreunde ermöglichten erstmals das Wandern für eine proletarische Schicht. Mit starker sozialistischer Prägung eröffneten sie erste Naturfreundehäuser, in denen Wanderer billig übernachten
und Ferien machen konnten. Seit ihrer Gründung haben sie mehr als 1.000 Häuser errichtet – in Deutschland alleine rund 450.
Zur gleichen Zeit kam die Jugendbewegung auf, die 1901 in die Wandervogelbewegung
mündete. Die Wandervögel waren meist jugendliche Schüler und Studenten, die aus den Städten in die Natur flohen und durch eine neue Lebensweise gegen die wilhelminische Gesellschaft aufbegehrten.
– Johann Wolfgang von Goethe
Das Wandern im bergigen Gelände
wird als Bergwandern bezeichnet, wobei die Grenzen zwischen Wandern, Bergwandern und Bergsteigen nicht genau definiert sind. Unter anderem grenzt sich das Bergsteigen vom Bergwandern durch die Notwendigkeit zu klettern
ab, wobei von „Klettern“ erst gesprochen wird, wenn man die Hände zu Hilfe nehmen muss.
Bergwandern wird zur Höhenwanderung, wenn sie in größerer Höhe ohne starke Höhenunterschiede verläuft (siehe auch Hochtour).
Von Überquerung oder Übergang spricht man, wenn ein Gebirgspass zu übersteigen ist und der Weg meist von einer Schutzhütte zur nächsten führt.
2005 gab es in Österreich 416 Tote bei Alpinunfällen, im gleichen Jahr beklagte man 764 Verkehrstote. In Tirol standen sich 179 Alpintote und 57 Verkehrstote gegenüber. Bezogen auf Österreich
ereigneten sich die meisten tödlichen Unfälle beim Bergwandern (130), dann folgte Klettern (36) und Hochtourenbergsteigen (29). Nach einer schweizerischen Studie kommt auf 7.143 Wanderstunden ein Unfall. So gesehen ist von gängigen Freizeitsportarten
nur das Schwimmen sicherer, während das Verletzungsrisiko beim Wintersport das des Wanderns 7,5-fach übersteigt (Fußballspielen
18-fach). Ursache tödlicher Alpinunfälle sind in 64 Prozent Stolpern, Ausrutschen und Absturz, in 21 Prozent Erschöpfung und Überlastung, die restlichen 15 Prozent verteilen sich auf Orientierungsverlust, Versteigen, Stein- und Blitzschlag, Hitze- oder Kälteschäden oder Lawinen.[3]
Als Weitwandern bezeichnet man eine Wandertour, die über größere Strecken führt, und bei der man mehrere Tage unterwegs ist. Von Fernwanderwegen
spricht man, wenn mehrere Weitwanderwege miteinander verbunden werden. Trekking ist Weitwandern abseits markierter Routen.
Das Weitwandern als Aspekt des Bergsports wurde schon 1912 von DuÖAV-Sekretär
Josef Moriggl angedacht, der sich mit dem Wandern von Hütte zu Hütte befasste. Der Alpinschriftsteller E. Benesch beschrieb
1932 drei Weitwanderrouten im Alpenraum.[4] Im Laufe der 1960er und 1970er
Jahre entstehen zunehmend durchmarkierte Routen, auch weil man den wirtschaftlichen Aspekt des Weitwanderns erkennt – der Weitwanderer ist an die lokalen Ressourcen gebunden. In dieser Zeit werden auch die ersten überregionalen Vereine gegründet.
Ab 1969 bestehen die Pläne, europaweites Fernwandern durch geeignete Routen attraktiv zu machen. Heute werden diese Bestrebungen in Form der Europäischen Fernwanderwege von der Europäischen Wandervereinigung
koordiniert.
- Siehe auch: Fernwanderweg – Übersicht über Wegenetz
und Wandergebiete.
Parallel entwickelt sich die Wilderness-Bewegung Nordamerikas, die von den Naturreservaten ausgehend zu analogen Weit- und Fernwegen (englisch Trail) führt. Zum weltweiten
Phänomen wird Weitwandern als Freizeitgestaltung Trekking ab der Zeit, in denen die „exotischen“ Gebirge wie Himalaya oder Anden für einen über Expeditionen hinausgehenden breitenwirksamen Ferntourismus
erschlossen werden.[4][5]
Bei der Jugendbewegung und den Pfadfindern wird das Wandern mit Zelt meist als auf Fahrt gehen bezeichnet. Fahrten dauern meist ein Wochenende bis drei Wochen.
