Städte

Vorwort

Eine Stadt (von althochdeutsch stat ‚Standort‘, ‚Stelle‘; etymologisch eins mit Statt, Stätte; vgl. dagegen Staat) ist eine größere, zentralisierte und abgegrenzte Siedlung im Schnittpunkt größerer Verkehrswege mit einer eigenen Verwaltungs- und Versorgungsstruktur. Damit ist fast jede Stadt zugleich ein zentraler Ort.

Städte sind aus kulturwissenschaftlicher Perspektive der Idealfall einer Kulturraumverdichtung und aus Sicht der Soziologie vergleichsweise dicht und mit vielen Menschen besiedelte, fest umgrenzte Siedlungen (Gemeinden) mit vereinheitlichenden staatsrechtlichen oder kommunalrechtlichen Zügen wie eigener Markthoheit, eigener Regierung, eigenem Kult und sozial stark differenzierter Einwohnerschaft. Das Letztere unterscheidet sie von Lagern wie Arbeitslagern, Straflagern, Winterquartieren von Heeren, das Erstere zum Beispiel vom Dorf.

Die Wissenschaft, die sich mit der Erforschung der Stadt in ihren Facetten befasst, ist die Urbanistik.

Form und Entwicklungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadtgröße und Stadttyp[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Je nach Größe, Bedeutung, Verbund oder Funktion einer Stadt unterscheidet man

Definition nach Einwohnerzahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadttypen in Österreich

Während etwa in Dänemark die Untergrenze der Bevölkerungszahl bei einer städtischen Siedlung bei 200 Einwohnern liegt, sind es in Deutschland und Frankreich 2000, in Österreich 5000, in der Schweiz, Italien, Spanien und Großbritannien 10.000 und in Japan 50.000 Einwohner.

Der Begriff Stadt ist rechtlich nicht eindeutig definiert, und so gibt es Gegenbeispiele: Die kleinste Stadt Deutschlands ist mit 278 Einwohnern (2014) Arnis. Es wurde 1934 zur Stadt ernannt, da die Ortsbezeichnung Flecken abgeschafft wurde. Die kleinste Stadt mit altem Stadtrecht (verliehen 1326) ist Neumark in Thüringen mit 453 Einwohnern (2014). Andererseits haben unter anderem Haßloch mit über 20.000[1] und Seevetal mit über 40.000 Einwohnern kein Stadtrecht.[2] Auch der Regierungssitz der Niederlande, Den Haag, ist pro forma keine Stadt, obwohl er sogar über 500.000 Einwohner hat,[3] während Hum in Kroatien pro forma eine Stadt ist, die nur etwa 30 Einwohner zählt.

Stadtplanung, Städtebau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtplanung und Städtebau

Mit der Planung von Städten beschäftigt sich die Stadtplanung und der Städtebau. Essenziell für das Funktionieren einer Stadt sind die Stadt- und Verkehrsplanung. Bebauungs- und Flächennutzungspläne beschäftigen sich mit der optimalen Abstimmung von privat, kommerziell und öffentlich genutzten Flächen, Gebäuden und Einrichtungen. Stadtentwicklungspläne geben die Richtung der Stadtentwicklung vor und können negative Auswirkungen gegenwärtiger Probleme und Trends wie Urbanisierung und Suburbanisierung durch geschickte Planung für die Zukunft minimieren.

Stadt und Verstädterung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Hauptartikel: Urbanisierung und Suburbanisierung

Die Zahl der Städte nimmt zu, dies kann durch Neugründungen oder Verleihung des Stadttitels geschehen. Typische Gründungsphasen sind Hochmittelalter, Barock (Residenz-/Festungsstädte) und das Industriezeitalter (Wolfsburg, Eisenhüttenstadt). Um 1800 lebten nur etwa 25 % der deutschen Bevölkerung in Städten und 75 % auf dem Land, 2005 wohnt 85 % der Bevölkerung in der Stadt. Eine ähnliche Entwicklung ist in allen Industrienationen zu verzeichnen, in denen heute (2005) zwischen 61 % der Bürger, wie in Irland, und bis zu 97 %, wie in Belgien in der Stadt wohnen. Weitere Angaben: Japan: 66 %, Österreich: 66 %, Italien: 68 %, Russland: 73 %, Schweiz: 75 %, Frankreich: 77 %, Vereinigte Staaten: 81 %, Vereinigtes Königreich: 90 %.

Ausgesprochen niedrig ist der Anteil an der städtischen Bevölkerung in einigen Entwicklungsländern. Auch hierzu einige Daten (2005): Afghanistan: 23 %, Äthiopien: 16 %, Bangladesch: 25 %, Eritrea: 19 %, Kenia: 21 %, Demokratische Republik Kongo: 32 %, Laos 25 %, Niger 17 %, Ruanda 19 %, Sri Lanka 15 %, Tansania: 24 %, Uganda: 13 %, Vietnam: 28 %.

Folgende Anteile der städtischen Bevölkerung in % und im Vergleich dazu folgendes Bruttonationaleinkommen (BNE) in US-$ pro Kopf waren 2004 in den Weltregionen zu verzeichnen:[4]

WeltregionenBevölkerung in %BNE in US-$
Afrika südl. der Sahara36601
Naher Osten und Nordafrika561971
Südostasien28594
Ostasien und Pazifik411416
Lateinamerika773576
Europa und Zentralasien643295
Unterentwickelte Welt27333
Welt496329

Der Hauptgrund der Verstädterung ist der sich verändernde Anteil der Wertschöpfung in den einzelnen Wirtschaftssektoren und damit der Menschen, die dafür tätig sind (siehe Tabelle). Dazu folgende ausgewählte Länder im Vergleich:[5]

WirtschaftssektorUSADeutschlandIndienTansania
I. Primär: Landwirtschaft1,6 %2,3 %59 %80 %
II. Sekundär: Industrie, Bergbau22 %30 %22 %9 %
III. Tertiärer: Dienstleistung, Handel77 %68 %19 %11 %
 
Urbanisierung in Europa 2010

In Deutschland wohnen wesentlich mehr Einwohner in Städten als im weltweiten Durchschnitt. Die Liste der Städte in Deutschland enthält eine vollständige Auflistung aller 2059 Städte in Deutschland. 2004 lebten 25,3 Millionen Einwohner (= 30 %) in 82 Großstädten über 100.000 Einwohner. Die elf Agglomerationsräume mit mehr als einer Million Einwohnern (davon drei mit mehr als drei Millionen Einwohner) zählen allein rund 25,6 Millionen Menschen.

In Österreich existierten im Jahr 2004 über 200 Städte, darunter fünf Großstädte einschließlich Wien, das als Agglomeration fast zwei Millionen Einwohner aufweist, sowie 72 Städte, mit mehr als 10.000 Einwohnern (dazu Liste der Städte in Österreich).

In der Schweiz gab es 2010 rund 230 Städte, darunter sechs Großstädte und 139 Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern (dazu Liste der Städte in der Schweiz).

In Europa (bis zum Ural) befanden sich (2004) etwa 17 Agglomerationen mit mehr als drei Millionen Einwohnern und etwa 35 Städte mit mehr als einer Million Einwohnern (dazu Liste der größten Städte der Europäischen Union).

Weltweit existieren (2006) über 134 Agglomerationen mit mehr als drei Millionen Einwohnern, mehr als 62 Städte mit mehr als 3 Millionen Einwohnern und über 310 Städte mit mehr als einer Million Einwohnern. Seit dem Jahr 2006 wohnt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, während 1950 noch 70 % auf dem Land lebten. Nach Prognosen der UNO wird der weltweite Anteil der städtischen Bevölkerung bis 2030 auf über 60 % steigen (siehe Liste der größten Metropolregionen der Welt). Ihre Einwohnerschaft ist oftmals ethnisch, sprachlich, sozial, kulturell, konfessionell sehr vielfältig.

Stadtrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtrecht
 
Hauptmarkt in Trier mit Marktkreuz; Trier erhielt im Jahr 958 das Marktrecht.

Der historische Stadtbegriff, der sich in Europa aus dem mittelalterlichen Stadtrecht herleitet, hatte als wesentliche Merkmale das Marktrecht, das Recht auf Selbstverwaltung, die Freiheit der Stadtbürger, das Recht auf Besteuerung, der Gerichtsbarkeit, die Aufhebung der Leibeigenschaft, das Zollrecht, das Recht zur Einfriedung und Verteidigung sowie das Münzrecht.

Im heutigen deutschen Sprachraum gibt es kein Stadtrecht mehr im eigentlichen Sinne, d. h. die Selbstverwaltung in den Städten regeln staatliche Grundsätze und Ländergesetze. Bei den Gemeindeordnungen in Deutschland handelt es sich um Landesgesetze, die jeweils vom Parlament eines Bundeslandes erlassen werden. Die Gemeindeordnung ist die „Verfassung“ einer Gemeinde. Die Bezeichnung Stadt ist ein Titel.

Titularstadt nennt man eine Gebietskörperschaft, die formell den Titel Stadt trägt und in der Regel eine eigenständige Gemeinde ist, der jedoch mehrere Elemente einer Stadt fehlen. Titularstadt wird gelegentlich – in Nichtübereinstimmung mit der historischen Bedeutung – ein Ort genannt, der im Zuge einer kommunalen Neugliederung das Stadtrecht verloren hat, z. B. im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt.[6] In Einzelfällen wird der Zusatz aus historischen Gründen oder zur Differenzierung von anderen Orten als Teil des Namens geführt.

Auch heute noch ist das Überschreiten einer bestimmten Einwohnerzahl in den meisten Ländern nicht automatisch mit der Erhebung zur Stadt verbunden, sondern es bedarf eines ausdrücklichen Beschlusses einer höherrangigen Gebietskörperschaft – in Deutschland und Österreich ist dies das jeweilige Bundesland. Im Bundesland Oberösterreich wird seit 2002 als einziges Kriterium eine Bevölkerungszahl von über 4500 gefordert. In Deutschland gibt es mit dem Deutschen Städtetag eine eigene Organisation,[7] in Österreich wird mit der Statutarstadt auch eine Verwaltungsfunktion festgelegt.

In den USA erfolgt der Erwerb von Stadtrechten über die Anerkennung einer eigenständigen Stadtverwaltung durch die nächsthöhere Verwaltungsorganisation. Eine Gemeinde gründet sich hierbei selbst und meldet die Selbstverwaltung als Municipal Corporation an.

Stadtstatus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland unterscheidet man rechtlich

Alle zusammen, auch die kreisfreien Städte, sind Gemeinden.

  • kreisfreie Städte, das sind solche Städte, die keinem Landkreis angehören. Sie bilden sozusagen einen eigenen Kreis. Im Gegensatz zu kreisangehörigen Städten haben kreisfreie Städte zusätzliche Aufgaben. So sind sie unter anderem untere staatliche Aufsichtsbehörde oder Aufgabenträger für den öffentlichen Nahverkehr. Diese Aufgaben werden bei Gemeinden (und damit auch kreisangehörigen Städten) von den Landkreisen wahrgenommen.

Auf amtlichen topografischen Karten Deutschlands werden Städte in Versalien beschriftet. Diese Konvention wurde weithin von Herstellern von Straßenatlanten übernommen, jedoch in den digitalen Kartenangeboten nicht mehr fortgeführt.

In Österreich unterscheidet man zwischen Städten mit eigenem Statut (sind Gemeinden die zugleich die Aufgaben eines Bezirkes übernehmen) und sonstigen Städten (sind Gemeinden, die zu einem Bezirk gehören). Eine Stadt mit eigenem Statut ist meist auch Sitz der Bezirkshauptmannschaft des Umland-Bezirks, der auch in den meisten Fällen so heißt (zum Beispiel Innsbruck Stadt und Innsbruck Land). Heute kann jede Stadt mit mehr als 20.000 Einwohnern ein eigenes Statut anfordern. Eine der kleinsten Städte überhaupt ist das niederösterreichische Hardegg: mit allen eingemeindeten Orten hat es 1384 Einwohner, die eigentliche ursprüngliche Stadt jedoch nur 78. Die tatsächlich kleinste Stadt Österreichs ist Rattenberg mit 405 Einwohnern.

In der Schweiz gelten Ortschaften dann als Stadt, wenn sie entweder mehr als 10'000 Einwohner haben (Stadt im statistischen Sinne) oder wenn ihnen im Mittelalter das Stadtrecht verliehen wurde (Stadt im historischen Sinne). Verwaltungsrechtliche Bedeutung hat der Begriff Stadt in der Schweiz nicht.

In den Niederlanden ist der Stadtbegriff nicht an den Gemeindestatus gebunden. So werden oft Zentren von Großstädten und eingemeindete Orte aus historischen Gründen weiterhin als Städte bezeichnet.

Im Vereinigten Königreich unterscheidet man zwischen City und Town. Ein Ort darf erst dann als City bezeichnet werden, wenn die Königin oder der König diese zu einer solchen ernennt. In der Regel vergibt der Monarch diesen Titel erst dann, wenn die Siedlung eine Kathedrale besitzt. Die Großstadt Stockport ist beispielsweise keine City, sondern Town, wohingegen die Stadt Sunderland eine City ist. Der Verwaltungsbezirk Greater London ist keine City, aber innerhalb dieser Gebietskörperschaft gibt es die City of London und die City of Westminster.

In Schweden ging man bei der Gemeindereform von 1971 einen anderen Weg. Die Begriffe Stadt (stad) und Minderstadt (köping) wurden aus der verwaltungstechnischen Terminologie gestrichen und durch Ortschaft (tätort) ersetzt. Im allgemeinen Sprachgebrauch existiert die Bezeichnung stad für größere Siedlungen aber weiterhin.

Siedlungsstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Raumordnung

Der Begriff Siedlungsstruktur beschreibt die Struktur der menschlichen Siedlungen. Darin ist die Verteilung der Bevölkerung im Raum, die Art und Dichte der Bebauung, Nutzungen, Infrastruktur und zentrale Einrichtungen enthalten.[8]

Eine grundlegende Theorie zur Verteilung zentraler Nutzungen im Raum stammt von Walter Christaller. Anhand von Untersuchungen in Süddeutschland entwickelte er 1933 die Zentrale-Orte-Theorie. „Zentrale Orte“ besitzen einen Bedeutungsüberschuss: Sie sind Standort von Angeboten (zum Beispiel Einkaufsmöglichkeiten), die nicht nur von den eigenen Bewohnern, sondern regelmäßig auch von Einwohnern der Nachbargemeinden genutzt werden. Christaller entwickelte ein hierarchisches System zentraler Orte mit zehn Stufen. Orte höherer Hierarchie-Stufe besitzen weitere solcher Einrichtungen: Eine Großstadt besitzt nicht nur Einkaufsmöglichkeiten, sondern häufig auch eine Universität und spezialisierte Kliniken, die ein weiteres Umfeld versorgen. Das heute von der Raumordnung und Landesplanung genutzte System zentraler Orte besitzt (je nach Bundesland) vier bis fünf Stufen.[9]

Die Siedlungsstruktur wird entsprechend dem föderalen Staatsaufbau in Deutschland auf mehreren Ebenen geplant:[10]

  • Raumordnung (auf Bundesebene insbesondere durch das Raumordnungsgesetz ROG)
  • Landesplanung (umfassen das Bundesland, werden vom Landtag beschlossen)
  • Regionalplanung (umfassen in Nordrhein-Westfalen Teile der Regierungsbezirke, in Süddeutschland mehrere Landkreise, beschlossen von der Regionalversammlung)
  • Flächennutzungspläne (umfassen die Gesamtfläche einer Kommune, werden vom Stadt- oder Gemeinderat beschlossen).

Stadtstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Strukturen einer Stadt bestehen aus baulichen Elementen und aus Netzen. Sie müssen auf die Ausweitung und auf die Änderungen der Kapazitätsanforderungen der Stadt durch Ergänzungen, Komplettierungen oder Korrekturen angepasst werden. Lage, Bevölkerungsveränderungen, Bauwerke, Verkehrsstruktur, Netzwerke und Geschichte bestimmen und formen die Stadtentwicklung und die Eigenart der Stadt.

Die baulichen Elemente einer Stadtstruktur sind:

Die Stadt als Teil von Netzwerken:

  • Räumlich: Umland, andere Städte, Regionen, Land und Länder, ggf. auch Europa oder die Welt.
  • Funktional: Wirtschaft, Finanzwirtschaft, Handel, Politik, Soziales, Kultur, Sport usw.
  • Politisch: Ortsteil- oder Stadtteilbeirat, ggf. Bezirksrat, Stadtrat, Kreis, ggf. Regierungsbezirk, Land, Staat, Europäische Union.
  • Bevölkerungsspezifisch: Abstammung und Sprache, Religion, Soziale Schicht, Lebensalter.

Die Entwicklung der Stadt (international)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtbaugeschichte

Stadtentwicklung und Stadtgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Städte entwickelten sich, je mehr Überschüsse ihre Bewohner durch ihre Arbeit erwirtschafteten. Dies führte zu immer weiterer arbeitsteiliger Spezialisierung ihrer Bewohner und zur Herausbildung typisch städtischer Tätigkeiten, etwa des Handels und des Handwerks. Durch den Tausch der selbst angebotenen Ware oder Dienstleistung gegen die von anderen entstand eine städtische Ökonomie, die sich in ihrer Komplexität erheblich von der ländlichen unterschied.

Die städtischen Funktionen, etwa der Handel mit anderen Regionen oder die Funktion als zentraler Ort für ein ländliches Umland, verlangen eine möglichst günstige Einbindung der Stadt in ihre Umgebung. Deshalb wurden die meisten Städte an sorgfältig ausgewählten Standorten gegründet, etwa an Kreuzungen bereits bestehender Handelsstraßen, an Flussübergängen oder an sturmgeschützten Meeresbuchten. Zur verkehrlich-wirtschaftlichen Bedeutung des Standorts kam häufig auch eine militärische, etwa um den Verkehr auf einer wichtigen Route kontrollieren zu können.

 
Neue Fabriken um 1860

Die wichtigste Änderung städtischer Entwicklung brachte die Industrialisierung. Durch den Bau der Eisenbahnen wurde die Verkehrszentralität von Städten neu definiert. Bisher eher abseits liegende Städte, die viele Bahnlinien an sich ziehen konnten, wurden zu wichtigen Zentren, andere Städte gingen den entgegengesetzten Weg. Die industrielle Revolution stellte die jeweiligen städtischen Ökonomien auf völlig neue Grundlagen. Städte, die sich der Ansiedlung von Industrie öffneten, wuchsen aufgrund des Arbeitskräftebedarfs der Fabriken rasch an; Städte, die sich der Entwicklung verschlossen, blieben in ihrem Wachstum zurück. Die städtebauliche Entwicklung sprengte die engen Grenzen der vorindustriellen Stadt, die Einrichtung innerstädtischer Verkehrssysteme wurde erforderlich.

Dieser Prozess wurde im 20. Jahrhundert durch eine bis heute anhaltende Entwicklung abgelöst: die Suburbanisierung, die bisher kompakte Stadt verliert Potentiale an das Umland. Bedingung hierfür war das Entstehen einer breiten Mittelschicht, die Eigenheime oder Reihenhäuser außerhalb der Stadt errichtete, sowie die Massenmotorisierung und ein besseres Bahnnetz, zum Überwinden größerer Distanzen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Die weiterhin anhaltende Suburbanisierung hat ökonomische, ökologische und soziale Folgen, etwa die Zersiedelung bisher unbebauter Räume, das anhaltende Wachstum des Autoverkehrs und bedingt auch eine soziale Entmischung der Bevölkerung.

Durch eine Entwicklung der Stadterneuerung mit politisch und baulich gestärkten dezentralen oder subzentralen Stadtbezirken oder Stadtteilen wurde dem Prozess der Suburbanisierung begegnet. Die Stadt gewinnt wieder an Bevölkerung und Kraft.

Stadtgrundriss, Straßennetz und Stadtzentrum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtmorphologie
 
Unregelmäßige Morphologie (Algier)
 
Regelmäßige Morphologie (Krefeld)

Die entwicklungsgeschichtlichen Unterschiede bedingen den Unterschied in der äußeren Gestalt von Städten sowie ihrer jeweiligen sozialen und funktionalen Struktur. Seit den Anfängen städtischer Siedlungsentwicklung (Urbanisierung) vor achttausend Jahren sind vor allem baulicher Grund- und Aufriss (oder Ansicht und Stadtbild, siehe unten) der Städte durch eine fortwährende Entwicklung und Veränderung gekennzeichnet. Dabei findet das siedlungsbezogene Planungs- und Gestaltungshandeln der Menschen seinen Ausdruck in jeweils spezifischem Stadtgrundriss und Stadtbild, die allerdings zugleich auch die jeweilige technologische Machbarkeit repräsentieren.

Sehr früh entstehen nach den Himmelsrichtungen nord-süd- oder ost-west-ausgerichtete rechtwinklige Straßenraster und Stadtgrundrisse (zum Beispiel altchinesische Städte, z. T. alt-amerikanische Städte). Ebenso bilden sich kreisrunde (zum Beispiel Bagdad), aber genauso Städte mit unregelmäßigem, sich dem Gelände anpassendem Umriss (zum Beispiel alt-griechische und organisch gewachsene deutsche mittelalterliche Städte). Jericho (ab 9000 v. Chr.) war nach biblischer Überlieferung offensichtlich eine der ersten Städte mit Stadtmauer. Hingegen besaßen die Städte des alten Kreta keine Stadtbefestigung und wurden um 2000 v. Chr. Opfer einfallender Kriegerscharen der Völkerwanderungen.

Regelmäßige Straßenraster sowie unregelmäßige Straßengrundrisse in einer Stadt erfahren im Lauf der Geschichte eine Abstufung in Haupt- und Nebenstraßen sowie Trennung in Fußgänger- und fahrenden Verkehr. Weiterhin entstehen im Straßennetz zentrale Plätze und besonders ab dem 19. Jahrhundert ausgesparte Baublöcke für allgemein öffentlich zugängige Parks. Wenn die Stadt beispielsweise von einem mächtigen Herrscherbau, einem überragenden kultischen Bauwerk (zum Beispiel Tempel) oder einer beherrschenden Wirtschaftsfunktion (zum Beispiel einem Hafen) stark abhängt, entsteht dort der hauptsächliche Platz, zu dem sich zumindest alle Haupt-, manchmal auch Nebenstraßen und alle Bebauung ausrichten. Das ganze Straßennetz und die gesamte Stadtbebauung laufen dann sternförmig auf dieses Stadtzentrum zu, zum Beispiel auf das barocke Schloss wie in Karlsruhe. Bei Hafenstädten verlagert sich das Stadtzentrum von der Stadtmitte zum Hafen hin wie bspw. in Alexandria (Ägypten) und Hamburg (Deutschland).