Sportwandern beginnt bei organisierten Märschen (je nach Staat) ab 35 bis 40 km. Dachverband in Österreich ist der Österreichische Fachverband
für Sportwandern, Weitwandern und Trekking (ÖFS).[6] In der Schweiz oder Deutschland nehmen Sportwanderagenden
Teilverbände des Internationalen Volkssportverbandes (IVV) wahr. Dieser Verband bietet im Allgemeinen Wanderstrecken über 5, 10 und 20 km an. Es werden auch längere Strecken, z. B. die Marathonstrecke (42 km) oder 50 km, angeboten.
Bei einer Volkswanderung, geläufig ist auch der Begriff Volksmarsch, bietet der Veranstalter Wanderstrecken in verschiedenen Längen an, die der Teilnehmer alleine oder in einer Gruppe durchwandern kann.
Unterwegs gibt es in der Regel mehrere Verpflegungs- und Kontrollposten, so dass man kein schweres Gepäck mitnehmen muss. Nach Absolvierung der
Strecke erhält der Teilnehmer häufig eine symbolische Auszeichnung. Es wurde schon zu Beginn der 1970er Jahre im Rahmen der Trimm-dich-Bewegung
angeboten. Ausrichter waren dabei die Gemeinden.
Viele veranstaltende Vereine sind im Deutschen
Volkssportverband oder Internationalen Volkssportverband organisiert. Die Mitgliedsvereine
haben ein weltweit einheitliches Wertungs- und Abzeichenwesen.
In den Niederlanden hat sich das Strandzesdaagse
etabliert.
Aus Finnland stammt das Nordic Walking, das als weitere gesundheitsfördernde Wanderart zunehmend Anhänger unter dem Begriff
Nordic Wandern findet. Diese Art der Bewegung mit Stöcken wurde dabei speziell auf die Wanderer abgestimmt und ist für lange Strecken geeignet. Hier geht es auch um den Geselligkeitsfaktor, denn die Wanderfreunde wollen sich während ihrer Touren
auch unterhalten und die Natur genießen. Dennoch merken sie den Trainingseffekt durch den Einsatz der Stöcke in der Nordic-Walking-Technik. Heute sieht man auf vielen Wanderwegen die Wanderer mit zwei Stöcken.
Wegweiser Winterwanderweg in der Schweiz Für das Winterwandern werden außer den Wegen in den Gebirgstälern auch speziell
präparierte Trassen auf der Höhe der Skigebiete angelegt und signalisiert, in der Schweiz seit den späten 1990er Jahren mit violetten Schildern. Neben Fußtouren umfasst das Winterwandern auch Skitouren, Langlauftouren oder Schneeschuhwandern.
Viele Tourismusverbände bieten mehrtägige Touren an, bei denen das Gepäck der Wanderer gegen einen gewissen Aufpreis von
Hotel zu Hotel transportiert wird. Häufig ist dies eine kreisförmige Route innerhalb eines bestimmten Gebietes (z. B. Schwarzwald,
Pfälzer Wald, Fränkische Schweiz, Steirisches Joglland, Harz usw.). Man kann sich auch auf eigene Faust eine Route zusammenstellen und bei den in Frage kommenden Hotels anfragen, ob der Gepäcktransport übernommen wird.
Wallfahren und Pilgerschaft sind die wohl ursprünglichste Form des Wanderns, die kein eigentliches Reisen sind. Manche Pilgerwege werden noch heute als Fernwanderweg genutzt.[5]
Als einer der bekanntesten Pilgerwege gilt der Jakobsweg.
Momentan findet eine Auferstehung des Wanderns zu Bildungszwecken statt. Lehrpfade mit Informationstafeln
ersetzten den Wanderführer als Wissensvermittler und ermöglichen ein selbst bestimmtes Lernen und in jeder Hinsicht den Fortschritt in der selbst gewählten Geschwindigkeit. Eine Sonderform sind die Planetenwege, die ein verkleinertes Modell des Sonnensystems darstellen und in der Regel mit einschlägigen Informationen aufwarten. Themenwanderwege binden Ziele gemeinsamen Interesses aneinander, etwa die Walserwege oder der Kulturweg der Alpen. Auch Erinnerungswege, wie der Sentiero della Pace entlang der Alpenfront des Ersten Weltkriegs, sind in diesem Kontext zu sehen.[5] Zum Bildungswandern zählen auch geführte Wanderungen durch zertifizierte Wander-, Natur-, Stadt-, Berg- oder Wattführer. Auf geführten Wanderungen werden nicht nur die Eigenarten der Landschaft
einer Region sowie deren Geschichte vermittelt. Verkleidete Wanderführer verstärken das Bildungserlebnis und sind gleichzeitig Aushängeschilder für eine Tourismusregion, werden also auch gezielt für die Vermarktung eingesetzt. Wanderführer
bieten oft Pauschalangebote an, die Unterbringung, Verköstigung und über die vom Führer durchgeführten Wanderungen hinausgehende Angebote enthalten. Gruppen und Einzelwanderer, die diese Leistungen in Anspruch nehmen, müssen sich um
die Organisation ihrer Wanderung nicht selbst kümmern und brauchen nicht einmal eine Wanderkarte.
Auf die Wandermönche zurückgehende Tradition des mehrtägigen bzw. mehrwöchigen Unterwegsseins mit dem Ziel der Gottes- und/oder existenziellen Sinnsuche. Ziel solcher Wanderungen sind oft besondere Orte, zum Beispiel Pilger-
und Wallfahrtsorte (z. B. Santiago de Compostela), einsame und/oder entlegene Landschaften. Siehe auch Auszeit.
Dass man das ganze Leben im Bild einer großen spirituellen Wanderschaft begreifen kann, dessen Ziel irdisch
letztlich nicht zu erreichen ist, drückt eine Dichtung Gerhard Tersteegens aus dem Jahr 1745 aus:
- Ein Tag, der sagt dem andern,
- mein Leben sei ein Wandern
- zur großen Ewigkeit […]
- mein Heim ist nicht in dieser Zeit.[7]
Dies
geht zurück auf einen Gedanken des Apostels Paulus im 2. Korintherbrief 5, 6. Paulus begreift seine irdische Existenz als ein Wandern zu Gott, in der Vulgata-Übersetzung:
„Dum sumus in corpore, peregrinamur a Domino“.
Ulrich Grober versteht das Wandern
als Einübung in die Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts. Die jetzige Generation beginne, im wandernden Nomaden ein Ideal zu entdecken. Grober rezipiert das Gedankengut von Vilém Flusser (einem nomadisierenden Philosophen) und Adalbert Stifter, der in Landschaften
Größe und Erhabenheit entdeckte und seelische Zustände in Naturbeschreibungen widerspiegelte. »Man macht die Erfahrung, mit wenigem auskommen zu können und in dieser Situation Außerordentliches zu vollbringen und besonders
intensiv zu erleben.«[8]
Nachtwanderung mit Lampions
Nachtwanderung mit Fackeln
Nachtwanderungen sind Wanderungen, die überwiegend bei Dunkelheit durchgeführt werden. Diese können auch einen religiösen Hintergrund haben, z. B. der Aufstieg zum Sri Pada in Sri Lanka. Unter der Anleitung Erwachsener sind Wanderungen dieser Art speziell bei Kinder- und Jugendgruppen im Rahmen von Klassenfahrten oder
Ferienaufenthalten beliebt und gängige Praxis. Hierbei spielt der Wandergedanke gegenüber dem Gruseleffekt eine eher untergeordnete Rolle. Oft wird eine Nachtwanderung als Fackelzug inszeniert.
Die Deutsche Wanderjugend
(DWJ) betont die gesundheitsfördernde Wirkung des Barfußwanderns. Zahlreiche Barfußparks in Deutschland,
Österreich und der Schweiz ermöglichen eine erste Barfußwandererfahrung unter den gesicherten Bedingungen einer gepflegten und vielseitigen Freizeitanlage. Auch eine Wattwanderung eignet sich in idealer Weise zum Barfußlaufen.