Der Traum von einer Idealstadt als stadtplanerische Vorstellung einer Stadt, die unter einheitlichen Gesichtspunkten wie wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Organisation entworfen werden kann, war und ist eine soziale und ästhetische Utopie. Es gilt: „Die Stadt lebt!“

Für den mitteleuropäischen Raum lassen sich historisch bis zum 18. Jahrhundert allgemein vier verbreitete Stadtgrundrisstypen unterscheiden, abzüglich solcher meist topographisch begründeter Sonderformen wie zum Beispiel der Ville enveloppéé:[11]

Diese Stadtgrundrisstypen können in einer Stadt auch kombiniert auftreten. Ein bauhistorisch bekanntes Beispiel für eine solche Kombination mehrerer Grundrisstypen ist Hildesheim.

Stadtbild, Bebauungshöhe und Baumaterial[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtbild

Im Stadtbild, in der Ansicht oder in der Höhe ragen Städte heraus, zuerst aufgrund von Türmen (Zikkurat, so der Turm zu Babel, Babylon, oder die mittelalterlichen Kirchtürme), besonders jedoch ab dem 19. Jahrhundert, d. h. der Industrialisierung, der Erfindung des Aufzugs (Lift) und dem Beginn des Hochhausbaus, wie etwa ab 1870–1880 Chicago und New York sowie heute Shanghai oder Frankfurt (Main). Lehm, Stein und Holz finden sich als Baustoff seit der Vor- und Frühgeschichte sowie heute Beton, Stahl und Kunststoffe. Wichtige Bauten liegen meist auf den hervorgehobenen Stellen (Anhöhen, zentrale Plätze), sind aus den dauerhafteren Materialien (zum Beispiel Stein, während die einfachen Häuser aus Lehm oder Holz sind) sowie künstlerisch am anspruchsvollsten gestaltet.

Stadtviertel und Sozialstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadtviertel bilden sich hierarchisch, d. h. die Oberschicht wohnt geräumig in den natürlich günstigen Stadtgebieten (mit viel Platz auf stabilem und gesundem Baugrund und angenehmem Stadtklima), untere Bevölkerungsschichten eng beieinander in den weniger günstigen Stadtgegenden (mit wenig Wohnraum auf eventuell sumpfigem Boden und schlecht durchlüfteter Umgebung, zum Beispiel in den Mietskasernen und Hinterhöfen Berlins, der um 1900 am dichtestbewohnten Stadt der Welt, Manhattans Lower East Side bis zum Ersten Weltkrieg oder in Hongkong nach dem Zweiten Weltkrieg). Oder Stadtviertel entstehen getrennt nach Berufen und Funktionen wie bestimmte Handwerkerviertel, Geschäftsviertel, Industrieviertel, Hafenviertel usw. Auch bilden sich Stadtviertel nach Herkunft ihrer Bewohner, zum Beispiel in Jerusalem Armenier-, Christen-, Moslemviertel, oder in New York China Town, Harlem oder Spanish Harlem.

Historisch bedeutende Städte (bis etwa 1500)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Jericho: Ausgrabungsfeld
Uruk
Babylon
Bagdad
Ur
Babylon, Ur und Uruk auf der Karte des Irak
 
Jerusalem: Klagemauer und Felsendom
 
Athen: Akropolis
 
Lübeck: Innenstadt (Altstadt)
 
Florenz
 
Xi'an: Krone der Stadtmauer

Die historisch bedeutenden sowie zugleich oft ältesten Städte entsprechen den Metropolen der bedeutenden Epochen der Menschheitsgeschichte und sind dort archäologisch oder überliefert nachweisbar. Diese Städte hatten teilweise schon mehrere zehntausend bis um eine Million Einwohner und waren die größten ihrer Epoche. All jene Städte weisen mehr oder minder die zuvor dargestellten Merkmale bezüglich Stadtgrundriss und Stadtbild, Stadtviertel und Sozialstruktur auf, jedoch in besonderen, in weiterführender Literatur einzeln beschriebenen Ausprägungen. Darauf wird hier aber nicht eingegangen.

Historisch bedeutende Menschheitsepochen sind: die jüngere oder endende Steinzeit in Klein- und Vorderasien (Türkei bzw. Israel und Palästina, ab etwa 9000 v. Chr.); Mesopotamien (ab etwa 5000 v. Chr.); Alt-Vorderasien (ab etwa 3000 v. Chr.); Alt-Ägypten (ab etwa 2500 v. Chr.); Phönizien (ab Mitte des 2. Jahrtausend v. Chr.); Alt-Iran (ab etwa 1000 v. Chr.); Alt-Griechenland (ab etwa 1000 v. Chr.); Hellenismus (ab etwa 400 v. Chr.); Römisches Reich (ab etwa 200 v. Chr.); Byzantinisches Reich (ab etwa 600); die mittelalterliche Hanse (ab ca. 1200); Renaissance (ab etwa 1400); die Islamische Expansion (ab etwa 650); Alt-Indien (ab etwa 4000 v. Chr.); Indisches Mittelalter (ab etwa 600); Alt-Südostasien (ab etwa 500); Alt-China (ab etwa 1000 v. Chr.); Mongolische Reiche (ab 1190); Alt-Japan (ab etwa 300 v. Chr.); Alt-Amerika (ab etwa 300 v. Chr.). Beispiele historisch bedeutender Städte nach genannten Epochen sind:

  • Jüngere oder endende Steinzeit in Klein- und Vorderasien (ab etwa 9000 v. Chr.)
    • Jericho (ab etwa 9000 v. Chr., heute Palästina)
    • Çatalhöyük (ab etwa 7000 v. Chr., heute Türkei)
  • Mesopotamien (ab etwa 5000 v. Chr.)
    • Susa (ab etwa 4000 v. Chr., heute Iran)
    • Eridu (ab etwa 4500 v. Chr., heute Irak)
    • Uruk (ab etwa 3500 v. Chr., heute Irak)
    • Akkad (spätes 3. Jahrtausend v. Chr., heute Irak)
    • Ur (ab etwa 2500 v. Chr., heute Irak)
    • Assur (ab 3. Jahrtausend v. Chr., heute Irak)
    • Babylon (ab etwa 1800 v. Chr., heute Irak)
  • Alt-Vorderasien (ab etwa 3000 v. Chr.)
    • Troja (ab etwa 3000 v. Chr., heute Türkei)
    • Milet (ab 3. Jahrtausend v. Chr., heute Türkei)
    • Hattuscha (ab dem 17. Jh. v. Chr., heute Türkei)
    • Byblos (ab 3. Jahrtausend v. Chr., heute Libanon)
    • Jerusalem (ab etwa 1850 v. Chr., heute Israel)
  • Alt-Ägypten (ab etwa 2500 v. Chr.)
    • Memphis (Altes Reich, ab etwa 2500 v. Chr.)
    • Theben (das „hunderttorige Theben“, ab etwa 1500 v. Chr.)
  • Phönizien (ab Mitte des 2. Jahrtausend v. Chr.)
    • Tyros (ab Mitte des 2. Jahrtausend v. Chr., heute Libanon)
    • Karthago (ab dem 9./8. Jh. v. Chr., heute Tunesien)
  • Alt-Iran (ab etwa 1000 v. Chr.)
  • Alt-Griechenland (ab etwa 1000 v. Chr.)
    • Korinth (ab dem 10. Jh. v. Chr.)
    • Athen (ab dem 7. Jh. v. Chr., Blüte ab etwa 500 v. Chr.)
  • Hellenismus (ab etwa 400 v. Chr.)
    • Alexandria (ab etwa 400 v. Chr., heute Ägypten)
  • Römisches Reich (ab etwa 200 v. Chr.)
    • Byzanz (ab dem 7. Jh. v. Chr.)/Konstantinopel (ab 337, heute Türkei)
    • Rom (ab 753 [?] – vmtl. ab dem 7. Jh. v. Chr., heute Italien)
    • Trier (ab etwa 30 v. Chr., heute Deutschland)
    • Colonia Claudia Ara Agripinensum/Köln (ab 50 n. Chr., heute Deutschland)
  • Byzantinisches Reich (ab etwa 600)
    • Konstantinopel (Blüte ab etwa 600, später Osmanisches Reich: Istanbul, heute Türkei)
    • Thessaloniki (ab 315 v. Chr., Blüte ab etwa 600 als Zweitregierungssitz neben Konstantinopel, heute Griechenland)
  • Europäisches Mittelalter (ab etwa 500)
    • Prag (ab etwa 1230, heute Tschechien)
    • Köln (um 1180 größte deutsche Stadt, hatte neben Jerusalem, Konstantinopel und Rom den Titel Sancta im Namen)
    • Lübeck (Hauptort der Hanse ab 1227)
    • Gent (ab 11. Jh., heute Belgien)
    • Paris (ab 12. Jh.)
    • Mailand (Hauptstadt des Lombardischen Bundes, ab 1167, heute Italien)
    • Venedig (ab 998, heute Italien)
  • Renaissance (ab 15. Jh.)
    • Venedig (besonders ab 1402, heute Italien)
    • Florenz (ab 15. Jh., heute Italien)
  • Islamische Expansion (ab etwa 650)
  • Alt-Indien (ab etwa 4000 v. Chr.)
  • Indisches Mittelalter (ab 7. Jh.)
  • Alt-Südostasien (ab etwa 500)
  • Alt-China (ab etwa 1000 v. Chr.)
  • Mongolische Reiche (ab 1190)
  • Alt-Korea (ab etwa 2300 v. Chr.)
  • Alt-Japan (ab etwa 300 v. Chr.)
  • Alt-Amerika (ab etwa 300 v. Chr.)

Die neuzeitlich größten Städte und Stadtregionen (ab etwa 1500)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Paris: Satellitenbild
 
Londinium: antike Karte
 
Madrid um 1888
 
Tokio
 
Kalkutta: Zentrum
 
Kairo: Zentrum
 
New York: Midtown und Lower Manhattan
 
Santiago de Chile: Stadtzentrum
 
Sydney: Opera House

Die Menschheit verteilte und verteilt sich nicht gleichmäßig über die Erde, sondern ballt sich in gemäßigten oder küstennahen Erdregionen, historisch ausgehend von den günstigen Naturräumen wie Flusstälern, buchtenreichen Küsten, klimatisch angenehmen Hochebenen in Tropen und Subtropen. Die Bevölkerungsdichte ist von jeher ein gewichtiger Ausdruck allgemeiner und besonders wirtschaftlicher Leistungskraft. Dabei fällt jedoch auf, dass die meisten Über-Zehn-Millionen-Städte in Schwellenländern liegen, allerdings solchen mit überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Zuwachsraten wie in China und Indien. Nachfolgend aufgezählte Städte sind die größten neuzeitlichen (ab etwa 1500) und gegenwärtigen Städte bzw. dichtest besiedelten Stadtregionen. Sie haben in unserer Gegenwart oft weit über zehn Millionen Einwohner, stellen die derzeit globalen bedeutendsten Wachstumszentren dar und vereinigen oft fünfzig und mehr Prozent der gesamten Ressourcen (Bevölkerung, Energie usw.) und der Wirtschaft des Staates, in dem sie liegen, auf sich; z. B. Mexiko-Stadt (etwa sechzig Prozent der mexikanischen Ressourcen und Wirtschaft), Buenos Aires (etwa 50 % der argentinischen Ressourcen und Wirtschaft) oder Seoul (Südkorea).

Besonders seit den 1990er Jahren, mit der sogenannten Globalisierung, überschritten die Einwohnerzahlen dieser Stadtregionen rasant die Zehnmillionengrenze. Andere Riesenstädte mögen folgen, wobei China (ähnlich: Indien) trotz seines Verstädterungsgrades von erst um dreißig Prozent, aber mit bereits mehr als zwanzig Städten über fünf Millionen Einwohnern, die sich rasch der Zehnmillionengrenze nähern, jegliche bisherigen Dimensionen sprengt. Die meisten Über-Zehn-Millionen-Städte hat Asien, die meisten Menschen in Städten leben jedoch in Lateinamerika. Die größten globalen Stadtregionen sind:

Die Entwicklung der Stadt in Europa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Griechische und phoenikische Kolonisation

Die Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die abendländische Stadt hat ihre Wurzeln in der griechisch-römischen Kultur der Antike.

Griechische und phönizische Kolonisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kultur der Polis im antiken Griechenland, 800–338 v. Chr., (Sparta, Korinth, Athen) verbreitete sich nach Kleinasien (Milet, Ephesos) und bis zur Krim, nach Megale Hellas („Großgriechenland“), d. h. Sizilien (Syrakus) und Unteritalien (Tarent), ferner nach Südfrankreich (Marseille), nach Nordafrika (Kyrene) und später im Hellenismus im gesamten Orient.

Im Rahmen der griechischen Kolonisation bestanden in der Regel zwischen der Neugründung und der Mutterstadt kultische und politische Bindungen, etwa von Syrakus zur Mutterstadt Korinth (vgl. hier zum Beispiel Timoleon). Vergleichbare Entwicklungen machten auch nicht-griechische (phönizische, etruskische, latinische) Stadtstaaten durch, typische Beispiele dafür sind Karthago, Veii oder Rom.

Imperium Romanum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Rom im Altertum

Im Imperium Romanum kam es vor allem in Westeuropa, aber auch in der römischen Provinz Africa sowie auf dem Balkan, zu einem Urbanisierungsschub (der östliche Mittelmeerraum war bereits vorher stark städtisch geprägt). Als Blütezeit der antiken Stadt kann man das 1. bis 3. Jahrhundert sehen, viele antike Ruinen datieren aus dieser Zeit. Rom hatte in dieser Epoche eine differenzierte Stadtstruktur mit fast 1.000.000 Einwohnern.

Eine Stadt kann bestimmt sein durch ihre Hauptfunktion, staatsrechtliche und religiöse Rolle, sowie durch die Art, wie die Stadt Zugang zur römischen Welt gefunden hat. Des Weiteren lassen sich Orte darin unterscheiden, ob sie rituell gegründet wurden oder nicht. Mit ritueller Gründung sind Oppidum und Colonia (Rom). Ohne rituelle Gründung sind Vicus und Municipium.[12]

Römerstädte in Deutschland entstanden vornehmlich an Rhein und Donau, vor allem aus Legionslagern: Castra Regina (Regensburg), Augusta Vindelicorum (Augsburg), Confluentes (Koblenz), Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln), Augusta Treverorum (Trier), Mogontiacum (Mainz), Sorviodurum (Straubing) und Colonia Ulpia Traiana (Xanten). In Österreich entstanden viele Römerstädte aus Legionslagern am Donaulimes, aber auch im Landesinneren: Vindobona (Wien) und Carnuntum bei Wien, Iuvavum (Salzburg), Lauriacum auf dem Stadtgebiet von Enns, Virunum bei Klagenfurt, Teurnia bei Spittal an der Drau sowie Flavia Solva bei Leibnitz. In der Schweiz sind folgende Römerstädte nachgewiesen: Augusta Raurica (Kaiseraugst), Aventicum (Avenches), Iulia Equestris/Noviodunum (Nyon) und Forum Claudii Vallensium (Martigny).

Die frühesten Wohnhäuser in den germanischen Provinzen waren Holzbauten mit verputzen Wänden, ab der Mitte des 1. Jh. n. Chr. jedoch durch Bauten mit Steinfundamenten ersetzt.

Die Struktur dieser römischen Stadt war hoch entwickelt und wurde im Laufe der Stadtgründung bei der Limitation (Vermessung) festgelegt. Ein charakteristisches Merkmal war das „Schachbrettmuster“ als Planstadt, welches aus den sich rechtwinklig schneidenden Straßen resultierte, die meist von einer Stadtmauer umschlossen waren. Bei Municipia, Civitas Hauptstädten oder Vici wurde das „Schachbrettmuster“ der Straßen nicht grundsätzlich angewandt. Die Regelmässigkeit im Straßenbild ergab sich hier durch die Anlage der Straßen im rechten Winkel zu der Hauptdurchgangsstraße.

 
Römische Planstadt

Den Mittelpunkt einer römischen Stadt bildete der Schnittpunkt der von Ost nach West verlaufenden Hauptstraße (decumanus maximus) und der Nord-Süd-Achse (cardo maximus). Hier befand sich das Forum, wo sich der Großteil des politischen, religiösen und wirtschaftlichen Lebens abspielte. Des Weiteren wurde dort die Gerichtsbarkeit ausgeübt. Meist schloss sich an das Forum die Basilika an, in der öffentliche Versammlungen stattfanden. Zudem wurden in der Nähe des Forums noch das Kapitol (der Haupttempel) und für das öffentliche Leben wichtige Bauten, wie zum Beispiel Theater und Thermen errichtet. Um dieses Zentrum herum befanden sich die Wohnviertel (insulae), die zunächst meist aus einstöckigen Einzelwohnhäusern bestanden. Später kamen in den ärmeren Stadtvierteln auch mehrstöckige Mietshäuser hinzu. Zwischen ihnen lagen weitere Gebäude, wie der Zirkus, eine von Sitzreihen flankierte Rennbahn, oder kaiserliche bzw. Verwaltungspaläste.

Bei der rituellen Neugründung einer Stadt wurde nach dem ritus etruscus, nach Vorbild der Gründung Roms, vorgegangen. Zuerst wurde das augurium (Augur) eingeholt und der Ort bestimmt. Danach wurde der „Nabel der Stadt“ der mundus, eine Opfergrube, ausgehoben und mit Opfergaben gefüllt. Als Nächstes wurde das Pomerium gezogen, als äußere Grenze der Stadt mit ritueller Bedeutung. Das Pomerium wurde von einem Bronzepflug, mit einem weißen Stier und einer weißen Kuh vorgespannt, gezogen. Die Erdschollen fallen nach innen und symbolisieren den murus, die Furche symbolisiert den Graben. An den Torstellen wurde der Pflug ausgesetzt und hinübergetragen, sodass die Straße die heilige Grenze nicht verletze. Danach wurde die Vermessung der Stadt, die Limitatio, durchgeführt und die zwei Hauptachsen der Stadt, der decumanus maximus in West-Ost-Ausrichtung und der cardo maximus in Nord-Süd-Ausrichtung, festgelegt. Zuletzt wurde die Stadt geweiht.[13]

 
Das römische Aquädukt in Segovia

Auch sanitär waren die Städte der Antike fortschrittlich: die Wasserversorgung wurde durch über- und unterirdische Wasserleitungen sowie die Aquädukte (brückenartige Überlandleitungen) gewährleistet. In den Städten wurde das Wasser mit Druckrohrleitungen verteilt. Damit wurden, unter anderem, so aufwändige Bauten wie die Thermen versorgt, in denen teilweise tausende Menschen Platz fanden. Diese stellten nicht nur mit ihrer prunkvollen Ausstattung, wie der Bodenheizung, dem warmen Wasser und den Säulenhallen, sondern vor allem mit ihren Leseräumen, Bibliotheken und Sportanlagen einen gesellschaftlichen Mittelpunkt dar. Um diese Steinbauten errichten zu können, wurde zu dieser Zeit der Mörtel erfunden. Dieser ermöglichte auch den Bau von öffentlichen Gebäuden, wie Sportarenen, eindrucksvollen Rundbauten und freistehenden Triumphbögen, welche die Macht Roms symbolisierten.

 
Der Titusbogen in Rom

Während der frühen Kaiserzeit gab es eine gefestigte Schicht lokaler Eliten in den römischen Städten, denen die politische Führung auf kommunaler Ebene oblag. Das stabilste Element im Gesellschaftsgefüge bildete der Dekurionenstand (ordo decurionum), der maßgeblichen Einfluss auf das soziale und politische Leben in den Städten hatte. Die soziale Herkunft dieser Gruppe unterschied sich in den Provinzen. Dazu gehörten Ritter, die nach längerem Dienst in die Kommunen zurückkehrten oder wie in Niedergermanien lokale Eliten (Militärs, Kolonisten) oder wie in gallischen Provinzen der alte Stammesadel. Im Wesentlichen regelte jedoch das Geld den Zugang zu Ehrenämtern (honoratioren). Es musste ein Minimalvermögen nachgewiesen werden. Die lokalen Eliten waren zumeist Grundherren von benachbarten Gütern. Den meisten Dekurionen wurde als Anerkennung das römische Bürgerrecht verliehen. Da das Land nur von Zentralorten aus verwaltet werden konnte, bildete sich eine grundbesitzende Aristokratie heraus, die politisch alle entscheidenden Funktionen übernahm.

Das verhältnismäßig einfach strukturierte politische System auf kommunaler Ebene bestand aus zwei politischen Organen:

  • Der Rat hatte meist 100 auf Lebenszeit bestellte Mitglieder. Er fungierte als beratende Versammlung und entschied über die für die Stadt aufzubringenden Leistungen.
  • Die Magistratur bestand aus vier bis sechs Beamten (nur den Dekurionen zugänglich). Sie wurde von den zwei „Bürgermeistern“ (duoviri) geführt. Sie war für die Rechtsprechung, Verwaltung der Kassen, Polizei und Durchführung der Kulte zuständig. Von ihrer kapitalkräftigen Oberschicht erwarteten die übrigen Schichten die Sicherung der Lebensmittel- und Wasserversorgung, die Finanzierung aufwendiger Bauten und Spiele sowie die Repräsentation der Stadt. Sie waren dazu verpflichtet, die Steuern einzutreiben, für deren Einhaltung sie hafteten.

Die Tatsache, dass auf dem Dekurionenstand das Funktionieren der Stadt basierte, führte auch zum Niedergang der Städte in verschiedenen Reichsteilen. In der älteren Forschung herrschte die Ansicht vor, dass durch die Kosten für Militär und Bürokratie, die Oberschichten in der Spätantike ruiniert wurden. Sie konnten die Stadt nicht mehr versorgen und sie wurden außerdem zu Leistungen verpflichtet, die sie bis dahin freiwillig erbracht hatten. Massive Veränderungen im sozialen und politischen Gefüge waren die Folge. Soziale Aufsteiger, wie Händler und Handwerker, hatten Zugang zu den Ämtern. Ein System der Zwangsmitgliedschaft wurde schließlich eingeführt, wonach jeder Dekurio werden musste, der das erforderliche Mindestvermögen besaß.

Neueren Forschungen nach blühten die meisten spätantiken Städte offenbar noch bis ins späte 5. und frühe 6. Jahrhundert hinein auf. Erst aufgrund von Kriegen (zum Beispiel die islamische Expansion) bzw. im Westen auch aufgrund des weitgehenden Zusammenbruchs des römischen Verwaltungssystems und einem Niedergang des kulturellen Niveaus, kam es dann zu einem regional unterschiedlich stark ausgeprägten „Verfall“ städtischer Zentren und zum Niedergang der poleis (siehe Kastron).[14]

Stadtentwicklung im Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittelalterliche Stadtgründungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Darstellung einer spätmittelalterlichen Ratssitzung, die Bürger werden mit Wappen dargestellt

Mit der Völkerwanderung verfielen die Städte in Mitteleuropa weitgehend. Beginnend mit dem Alemanneneinfall von 260 waren nach und nach zunächst die rechtsrheinischen Limesstädte zerstört worden. Bis zum 5. Jahrhundert eroberten die Germanen auch die Römerstädte am Rhein. Nur noch in wenigen Städten konnten sich geringe gallorömische Restbevölkerungen halten. Die Germanen selbst mieden die Städte und die von ihnen übrig gebliebenen Trümmerfelder als Siedlungsgebiete. Die bedeutenden Römerstädte blieben aber erhalten (zum Beispiel Trier, Köln, Regensburg, Bonn, Augsburg), wenn auch nicht in der Bausubstanz. Viele der alten Stadtkerne wurden im Frühmittelalter aufgegeben und Neugründungen am Rand der ehemaligen Zentren etabliert. Neue Stadtbefestigungen ersetzten die alten, viel zu groß gewordenen Mauern. Wichtigstes Element der Kontinuität waren die Funktionen als Bischofssitze. Diese Städte blieben religiöse und kulturelle Zentren, die die spätrömisch-christliche Tradition fortsetzten. Zunächst übernahmen Bischöfe viele Funktionen der ehemaligen römischen Verwaltungsbeamten.

Dennoch kam es im Verlauf des Frühmittelalters zu einem fast vollständigen Erlöschen des städtischen Lebens. Die neuen merowingischen Herrscher setzten vor allem in den Städten, die keine Bischofssitze waren, Grafen als Verwaltungsbeamte ein, die das umliegende Territorium kontrollieren sollten und dazu oft auf die in den Städten weiter bestehenden römischen Rechtstraditionen zurückgriffen. Die städtische Selbstverwaltung verschwand unter den Grafen zusehends. Nur in den Bischofsstädten wurden die überkommenen römischen Freiheitsrechte der Bürger von den Merowingern teilweise erhalten, um weiter von den Abgaben der Stadtbevölkerung zu profitieren. Dennoch wanderten im Frühmittelalter verstärkt Bewohner ab, während es kaum Zuwanderung aus dem germanischen Umland gab. Das zog Verödung nach sich, zum Teil bis zu einem Stand, in dem auf ehemals bebautem Stadtgebiet Ackerbau betrieben wurde.

 
Kaiserpfalz Goslar

In der Karolingerzeit ab dem 8. Jahrhundert entstanden Klöster in den Städten, die zu neuen wirtschaftlichen Schwerpunkten wurden, ohne jedoch eine Fortsetzung alter Handelstraditionen zu werden. Die römischen Stadtbürgerrechte und die Selbstverwaltung verschwanden in dieser Zeit vollkommen. Auch die Bischöfe herrschten nicht mehr aus der römischen Tradition heraus, sondern Kraft der vom König an sie verliehenen Rechte. Im weiteren Verlauf der karolingischen Epoche wurden zunächst Bischofsburgen, dann zunehmend auch Königshöfe und Pfalzen in den Städten errichtet. Dazu kamen einige wenige Neugründungen im karolingischen Kernland zwischen Seine und Rhein sowie an Flussufern und Handelswegen nach Norden, beispielsweise Gent, Antwerpen, Duisburg, Soest, Wik und Haithabu.

 
Magdeburg: Blick auf den Dom im Elbtal

Unter den Ottonen setzte ab dem 10. Jahrhundert eine bescheidene Welle von Neugründungen ein. Um Herrschaftszentren, meist sächsische Grafensitze, bereits unter den Karolingern errichtete Pfalzen oder neu gegründete Bischofssitze wie Magdeburg, siedelten sich Händler an, die die Oberschicht mit Waren versorgten und sich in Gilden zu organisieren begannen. Solche Bischofs- oder Burgsiedlungen waren meist in zwei Teile mit eigenen Befestigungsanlagen geteilt: Die urbs mit dem Herrschaftssitz und das suburbium mit der Händlerbevölkerung. Beispiele für diese Gliederung sind Frankfurt, Würzburg, Fritzlar und Erfurt.

 
Altstadt (Freiburg im Breisgau)
 
Braunschweig: Altstadtrathaus mit Altstadtmarktbrunnen
 
Steuerhaus, Rathaus und Großzunft der ehemals freien Reichsstadt Memmingen

Die Anzahl der Städte in Mitteleuropa blieb bis 1100 mit einigen hundert noch sehr gering, oft mit einem organisch gewachsenen Stadtgrundriss, in dem es oft große Freiflächen gab, auf denen Vieh gehalten wurde. Steinhäuser begannen erst ab dieser Zeit in den Städten zu entstehen. Auch eine Stadtmauer war kaum vorhanden, sondern meist lediglich ein Wall mit Graben. Der weitaus größte Teil entstand in den folgenden 250 Jahren im Verlauf eines allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs und nachdem die Angriffe aus den Randgebieten des Reiches geendet hatten. In der gleichen Zeit verdoppelte bis verdreifachte sich die westeuropäische Bevölkerung, neue Anbaugebiete wurden erschlossen, neue Landwirtschaftsmethoden angewendet, Geldwirtschaft und Handel ausgedehnt. Die unter diesen Rahmenbedingungen gegründeten späten Städte werden als Gründungsstädte bezeichnet, die meist durch einen Gründungsakt entstanden und entsprechend einem Entwurf planmäßig ausgebaut wurden. Als älteste Stadt dieses Typs gilt Freiburg im Breisgau, das 1118 gegründet wurde und 1120 ein fortschrittliches Stadtrecht erhielt. Weitere Beispiele für bedeutende Gründungen in dieser Zeit sind Leipzig (1150) und Lübeck (1158). Die Zentren des neuen städtischen Aufschwungs lagen in Italien (befördert durch den Orienthandel im Rahmen der Kreuzzüge) und in Flandern, wo sich eine aufstrebende Tuchindustrie entwickelte.

Ab der Staufer­zeit begannen Stadtgründungen zunehmend eine strategische Komponente zu bekommen. Die Könige versuchten ebenso wie die Landesherren mit Städten die eigenen Einnahmen zu verbessern, Menschen aus konkurrierenden Territorien abzuwerben und durch Landesausbau oder Eroberungen erworbene Gebiete zu sichern. Vor allem im Rahmen der Eroberung slawischer Gebiete im Osten im 14. Jahrhundert kam es zu einer regelrechten Stadtgründungswelle an den Orten ehemals slawischer Siedlungen.

Um 1500, am Beginn der Neuzeit, bestehen als bedeutende Städte, unter anderem die Freien Reichsstädte und Hansestädte:

Die mittelalterliche Gründungsstadt ist der weitaus häufigste Typ an Städten in Mitteleuropa. Die Welle der Stadtgründungen verebbte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts aufgrund der Pest­wellen und dem daraus resultierenden Bevölkerungsrückgang. In der Folgezeit wurden nur noch wenige Städte neu gegründet.

Sozialstruktur der mittelalterlichen Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Stadtsiegel von 1286 der ehemaligen freien Reichsstadt Memmingen

Ab dem 11. Jahrhundert begann sich aus der städtischen Grundbesitzer- und Fernhändlerschicht zunächst ein so genanntes „Meliorat“, dann das mittelalterliche Patriziat zu entwickeln. Das Patriziat bildete eine gegen sozialen Aufstieg zunehmend abgeschottete Gruppe, in der es in vielen Städten noch einmal eine Führungsgruppe „ratsfähiger“ Familien gab. Nur aus deren Reihen durften sich Mandatsträger rekrutieren. Später wurden auch Ministeriale, die zunächst von den Stadtherren als Verwaltungsbeamte eingesetzt worden waren, sowie Ritter aus dem Umland in das Patriziat aufgenommen.

Im 13. Jahrhundert begannen verstärkte Konflikte innerhalb der Städte. Dabei zogen sich die Frontlinien zwischen dem Patriziat, das eine größere politische Selbstbestimmung forderte, und den Stadtherren sowie zwischen Patriziat und städtischen Unterschichten. Im 14. und 15. Jahrhundert waren nahezu alle Städte von solchen, auch gewaltsam geführten, Auseinandersetzungen betroffen. Meist endeten diese Kämpfe nicht mit einer grundlegenden Änderung der Stadtverfassung, sondern mit dem Aufrücken der rebellierenden Gruppen in das Patriziat und innerhalb des Patriziats in die ratsfähigen Schichten. Nach außen begannen sich die Städte zunehmend in Bünden zusammenzuschließen, um so mehr politisches und militärisches Gewicht zu erlangen.

Insgesamt lässt sich im Spätmittelalter ein Anwachsen der städtischen Unterschichten feststellen, die oft außerhalb der Stadtmauern lebten. Niedere Arbeiter bildeten in dieser Zeit ebenfalls Zünfte und erhielten ein vermindertes „Kleinbürgerrecht“, das keine politischen Mitbestimmungsrechte umfasste.

Wirtschaftsstruktur der mittelalterlichen Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Alter Börsenplatz in Brügge (Marcus Gerards der Ältere, 1562)

Nach dem Soziologen Max Weber ist die „okzidentale Stadt“ primär ein Markt für den Fernhandel (siehe auch Stadtsoziologie).

Die Stadt und das Umland waren, anders als heute, stark voneinander abgegrenzt. Die räumliche Trennung entsprach auch der wirtschaftlichen Trennung. Das Umland versorgte die Stadt mit Nahrung und Rohstoffen (primärer Sektor) und die Stadt versorgte das Umland mit handwerklichen Erzeugnissen und Dienstleistungen (sekundärer und tertiärer Sektor).

Wichtig für das Entstehen und die Entwicklung der Städte war das „Marktwesen“. Siedlungen, an denen ein Markt stattfand, waren oft Vorformen für die Bildung von Städten, da sich dort Händler und Handwerker niederließen und mit dem Bedürfnis nach Regeln für die Handelsabwicklung das Rechtswesen ausgebaut wurde. Dieses Marktrecht war eine Quelle für die Entwicklung des spezifischen Stadtrechts. Dabei waren Wochenmärkte als kontinuierliche Händlertreffpunkte bedeutender als Jahrmärkte, die meist in Bischofsstädten zum Patronatsfest angesiedelt waren. Allerdings entwickelte sich nicht aus jeder Marktsiedlung eine Stadt. Im linksrheinischen Gebiet befanden sich diese Märkte zunächst vor allem dort, wo sich bereits in der Römerzeit Händler getroffen hatten. Im Osten waren Märkte erheblich seltener, entstanden meist erst im Früh- oder Hochmittelalter und zogen erheblich häufiger Stadtgründungen nach sich als im Westen.

Unter den Merowingern und Karolingern wurden in der Regel römische Märkte fortgeführt, aber nur wenige neue gegründet. Die Karolinger begannen aber mit der rechtlichen Regelung des Marktwesens, indem sie das Münzwesen reformierten, Marktrechte zu vergeben begannen und die Grafen zu Aufsehern über die Märkte sowie die damit verbundenen Zölle bestimmten. Darüber hinaus gab es vor allem Lebensmittelhandel außerhalb der Städte und Märkte, die von einzelnen Grundherren ohne ausdrückliche königliche Erlaubnis betrieben wurden. Unter den Karolingern begann sich das Marktwesen nach Osten auszudehnen, insbesondere im Sklavenhandel mit Awaren und Slawen. Sächsische Burgen und Häfen erlangten verstärkte Bedeutung als Handelsplätze.

Unter Ottonen und Saliern begann sich das königliche Marktregal durchzusetzen. Am Ende der ottonischen Epoche war Handel, der über Lebensmittel hinausging, praktisch nicht mehr außerhalb königlich bewilligter Märkte möglich. Unter Otto dem Großen begann das Marktrecht, insbesondere der Marktfrieden, zum persönlichen Schutzrecht für Händler und Kunden zu werden, die sich auf dem Weg zu einem Markt befanden. Unter den Ottonen stieg die Anzahl der erteilten Marktrechte sprunghaft an. Zunächst gründeten vor allem Klöster, ab dem 12. Jahrhundert auch Landesherren verstärkt Märkte und erhielten dafür die königliche Bewilligung. Viele Städte hatten das Stapelrecht, ein Privileg, das Fernhändler zwang, ihre Waren zum Verkauf anzubieten, und leiteten die Fernhandelswege durch ihre Stadt.

Das städtische „Handwerk“ organisierte sich in Kleinbetrieben mit einem Meister und ein bis zwei Gesellen, deutlich seltener mit fünf oder mehr Gesellen. Oft betrieben Handwerker zusätzlich Landwirtschaft. Zudem arbeiteten nicht alle ausschließlich für den freien Markt. Viele waren, vor allem im frühen Mittelalter, an einen adligen Haushalt gebunden, für den sie produzierten. Die Handwerkszünfte regulierten das Wirtschaftsgeschehen, indem sie die Zahl der Handwerker und damit die Konkurrenz begrenzten, neue Produktionsmethoden verboten, Rohstoffversorgung, Herstellungs- und Verkaufsbedingung und Preise festlegten. Zudem kamen ihnen militärische, religiöse und soziale Funktionen zu. Im Spätmittelalter entwickelte sich aber ein Übergang zur arbeitsteiligen Massenproduktion, in die auch neue Techniken Einzug hielten.

Das Recht in der mittelalterlichen Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Älteste gedruckte Ansicht Nürnbergs, Schedelsche Weltchronik 1493

Die rechtliche Stellung der mittelalterlichen Stadt war geprägt von ihrem Status als freie Reichsstadt oder Fürstenstadt, wobei der genaue Status sehr unterschiedlich sein konnte. Generell hatten die Städte das Bestreben, sich von der Herrschaft der Stadtherren, der in ihr residierenden Bischöfe und Burgvögte (vgl. Reichsstadt Nürnberg) zu befreien, was ihnen mehr oder weniger erfolgreich gelang. Bei den Gründungsstädten wurden diese Freiheiten, um die ältere Städte oft lange kämpften, bereits im Stadtrecht zur Gründung verankert. Viele Städte wurden durch Handel und Handwerk sehr reich und konnten sich dadurch lange gegenüber den Stadtherren behaupten, die Städte gerne aus wirtschaftlichen und militärischen Gründen unter ihre Kontrolle bringen wollten. Die mittelalterliche Stadt stand damit in scharfer Konkurrenz zu den weltlichen und geistlichen Territorialherrschaften. In Gebieten mit starker Territorialherrschaft hatten es die Städte schwer, sich zu behaupten, so gab es im bayerischen Stammland mit Regensburg nur eine Reichsstadt, die um ihren Status kämpfen musste. Im territorial zersplitterten Franken und Oberschwaben entstanden mächtige Reichsstädte wie Nürnberg, Rothenburg, Augsburg oder Reutlingen und im Norden waren die Hansestädte wie Lübeck, Bremen, Hamburg und Rostock starke Wirtschaftsstandorte.

Grundlage der inneren Rechtsstruktur der mittelalterlichen Städte war der städtische Friede. Dieser Zustand garantierter Gewaltlosigkeit entwickelte sich bei älteren Städten aus dem Friedensrecht der städtischen Keimzelle, dem Markt- oder Burgfrieden. Bei planmäßigen Stadtgründungen des Hoch- und Spätmittelalters wurde der Stadtfrieden meist bei der Gründung festgeschrieben. Ursprünglich war die Garantie dieses Friedens die wichtigste rechtliche Funktion des Stadtherren. Mit der zunehmenden Bedeutung der Bürgerschaft als eigenständige Macht mit politischen Strukturen wurde sie die Trägerin des Friedens, was eine Voraussetzung für die Emanzipation den Stadtherren gegenüber darstellte. Der Friedensbruch wurde als Bruch des Bürgereides verstanden und entsprechend streng bestraft, auch wenn beispielsweise die Verletzungen als Folge eines Angriffs nur gering waren. Zudem waren Bürger zur Verbrechensverfolgung angehalten. Um wichtige Gebäude wie das Rathaus gab es meist zusätzliche Friedensbezirke mit verschärften Bestimmungen. Häufig wurden nächtliche Ausgangsverbote oder -beschränkungen erlassen. Im Spätmittelalter begannen sich die städtische Friedensordnung und die städtische Gerichtsbarkeit ins Umland auszudehnen. Die Städte waren zudem wichtige Träger der Landfriedens­bewegung des 12. Jahrhunderts.

Zweites Rechtsprinzip war die städtische Freiheit. Leibeigene oder Hörige, die in die Stadtgemeinschaft aufgenommen wurden, erlangten die persönliche Freiheit. Dieses Recht war ursprünglich von den Stadtherren gewährt worden, um die Zuwanderung in die Städte und deren Funktion als Wirtschaftszentren zu stärken. Ähnliche Freiheitsrechte wurden auch in Regionen gewährt, in denen Land urbar gemacht und dazu Bauern angelockt werden sollten. Viele Städte stellten allerdings Hürden für die Aufnahme in ihre Gemeinschaft auf, um die Konflikte mit den umliegenden Landesherren wegen der Abwerbung von Untertanen zu verringern. Das städtische Freiheitsrecht umfasste auch die Gleichheit aller Bürger vor Gericht. Bei weitem nicht alle Bewohner einer Stadt genossen das volle Bürgerrecht und damit die volle städtische Freiheit. Die Stadt selbst konnte in ihrem Umland auch Hörige haben.

 
Stadtmauer von Mayen

Insbesondere im Verlauf der Emanzipation von den Stadtherren organisierten Städte auch das eigene Wach- und Verteidigungswesen. Zentrales Element war die Stadtmauer, zu deren Instandhaltung und ständigen Besetzung die Bürger verpflichtet waren. Im Kriegsfall waren alle arbeitsfähigen Männer der Einwohnerschaft zum Verteidigungsdienst verpflichtet. Die Waffen wurden selbst bezahlt. Im Gegenzug musste die Stadt gefangen genommene Kämpfer der eigenen Seite auslösen. Die Oberschicht stellt die Kavallerie, das städtische Schützencorps wurde zunehmend auch als Polizeitruppe eingesetzt. Für ärmere Einwohner wurden in Zeughäusern Waffen gelagert. An der Verteidigung waren auch verbündete Adlige, Hörige der Stadt und Söldner beteiligt. Ab dem 14. Jahrhundert entzogen sich wohlhabende Bürger zunehmend ihrer Verteidigungspflicht, indem sie Ersatzmannen stellten. Zunehmend wurden besoldete Wächter und Stadtknechte eingesetzt.

Die innere Rechtsstruktur der Städte unterschied sich erheblich von der des Umlands. Es umfasste die verliehenen Rechte und Freiheiten, beispielsweise Marktprivilegien, Münzrecht, Zoll, Steuer- oder Wehrhoheit, und wurde im Verlauf der Entwicklung durch verschiedene Gewohnheitsrechte ergänzt und verändert.

Das städtische Recht wurde in Statuten niedergeschrieben. Diese Rechtssammlungen wurde oft „Willküren“ genannt: Rechte, die nicht althergebracht waren, sondern aus einem bewussten Willensakt gewählt, also „gekürt“, wurden. Wer den Bürgereid leistete, unterwarf sich damit auch den Willküren.

Vor allem in den Neugründungswellen des Spätmittelalters bildeten sich „Stadtrechtsfamilien“. Bei Neugründungen von Städten wurden die Rechtsordnungen bereits bestehender Städte übernommen. So wurde das Deutsche Recht in den Städten von Mittel- und Osteuropa übernommen zum Beispiel als

Stadtstaaten oder Stadtrepubliken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Hansestadt Lübeck: Holstentor

Im Mittelalter entwickelten sich mehr oder weniger abhängige Stadtstaaten oder Stadtrepubliken, Städte die sich im Heiligen Römischen Reich den Status einer Freien Reichsstadt erworben hatten oder in Italien selbständige Staaten waren. Ein Stadtstaat ist im Gegensatz zum Flächenstaat ein Staat, der nur das Gebiet einer Stadt und sein engeres Umland umfasst. Es kann sich dabei um einen souveränen Staat oder um einen Gliedstaat innerhalb eines Bundesstaates nach dem föderalistischen Prinzip handeln.

Im Heiligen Römischen Reich wurden als Freie Reichsstadt jene Kommunen bezeichnet, die keinem Reichsfürsten, sondern direkt dem Kaiser unterstanden und auch einige Bischofsstädte, die eine gewisse Autonomie erworben hatten.

Es gab im Mittelalter 107 bis möglicherweise 115 Reichsstädte. Im Westfälischen Frieden 1648 verloren Metz, Tull (Toul), Wirten (Verdun) und die eidgenössischen Städte Basel, Bern, Luzern, Mülhausen, Schaffhausen, Solothurn, Zug und Zürich diesen Status. Bis 1679 bzw. 1681 wurden Bisanz (Besançon), Colmar, Hagenau (Haguenau), Kaisersberg (Kaysersberg), Landau in der Pfalz, Münster (Munster), Oberehnheim (Obernai), Rosheim, Schlettstadt (Sélestat), Türkheim (Turckheim), Weißenburg (Wissembourg) und Straßburg von Frankreich annektiert und verloren damit ihren Status. Bis zum Reichsdeputationshauptschluss von 1803 gab es insgesamt noch 51 Reichsstädte, danach nur noch sechs Städte: Augsburg, Bremen, Frankfurt am Main, Hamburg, Lübeck und Nürnberg.