Geocaching ist eine Art elektronische Schatzsuche oder Schnitzeljagd, bei denen zur Navigation meist GPS-Empfänger dienen. Besonders Geocaches mit mehreren Zwischenstationen (Multi-Caches) in der Natur sind Basis für Wanderungen und machen Wandern für neue, meist junge Zielgruppen attraktiv. Viele
Wandervereine und -verbände (z. B. die Deutsche Wanderjugend) unterstützen Geocaching durch Informationsveranstaltungen und Wanderungen
zu Geocaches. Durch die hohe Dichte an Caches und einschlägige Internet-Portale sind auch Wanderungen in fremden Regionen ohne aufwändige Vorabrecherche möglich.
Naturisten suchen auf Nacktwanderungen in klassischer FKK-Manier die „totale Freiheit
und Naturverbundenheit“. Um Missverständnisse zu vermeiden, bevorzugen sie dabei weniger frequentierte Strecken. Vereinzelt bestehen aber auch offiziell ausgeschilderte und beworbene Nacktwanderwege, etwa der Harzer Naturistenstieg.
Eine schärfere Art des Wanderns ist das Speed Hiking. Darunter wird das schnelle Wandern mit Stöcken und leichter Ausrüstung in anspruchsvollem Gelände verstanden. Speed Hiking kann sowohl als
Ausgleich zu vielen Wintersportarten, wie z. B. Langlauf, Skitouren, angewendet werden, als auch als optimales Aufbautraining
im Rahmen der Vorbereitung auf verschiedene Wettkämpfe oder zur Verbesserung der eigenen konditionellen und koordinativen Fähigkeiten fungieren. Die Stöcke dienen dazu, den Körper einerseits zu stabilisieren, andererseits wird dadurch gleichzeitig
die Oberkörpermuskulatur trainiert. Speed Hiking kann auch als eigenständiger Sport betrieben werden. Vielfach werden deshalb auch spezielle Wettbewerbe für Speed Hiker veranstaltet, bei denen verschiedene Distanzen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade
zu bewältigen sind.
Eine vom Fitnessmagazin Fit for Fun in Auftrag gegebene Studie des Kölner Instituts für Prävention
und Nachsorge (IPN) kam zu dem Ergebnis, dass der Energieumsatz beim Wandern vergleichbar ist mit dem beim Joggen. So verbrauchten
die Probanden beispielsweise bei einer 2-stündigen Wanderung im Flachland ebenso viel Nahrungsenergie wie beim
Joggen über 75 Minuten. Als vorteilhaft wird zudem die schonende Weise angeführt, weil es durch automatische Tempoanpassung selten zur körperlicher Überforderung kommt.[9]
Deutlicher hob die Frankfurter Rundschau
die Vorzüge des Wanderns hervor und stützt sich dabei u. a. auf eine gemeinsame Untersuchung des Bundeswirtschaftsministeriums und des Deutschen Wanderverbands von 2010. So gebe es kaum eine gesündere Sportart, denn nicht nur der Energieumsatz
sei ähnlich dem Joggen. Auch senke das Wandern das Risiko für Herz- Kreislauferkrankungen, stärke Knochen, Gelenke und Bänder ebenso wie Immunsystem und Atemwege. Zudem habe es positive Auswirkungen auf die Psyche durch den Abbau von Stresshormonen
und die vermehrte Ausschüttung des Glückshormons Serotonin und den Glücksbotenstoff Dopamin.[10]
Die Motivation zum Wandern unterliegt beträchtlichen Schwankungen, sowohl bei den verschiedenen Altersstufen und Generationen als auch hinsichtlich der Art des
Wanderns als auch dem Trend der Zeit entsprechend. War es mit der Walz der Handwerksgesellen noch eine selbstverständliche Berufsnotwendigkeit,
verbunden mit Erlebnis, Abenteuer und persönlicher Reifung, zelebrierte die Generation der Jugendbewegung und des Wandervogel das Wandern in Liedern und Unternehmungen als Emanzipation von der verkrusteten Erwachsenenwelt, als Entkommen aus den öden Städten, als romantische
Naturentdeckung und als unverzichtbaren Teil ihrer speziellen Jugendkultur.
Planwagen zur Entlastung müder Wanderer Ende der 1980er Jahre sah sich der Didaktiker Siegbert A. Warwitz jedoch bereits zu der Frage genötigt „Ist Wandern
pädagogisch noch vermittelbar?“[11] Der Fragestellung lagen Untersuchungsergebnisse zugrunde, nach
denen sowohl bei Kindern als auch bei Studierenden das vermeintliche „reine Streckemachen“ weitgehend verpönt war. Man scheute das Gepäcktragen und war beim ersten Regenschauer gern wieder unter einem Dach. Schulwanderungen ließen
sich oft nur mit der Erwartung eines Freizeitparks oder Gasthauses auf den Weg bringen. Wandern wurde als langweiliger „Seniorensport“
verstanden. Bei vielen Jugendlichen fehlte eine gewachsene „Wanderkultur“.[12][13] Warwitz beschreibt, wie selbst der für Lehramtsanwärter, speziell für Sportstudierende, obligatorische Erwerb eines „Wanderführer-Scheins“ zur Motivation zusätzliche Reize erforderte. So wurde die entwöhnte mühsame Fußbewegung
durch Formen des Rad-, Ski- und Flusswanderns ersetzt, führten „Waldläuferzeichen“ zu Überraschungen und Aufgaben, wurden komplexe Projekte gestaltet,[14] wurde das Fußwandern unter Begleitung durch einen pferdbespannten Planwagen, der die Ausrüstung transportierte und bei Bedarf „Fußkranke“ aufnahm, attraktiver gemacht.[15]
Das Klassen-, Gruppen- und Familienwandern mit Wanderausrüstung findet als Fußwandern wie als Radwandern bei Kindern auch heute ein lebhaftes Interesse, wenn
es über den reinen Fußmarsch hinaus didaktisch geschickt zu einem „Erlebniswandern“ mit Abenteuern, Aktivitäten und Entdeckungen ausgestaltet wird.[16][17][18][19]
Der Bahnhof Iserlohn
wurde als erster Bahnhof in Nordrhein-Westfalen als „Wanderbahnhof“ ausgezeichnet. Seit etwa 15 Jahren erschließen Wanderbahnhöfe mit Bahn und Bus Wanderwegenetze für
Wanderer. Mit der Erhöhung der Ein- und Aussteigerzahlen durch Wanderer an kleinen Bahnhöfen wurden diese Bahnhöfe erhalten und erschlossen damit Wanderwege
und Wanderetappen.[20] Direkt vom Bahnsteig aus können Spaziergänge, Tages- oder gar Mehrtageswanderungen
unternommen werden.[21]
Der Bedeutung der Kulturtechnik des Wanderns
widmete das Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg 2018 die umfangreiche Sonderschau Wanderland. Eine
Reise durch die Geschichte des Wanderns[22], von der die Süddeutsche Zeitung schrieb, sie zeige eine nie dagewesene Bandbreite.[23]
- Ulrich Grober: Vom Wandern – Neue Wege zu einer alten Kunst. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2011, ISBN 978-3-499-62685-2.
- Bruder Jakobus Kaffanke, OSB: Der Weg zu dir
selbst – das kleine Buch des Pilgerns. Herder Verlag, Freiburg 2010, ISBN 9783451059445.
- Heinrich Kanz: Wandern heute. Wanderpädagogik. Peter Lang Edition, Frankfurt (Main) 2013,
ISBN 978-3-631-62855-3 (268 S.)
- Dirk Schümer: Eine
kurze Geschichte des Wanderns. Malik Verlag, München 2009, ISBN 3890293751.
- S. Sterner: Die Kunst zu wandern. Reinbek 1982
- Nadine Stumpf: Abenteuer im Schulsport. Was Kinder sich wünschen und wie man diese Wünsche realisieren kann. Wissenschaftliche
Examensarbeit GHS. Karlsruhe 2001.
- Judith Völler: Abenteuer, Wagnis und Risiko im Sport der Grundschule. Erlebnispädagogische Aspekte. Wissenschaftliche Examensarbeit GHS. Karlsruhe 1997.
- Knut Waldau und Helmut Betz: Berge sind stille Meister – Spirituelle Begleitung beim Weg durchs Gebirge. Kösel Verlag, München 2005, 2. Aufl., ISBN 9783466366255.
- Siegbert A. Warwitz, Anita Rudolf (Hrsg.): Wandern als Projekt. H. 4 der Reihe ‚Projektunterricht in Schule und Hochschule‘. Karlsruhe
1986.
- Siegbert A. Warwitz: Ist Wandern pädagogisch noch vermittelbar? In: Sportunterricht 9 (1988) Seiten 325–333.
- Siegbert A. Warwitz,
Anita Rudolf, Josef Wagner (Hrsg.): Abenteuer Planwagen. H. 5 der Reihe Projektunterricht in Schule und Hochschule. Karlsruhe 1989.