Ab 1815 blieben im Deutschen Bund bzw. im Deutschen Reich noch vier Städte und zwar Bremen, Frankfurt am Main (bis 1866), Hamburg und Lübeck (bis 1937) selbständige Stadtrepubliken bzw. ab 1866 selbständige Länder des Deutschen Reichs. In der Bundesrepublik Deutschland sind Berlin, Bremen und Hamburg als Stadtstaaten selbständige Länder.

 
Venedig: Wahr- und Hoheitszeichen der Serenissima: Der Löwe von St. Markus (Gemäldeausschnitt von Vittore Carpaccio, 1516)

In Italien hatten die Stadtrepubliken Venedig (713/16–1797), Florenz (12. Jh.–1531), Genua (11. Jh.–1797) besondere Bedeutung. Zu erwähnen sind noch unter anderem Brescia, Como, Grosseto, Lucca, Massa Marittima, Pisa und Verona. Rom war 1354 nur kurzfristig Stadtrepublik.

In der Schweiz gingen viele Schweizer Kantone aus Stadtstaaten hervor, die zuvor Reichsstädte waren. Die frühere Reichsstadt Basel wurde 1833 als Halbkanton ein Stadtstaat. Die frühere Reichsstadt Zürich war bis 1798 als Stadtstaat eine „Freie Republik“ im Bund der Eidgenossen. Genf wurde 1536 die Genfer Republik und 1814 Stadtrepublik bis es 1815 um ehemals französischen Landgebiete zu einem auch ländlichen Kanton mit 45 Gemeinden erweitert wurde.

Weitere Stadtrepubliken waren unter anderem Nowgorod (1136–1478) und Pskow (13.–15. Jh.) in Russland sowie Dubrovnik (Republik Ragusa: 14. Jh.–1808) und die Republik Krakau (1815–1846). Als Freie Stadt wurde auch Danzig bezeichnet, als die Stadt von 1920 bis 1939 unter der Hoheit des Völkerbunds stand.

Politik in der mittelalterlichen Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst wurden die Städte direkt vom jeweiligen Stadtherren und seinen Beamten beherrscht. Im 12. Jahrhundert begannen nach dem Vorbild der Städte der Lombardei diese Beamte sich zunehmend zu verselbstständigen; die Beamten kamen aus den Familien des Patriziats. Bis zum 13. Jahrhundert gab es Stadträte in nahezu allen Städten. Parallel begann ein Prozess der Übertragung von Rechten vom Stadtherren auf den Stadtrat. Diese Rechte wurden nicht mehr im Auftrag des Stadtherren, sondern verstärkt aus dem eigenen Machtanspruch des Stadtrats heraus beansprucht, der sich aus der im Bürgereid vereinten Bürgerschaft speiste. Nach den Ständekämpfen des 13. Jahrhunderts war dieser Prozess im 14. Jahrhundert weitgehend abgeschlossen und die Stadträte hatten sich als Regierung der Städte aus eigener Macht etabliert. Im 15. Jahrhundert bildeten sich spezialisierte Ratsausschüsse. Neben politischen Entscheidungen reglementierte der Stadtrat auch die städtische Wirtschaft und legte Warenpreise fest. Auch die Niedere Gerichtsbarkeit ging vom bevollmächtigten Schultheiß des Stadtherren an den Rat über. Etwas langsamer und nicht überall folgte diese Entwicklung auch für die Blutgerichtsbarkeit, die gelegentlich an den Stadtrichter oder Bürgermeister persönlich weitergegeben wurde.

Die Wahlen zum Stadtrat waren sehr unterschiedlich gestaltet. Anfangs wurde der Rat von der Bürgerschaft für kurze Perioden gewählt. Die Amtszeiten weiteten sich aber immer mehr aus, teilweise bis zur Wahl auf Lebenszeit. Meist umfasste der Rat 12, 24 oder 36 Mitglieder, vor allem im Spätmittelalter kam es aber zur Vergrößerung dieser Zahl, in Extremfällen auf bis zu 300 Mitglieder. Ab dem Ende des 15. Jahrhunderts kam die Bezahlung des vormals ehrenamtlichen Ratsamtes auf.

Neben der Teilnahme an Ratssitzungen, in denen politische Entscheidungen gefällt wurden, bekamen einzelne Ratsmitglieder auch Ämter, diplomatische oder militärische Aufgaben übertragen. Diese Ämter wurden meist jährlich unter den Ratsmitgliedern verteilt. Erst im 15. Jahrhundert kamen längere Amtsperioden auf. Daneben gab es Dienstämter, deren Inhaber keine Ratsmitglieder waren und von der Stadt besoldet wurden. Mit dem Zuwachs des Schriftverkehrs und der Notwendigkeit, die Rechtsposition der Stadt nach innen und außen zu vertreten, wurden Ratskanzleien eingerichtet, in denen anfangs meist Kleriker arbeiteten, später auch Juristen als rechtliche Berater (siehe Stadtschreiber (Kanzleivorsteher)).

Merkmale der mittelalterlichen Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Carcassonne: Stadtmauer
 
Stralsund: Rathaus, Nikolaikirche
  • Äußere Abgrenzung durch Stadtmauer und zugehörigem Stadtgraben/Gräfte, manchmal als Gewässer angelegt.
  • Kompakte Siedlungsform mit Zentrum, Marktplätzen, Rathaus, Bürgerhäusern, Kirchen, politisch oft in Opposition zur landesherrlichen Burg mit Burgkirche bzw. Bischofsbezirk.
  • Soziale und berufliche Differenzierung der Stadtbevölkerung in Stadtvierteln.
  • Rechtliche Sonderstellung: Selbstverwaltung und eigene Gerichtsbarkeit, Bürgerrechtsprivileg.
  • Ökonomische Funktion: Markthoheit (vgl. Roland), Fernhandel, Stapelrecht, arbeitsteilige Güterproduktion, Ackerbürger.
  • Im Inneren war die rechtliche Stellung der Bewohner einer Stadt streng gegliedert in Bürger und Inwohner, Patrizier, in Zünften organisierte Handwerker und dem Klerus.
  • Demographisch war sie auf ständigen Zuzug vom Lande angewiesen. Der Zustrom war gesichert, da ihre Bewohner durch Rechtsprechung und Zunftverfassungen eher von Belieben der jeweiligen Herrscher freigestellt wurden, was im Sprichwort „Stadtluft macht frei“ zum Ausdruck gebracht wurde.
  • Die Wohnhäuser waren in Parzellen angeordnet.
  • Wirtschaften und Wohnen war unter einem Dach untergebracht.
  • Gleiches Gewerbe siedelte sich in gleichen Vierteln und Straßen an.
  • Die Bautätigkeit der Bürger wurde von der Stadt kontrolliert, zum Beispiel schrieb die Stadt den Abstand zwischen den Häusern wegen des Brandschutzes vor.

Neuzeit bis Gegenwart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Zeit nach dem Mittelalter wurden nur noch wenige Städte neu gegründet, die einem der folgenden Typen zuzuordnen sind.

 
Mannheim: Rheinschanze und Zitadelle (1620)
 
Friedrichstadt: Die Hausmarke zeigt das Stadtwappen Amsterdams
 
Festung Orsoy (um 1650)

Renaissance[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Matthäus Merian: Güstrow (1653) mit Renaissanceschloss

Die Renaissance definiert Stadtgrundriss und Stadtbild neu, doch bleiben etliche Stadtentwürfe unverwirklicht. Die verwirklichten werden oft als Idealstädte bezeichnet, die gebaute Wirklichkeit ideal, vor allem in geometrischer Hinsicht, ausrichteten. Sie orientieren den Stadtgrundriss zentral auf den Hauptplatz in der Stadtmitte, auf den die Hauptstraßen sternförmig zulaufen. Um diesen konzentrieren sich die wichtigen Bauten der Stadt als einzelne, in Anlehnung an die wiederentdeckte Antike, einfache geometrische Baukörper (Würfel, Zylinder usw.), die auf diese Weise im Stadtbild hervorgehoben werden. Dies kontrastiert zu den vorher organisch gewachsenen oder geplanten, aber dem natürlichen Gelände angepassten mittelalterlichen Städten.

Barock[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Karlsruher Stadtansicht,1721, Kupferstich von Heinrich Schwarz

Im Barock verankern die Fürsten ihren Sitz fest mit und in den vormals frühbürgerlich regierten Renaissancestädten, setzen am Hauptplatz im Stadtzentrum ihr Schloss an die Stelle der vorherigen Renaissancebauten und sorgen für einheitliche, in Konstruktion, Höhe und Farbe auf das fürstliche Schloss hinführende, Stadtbebauung. Es entstehen dadurch gänzlich vom Barock durchdrungene Städte wie Wien (durch Maria Theresia im 18. Jahrhundert) oder Karlsruhe, aber auch Rom mit seinen Plätzen und Paris sowie Versailles geben hier Beispiele. Die durchgreifenden baulichen, rechtlichen und stadthygienischen Erlasse der Barockfürsten bereiteten die Bewältigung und Verwaltung der viel umfangreicheren Massenerscheinungen der sich ankündigenden Industrialisierung in den Städten vor.

Klassizismus und industrielle Anfänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die neue Gruppe der erfahrenen Verwaltungsfachleute versucht schon im Klassizismus (Ende 18., Anfang 19. Jahrhundert) und den industriellen Anfängen, die gesellschaftlichen Barrieren wie Leibeigenschaft, Zünfte und Privilegien sowie Slums oder fehlende Stadthygiene anzugehen. So entstehen in Paris Massenwohnbauten, die von anderen Städten nachgeahmt werden (zum Beispiel später Berlin, „Mietskasernen“). Vor allem durch das klassizistische England und speziell London werden Impulse gegeben, die Natur wieder in die engen finsteren Städte einzubeziehen. In der Folge entstehen in ausgesparten Baublocks oder an Stelle von beseitigten Stadtbefestigungen („Schleifung“) Stadtparks, oder vormals fürstliche Schlossparks werden für die Stadtbewohner geöffnet. Zunehmend setzen sich Bewegungen für durchgrünte und hygienische Wohnviertel durch, deren Realisierung aber erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Gang kommt.

Stadtgrößen im 19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
New York um 1888
 
Lima um 1888
 
Stadtplan von München 1858

Durch die industrielle Bewegung nahm die Verstädterung in den Hauptstädten und damaligen Industriestandorten erheblich zu. Folgende Einwohnerzahlen (in Tausend) sind von 1800 bis 1900 zu verzeichnen (geordnet nach dem Stand von 1900; dazu zum Vergleich der Bevölkerungsstand der Stadt (nicht der Agglomeration) von 2005):[15] Dabei ist zu erkennen, dass Städte wie Istanbul, Lima, Krakau, Prag und Rom im letzten Jahrhundert überproportional gewachsen sind, Leipzig oder Magdeburg hingegen stagnierten.

Stadt18001850188019002005
New York City 88 696 1912 3437 8143
Berlin 172 419 1122 1889 3395
Chicago 0,1 30 503 1699 2842
Wien 247 444 726 1675 1626
Istanbul 500 700 800 940 8803
Budapest 54 178 371 732 1719
Hamburg 130 132 290 706 1744
Neapel 350 449 494 690 995
Kairo 200 250 370 580 10.834
Boston ? 137 363 551 2017
Mailand 170 242 322 540 1299
Rom 153 175 300 500 2553
München 30 110 230 500 1260
Leipzig 32 63 149 456 503
Breslau 60 114 273 423 636
Dresden 62 96 221 396 495
Lima 60 80 102 104 8049
Köln 50 97 145 373 983
Frankfurt am Main 48 65 137 289 652
Nürnberg 30 54 100 261 499
Graz 31 66 100 170 255
Magdeburg 36 72 98 230 229
Prag 75 118 162 202 1182
Bremen 40 55 112 161 547
Krakau 24 50 66 91 757

Die Entwicklung in Deutschland nach 1850[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Industrialisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Blick über die Stadt Greiz, die Gebäude stammen größtenteils aus der Zeit des deutschen Kaiserreichs

Die Industrialisierung, gekennzeichnet vor allem dadurch, dass die Dampfmaschine den manuellen Betrieb ersetzt und in der Eisenbahn Verwendung findet, beginnt in England bereits ab dem 18., in Belgien, Frankreich, USA und Deutschland ab dem 19. Jahrhundert sowie in Japan ab Anfang des 20. Jahrhunderts. Andere Länder folgen, teilweise bis heute.

Das Industriezeitalter im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bringt eine Urbanisierung bis hin zur verstädterten Gesellschaft mit sich. Im 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche technische Basiserfindungen und ihre Weiterentwicklungen. Durch diese entstanden innerhalb weniger Jahre in den Städten neue industrielle Arbeitsplätze. Der Bedarf an Arbeitskräften, vor allem der der Textil- und Montanindustrie, konnte mit dem lokalen Arbeitskräftereservoir nicht mehr gedeckt werden. So siedelten sich viele Industriebetriebe in Städten an, um genug Arbeiter einstellen zu können. Begünstigt wurde dies durch Innovationen in der Verkehrstechnologie, wie der Eisenbahn und des Dampfschiffes, durch welche die verarbeitende Industrie nicht mehr an die Standorte der Rohstoffvorkommen gebunden war. Ebenso zogen viele Arbeiter vom Land in die Städte, um dort arbeiten zu können. Diese Interdependanz trieb das industrielle Wachstum und die rasche Zunahme der Bewohnerzahlen der Städte voran.

Nachdem sich die Altstädte in der ersten Phase verdichtet hatten, kam es dann zur räumlichen Expansion. Mit Hilfe der Massenverkehrmittel (Pferdebahn, Straßenbahn, Fahrrad) ab etwa 1880 bis 1900 verstärkt sich das Außenwachstum. Fabrikanlagen und Arbeiterviertel mit Mietskasernen entstanden in der Nähe der Altstädte. In Deutschland wurden neue Städte gegründet wie zum Beispiel Bremerhaven 1827, Oberhausen 1862, Ludwigshafen 1863, Wilhelmshaven 1873 und Wolfsburg 1938. Die bestehenden Städte wuchsen und veränderten sich zu Städteverbundgebieten, vor allem in Bergbaugebieten wie dem Ruhrgebiet, in Oberschlesien oder im Saargebiet.

Um dem entgegenzuwirken, wurden ab etwa 1900 Reformversuche gemacht und Bauzonenordnungen erlassen. Man versucht eine Auflockerung der strengen, monoton rechteckigen Straßengrundrisse durch mehr Plätze, gewundene Straßenführungen und Durchgrünung. Gleichzeitig beginnen erste Projekte zur Sanierung der mittelalterlichen Stadtkerne. Diese sind in manchen Städten völlig überbaut, überbevölkert und hygienisch untragbar geworden. Durch Abbruch ganzer Quartiere und Neuaufbau, zum Beispiel in Stuttgart oder Durchbruch von neuen Straßen, zum Beispiel in Straßburg oder Hamburg versuchte man, den Mangel zu beheben. Die Gartenstadt­bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts war ein noch weitergehender Reformansatz auf die Probleme der industrialisierten Stadt, der durch den Ersten Weltkrieg allerdings nur sehr beschränkt umgesetzt wurde.

Zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Berlin-Britz: Hufeisensiedlung von Bruno Taut und Martin Wagner

1918 bis 1933 – neuer Städtebau. Die Weimarer Republik entwickelte ähnlich wie die Republik Österreich neue Konzepte des sozialen Wohnungsbaus, insbesondere in Städten mit großem Wachstum wie in Altona, Berlin und Hamburg. Kommunaler bzw. genossenschaftlicher Wohnungsbau in halboffener und offener Bauweise wurde gefördert, zum Beispiel die Zeilenbauweise; der Funktionale Umbau der Stadt wurde auch vom Bauhaus geprägt. Auch die Gartenstadt war beginnend in England ein wichtiges Thema. Weitere Aufgaben waren Stadterweiterungen nach dem Vorbild der britischen Planstadt (New Towns) um London. Neue Städte für die Industrieproduktion entstanden unter anderem in Deutschland, zum Beispiel in Salzgitter.

1933 bis 1945 – Nationalsozialistische Stadtideologie. Die nationalsozialistische Stadtideologie war gegen eine großstädtische „Entartung“ und für die bodenverbundene Kleinsiedlung. Sie hatte Pläne zu einer Agrarisierung, und zur Auflösung von Städten. Andererseits war eine monumentale Umgestaltung der Städte geplant. In vielen Großstädten erfolgen weitreichende Eingemeindungen des Umlandes oder Zusammenschlüsse von Städten wie etwa Sulzbach-Rosenberg gegen den Willen der Bevölkerung. Das Groß-Hamburg-Gesetz von 1938 geht noch stark auf Planungen der Weimarer Republik zurück. 1938 wird Wolfsburg als Arbeiterstadt für den Volkswagen-Bau gegründet. Die Realisierung größerer Pläne wurden durch den Zweiten Weltkrieg verhindert.

Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Köln 1945

Durch Flächenbombardement und andere Kriegseinwirkungen wurden im heutigen Gebiet von Deutschland rund 3,5 Millionen Wohnungen sowie viele andere Gebäude zerstört. Großstädte wie Köln (70 %), Dortmund (66 %), Duisburg (65 %), Kassel (64 %), Dresden (60 %), Kiel (58 %), Ludwigshafen (55 %), Hamburg (54 %), Mainz (54 %), Bochum, Braunschweig, Bremen, Hannover, Gelsenkirchen, Magdeburg, Düsseldorf und Essen sowie 26 weitere Städte mit 50 bis 150 tausend Einwohner verloren mehr als 50 % ihres Wohnungsbestandes.[16] Ein Flüchtlingsstrom von elf bis zwölf Millionen Menschen bevölkerte zusätzlich die Gebiete der heutigen Bundesrepublik.[17][18]

Wiederaufbau nach 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Berlin: Frankfurter Tor und Karl-Marx-Allee

Bundesrepublik Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland und trotz zentralstaatlicher Lenkung auch in der DDR lassen sich unterschiedliche räumliche Muster des Wiederaufbaus der Innenstädte erkennen:

  • Neuordnung des Stadtkerns mit Umlegung und teilweise neuem Straßennetz wie beispielsweise in Pforzheim, Wesel, Hannover oder Chemnitz.
  • Partielle Neuordnung mit teilweiser Umlegung und Durchbruch von Verkehrsachsen wie in Duisburg, Essen, Dortmund, Düsseldorf, Kassel, Köln, Hamburg, Dresden, Magdeburg.
  • Weitgehende Wiederherstellung der mittelalterlichen Struktur trotz starker Zerstörung wie in Nürnberg, Augsburg, München, Hildesheim, Lübeck, Rostock: Grundfläche und Kubatur der Gebäude blieb erhalten, aber moderne Architektur prägten die Neubauten.
  • Wiederaufbau in den Baulücken ohne größere Neuordnung in weniger zerstörten Städten wie in Wuppertal.
  • Neu angelegte Städte und Stadtteile für Flüchtlinge, Ausgebombte und Wohnungssuchende sowie bei neuen Industrieansiedlung wie in Espelkamp, Bielefeld-Sennestadt, Eisenhüttenstadt.

Anfängliche Überlegungen, einige stark zerstörte Städte an anderer Stelle neu zu errichten wurden nirgends realisiert, da die wertvolle Infrastruktur (Straßen, Kanalisation, Leitungsnetz) erhalten war.

 
Essen: Schneise durch den Ruhrschnellweg

Deutsche Demokratische Republik

In der DDR folgten die ersten Wiederaufbauprojekte sowjetischen Vorbildern. 1949 waren eigens zentralstaatlich sogenannte „Grundsätze des Städtebaus“ definiert worden, nach denen ab etwa 1953 in einigen ausgewählten Aufbaustädten (unter anderen Berlin, Rostock und Dresden) (in „nationaler Tradition“) teils monumental und reich verziert (Zuckerbäckerstil) innerstädtischer Wohnungsbau für Arbeiter betrieben wurde. Organisatorisch war dabei die neue sozialistische Bodenordnung mit der Aufhebung des freien Bodenmarktes und dem weitgehenden Enteignungsrecht für die staatliche Planung nützlich, Stadtteilplanungen, ungeachtet der historischen Stadtgrundrisse, durchzuführen. Zu den städtebaulichen Prinzipien nach sowjetischem Vorbild gehörten große Magistralen und Aufmarschplätze in den Innenstädten (Beispiel Stalinallee/Karl-Marx-Allee in Ost-Berlin). Städte wurden als Ausdruck der neuen gesellschaftlichen Ordnung verstanden: nicht Kommerz und Banken, sondern öffentliche Gebäude und Wohnungen standen im Mittelpunkt.

Großwohnsiedlungen

Ab etwa 1955 bis um 1975 entstanden in Westdeutschland und noch bis 1990 in der DDR viele Großwohnsiedlungen. Allein in der DDR wurden 169 Großwohnsiedlungen mit jeweils mehr als 2500 Wohnungen (insgesamt 1,1 Millionen Wohnungen) und weitere rund 517 größere Neubauwohnsiedlungen mit jeweils 500 bis 2500 Wohnungen (insgesamt rund 0,6 Millionen Wohnungen) errichtet, deutlich mehr als in der Bundesrepublik Deutschland.[19]

Wiederaufbau nach 1960[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Berlin, Märkisches Viertel: Senftenberger Ring
 
Nürnberg: Langwasser

Bundesrepublik Deutschland: Große Stadtentwicklungs- und Stadterweiterungsprojekte, scheinbar grenzenloses Wachstum der Ansprüche an Wohnungsgröße und -qualität: Bau von Satellitensiedlungen, zum Beispiel Märkisches Viertel (Berlin), Langwasser (Nürnberg), Garath (Düsseldorf), Chorweiler (Köln), Neuperlach (München) und von Satellitenstädten zum Beispiel Wulfen, Erkrath-Hochdahl, Meckenheim-Merl. Die wenig abwechslungsreiche Bebauung unter anderem führt teilweise zu geringer Attraktivität, Folge sind hohe Leerstände etc. Das Auto forciert den Bau von innerstädtischen Schnellstraßen, zum Beispiel in Hoch- und Tieflagen wie in Essen, Duisburg, Düsseldorf, Köln. Außenbereiche: Trabantensiedlungen und Suburbanisierung. Das Leitbild war die autogerechte Innenstadt, in der alle Personen, die zur Arbeit, zum Einkauf etc. in die Stadt fahren, das neue Verkehrsmittel Auto benutzen würden. Während für den rollenden Verkehr noch entsprechend Raum durch den Ausbau der Straßen der Platz geschaffen wurde, scheiterte der Ansatz letztendlich am Flächenbedarf für den ruhenden Verkehr. Der Bau von Parkplätzen konnte mit dem Bedarf nicht Schritt halten. Mit dieser Erkenntnis begann die Planung neuer U-Bahn- und S-Bahn-Projekte, zum Beispiel in Stuttgart (Baubeginn 1971) sowie die Modernisierung der alten Straßenbahnen, die in den Kernbereichen wie in Hannover in den Untergrund verlagert wurden. Die Autos wurden aus den Innenstädten verdrängt, indem die wichtigsten Einkaufsstraßen zu Fußgängerzonen umfunktioniert wurden.

In den 1970er Jahren erfolgten viele Eingemeindungen, wobei im Zuge der Gebietsreformen der Länder durch einen Verwaltungsakt mehrere Gemeinden zu neuen administrativen Einheiten von größerer Fläche und Einwohnerzahl zusammengeschlossen wurden. Beabsichtigt wurde damit eine effektivere Verwaltung. Wenn einer der bisherigen Orte schon das Prädikat „Stadt“ trug, ging dies auch auf die neue Gebietskörperschaft über; in anderen Fällen wurde die neu entstandene Gemeinde wegen ihrer Größe oft mit dem Titel „Stadt“ versehen, so dass schon durch diese Verwaltungsakte der Gesamtverstädterungsgrad Deutschland erhöht wurde. Einigen dieser neuen Städte ermangelte es an einem eigenen Zentrum in einem polyzentrischen Städtesystem. Krasse Beispiele dafür sind unter anderem die Städte Lahn als Zusammenschluss von Gießen und Wetzlar (1979 wieder aufgelöst), Filderstadt oder Leinfelden-Echterdingen.

In der DDR wurde der Wiederaufbau der Innenstädte aus den 1950er Jahren durch die so genannten Zentrumsplanungen in den späten 1960er Jahren abgelöst (Beispiel: Leipziger Uni-Hochhaus). Das Hauptaugenmerk lag in den 1960er und 1970er Jahren jedoch auf den großen Stadterweiterungen in Großblock- bzw. in industrieller Plattenbauweise (offene Zeilenbauweise fünf- bis zehngeschossig) in zunächst nur sehr wenigen Standardtypen. Der sozialistische Wohnkomplex war ein Neubauviertel mit etwa 10.000–30.000 Einwohnern, begrünten, offenen Hochhauszeilen, einem Zentrum, öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Sportanlagen, Poliklinik sowie Kaufhalle, Gaststätte und staatlichem Dienstleistungsgebäude.

Stadterneuerung nach 1970[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadterneuerung und Städtebauförderung
 
Celle: Altstadt

Nachdem die Entwicklung der Städte für gut ein Jahrzehnt im Wesentlichen in raumgreifenden Stadterweiterungen am Stadtrand auf der einen Seite und radikalen Stadtumbauten mit Verdrängung der Wohnbevölkerung in den Innenstädten auf der anderen Seite geprägt war, galt es nun, sich stärker der Sanierung von Wohnvierteln zuzuwenden. Im Bewusstsein der Planer hatte dies behutsam zu geschehen. Die Sanierung der Städte wurde ab 1969 in Modellstädten und ab 1971 bundesweit begonnen und mit dem Beschluss des Städtebauförderungsgesetzes 1971 ein Rechts- und Fördersystem eingeführt. Noch für einige Jahre blieben jedoch auch Sanierungen mit Flächenabrissen und Neubau an der Tagesordnung, bis das Europäische Denkmalschutz­jahr 1975 eine Wende brachte: die Rückbesinnung auf das bauhistorische kulturelle Erbe, und zwar sowohl im Westen wie im Osten Deutschlands. Die städtebauliche Erneuerung sollte die Erhaltung und Modernisierung von Gebäuden, die Revitalisierung der Zentren und Nebenzentren und die Verbesserung des Wohnumfeldes in den betroffenen Gebieten ermöglichen. Bis 1990 waren die historischen Stadtkerne in Westdeutschland weitgehend saniert.

Die Städtebauförderung konzentrierte sich nach der Vereinigung in Deutschland vor allem auf die Städte in den neuen Bundesländern, wo der Nachholbedarf trotz gewisser Anstrengungen in den 1980er Jahren noch immens groß war. Der Bund und die neuen Länder schufen dabei zusätzlich ein neues Förderprogramm zum städtebaulichen Denkmalschutz, um Städtebau und Denkmalschutz miteinander stärker zu verbinden. Die oft unzureichenden Mittel der Innenstadterneuerung von Stadtteilen mit industrieller Bauweise (innerstädtischer Plattenbau) wurden durch zeitgemäße Methoden einer weitgehend erhaltenden Erneuerung abgelöst.[20]

Neue Stadtaufgaben nach 2000[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Aufgaben der Stadt haben sich verändert. Nach wie vor müssen Flächen für Wohn- und Gewerbenutzung bereitgestellt werden, aber andere Aufgaben erhalten immer stärkere Bedeutung. Im Aalborg Commitments von 2004 heißt es:

„Wir haben die Vision integrativer, prosperierender, kreativer und zukunftsfähiger Städte und Gemeinden, die allen Einwohnerinnen und Einwohnern hohe Lebensqualität bieten und ihnen die Möglichkeit verschaffen, aktiv an allen Aspekten urbanen Lebens mitzuwirken.“[21] Zum Ende des 20. und mit Beginn des 21. Jahrhunderts stellen sich für die Stadt und ihre Planer folgende Probleme und Aufgaben:

Umlandproblematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachfragebedingt wurden mehr Eigenheim- und Reihenhausbauten erstellt. Da die Städte die dazu notwendigen Flächen nicht bereitstellen können, erfolgte ein kleinteiliges Wachstum im Umland der Städte (Suburbanisierung). Die Abwanderung von Bevölkerung und Gewerbe aus den Städten verschärften die Probleme in den Ballungsräumen. Im Umland war ein erheblicher Flächenverbrauch zu verzeichnen. Die ländlichen Strukturen wurden beeinträchtigt. Da der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit dem Außenwachstum nicht Schritt halten konnte und er in losen Siedlungsstrukturen prinzipiell im Nachteil ist, stieg das Verkehrsaufkommen durch den Individualverkehr.

Diese Entwicklung bewirkte auch, dass sich Einkaufszentren und kleinere Betriebe an die Stadtränder mit billigem Baugrund ansiedelten; Kaufkraft und Arbeitsplätze verlagerten sich. Dadurch entstanden im Umland so genannte „Speckgürtel“ mit wohlhabenden Umlandgemeinden mit Gewerbe und Handel und einer gut situierten Bevölkerung. Die zentrale Stadt musste trotz sinkender Steuereinnahmen weiterhin für die überregionale Infrastruktur und die sozialen Kosten aufkommen. Eine Anpassung des Systems der Steuer- und Abgabenverteilung zwischen den Ländern (Stadtstaatenprobleme) und in den Ländern (Kommunaler Finanzausgleich) erfolgte nicht, oder unzureichend oder verzögert.

In vielen Städten konnte seit letzter Zeit eine Rückbesinnung und Rücksiedlung zur Stadt verzeichnet werden.

Schrumpfende Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abwanderungen und genereller Bevölkerungsrückgang prägen die Stadtentwicklung in Ostdeutschland schon seit etwa 1995. Diese Entwicklung muss auch in den westdeutschen und westeuropäischen Städten spätestens ab 2020 erwartet werden. Dabei ist zu beobachten, dass die ostdeutschen Städte nicht gleichmäßig in der Fläche schrumpfen, sondern eine starke Bevölkerungsumschichtung zwischen einzelnen Stadtteilen stattfindet. Beispielsweise nahm die Bevölkerung in der Altstadt von Erfurt zwischen 1998 und 2008 um 27 % zu, während der Plattenbau-Stadtteil Roter Berg im selben Zeitraum um 43 % zurückging. Für Erfurt und andere ostdeutsche Großstädte bedeutet dies, dass insbesondere innerstädtische Gebiete eine neuerliche Verdichtung erfahren, während peripher gelegene Großsiedlungen völlig verschwinden könnten.

Andernorts sind immer dünner besiedelte Städte und Stadtquartiere die Folge. Neue Brachflächen durch Abriss von Wohnbauten werden entweder anderen Nutzungen zugeführt oder wieder Grünflächen. Die „perforierte Stadt“, „die Zwischenstadt“ (Thomas Sieverts) sind Befürchtungen oder Perspektiven dieser Stadtentwicklung. Eine Antwort auf die schrumpfende Stadt ist der Stadtumbau.

Stadtumbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtumbau

Der Umgang mit bestehenden Stadtquartieren bekommt einen wachsenden Stellenwert in der Stadtplanung, da vielfach die vorhandenen Siedlungsstrukturen nicht mehr den heutigen Anforderungen genügen und planerische Maßnahmen erfordern. Der Stadtumbau war und ist durch die hohen Leerstände in den Großwohnsiedlungen (Plattenbausiedlungen) der ostdeutschen Städte bereits eine konkrete Aufgabe, die durch Förderprogramme zum „Stadtumbau Ost“ und seit 2005 zum „Stadtumbau West“ bundesweit erweitert wurde. Die Aufwertung und der Rückbau in den betroffenen Stadtteilen sind die Ziele des Stadtumbaus.

Soziale Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Die Soziale Stadt

Bereits 1999 haben Bund und Bundesländer unter dem Programmtitel „Die Soziale Stadt“ ein Förderprogramm für „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf“ aufgelegt. Ziel dieses Programms ist es, der sich verschärfenden sozialen und räumlichen Spaltung in den Städten gegenzusteuern. Im Vordergrund steht dabei eine Orientierung der Stadtentwicklung auf die Quartiersebene und die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerungsgruppen und der lokalen Akteure in den Stadtteilen (siehe Quartiersmanagement). Angestrebt wird ein noch verstärkter ganzheitlicher Planungsansatz in der Form von Integrativen Stadtentwicklungskonzepten (ISEK) der über rein baulich-gestalterische Maßnahmen hinausgeht.

Familienpolitik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kommunale Familienpolitik entwickelt sich zu einer der Schlüsselaufgaben von Städten. Angesichts des demographischen Wandels ist die Ausgewogenheit des Generationenverhältnisses gefährdet. Die Familienfreundlichkeit einer Stadt hat daher für deren Nachwuchssicherung und Zukunftsoptionen große Bedeutung. Dabei muss sie den Anforderungen der Menschen in verschiedenen Lebenssituationen und Lebensformen gerecht werden. In einer repräsentativen Befragung von Bürgermeistern im Jahr 2007 erwies sich „Familie, Jugend und Kinder“ als das wichtigste Feld kommunaler Politik.[22]

Stadtraum als Stadterlebnisraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Städte verbessern weiterhin ihre zumeist historischen Stadtzentren und zunehmend auch die Stadtteilzentren (siehe auch Städtebauförderung) um Stadtbewohner und Besucher (Städtetourismus) anzuziehen. Der Standortwettbewerb der Städte untereinander und der Regionen nimmt zu. Sie konkurrieren als zum Beispiel Kulturhauptstadt, Sportstadt, Weinstadt, Fachwerkstadt, Residenzstadt, Seestadt, Theaterstadt usw. Durch Stadt(teil)management, durch Stadtmöblierungen, überdachte Straßen, Promenaden am Wasser, Stadt(teil)feste, Sport- und Kulturfeste, Festivals etc. wird eine Belebung der Stadt- und Nebenzentren angestrebt. Diese Entwicklung wird sich in einer zunehmenden Freizeitgesellschaft fortsetzen.

Verkehr in der mobilen Freizeitgesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch im Computerzeitalter nimmt die Mobilität der Stadtbewohner zu. Das Verkehrsnetz wird deshalb weiter ausgebaut. Ökologische und ökonomische Gründe führen zu einer weiteren Verlagerung von Verkehrsbewegungen in den öffentlichen Verkehr (öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und Bahn). Besonders an den Stadträndern, hin zu den Umlandgemeinden wird das Schienennetz von Stadtbahn, U-Bahn und S-Bahn erweitert. Kopfbahnhöfe erhalten Durchgangsanschlüsse (wie Münchner Hauptbahnhof, Stuttgart 21) und neue ausgebaute Durchgangsbahnhöfe (wie Frankfurt (Main) Südbahnhof, Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe) sowie neue Bahnhofsausgänge (wie Bremen Hauptbahnhof, Hannover Hauptbahnhof, Rostock Hauptbahnhof) entstanden und entstehen.

Thema 2017/18: Gemeindezusammenlegung „Oberzent“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
die flächenmäßig drittgrößte Stadt Hessens: Oberzent, am 1. Januar 2018 durch Fusion von vier Gemeinden entstanden

Die Stadt Oberzent im Odenwaldkreis in Hessen ist beispielhaft für den Versuch, durch Gemeindefusion der Probleme, wie z. B. der „Landflucht“, zu begegnen.[23] „Mit rund zehntausend Einwohnern ist Oberzent zwar keine Großstadt, der Fläche nach umfasst sie aber 165 Quadratkilometer und avanciert somit zur drittgrößten Stadt des Landes – nach Frankfurt/Main und Wiesbaden. Oberzent ist freilich kein Kunstname, sondern bezeichnete schon im Mittelalter den Gerichtsbezirk in der Region …“[24]

Städte in anderen Regionen und Ländern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nordamerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Nordamerikanische Stadt
 
Chicago: Deutlich heben sich die Hochhäuser der Downtown ab

In den schnell wachsenden Städten Nordamerikas gibt es nur wenige historische Stadtkerne mit typischen Merkmalen (ausgenommen zum Beispiel Boston und andere Städte des Nordostens). Sie sind geprägt von einer starken Suburbanisierung, von einem schachbrettartigen Straßennetz, einer zunehmenden Segmentierung der Einwohnerschaft und äußerlich durch die typische Skyline. Sie sind selten auf einen Mittelpunkt ausgerichtet. Das gleichmäßige Straßensystem der Kolonialstädte findet sich im Südwesten unter anderem in Santa Fe, im Süden unter anderem New Orleans und im Nordosten unter anderem in New Haven. Das Grundmuster aus Downtown, Übergangszone und Umland bildete sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts heraus. Hohe Bodenpreise und Raumenge führten ab etwa 1880 zum Bau von Hochhäusern und Wolkenkratzern.

Die USA haben einen Verstädterungsgrad von 77 % und Kanada einen von etwa 79 %. Beide Staaten gehören damit heute zu den am stärksten verstädterten Nationen der Erde.

Lateinamerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Lateinamerikanische Stadt
 
Die Inka-Festung Machu Picchu
 
Buenos Aires, 1536

Vor der Kolonialzeit bevölkerten Hochkulturen wie die Azteken, Maya, Olmeken, Zapoteken und Inka das heutige Lateinamerika. Im Zentrum ihrer heute großenteils unbewohnten Städte befanden sich um Hauptplätze und Hauptwegeachsen Tempelanlagen, Pyramiden, Paläste, Zeremonialzentren, das Observatorium, Ballspielstätten usw., darum zumeist recht ungeordnet die Wohnstätten: Siehe unter anderem: Tenochtitlán (Azteken, Mexiko), Chichén Itzá (Maya, Mexiko), Copán (Maya, Honduras) Palenque (Maya, Mexiko), Monte Albán bei Oaxaca (Zapoteken, Mexiko) und in einem Terrassen-, Treppen und Wegesystem wie in Machu Picchu (Inka, Peru) und die Inka-Terrassen bei Písac (Peru).

Die spanischen Siedler ließen sich meist im kontinentalen Zentrum der Länder nieder. Das Zentrum der Stadt war, wie auch in Spanien, der Hauptplatz, die Plaza Mayor, mit Kathedrale, Rathaus und Regierungssitz, umgeben von Wohnvierteln als Schachbrettmuster in quadratischen Blocks (sogenannte manzanas) von 120 m × 120 m.

Im portugiesischsprachigen Raum wurden die Städte meist an der Küste gegründet, ursprünglich umgeben von Befestigungsanlagen. Es gab keine geometrischen Anordnungen.

Im 20. Jahrhundert wuchsen die Städte an den Haupt-Ausfallstraßen. Um die ausgewiesenen Wohngebiete legen sich oft Ringe von informellen Siedlungen und Slums.

Orient[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Konstantinopel/Istanbul um 1910

Das Modell der orientalisch-islamischen Stadt gehört zu den neueren Stadtmodellen der Stadtforschung. Nach dem Kulturerdteil­konzept lassen sich bei der Stadtentwicklung kulturraumspezifische Unterschiede in der Entwicklung von Städten feststellen. Orientalische Städte verfügen über eine mehr als 5.000 Jahre dauernde Geschichte und zählen damit zu den ältesten Städten weltweit. Durch die politische, kulturelle und soziale Expansion des Islams ab dem sechsten Jahrhundert wurde die orientalische Stadt zunehmend islamisch geprägt. Im 19. Jahrhundert führte der westliche Einfluss zu einer erneuten Veränderung des Stadtbildes. Man unterscheidet daher zunächst das Modell der orientalisch-islamischen geprägten Stadt und das Modell der orientalischen Stadt unter westlichem Einfluss.

Das Idealschema der islamischen Stadt hatte als charakteristische Elemente die Hauptmoschee, daneben den Suq als Wirtschaftszentrum, die Wohnviertel mit strikter ethnischer Segregation und kleinere Subzentren mit eigener Mosche und Suq, die Stadtmauer sowie die an der Stadtmauer gelegenen Palast­anlagen und Friedhöfe.

Australien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Melbourne und Yarra River
 
Brisbane

Die größten und bekanntesten Städte sind die Hauptstadt Canberra (321.300 Einwohner), eine Planhauptstadt, Sydney (4,2 Millionen Ew.), Melbourne (3,6 Millionen Ew.), Brisbane (1,8 Millionen Ew.), Perth (1,4 Millionen Ew.) und Adelaide (1,1 Mio. Ew.).

In Australien wird der Status einer Stadt formell nur in einigen Staaten angewandt. Die meisten Staaten unterscheiden zwischen Citys und Towns. Als town bezeichnet man Städte, die kein Zentrum der Bevölkerung sind, während eine city fast immer ein Zentrum der Bevölkerung ist. Die Schaffung und die Abgrenzung von Local Government Areas (Einheimische Staatliche Gebiete) ist die Aufgabe des jeweiligen Staats oder der Territorium-Regierung. In jedem Staat und dem Nordterritorium hat jedes eingetragene Gebiet einen offiziellen Status. Die verschiedenen LGA-Status sind gegenwärtig:

  • New South Wales: Citys (C) und Areas (A; Gebiete)
  • Victoria: Citys (C), Rural Citys (RC; Landstädte), Boroughs (B; Dörfer) und Shires (S; Landkreis)
  • Queensland: Citys (C), Shires (S), Towns (T) und Island Councils (IC; Insel-Räte)
  • South Australia: Citys (C), Rural Citys (RC), Municipalitys (M; Gemeinden), District Councils (DC; Distrikt-Räte), Regional Councils (RegC; Regional-Räte) und Aboriginal Councils (AC; Einheimischen Räte)
  • Western Australia: Citys (C), Towns (T) und Shires (S)
  • Tasmanien: Citys (C) und Municipalitys (M)
  • Northern Territory: Citys (C), Towns (T), Community Government Councils (CGC) und Shires (S)

Exkurs zur Stadt und zur Stadtentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtentwicklung

Geschichtsphilosophische Betrachtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Noch im 17. Jahrhundert war die Landwirtschaft Hauptbesteuerungsquelle, um die Finanznot zum Beispiel des französischen Königs zu mildern. Ausgelöst durch die dann in England schon früh einsetzende Industrialisierung wenden sich englische Philosophen den nicht-landwirtschaftlichen Produktionsbereichen zu. Beeinflusst dadurch am Vorabend und im Zuge der Französischen Revolution sowie eigener Industrialisierungsanfänge richten nun französische und sodann deutsche Gelehrte ihre Aufmerksamkeit immer stärker auf die Stadt als Ort sich anbahnenden industriellen und gesellschaftlichen Wandels.

Karl Marx interpretierte die Stadt als Ort der Industrie, Arbeiterschaft und Angelpunkt gesellschaftlicher Umwälzung. An diesem veranschaulicht er, wie sich anfangs auf sehr begrenztem Raum Stadtwirtschaft entwickelt in zunehmendem Widerspruch zu ihrer eigenen Enge, wie diese Enge gesprengt wird und in eine weiträumigere Stadtwirtschaft mündet. Die wiederum enthält – auf großräumigem Niveau – den Widerspruch zur Enge, der wieder auf Sprengung und Erweiterung zu einer größeren Stadtwirtschaft hinsteuert bis zur Erweiterung auf globale Megastädte. An jenem Territorialprinzip entwickelt Marx auch seine Sicht vom Widerspruch und dessen Lösung als vorwärtstreibende Kraft menschlicher Entwicklungen.

Insgesamt bilden sich aus den Strömungen des 19. Jahrhunderts ganz unterschiedliche Betrachtungen zur Verbesserung der ausufernden Städte bis hin zu Ideen verschiedener Architekten und Städtebauer. Die Vorstellungen haben sich bisher nur innerhalb bestimmter Grenzen realisieren lassen, da nicht die Philosophen und Soziologen und auch nicht die Städtebauer die Entwicklung der Städte wesentlich beeinflussen, sondern die Menschen, die in einer Region siedeln, die ihnen Arbeit, Lohn, Essen und Unterkunft ermöglicht. Das führte und führt immer wieder dazu, nur reagieren zu können und zu Zweifeln in der Suche nach allgemein gültigen Vorgehensweisen für eine lebenswerte Stadt.