- Siegbert A. Warwitz: Die Wiederentdeckung des Wanderns.
In: Olympische Jugend 5/1989 und 6/1989.
- Siegbert A. Warwitz: Lohnt sich Wagnis – Oder lassen wir uns lieber be-abenteuern? In: Magazin OutdoorWelten 1(2014) Seiten 68 ff. ISSN 2193-2921.
- ↑
Deutscher Wanderverband: Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.bmwi.deGrundlagenuntersuchung Freizeit- und Urlaubsmarkt Wandern (PDF; 4,6 MB) (gefördert durch das Bundeswirtschaftsministerium), Kassel 2010, ISBN 978-3-934580-09-1, S. 23.
- ↑ Arnd Krüger: Historie des Wanderns, in: A. Dreyer, A. Menzel
& M. Endreß (Hrsg.): Wandertourismus. München: Oldenbourg 2010, S. 15–21.
- ↑ Abgewandelt zitiert nach Alpen tödlicher als Straßenverkehr, in: Medical Tribune, online, 12. Januar 2007, S. 12.
- ↑ Hochspringen nach: ab
Fritz Käfer: Weitwandern/Trekking/Pilgern auf Weitwanderwegen. In: News.
ÖAV Sektion Weitwanderer, 27. März 2007, abgerufen
am 9. Januar 2009.
- ↑ Hochspringen
nach: abc Fritz
Käfer: Weitwandern. Mehr als eine Idee. In: OeAV (Hrsg.): Bergauf.
Jg. 60, Nr. 3/05. Magazin des Österreichischen Alpenvereins, Innsbruck 2005, S. 20 f (Webrepro,
pdf).
- ↑ http://www.oefs.at
- ↑ Nun sich der Tag geendet, z. B. in: Evangelisches
Gesangbuch, Ausgabe 1996, Nr. 481, Strophe 5.
- ↑ Ulrich Grober: Vom Wandern. – Neue Wege zu einer alten Kunst. Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2011.
- ↑ So schlank macht Wandern wirklich auf fitforfun.de, abgerufen am 26. Juli 2015.
- ↑ Wandern bringt genauso viel wie Joggen auf fr-online.de, abgerufen am 26. Juli 2015.
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Ist Wandern pädagogisch noch vermittelbar? In: Sportunterricht
9 (1988) Seiten 325–333.
- ↑
S. Sterner: Die Kunst zu wandern. Reinbek 1982.
- ↑ Ulrich Grober: Vom Wandern – Neue Wege zu einer alten Kunst. Rowohlt 2011.
- ↑ Siegbert A. Warwitz, Anita Rudolf (Hrsg.): Wandern als Projekt. H. 4 der Reihe Projektunterricht
in Schule und Hochschule. Karlsruhe 1986.
- ↑
Siegbert A. Warwitz, Anita Rudolf, Josef Wagner (Hrsg.): Abenteuer Planwagen. H. 5 der Reihe Projektunterricht in Schule und Hochschule. Karlsruhe 1989.
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Die Wiederentdeckung des Wanderns.
In: Olympische Jugend 5 /1989 und 6 /1989
- ↑
Nadine Stumpf: Abenteuer im Schulsport. Was Kinder sich wünschen und wie man diese Wünsche realisieren kann. Wissenschaftliche Examensarbeit GHS. Karlsruhe 2001
- ↑ Judith Völler: Abenteuer,
Wagnis und Risiko im Sport der Grundschule. Erlebnispädagogische Aspekte. Wissenschaftliche Examensarbeit GHS. Karlsruhe 1997
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Lohnt sich Wagnis – Oder lassen wir uns lieber be-abenteuern? In: Magazin OutdoorWelten
1 (2014) Seiten 68 ff.
- ↑
http://www.wander-bahnhoefe-brandenburg.de/wanderBahnhoefe.php
- ↑ http://www.fuss-ev.de/presse/76-presse/pressemitteilungen/205-wander-bahnhoefe-ausgezeichnet.html
- ↑ https://www.gnm.de/ausstellungen/aktuell-und-vorschau/wanderland/
- ↑ Claudia Henzler: Bedeutung einer Bewegung in
Süddeutsche Zeitung, Nr. 274, 28. 11.2018, R20