Mängel bei der Analyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der traditionelle zu eurozentrische Denkansatz könnte gewichtige Mängel haben. Eine Annahme, dass die Städte in der Welt mit der Entwicklung europäischer Städte verglichen werden könne, entsprach nicht immer der Realität. Es gab keine wirkliche Erklärung, wann und warum Änderungen stattfanden. Eine von den gesamtgesellschaftlichen abgetrennte Sicht auf Städte ist problematisch. Sie impliziert, dass weder die Geschichte einer Stadt noch die Kultur oder Verbindungen zu anderen Orten irgendeinen Einfluss auf die Stadt hätten. Es ist unklar, warum ein Ort als Stadt bezeichnet wird und ein anderer nicht. Eine zu starke Betrachtung der Stadtentwicklung aus dem Blickwinkel der Stadtgeschichte entspricht nicht mehr den neueren Erkenntnissen von der Stadt mit seinen unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichtungen, von arm und reich, von traditionellen und neuen Stadtbewohnern. Dieser Punkt unterstreicht die multidimensionale Sicht von modernen Ansätzen.

Städte in Netzwerken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindungen einer Stadt könnten den einzigartigen Charakter einer jeden Stadt erklären. So könnten Städte als Teile von Netzwerken gesehen werden: kulturelle, wirtschaftliche, regionale Netzwerke. Solche Netzwerke sind in Städten konzentriert und überlappen auch dort. Diese Konzentration von Verknüpfungen bedingt, dass eine Stadt anders erlebt wird als ein Dorf. Die Netzwerke einer Stadt verbinden diese aber nicht nur mit anderen Städten, sondern auch mit dem Umland, ohne welches es nicht bestehen könnte.

Mit Netzwerken ist es möglich, die funktionelle Entwicklung von Städten zu erklären. Verschiedene Netzwerke gewinnen mit der Zeit an Bedeutung, kontrollieren sich gegenseitig und korrigieren Fehlerentwicklungen. Ein Beispiel: Vor der Ankunft der Spanischen Kolonialmacht in Mexiko waren Verbindungen zu Tenochtitlán (Mexiko Stadt) am wichtigsten, danach war eine Verbindung zu Spanien und Madrid von größerem Vorteil.

Die Konzentration von Netzwerken in Städten hilft auch, die Urbanisierung zu erklären. Es ist der Zugang zu den Arbeitsstätten und zu bestimmten Netzwerken, der die Menschen anzieht. Da die verschiedensten Netzwerke sich in einer Stadt treffen, sammeln sich die Leute dort. Gleichzeitig bedeutet die Konzentration von Menschen die Einführung von weiteren Netzwerken, von sozialen Verbindungen mit den Orten, von denen die Migranten kamen. Die Konzentration von Menschen steigert auch die Möglichkeit, dass neue Verbindungen geschaffen werden, denn er trifft auf eine viel größere Anzahl Anderer, die gleich oder die anders sind. Die Offenheit von Städten in einer „Offenen Gesellschaft“ (Karl Popper) macht Städte attraktiv, aber auch schwer überschaubar.

Ein weiterer Aspekt gegenwärtiger Ansätze ist ein Blick auf interne Diversifikation in Städten. Die internen Unterschiede in einer Stadt sind mit den externen Netzwerken gekoppelt. Städte sind Orte, an denen sich Geschichten treffen, wo aus verschiedenen Kulturen und Verbindungen etwas Neues geschaffen wird. Jede Verbindung einer Stadt zu anderen Orten funktioniert in beide Richtungen, es wird genommen und gegeben.

Weder die internen Unterschiede noch die externen Verbindungen eines Ortes allein machen eine Stadt aus. Die internen Unterschiede werden von externen Netzwerken beeinflusst. Gleichzeitig ermöglichen die vielen Netzwerke Verbindungen nach außen und damit Raum für die Schaffung von Unterschieden von innen. Divisionen und Verbindungen in Städten sind also untrennbar, und nur wenn beide zusammen betrachtet werden, ist es möglich, eine Stadt zu begreifen. Immigration dient als Beispiel davon, wie Divisionen und Verbindungen untrennbar sind. Migranten bringen ihre eigene Geschichte mit, wenn sie sich in einer Stadt niederlassen. Sie bringen auch ihre Netzwerke in Form von Kontakten in anderen Ländern oder Religionen mit. Diese Netzwerke können auch bestehende Netzwerke stärken und deren Bedeutung beeinflussen. Die Geschichte, die die Migranten mitbringen dient auch dazu, mit anderen zu identifizieren oder andere auszuschließen. Dies führt zu Segregation als auch zu Diversifikationen der Einwohnerschaft in Städten.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Portal: Planung – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Planung
 Portal: Architektur und Bauwesen – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Architektur und Bauwesen

Listen zum Thema Stadt (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans Paul Bahrdt: Die moderne Großstadt; Soziologische Überlegungen zum Städtebau. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1961 (= rowohlts deutsche enzyklopädie, Band 127 DNB 450210693).
  • Leonardo Benevolo: Die Geschichte der Stadt. 7. Auflage. Campus, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-593-34906-X.
  • Raimund Blödt, Frid Bühler, Faruk Murat, Jörg Seifert: Beyond Metropolis. Eine Auseinandersetzung mit der verstädterten Landschaft. Sulgen, Zürich 2006, ISBN 3-7212-0583-9.
  • Rainer Danielzyk u. a. (Hrsg.): Perspektive Stadt. Klartext, Essen 2010, ISBN 978-3-8375-0256-5.
  • Ernst Egli: Geschichte des Städtebaues, Band 1–3. 1959–1967, DNB 456511733.
  • Evamaria Engel: Die deutsche Stadt im Mittelalter. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37187-6.
  • Edith Ennen: Die europäische Stadt des Mittelalters. Göttingen 1972; 3. Aufl. ebenda 1979.
  • Michael Gehler (Hrsg.): Die Macht der Städte. Von der Antike bis zur Gegenwart, Hildesheim 2010.
  • Jean-Claude Golvin: Metropolen der Antike. Konrad Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1941-9.
  • Carl Haase (Hrsg.): Die Stadt des Mittelalters. I–III, Darmstadt 1969, 1972 und 1973 (= Wege der Forschung, 243–245)
  • Matthias Hardinghaus: Zur amerikanischen Entwicklung der Stadt. Lang, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-631-52529-X.
  • Jürgen Hotzan: dtv-Atlas Stadt, Von den ersten Gründungen bis zur modernen Stadtplanung. 3. Auflage. dtv, München 2004, ISBN 3-423-03231-6.
  • Le Corbusier: Entretien avec les étudiants des écoles d’architecture. Éditions de Minuit, Paris 1957.
    • deutsch von Hugo Seinfeld: An die Studenten – Die „Charte d’ Athènes. (= rowohlts deutsche enzyklopädie Band 141), Reinbek bei Hamburg 1962, DNB 452741882.
  • Vittorio Magnago Lampugnani: Die Stadt im 20. Jahrhundert. Visionen, Entwürfe, Gebautes. Wagenbach, Berlin 2010, ISBN 978-3-8031-3633-6. (2 Bände)
  • Alexander Mitscherlich: Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1965, DNB 453395082.
  • Wolfgang Müller: Städtebau. 4. Auflage. Teubner, Stuttgart / Leipzig 1999, ISBN 3-519-35001-7.
  • Lewis Mumford: Die Stadt, Geschichte und Ausblick. (The city in history) Band 1 und 2, dtv, München 1979, 1980, ISBN 3-423-04326-1.

Weitere Titel: siehe Diskussionsseite

Populärmedien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Städte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Stadt – Zitate
 Wiktionary: Stadt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Joachim Maschke: Die Bedeutung des Kulturtourismus für städtische Destinationen. In: Kulturtourismus. Grundlagen, Trends und Fallstudien. R. Oldenbourg Verlag, München/Wien 1999, S. 83–104, auf S. 83.
  2. Walter Marquardt: Harburg – Stadt und Land. Sutton Verlag, Erfurt 2012, S. 25.
  3. Baedeker Reiseführer Niederlande. Verlag Karl Baedeker, 2016, S. 219.
  4. Der Fischer Weltalmanach. 2007, S. 525 und 537.
  5. Der Fischer Weltalmanach. 2008, S. 688.
  6. Kommunalverfassungsgesetz und Kommunalwahlgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, S. 12 f. (PDF 682 KB) mi.sachsen-anhalt.de, abgerufen 10. September 2016.
  7. siehe Die Mitgliedsstädte des Deutschen Städtetages
  8. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
  9. Landesplanungsgesetz der Bundesländer
  10. ROG, BauGB
  11. Vgl. zu dieser Auflistung: Jürgen Holtzan: dtv-Atlas zur Stadt. Von den ersten Gründungen bis zur modernen Stadtplanung. München 1994, ISBN 3-423-03231-6, S. 30/31.
  12. Michel Tarpin: M. Tarpin, Colonia, Municipium, Vicus : Institutionen und Stadtformen, dans N. Hanel, C. Schucany (éd), Colonia, municipium, vicus. Struktur und Entwicklung städtischer Siedlungen in Noricum, Rätien und Obergermanien, Colloque, Wien, 21-23.05.1997, BAR International Series, 783, Oxford, 1999, 1-10. (academia.edu [abgerufen am 1. Juli 2017]). 
  13. RE:Pomerium – Wikisource. Abgerufen am 1. Juli 2017. 
  14. Vgl. zusammenfassend Jens Uwe Krause, Christian Witschel (Hrsg.): Die Stadt in der Spätantike. Niedergang oder Wandel? Akten des internationalen Kolloquiums in München am 30. und 31. Mai 2003. Stuttgart 2006, ISBN 3-515-08810-5.
  15. Ploetz: Raum und Bevölkerung in der Weltgeschichte. Ploetz-Verlag, Würzburg 1965.
  16. Der Luftkrieg über Deutschland, 1939–1945. dtv dokumente, 1963.
  17. Bayerischer Schulbuchverlag: Großer historischer Atlas, Dritter Teil. S. 89.
  18. Ploetz: Raum und Bevölkerung. 1965, S. 186 ff.
  19. Vgl. Müller/Rietdorf, 2000, S. 57.
  20. Zur Stadterneuerung in der DDR und zu den Konflikten um Erhalt vs. Abriss in den Städten der DDR (Beispiele Rostock und Halle) vgl. Frank Betker: „Einsicht in die Notwendigkeit!“ Kommunale Stadtplanung in der DDR und nach der Wende (1945–1994). Stuttgart 2005, S. 311–340. Ein guter Überblick zum Städtebau in der DDR und der Bundesrepublik Deutschland von 1945 bis in die 1990er Jahre findet sich bei Thomas Topfstedt: Wohnen und Städtebau in der DDR. In: Ingeborg Flagge (Hrsg.): Geschichte des Wohnens. Band 5, Stuttgart 1999, S. 419–562 sowie Tilman Harlander: Wohnen und Stadtentwicklung in der Bundesrepublik. In: Ingeborg Flagge (Hrsg.): Geschichte des Wohnens. Band 5, Stuttgart 1999, S. 233–418.
  21. Auszug aus den Aalborg Commitments 2004.
  22. Bertelsmann Stiftung, Deutscher Städtetag, Deutscher Städte- und Gemeindebund: Beruf Bürgermeister/in. Eine Bestandsaufnahme für Deutschland. 2008, S. 52.
  23. Ludger Fittkau: Eine neue Stadt in Hessen – Der Kampf gegen die Landflucht. In: Deutschlandfunk. 10. Dezember 2017 (deutschlandfunk.de [abgerufen am 26. Januar 2018]). 
  24. Wolf Renschke: Aus vier mach eins. Oberzent, die neue Stadt im Odenwald. In: Deutschlandfunk. 27. Januar 2018 (deutschlandfunk.de [abgerufen am 26. Januar 2018]). 

 

 

 

Basel

Basel [ˈbɑːsəl]?/i (französisch Bâle, italienisch Basilea, rätoromanisch Basilea?/i) ist eine Schweizer Grossstadt sowie Hauptort des Kantons Basel-Stadt, den sie mit den Gemeinden Riehen und Bettingen bildet. Nach Zürich und Genf ist Basel mit 171'513 Einwohnern die drittgrösste Stadt der Schweiz.[3]

Die Grenzstadt Basel liegt am südlichen Ende der Oberrheinischen Tiefebene und am westlichen Anfang der Hochrheinebene am Dreiländereck Schweiz-Deutschland-Frankreich und hat aus diesem Grund Vororte in allen drei Ländern. In der trinationalen Agglomeration der Stadt leben rund 830'000 Einwohner,[4] während in der grossräumigeren Metropolregion Basel etwa 1,3 Mio. Einwohner leben. Die Bewohner Basels werden Basler genannt (bzw. Stadtbasler zur Differenzierung von den Bewohnern des Kantons Basel-Landschaft).

Die Stadt gliedert sich in das Grossbasel auf der linken (südwestlichen) Seite des Rheins und das Kleinbasel am rechten Rheinufer. Das Zentrum Basels sind die Altstadt im Bereich Grossbasel rund um den Marktplatz – wo auch das Rathaus (Baubeginn 1504) steht – und der über den Rhein emporragende Münsterhügel mit der Pfalz-Terrasse. Die Mittlere Brücke verbindet die Altstadt auf beiden Seiten des Rheins. In der vom Autoverkehr befreiten Innenstadt verkehrt das Tram.[5]

Im Jahr 1460 wurde in Basel die erste schweizerische Universität gegründet, an welcher über die Jahrhunderte hinweg unter anderem Erasmus von Rotterdam, Paracelsus, Daniel Bernoulli, Friedrich Nietzsche, Karl Jaspers, der Nobelpreisträger Tadeus Reichstein oder die Philosophin Jeanne Hersch lehrten und forschten.[6] In Basel fand 1897 ausserdem der erste Zionistische Weltkongress unter Leitung von Theodor Herzl statt. Insgesamt fand der Kongress bis zur Staatsgründung Israels im Jahr 1948 zehn Mal in der Stadt am Rheinknie statt, mehr also als in jeder anderen Stadt der Welt.[7]

Basel ist ein weltweites Zentrum der Chemie- und Pharmaindustrie, ein weltbekanntes Messezentrum sowie ein wichtiger Standort als Bankenplatz. So haben unter anderem die beiden Pharmafirmen Novartis und Hoffmann-La Roche sowie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ihren Hauptsitz in Basel.

Mit nahezu vierzig Museen auf dem gesamten Kantonsgebiet und einem breiten Kulturangebot, ist Basel auch für seine zahlreichen Kunst- und Kulturinstitutionen von Weltrang berühmt. Das städtische Kunstmuseum stellt hier die gemeinhin als wichtigste erachtete öffentliche Kunstsammlung der Schweiz aus.[8] Die Sammlung gilt mit dem im Jahr 1661 von der Stadt erworbenen «Amerbach-Kabinett» als eines der ältesten, öffentlich zugänglichen Kunstmuseen der Welt.[9]

Basel gilt heute neben anderen Schweizer Städten wie Zürich und Genf als eine der Städte mit der weltweit höchsten Lebensqualität.[10]

 

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Basel im Dreiländereck
 
Der Münsterhügel Basels vom rechten Rheinufer aus betrachtet

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Basel, Münsterhügel und Rheinpfalz

Die im äussersten Nordwesten der Schweiz gelegene Stadt liegt zu beiden Seiten des Rheins. Neben Teilen der Kantone Schaffhausen und Zürich gehört Kleinbasel mit dem nördlichen Teil des Kantons Basel-Stadt zu den einzigen Gebieten in der Schweiz rechts des Hochrheins.

Der Rhein ändert im Stadtbereich von Basel – beim Rheinknie zwischen dem Schweizer Jura und den Vorhöhen des Schwarzwalds – seine Flussrichtung von Ost-West nach Süd-Nord. Hier endet der Rheinabschnitt Hochrhein und beginnt der Oberrhein. Kurz vor dieser Stelle mündet am höher gelegenen südlichen Rheinufer die Birs in den Hochrhein, welche die Grenze zum Kanton Basel-Landschaft bildet; auch der von der Birs abgeleitete Kanal St. Alban-Teich von Süden kommend leitet Wasser in den Rhein. Unmittelbar unter der Mittleren Brücke befindet sich die Mündung des Birsig, der damit der erste Nebenfluss des Oberrheins ist. Am flacheren nördlichen Ufer dehnen sich grosse Industriegebiete aus, aus denen die Wiese in den Oberrhein zufliesst.

Der die Stadt prägende Rhein gilt von seiner Mündung bis zur Basler Altstadt (historische Mittlere Rheinbrücke) als internationales Gewässer. Diese Verkehrsrechte erhielt die Schweiz 1868 durch die Mannheimer Akte.

Dank seiner Lage wurde Basel schon früh zum Knotenpunkt wichtiger Verkehrswege und damit ein bedeutender Handelsplatz. Die Stadt zählt deshalb zu den am dichtesten besiedelten Gebieten Europas, verfügt aber mit einer grossen Gemarkung über 320 ha Grünfläche und 71 ha Wald.

Die Stadt Basel und die beiden Gemeinden Riehen und Bettingen weisen einschliesslich ihrer Wasserflächen 3694 ha auf und bilden damit den flächenmässig kleinsten Schweizer Kanton. Dennoch sind innerhalb dieses verhältnismässig kleinen Landstücks beträchtliche Höhenunterschiede vorhanden. Den tiefsten Punkt im Kanton Basel-Stadt misst man am Rheinhafen in Kleinhüningen mit 245 m, der Münsterplatz im Zentrum liegt 270 m über dem Meeresspiegel, und die höchste Erhebung liegt oberhalb Bettingen bei St. Chrischona mit 522 m – dort befindet sich auch der Fernsehturm St. Chrischona, das höchste freistehende Bauwerk der Schweiz.

Nachbargemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nachbargemeinden von Basel sind (im Uhrzeigersinn):

 
Blick vom Basler Münster auf Kleinbasel und das Rheinknie. In der Mitte ist der Messeturm zu erkennen, rechts die Wettsteinbrücke.

Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt Basel hat dank der Lage im Rheintal durch die von der Burgundischen Pforte einströmende mediterrane Luft ein äusserst mildes, sonniges Klima und im Vergleich zum Mittelland im Herbst wenig Nebel. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei rund 11,5 °C.[11] Dies auch aufgrund der geschützten Lage wie in einem Talkessel. Es fällt vergleichsweise wenig Regen mit rund 842 mm im Jahr (Periode 1981–2010).[12] Es gedeihen auch deshalb verschiedene exotische Pflanzen- und Palmenarten ausgezeichnet. Die Sommer können sehr heiss ausfallen, während die Winter auch im Vergleich zur übrigen Deutschschweiz meistens mild sind.

Basel/Binningen 1981–2010
Klimadiagramm
J F M A M J J A S O N D
 
 
47
 
5
-1
 
 
45
 
6
-1
 
 
55
 
11
3
 
 
64
 
15
5
 
 
99
 
20
9
 
 
86
 
23
12
 
 
91
 
25
15
 
 
80
 
25
14
 
 
78
 
20
11
 
 
73
 
15
7
 
 
59
 
9
3
 
 
66
 
5
0
Temperatur in °CNiederschlag in mm
Quelle: [12]
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Basel/Binningen 1981–2010
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez    
Max. Temperatur (°C) 4,5 6,4 11,2 15,2 19,6 22,9 25,3 24,7 20,3 15,2 8,7 5,2 Ø 15
Min. Temperatur (°C) -1,1 -0,5 2,5 5,1 9,2 12,4 14,5 14,2 10,9 7,4 2,7 0,1 Ø 6,5
Temperatur (°C) 1,6 2,7 6,6 10,0 14,2 17,4 19,7 19,1 15,1 10,9 5,5 2,6 Ø 10,5
 
Niederschlag (mm) 47 45 55 64 99 86 91 80 78 73 59 66 Σ 843
 
Sonnenstunden (h/d) 2,3 3,1 4,0 5,1 5,7 6,5 7,2 6,8 5,3 3,6 2,4 1,7 Ø 4,5
 
Regentage (d) 9,3 8,4 9,8 10,2 12,4 10,9 10,2 9,9 8,8 10,1 10,0 10,4 Σ 120,4
 
Luftfeuchtigkeit (%) 81 76 70 68 72 71 70 72 77 81 82 82 Ø 75,2
T
e
m
p
e
r
a
t
u
r
4,5
 
-1,1
6,4
 
-0,5
11,2
 
2,5
15,2
 
5,1
19,6
 
9,2
22,9
 
12,4
25,3
 
14,5
24,7
 
14,2
20,3
 
10,9
15,2
 
7,4
8,7
 
2,7
5,2
 
0,1
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
N
i
e
d
e
r
s
c
h
l
a
g
47
 
45
 
55
 
64
 
99
 
86
 
91
 
80
 
78
 
73
 
59
 
66
 
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Quelle: [12]

Geologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Basel und Rheinknie von nordwestlicher Sicht aus der Vogelperspektive

Basel liegt in einer vom Rhein geschaffenen Senke, die von drei niederen bis mittleren Gebirgszügen umgeben ist, im Westen befinden sich die französischen Vogesen, im Osten der deutsche Schwarzwald, im Süden, Südwest und -ost Ausläufer des Juras. Diese Senke hat wie oben erwähnt Auswirkungen aufs Klima der Stadt und Region. In Basel beginnt somit die Oberrheinische Tiefebene.

Potentielles Erdbebengebiet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Erdbebengebiet Basel

Die drei Platten des Schwarzwaldes, der Vogesen und des Juragebirges stossen in der Basler Senke aneinander und ihre fortlaufende Bewegung bewirkt eine potentielle Erdbeben-Gefahr. Basel ist eines der meistgefährdeten Erdbebengebiete der Schweiz.[13] Eines der grössten Erdbeben der Schweiz ereignete sich 1356 in Basel und forderte mehrere hundert Tote.

Geothermie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Deep Heat Mining Basel

In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts wurde die Idee geboren, mittels Geothermie Energie eines eingepressten unterirdischen Wasserreservoirs in einer Tiefe von 5000 Metern unter der Stadt nutzbar zu machen. Die Betreiber unterschätzten jedoch die Erdbebengefahr. Nach Probebohrungen in den Jahren 2007 und 2008 musste das Projekt Deep Heat Mining Basel wegen einzelner Erdstösse gestoppt[14] und das Gestein näher untersucht werden.[15][16] Im Januar 2012 kam es zu einem Strafverfahren gegen die Betreiber des Projekts, das in einem Freispruch resultierte.[17]

Quartiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt Basel kennt keine politischen Bezirke oder Stadtteile, sondern gliedert sich zu statistischen Zwecken nach Wohnvierteln, den sogenannten Quartieren. Es gibt 19 dieser Quartiere, die sich links und rechts des Rheins verteilen.

  • Linksrheinische Quartiere → Grossbasel: Altstadt Grossbasel, Vorstädte, Am Ring, Breite, St. Alban/Gellert, Gundeldingen, Bruderholz, Bachletten, Gotthelf, Iselin und St. Johann
  • Rechtsrheinische Quartiere → Kleinbasel: Altstadt Kleinbasel, Clara, Wettstein, Hirzbrunnen, Rosental, Matthäus und Klybeck sowie Kleinhüningen (1893 eingemeindet)
 
Basler Quartiere
QuartierHektar QuartierHektar
Altstadt Grossbasel 37,63 Altstadt Kleinbasel 24,21
Vorstädte 89,66 Clara 23,66
Am Ring 90,98 Wettstein 75,44
Breite 68,39 Hirzbrunnen 305,32
St. Alban 294,46 Rosental 64,33
Gundeldingen 123,19 Matthäus 59,14
Bruderholz 259,61 Klybeck 91,19
Bachletten 151,39 Kleinhüningen 136,11
Gotthelf 46,62 Stadt Basel 2275,05
Iselin 109,82 Riehen 1086,10
St. Johann 223,90 Bettingen 222,69
  Kanton Basel-Stadt 3583,84

Jedes der Quartiere ist zusätzlich in Wohnbezirke unterteilt. Einige Wohnbezirksnamen stehen in der Umgangssprache synonym für das Quartier, z. B. Wohnbezirk Kannenfeld (Quartier St. Johann), Lehenmatte (Quartier Breite) oder Gellert, Dreispitz und St. Jakob (Quartier St. Alban). Eine inoffizielle, stadtweit bekannte Bezeichnung für Teile der Quartiere Bachletten und Gotthelf ist das Neubad.

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Herkunft des Namens Basel ist nicht eindeutig geklärt. Es wird angenommen, dass der Name römischer Herkunft ist. Der frühere keltische Name des Ortes ist unbekannt.

Wahrscheinlich leitet sich der Name vom gut belegten römischen Personennamen Basilius ab. Ortsnamen, die auf einen suffixlosen Personennamen zurückgehen, sind in der Westschweiz relativ häufig. Es handelt sich dabei meist um elliptische Wendungen, bei denen das ursprüngliche lateinische Gattungswort weggelassen wurde. Basel dürfte also eine elliptische Bildung aus einem ursprünglichen Ortsnamen vom Typus villa Basilis sein.[18] Wer dieser namensgebende Basilius war, ist unbekannt.

Es gab auch andere Erklärungsansätze, zum Beispiel die Herleitung vom griechischen Basileus, König, (wovon sich auch der lateinische Personenname ableitet) oder von Basilika; 1786 führte Peter Ochs gar zwölf verschiedene Deutungen des Namens auf.[19] Alle diese alternativen Erklärungsversuche werden heute aber verworfen.[18]

Die älteste bekannte Quelle, die den Namen Basel erwähnt, stammt vom römischen Historiker Ammianus Marcellinus, der berichtet, dass Kaiser Valentinian im Jahr 374 mit seinen Truppen bei Basilia gelagert habe.[20]

Eine Handschrift der Diözese Basel, deren Alter unbekannt ist und die lediglich auf «vor 1461» datiert wird, erwähnt den Namen Basel in einem Bericht über Ereignisse, die in den Jahren 237/238 stattgefunden haben («Basileam applicuerunt»).[21] Es ist aber unklar, ob daraus geschlossen werden darf, dass der Name um 237 bereits in Gebrauch war.

Die keltischen Namen sowohl der Siedlung Basel-Gasfabrik (s. u., Abs. Latènezeit) als auch der Siedlung auf dem Münsterhügel sind unbekannt. Zwar erwähnt Marcellinus in seinem Bericht über Valentinian eine keltische Ortsbezeichnung Robur («quod appellant accolae Robur»), doch ist unklar, was genau dieser Name bezeichnet: das rechtsrheinische Kastell, eine Flur, die Siedlung auf dem Münsterhügel oder noch etwas anderes.[18]

Aus dem lateinischen Basilia bildete sich später zunächst die italienische Variante Basilea heraus, welche heute in fast allen romanischen Sprachen gebräuchlich ist; einzige Ausnahme bildete die altfranzösische Variante Basle, die heute noch im englischsprachigen Raum verbreitet ist und aus welcher die heutige französische Schreibweise Bâle entstand. Die germanische Variante setzte sich früh durch und ist mit wenigen Ausnahmen auch in den übrigen (ost)europäischen und aussereuropäischen Sprachen gebräuchlich; nur die westslawischen Sprachen sowie die griechische Sprache benutzen eine Variation des romanischen Namens. Eine Besonderheit stellt das isländische Exonym Buslaraborg dar; es stammt aus dem um 1194 veröffentlichten Leiðarvísir des Mönchs Níkulás Bergsson und ist bis heute im isländischen Sprachgebrauch verbreitet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paläolithikum (Altsteinzeit)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Funde aus der Altsteinzeit sind in der Schweiz äusserst selten, da die Spuren während der letzten Eiszeit von den Gletschern zerstört wurden. Lediglich die Region um Basel blieb in der letzten Eiszeit unvergletschert.

Die älteste Spur menschlicher Anwesenheit in der Region ist ein 18 cm langer und gut 1 kg schwerer Faustkeil aus Silex, der 1974 bei Pratteln gefunden wurde. Während der Fund ursprünglich auf ein Alter von etwa 400'000 bis 300'000 Jahre datiert wurde, könnte er nach neueren Untersuchungen auch «lediglich» etwa 120'000 Jahre alt sein.[22] So oder so ist dieser Faustkeil das älteste erhaltene Werkzeug der Schweiz. Der Faustkeil wurde also – je nach angenommenem Alter – von einem Homo heidelbergensis oder einem Neandertaler hergestellt.

Der älteste menschliche Fund auf basel-städtischem Boden ist ein Faustkeil aus Silex, der in Bettingen gefunden wurde. Sein Alter wird auf 40'000 bis 60'000 Jahre geschätzt, er wurde also von einem Neandertaler hergestellt. Klimatisch dürften in der Region damals Bedingungen wie heute in Alaska geherrscht haben, die Landschaft wurde von Grasland und Gruppen von Bäumen bestimmt. Die Neandertaler waren nicht sesshaft, sondern Jäger, die jahreszeitlich ihrer Beute folgten.

Mesolithikum (Mittelsteinzeit)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der letzten Eiszeit setzte um 9600 v. Chr. eine bis heute andauernde Warmphase ein. Die zuvor offene Landschaft verwandelte sich in Wälder. Zweifellos lebten auch in der Mittelsteinzeit Menschen in Basel, doch sind aus jener Zeit in der Region keine Spuren erhalten.

Neolithikum (Jungsteinzeit)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab dem 7. Jahrtausend v. Chr. änderte sich das Leben der Menschen in Mitteleuropa grundlegend. Die sesshafte bäuerliche Lebensweise mit Viehzucht und Ackerbau verdrängte die nomadische Lebensweise der Jäger und Sammler. Die Schweiz war eines der letzten Rückzugsgebiete der mittelsteinzeitlichen Jäger und Sammler. Die ältesten gefundenen jungsteinzeitlichen Siedlungen in der Region wurden um 5400 v. Chr. an verschiedenen Orten im Baselbiet errichtet. Deren Bewohner gehörten zur sogenannten Bandkeramik-Kultur.

In Basel-Stadt gibt es rund 50 jungsteinzeitliche Funde. Besonders in Riehen und Bettingen konnten die Siedlungsplätze recht genau eingegrenzt werden. Eine Siedlung am Rand des Schwarzwaldausläufers auf der heutigen Flur Riehen-Bischoffhöhe wurde auf etwa 3900 v. Chr. datiert. Bis heute (2008) gibt es aber keine detaillierten archäologischen Untersuchungen. Die Fundstellen befinden sich immer auf fruchtbaren Böden in leichter Hang- oder Terrassendlage, die Überschwemmungsgebiete von Rhein, Birs, Birsig und Wiese wurden gemieden. Nebst Ackerbau und Viehhaltung wurde auch immer noch die Jagd und das Sammeln von Wildfrüchten betrieben, was besonders bei schlechten Ernten überlebenswichtig war.

Frühgeschichte, Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bronzezeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Entdeckung der Bronze löste im 2. Jahrtausend v. Chr. weitreichende Veränderungen aus. Während das Kupfer in den Alpen verfügbar war, musste das Zinn von weit her, vermutlich hauptsächlich aus England, importiert werden. So entwickelte sich ein gut organisierter Fernhandel. Die Kulturen und Glaubensvorstellungen glichen sich an: Begräbnisstätten und die Form von Gegenständen glichen sich in ganz Mitteleuropa. Die Gesellschaft blieb dabei hauptsächlich bäuerlich.

Um Basel gab es in der Bronzezeit (2000 – 800 v. Chr.) etliche Höfe und Dörfer. Sie lagen alle in der Nähe des Rheins, was dessen Bedeutung als Verkehrsachse widerspiegelt. Auch dürfte der Fischfang, vor allem während der Lachszüge, eine Bedeutung für die Ernährung gehabt haben. Heute ist vom Holz der Häuser kaum noch etwas übrig und man kann diese Orte nur noch anhand von Scherbenfunden identifizieren. Die älteste bekannte bronzezeitliche Siedlung in der Region gehört in die Zeit um 1550 v. Chr. Sie befand sich in Kleinhüningen auf einer hochwassergeschützten Terrasse und war etwa 5000 m² gross. Weitere Siedlungen gab es im heutigen Kleinbasel und im «Dalbeloch».

Um 900 v. Chr. entstand auf der Nordspitze des Münsterhügels, dem Martinskirchsporn, die erste befestigte Siedlung Basels. Der auf drei Seiten steil abfallende Hügelsporn des Münsterhügels zwischen Rhein und Birsig drängt sich als natürliche Festung für eine Besiedlung geradezu auf. Die Siedlungsfläche betrug etwa 7000 m². Ein 9 Meter breiter und 3 Meter tiefer Absperrgraben konnte nachgewiesen werden, besser erhaltene Fundstellen an anderen Orten legen nahe, dass hinter dem Graben auch ein holzarmierter Wall stand. Befestigte Siedlungen an topografisch herausragenden und verkehrsgünstigen Lagen waren in der Bronzezeit verbreitet. Besonders in der Spätbronzezeit entstanden vielerorts gut zu verteidigende Höhensiedlungen.

Der Siedlung auf dem Martinskirchsporn vorgelagert war ein 200 Meter breites, durch einen weiteren Graben gesichertes Vorglände. Funde von Brandschutt mit verziegeltem Lehm lassen darauf schliessen, dass die Siedlung einem Feuer zum Opfer fiel.

Hallstattzeit (ältere Eisenzeit)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 800 v. Chr. wurde in Mitteleuropa Eisen wichtig. Die bisherigen Handelsverbindungen wurden durch solche zu Eisenvorkommen, z. B. im Jura, ersetzt. Die Kontrolle der Eisenvorkommen sowie auch der Salzvorkommen lag in den Händen einer kleinen, sehr reichen Oberschicht. Nach dem Tod wurden sie prunkvoll in riesigen Grabhügeln betattet, die man im Gelände noch heute erkennt (z. B. Hardhäuslischlag in der Muttenzer Hard südlich des «Waldhauses»). Von den Griechen wurden diese Menschen Kelten, von den Römern Gallier genannt. Mit beiden standen sie in lebhafter Handelsverbindung.

Die ältere Eisenzeit (Hallstattzeit, 800 – 450 v. Chr.) zeichnet sich in Basel vor allem durch eine Fundleere aus. Bei Pratteln und Muttenz sind Siedlungen an beherrschender Stelle am Rande des Rheintals bekannt, und auch im weiteren Umland wurden Siedlungsspuren aus dieser Zeit gefunden. Es ist zwar anzunehmen, dass es auch in Basel Gehöfte gab, doch konnten sie bis heute nicht nachgewiesen werden.

Latènezeit (jüngere Eisenzeit)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um 450 v. Chr. kam es zu sozialen und kulturellen Umwälzungen in den keltischen Gesellschaften. Die Sitte der grossen Grabhügel wurden aufgegeben und es entstanden Flachgräberfelder. Die Menschen wohnten in Gehöften und verstreuten Weilern.

Immer wieder brachen Leute auf, um sich anderswo niederzulassen. Besonders die Gegend südlich der Alpen war attraktiv, für den Raum Basel war das Rhonetal und die burgundische Pforte ein wichtiger Weg zur mediterranen Welt. Es entstand ein Güter- und Kulturaustausch mit den Griechen, Etruskern und schliesslich Römern. Die neuen Ideen aus dem Mittelmeerraum führten zu gesellschaftlichen Veränderungen.

Die Latènezeit (450 – 50 v. Chr.) gehört zu den fundreichsten Epochen der Basler Geschichte. Um 150 v. Chr. entstand im Raum des heutigen Novartis-Campus eine grosse Siedlung, die bis 80 v. Chr. bewohnt war. Entdeckt wurde sie 1911 auf dem Areal der damaligen Gasfabrik, entsprechend wird sie in der archäologischen Literatur «Basel-Gasfabrik» genannt. Die Siedlung war unbefestigt und erstreckte sich über etwa 150'000 m². Die rechtwinklige Anlage der Strassen deutet auf einen planmässigen Siedlungsbau hin. In der Siedlung lebten über 500 Personen.

Die Lage auf der untersten Terrasse des Prallhangs des Rheins schützte die Siedlung vor Hochwasser, gewährte aber dennoch einen guten Zugang zum Rhein. Bemerkenswert ist, dass die Siedlung genau auf der Linie Elsässer BelchenKienberg-Burg liegt, die im Belchen-System eine Peillinie für die wichtigen keltischen Festtage Samhain und Imbolc ist.[23]

Die archäologischen Funde zeugen von Wohlstand und regen Handelsbeziehungen. Weinamphoren aus dem Mittelmeergebiet, Keramik aus Böhmen und Bernstein aus dem Baltikum zeigen, dass die Siedlung eine wichtige Drehscheibe des keltischen Fernhandels war. Die gefundenen Münzen weisen auf ein Geldsystem hin, das sich an mediterranen Vorbildern orientiert. Funde zeugen davon, dass in der Siedlung hoch qualifizierte Handwerker arbeiteten, die die benötigten Rohstoffe teilweise importieren mussten.

Nach 100 v. Chr. führten innerkeltische Konflikte und das Vordringen germanischer Stämme aus Nordosten zu einer Phase der Unsicherheit. Gleichzeitig wurde auch das römische Imperium immer bedrohlicher. Ein verstärkter Schutz scheint am Oberrhein ab 80 v. Chr., also noch vor Caesars Feldzügen, ein grosses Bedürfnis gewesen zu sein. Entlang des Rheins entstanden befestigte Siedlungen, unbefestigte Grosssiedlungen wurden dagegen aufgegeben. Damals entstand eine befestigte Siedlung auf dem Münsterhügel, während Basel-Gasfabrik aufgegeben wurde.

Die Siedlung auf dem Münsterhügel war auf der Südseite mit einem mächtigen Wall (Caesar nannte diese Wälle Muri Gallici) und einem tiefen Graben gesichert. Der Graben ist in der Topografie noch immer sichtbar (Bäumleingasse). Der Verlauf der keltischen Strasse entsprach der heutigen Ritter- und Augustinergasse. Die Bauweise der Strasse lässt auf Know-how aus dem Mittelmeerraum schliessen. Das Siedlungsgebiet umfasste rund 55'000 m² und war somit auch für die damalige Zeit nicht besonders gross. Die ältere Siedlung Basel-Gasfabrik war rund dreimal so gross gewesen.

Früher wurde angenommen, dass die Rauriker die Siedlung in der Rheinebene im Jahr 58 v. Chr. verliessen, um zusammen mit den Helvetiern nach Gallien auszuwandern, und dass die Siedlung auf dem Münsterhügel entstand, nachdem sie von Caesar in der Schlacht bei Bibracte geschlagen und in ihre Heimat zurückgeschickt worden waren.[24] Diese Ansicht gilt heute als überholt.

Römische Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Eroberung Galliens durch Caesar um 52 v. Chr. geriet auch die Region Basel unter römische Kontrolle. Die befestigte Siedlung auf dem Münsterhügel war für die Kontrolle der Einfallsachsen ideal. Auch nach der Unterwerfung Galliens durch Caesar bestanden die keltischen Strukturen der Siedlung vorerst weiter. Keltische Adlige regierten im Auftrag Roms vom Münsterhügel aus die umliegende Region.

Dank der Konzentration von Handel, Handwerk und Herrschaft funktionierte die gut befestigte Siedlung (von den Römern wurden solche befestigten Siedlungen Oppida genannt) als regionales Zentrum. Verschiedene Funde lassen vermuten, dass einzelne römische Militärpersonen oder ein kleines römisches Truppenkontingent stationiert waren, um die Kontrolle über die keltischen Alliierten sicherzustellen. Erst zu Beginn der augusteischen Epoche (also ab etwa 30–20 v. Chr.) wurden die spätkeltischen Bauten auf dem Münsterhügel abgerissen. Auch die umfangreiche Befestigungsanlage wurde niedergelegt und es entstand ein sogenannter Vicus, eine römische dörfliche Siedlung. Die neu gegründete Koloniestadt Augusta Raurica, die am Knotenpunkt von mehreren Handelswegen lag und wo auch eine Brücke über den Rhein stand, war nun das administrative, kulturelle und wirtschaftliche Zentrum der Region.

Im frühen 1. Jahrhundert n. Chr. erstreckte sich der Vicus auf dem Münsterhügel über die Ruine des keltischen Befestigunswalls bis zum heutigen St. Alban-Graben. Das Zentrum des Vicus lag im Vorgelände des Münsterhügels an der Gabelung der von Augusta Raurica kommenden Fernstrasse (Rittergasse zum Münsterhügel, Freie Strasse zur Schifflände). Die Anbindung an die Verkehrswege war nun wichtiger als die militärische Sicherung, der überregionale Verkehr wurde zu einer wichtigen Erwerbsgrundlage. Vom 1. bis zum Ende des 3. Jahrhunderts stand Basel aber im Schatten von Augusta Raurica mit seinen Theatern, Bädern, Tempelanlagen und dem Forum.

In der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. verlegten die Römer die Grenze des Imperiums nach Norden. Damit war die Nordwestschweiz keine Grenzregion mehr. Es folgte die relativ friedliche Zeit der Pax Romana mit einer wirtschaftlichen und kulturellen Blüte. Zuwanderer aus dem Mittelmeerraum liessen sich nördlich der Alpen nieder. Die einheimische keltische Bevölkerung übernahm römische Sitten und Ernährungsgewohnheiten.

Spätrömische Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab ca. 250 n. Chr. folgte eine Zeit innenpolitischer Krisen. Zudem kam es zu Bedrohungen von aussen. Germanische Völker, so etwa die Alamannen, drangen in die reichen römische Provinzen ein und überfielen die Bevölkerung. Die Grenze des Imperiums wurde wieder an den Rhein zurückverlegt. Um 270/280 n. Chr. wurde der Münsterhügel mit einer Umfassungsmauer befestigt. Die Wohnsitze im Vorgelände wurden aufgegeben, deren Bewohner zogen entweder hinter die Befestigung oder wanderten ab. Dort, wo früher der Murus Gallicus gestanden hatte, wurde eine neue Befestigungsmauer mit Graben errichtet. Für den Bau wurden Teile von abgebrochenen, teilweise repräsentativen Bauten und sogar Grabsteine verwendet, was auf eine akute Bedrohungslage hinweist.

Im 4. Jahrhundert wurde die Befestigung auf dem Münsterhügel Teil des ausgeklügelten Grenzsicherungssystems entlang des Rheins. Im Zusammenhang mit diesem letzten grossen römischen Festungsbauprogramm wird der Name Basel zum ersten Mal genannt: Laut dem römischen Historiker Ammianus Marcellinus lagerte Kaiser Valentinian im Jahr 374 mit seinen Truppen bei Basilia.[20]

Nach den Westgoteneinfällen in Italien im Winter 401/402 zog Rom einen Grossteil der Truppenkontingente aus den nordalpinen Provinzen ab. Damit begann hier das Ende der römischen Herrschaft. Die Romanen, die Nachfahren der gallo-römischen Bevölkerung, waren nun weitgehend auf sich selbst gestellt. Die Sicherung der Grenzen besorgten teilweise Alamannen und Franken als Föderierte Roms.

Mit dem Tod des römischen Heermeisters Aetius endete um 454 die militärisch gestützte Macht der Römer nördlich der Alpen. Ein Teil der romanischen Bevölkerung wanderte ab, viele blieben aber hier und arrangierten sich mit den neuen germanischen Nachbarn.

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Eingang des Olsbergerhofs an der Rittergasse 27. Das im Barockstil umgebaute Haus geht auf das Jahr 1389 zurück.

Ende des 5. Jahrhunderts fiel Basel an die Franken, die sich ebenfalls in und um Basel niederliessen. Eine kontinuierliche Besiedlung Basels ist jedoch erst wieder ab dem 7. Jahrhundert archäologisch gesichert. In diese Zeit fällt die erste inschriftliche Nennung Basels auf einer dort geprägten Goldmünze (Basilia fit). In der ersten Teilung des Frankenreichs fiel Basel in den Herrschaftsbereich von Lothar I. Mit dem Vertrag von Meerssen fiel Basel 870 an das Reich Ludwig des Deutschen, kam aber um 926/935 an das Königreich Hochburgund. 917 wurde die Stadt Basel durch die Magyaren zerstört und geplündert; zu den Todesopfern zählte auch der damalige Bischof. 1006/32 wurde Basel dem römisch-deutschen Reich angegliedert. Bereits im frühen 7. Jahrhundert ist ein Bischof bezeugt, der wie seine Nachfolger wohl bereits die Herrschaft in der Stadt ausübte. Der Bischofssitz war aus dem durch die Alamannen verwüsteten Augusta Raurica nach Basel verlegt worden. Unter Bischof Haito entstand in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts eine erste Kathedrale auf dem Münsterhügel, die dann durch einen 1019 geweihten frühromanischen Bau ersetzt wurde.[25]

1091 wurde der Kornmarkt der Stadt, der heutige Marktplatz, erstmals erwähnt. Gegen 1100 erhielt die Stadt die erste Stadtmauer; weitere folgten in der Mitte des 13. und gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Unter Bischof Heinrich von Thun erfolgte um 1225 der Bau der ersten Basler Rheinbrücke und in der Folge entstand die Stadt Kleinbasel zur Brückensicherung.

 
Karte der historischen Entwicklung des Gebiets der Basler Kantone

Mehrere schwere Schicksalsschläge musste die Stadt im 14. Jahrhundert verkraften. 1348 starb annähernd die Hälfte der Bevölkerung während einer Pestepidemie, in deren Folge die jüdische Bevölkerung auf einer Rheininsel bei Birsfelden verbrannt wurde, was als Basler Judenpogrom in die Geschichte einging, und nur acht Jahre später (1356) ereignete sich das Basler Erdbeben. Das bis heute schwerste Erdbeben Mitteleuropas forderte zwar nur wenige Opfer, doch der anschliessende Grossbrand legte grosse Teile der Stadt in Schutt und Asche. Dabei wurde auch die Stadtchronik vernichtet, die ab 1357 mit dem Roten Buch – dem heute ältesten Buch der Stadt – wieder neu angelegt wurde. Infolge eines Aufruhrs vom 26. Februar 1376, der als Böse Fasnacht in die Geschichte einging, wurden der Stadt Basel vom habsburgischen Herzog Leopold III. harte Sanktionen auferlegt.[26][27]

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts beginnt die städtische Selbstverwaltung durch einen urkundlich ab 1185/90 belegten Rat aus Rittern und Bürgern, der mit Schultheiss, Bürgermeister (ab 1253) und Stadtschreiber die Geschicke der Gemeinde lenkte. Der Bischof als Stadtherr ernannte zunächst den Rat und einen Vogt. Erste Konflikte um die Kontrolle der Stadt entschied der Bischof Mitte des 13. Jahrhunderts zu seinen Gunsten. Versuche der Habsburger, die Stadt in ihren Herrschaftsbereich einzugliedern scheiterten im 14. Jahrhundert, spalteten jedoch die Bürgerschaft in zwei Parteien: Die pro-Habsburgischen «Sterner» und die anti-Habsburgischen «Psitticher».[28]

Die Bürgerschaft von Grossbasel erwarb 1392 von Bischof Friedrich von Blankenheim die Stadt Kleinbasel für 29'800 Gulden. In dieser Zeit erwarb sich die Stadt vom Bischof auch pfandweise die wichtigsten Regalien (Münz- und Zollrecht, Schultheissengericht usw.). Basel wurde damit zwar faktisch unabhängig vom Bischof, konnte aber dessen nominelle Oberherrschaft bis um 1500 nicht ablösen. So bestimmten zwar die Bürger die Inhaber wichtiger Ämter, die feierliche Amtseinsetzung erfolgte jedoch weiter durch den Bischof. Basel galt deshalb nicht als freie Reichsstadt.[28] Eine wichtige Rolle im politischen und sozialen Leben Basels spielten die Zünfte, die in zwei Gruppen, die Herrenzünfte und die Handwerkerzünfte aufgeteilt waren. Im Rat waren seit 1337 neben vier Rittern und acht sog. Achtburgern (lehensfähige Bürgerschaft) 15 Vertreter der Zünfte vertreten. Zu letzteren stiessen 1382 noch die 15 Zunftmeister. Die Zünfte bildeten überdies in der Stadtregierung unter ihrem Oberzunftmeister ein eigenes Kollegium das grosses politisches Gewicht hatte.

Das Konzil von Basel, das 1439 den Gegenpapst Felix V. wählte (→ Papstwahl am Basler Münster), tagte von 1431 bis 1449 in der Stadt. Um 1433 begann die Papierfabrikation in Basel. Ein eidgenössisches Kontingent unterlag 1444 in der Schlacht bei St. Jakob einem französischen Söldnerheer. Die Universität, die erste im Gebiet der heutigen Schweiz, wurde 1460 durch Papst Pius II. gestiftet. 1471 verlieh Kaiser Friedrich III. der Stadt das Messeprivileg. Um diese Zeit wurde in Basel auch der Buchdruck eingeführt. In der Folge kam es zu einem kulturellen Aufschwung: Neben dem Humanisten Erasmus von Rotterdam weilten auch Paracelsus, Sebastian Brant und Hans Holbein der Jüngere in Basel.

 
Münsterplatz, Basel

Um 1400 begann die Stadt Basel durch die Erwerbung bischöflicher Herrschaften durch Pfand oder Kauf ein eigenes Territorium aufzubauen, vorerst jedoch nicht sehr erfolgreich. Es gelang zwar einige Herrschaften im Sisgau zu gewinnen, der Versuch der Expansion ins Laufental und über den Hauenstein (Olten) scheiterte jedoch. Gegenüber der Eidgenossenschaft verhielt sich Basel ambivalent. Während sie in den Burgunderkriegen auf Seiten der Eidgenossen kämpfte, blieb sie im Schwabenkrieg neutral. Zwischen Solothurn und Basel entstanden zeitweise heftige Konflikte um die Herrschaftsrechte im Sisgau, vor allem wegen Dorneck. Den eigentlichen Abschluss der Bildung des Territoriums der Stadt Basel bildete der Erwerb von Pratteln 1525, wodurch die Herrschaftsgebiete verbunden wurden. Bis zum Ende des Stadtstaates 1798 konnten nur noch kleinere Erwerbungen gemacht werden.[29]

Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Venus und Amor, Hans Holbein der Jüngere (Kunstmuseum Basel, c. 1524)

Nach dem Schwaben- bzw. Schweizerkrieg 1499 wandte sich Basel der Eidgenossenschaft zu, der es am 13. Juli 1501 als elfter Ort beitrat. Eine Änderung in der Ratsverfassung, die den Zünften die Vormachtstellung sicherte, erfolgte 1521. Gleichzeitig erfolgte die einseitige völlige Emanzipation von der Herrschaft des Bischofs, indem nun die Besetzung der Ämter auch formell durch den Rat vorgenommen wurde. Der in Basel wohnhafte Humanist Erasmus von Rotterdam liess hier 1516 und 1519 das griechische Neue Testament mit seiner lateinischen Übersetzung drucken. Sowohl der deutsche Reformator Martin Luther als auch der englische Geistliche William Tyndale nutzten die zweite Ausgabe als Grundlage für ihre Bibelübersetzungen. Johannes Oekolampad arbeitete 1515 bis 1516 bei Erasmus und kehrte dann 1522 als Pfarrer und Professor nach Basel zurück, wo er der wichtigste Reformator der Stadt wurde. 1525 feierte er mit seiner Gemeinde das erste evangelische Abendmahl, 1526 erschien seine Gottesdienstordnung und 1528 heiratete er Wibrandis Rosenblatt. Nach einem Bildersturm und Zunftaufstand trat Basel 1529 zur Reformation über. Am 12. Mai 1529 siedelten die Domherren und Kapläne, welche nicht zur Reformation wechselten oder auf ihre Nebenpfründen zogen, nach Freiburg im Breisgau um. Am 28. August 1529 schloss das Domkapitel mit der Stadt Freiburg einen Vertrag über die rechtlichen und steuerlichen Belange, den Erwerb von Häusern, Kapitel- und Amtshaus sowie über die Benützung des Münsters. Damit war Basel nicht mehr der Sitz des Bischofs und auch nicht mehr des Domkapitels und wurde es auch nie wieder. Verwaltungssitz des Domkapitels war ab 1587 das Stürtzelsche Haus, heute Basler Hof genannt. 1585 erwarb die Stadt im Vertrag von Baden auch formal alle bischöflichen Herrschaftsrechte in der Stadt und über ihr Herrschaftsgebiet und wurde damit endgültig unabhängig.

1535 kam der verfolgte Johannes Calvin aus Frankreich und fand Aufnahme in Basel. Er schrieb hier seine Institutio Christianae religionis (deutsch: Unterricht in der christlichen Religion), eine der wirkungsvollsten evangelischen Schriften, die 1536 in Basel gedruckt wurde.[30] Basel war (ähnlich wie Genf) 1530 bis 1700 für italienische und französische evangelische Glaubensflüchtlinge wichtiger Zufluchtsort und neue Heimat geworden. Die zugewanderten Familien waren aber nicht nur eine Last für die Stadt, sondern auch eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereicherung durch ihre Bildung und Kenntnisse in Seidenproduktion und -handel und in der Textilfärberei, die sie mitbrachten und in der Stadt ansiedelten.[31] 1543 erschien in Basel das erste komplette Lehrbuch der menschlichen Anatomie De Humani Corporis Fabrica (Über den Bau des menschlichen Körpers) von Andreas Vesalius (1514–1564), das in der Offizin von Johannes Oporinus gedruckt wurde.[32] Das Gymnasium wurde 1589 in der Nachfolge der Lateinschule des Domstifts gegründet (heute Gymnasium am Münsterplatz).

Während eines Zeitraums von 50 Jahren wurde Basel von fünf schweren Pestepidemien heimgesucht: Von 1563 bis 1564 starben in der «Grossen Sterbendt» 4000 Einwohner – ein Drittel der damaligen Stadtbevölkerung. Die Pest kehrte in den Jahren 1576–1578 (etwa 800 Tote), 1582–1583 (etwa 1200 Tote), 1593–1594 (etwa 900 Tote) und ein letztes, aber vernichtendes Mal 1609–1611 (etwa 3600 Tote) zurück.

 
Gliederung des Stadtstaates Basel im 18. Jahrhundert

1648 vertrat der Basler Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein die Eidgenossenschaft am Friedenskongress in Münster und erreichte die Anerkennung der Eidgenossenschaft durch die damaligen Grossmächte. Frankreich bedrohte Basel jedoch ab 1681 durch die Festung Hüningen direkt an der Stadtgrenze.

Die Stadt Basel verwaltete ihr Herrschaftsgebiet durch vom Rat eingesetzte Landvögte. Es bestanden die Ämter Farnsburg, Homburg, Kleinhüningen, Liestal, Münchenstein, Riehen und Waldenburg. Konflikte zwischen der städtischen Herrschaft und der Landbevölkerung eskalierten in den Bauernkriegen 1525 und 1653 sowie im Rappenkrieg 1591–1594, die Stadt schlug diese Aufstände jedoch blutig nieder.

Der Ankauf des Amerbachschen Kunstkabinetts, des Grundstocks aller städtischen Sammlungen, insbesondere des Kunstmuseums, erfolgte 1662.

Die Gründung des Handelshauses Johann Rudolf Geigy ist auf 1758 datiert, 1795 beendete der Friede von Basel den Krieg zwischen Frankreich, Spanien und Preussen

Am 20. Dezember 1790 hob der Grosse Rat von Basel als Reaktion auf die Französische Revolution im städtischen Herrschaftsgebiet die Leibeigenschaft auf. Nach der Durchreise Napoleons am 24. November 1797 kam es trotzdem im Januar in der Landschaft zu Aufständen und zum Sturm auf die Landvogteischlösser Waldenburg, Farnsburg und Homburg. Darauf übernahmen die reformerisch und revolutionär gesinnten «Patrioten» um den Oberstzunftmeister Peter Ochs die Macht und erklärten die Gleichberechtigung aller Kantonsbürger. Die Basler Nationalversammlung, eines der ersten Parlamente der Schweiz, setzte sich zu gleichen Teilen aus je 20 Vertretern der Stadt und der Landschaft zusammen und leitete weitreichende Reformen ein.[33] Mit dem Inkrafttreten der Helvetischen Verfassung am 12. April 1798 löste sich dieses Parlament auf und der alte Stadtstaat Basel hörte formell auf zu existieren. Basel war nun theoretisch eine normale Gemeinde des Kantons Basel der Helvetischen Republik, bildete jedoch einen eigenen Distrikt. Als Folge der Einführung des einheitlichen Bürgerrechts in der Helvetischen Republik wurde auch in Basel die Einwohnergemeinde («Munizipalität») von der Bürgergemeinde getrennt. Der Anteil der Bewohner der Stadt, die Mitglied der Bürgergemeinde waren, sank deshalb bis 1815 auf noch 37 %, während 1779 noch 51 % der Einwohner das Bürgerrecht innehielten.[34]

19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als 1815 der Wiener Kongress die ewige bewaffnete Neutralität der Schweiz anerkannte, wurde das ehemalige Fürstbistum Basel zwischen Bern und Basel aufgeteilt: Der Jura und das Laufental gingen an Bern, während Basel die ehemaligen bischöflichen Vogteien Birseck und Pfeffingen zugesprochen wurde. Im August 1815 feierte Basel Erzherzog Johann von Österreich, der die Festung Hüningen, von der aus Basel immer wieder beschossen und erpresst worden war, zur Kapitulation gezwungen hatte und auf Bitte der Basler Bürger auch gleich schleifte.[35]

Am 4. August 1819 fand die letzte Hinrichtung statt (Baselland: 1851). Drei Mitglieder einer Räuberbande wurden am Erdbeergraben vor dem Steinentor enthauptet. Der Hinrichtung wohnten 20'000 Schaulustige bei, mehr als Basel damals Einwohner hatte.

1814 wurde die politische Vorherrschaft der Stadt über die Landschaft wiederhergestellt, in dem die Stadt ein unverhältnismässiges Übergewicht an Sitzen im Grossen Rat erhielt. Im Jahr 1833 wehrten sich die Landgemeinden (Baselbiet) nach längerem Widerstand erfolgreich gegen die Dominanz der Stadt. Nach der Schlacht an der Hülftenschanz, welche die Stadt verlor, konstituierten sich die Landgemeinden als eigener Halbkanton Basel-Landschaft, nur die rechtsrheinischen Gemeinden Riehen, Bettingen und das 1907 in die Stadt eingemeindete Kleinhüningen verblieben bei Basel und bildeten fortan den Halbkanton Basel-Stadt (→ Basler Kantonstrennung).

1832 erreicht das erste Personen-Motorschiff Basel (MS Stadt Frankfurt).

Der erste Zug der Schweiz fuhr 1844 von Saint-Louis her in Basel ein. 1849 erfolgte der Bau der Museen an der Augustinergasse, und nach 1859 wurden die Stadtmauern geschleift; nur einige der grösseren Tore wie das Spalentor blieben erhalten.

Vom 26. bis zum 29. August 1897 fand der von Theodor Herzl und David Farbstein organisierte erste Zionistische Weltkongress in Basel statt. Auf dem Kongress wurde die «Schaffung einer öffentlich und gesetzlich gesicherten Heimat für das jüdische Volk in Palästina» beschlossen. Zu diesem Zweck wurden ein Fonds und eine «jüdische Bank» (später Bank Leumi) gegründet. Insgesamt fand der Zionistische Weltkongress zehn Mal in Basel statt, mehr als in irgendeiner anderen Stadt weltweit.

20. und 21. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Aufnahme der Mittleren Brücke, 1950er-Jahre

Basel wurde während der Industrialisierung zu einer der bedeutendsten Industriestädte der Schweiz. Um 1900 wurde Basel vom Kantonsstatistiker im internationalen Vergleich als «eindeutige Fabrikstadt» bezeichnet. Die Stadt zählte noch bis um 1980 überdurchschnittlich viele Arbeiter.[36]

Zu den bedeutendsten Ereignissen der Basler Geschichte zählt der in Vorahnung der kommenden Ereignisse ausserordentlich anberaumte Internationale Friedenskongress der Sozialisten im November 1912. Die beiden Weltkriege erlebte Basel durch seine grenznahe Lage intensiver als die anderen grossen Städte in der Schweiz. Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln war immer sichergestellt, aber schwieriger als in der inneren Schweiz. Der Streikparole des Landesstreiks von 1918 folgte in Basel fast die ganze Arbeiterschaft.[37] Am Nationalfeiertag, dem 1. August 1919, kam es nach Streiks der Färber zu Unruhen, bei denen das Militär auf Demonstranten schoss. Es waren fünf Tote zu beklagen.[38]

In den Dreissigerjahren wurde die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Bank der Zentralbanken, in Basel domiziliert.

1939 kaufte und rettete das Kunstmuseum Basel 21 «entartete» Kunstwerke aus Deutschland, Werke von Paula Modersohn-Becker (3), André Derain (2), Marc Chagall (2), Franz Marc (2), Oskar Kokoschka, Emil Nolde, Paul Klee, Otto Dix, Max Beckmann, Lovis Corinth (2), Oskar Schlemmer (2), Georg Schrimpf (2) und Ernst Barlach.[39]

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, am 4. März 1945, wurde der Güterbahnhof Wolf in Basel irrtümlich von den Westalliierten bombardiert.[40] Die Schäden blieben gering.

Der Flughafen Basel-Mülhausen wurde 1953 als binationaler Flughafen eingeweiht. 1993 wurde er trinational, der Name ist nunmehr offiziell Basel Mulhouse Freiburg.

Seine zweitausendjährige Stadtgeschichte feierte Basel 1957. Die Regio Basiliensis für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde 1963 gegründet. 1966 erhielten die Frauen das kantonale Stimmrecht. 1969 scheiterte die Wiedervereinigung von Basel-Stadt und Basel-Landschaft am Nein der Stimmberechtigten in Basel-Landschaft.

In den 1970er Jahren häuften sich die Hausbesetzungen in Basel.

Das Fernheizkraftwerk Volta ging 1980 in Betrieb.

Am 1. November 1986 ereignete sich im nahen Schweizerhalle ein schwerer Chemieunfall, der für die Bevölkerung glimpflich ausging. Der Rhein wurde jedoch vom Löschwasser verseucht. 1989 wurde das Basler Übereinkommen zur Kontrolle der grenzüberschreitenden Abfallwirtschaft in Basel zur Unterschriftsreife gebracht. In den 1990ern erfolgte die Fusion von Sandoz und Ciba-Geigy zu Novartis sowie des Schweizerischen Bankvereins und der Schweizerischen Bankgesellschaft zur UBS.

Erstmals seit 1950 gibt es in Basel wieder eine linke Regierungsmehrheit, als es 2004 durch die Stadtwahlen rot-grün wurde. 2006 erhielt Basel-Stadt eine neue Verfassung,[41] mit der unter anderem der Grosse Rat von 130 auf 100 Mitglieder reduziert wurde und das Amt eines Regierungspräsidenten eingeführt worden ist.

2014, mitten im Ukraine-Konflikt, fand in Basel das Ministertreffen der in diesem Jahr von der Schweiz präsidierten Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit rund 1‘200 Delegierten aus 57 Staaten statt.

2015 wurde Basel der Ehrentitel «Reformationsstadt Europas» durch die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa verliehen.[42]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt Basel (Einwohnergemeinde) zählt ohne die beiden Landsgemeinden 171'513 Einwohner (31. Dezember 2017) und belegt damit hinter Zürich und Genf den dritten Rang in der Schweiz.[3] Der Kanton Basel-Stadt hingegen zählt insgesamt 193'908 Einwohner.[3] Die trinationale Agglomeration Basel zählt insgesamt 830'000 Einwohner in der Schweiz, Deutschland und Frankreich.

Tabelle zur Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Basel (Zahlen ab 1900 inkl. Kleinhüningen):[43]

 
Einwohnerentwicklung von Basel
JahrEinwohner der
Gemeinde Basel
 JahrEinwohner der
Gemeinde Basel
1774 15'040 1910 132'276
1815 16'674 1920 135'976
1835 21'219 1930 148'063
1847 25'787 1941 162'105
1850 27'170 1950 183'543
1860 37'915 1960 206'746
1870 44'122 1970 212'857
1880 60'550 1980 182'143
1888 69'809 1990 178'428
1900 109'161 2000 166'558

Tabelle zur Bevölkerungsentwicklung der trinationalen Agglomeration Basel:[44]

JahrAgglomeration Basel, Einwohnerin der Schweizin Deutschlandin FrankreichEinwohner ganze Agglomeration Basel
2000   479'308 188'553 63'306 731'167
2014   532'185 206'267 92'306 830'758

Das durch die Industrialisierung typische und kontinuierliche Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert fand auch in Basel statt. Durch diesen raschen Anstieg wuchs die Stadt hinter Zürich zur zweitgrössten in der Schweiz an. Durch die engen Kantons- und Landesgrenzen konnte die Stadt Basel mit der Ausnahme von Kleinhüningen nicht durch Eingemeindungen wachsen, wie das bei den anderen grossen Schweizer Städten der Fall war. Mit der Industrialisierung entstand eine Oberschicht der alteingesessenen Bürger (Daig), die bis ins 20. Jahrhundert ihre Abgeschlossenheit bewahrte und die ursprüngliche Form des Baseldeutsch sprach.

Während die Einwohnerzahl der trinationalen Agglomeration kontinuierlich steigt, nahm seit 1970 die Bevölkerung der Kernstadt infolge der Suburbanisierung merklich ab. Im Zeitraum von 1970 bis 2005 verliessen über 51'000 Schweizer Bürger Basel und zogen in das angrenzende Umland. Im gleichen Zeitraum zogen zwar rund 12'000 Ausländer in die Stadt, die Nettoabnahme von 39'000 Einwohnern führte trotzdem dazu, dass die Stadt Genf Mitte der 1990er Jahre Basel in Bezug auf die Einwohnerzahl überholte. Die Abwanderung steuerlich potenterer Bevölkerungsgruppen war zeitweise in Verbindung mit dem Steuerwettbewerb unter den Kantonen für den Stadtkanton ein besonderes Problem.[45]

Religionen, Weltanschauungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Johannes Oekolampad

Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1529 setzte sich in Basel unter der Mitwirkung von Johannes Oekolampad die Reformation durch, die schnell wichtige Persönlichkeiten wie den Stadtschreiber Caspar Schaller für sich gewinnen konnte. Unter dem Druck des revolutionären Frankreich, welches die Schweiz von 1798 bis 1815 kontrollierte, wurde 1798 offiziell die Glaubensfreiheit gewährt. Im Jahre 1910 wurde die Trennung von Kirche und Staat vollzogen sowie die christkatholische Kirche neben der evangelisch-reformierten Kirche als öffentlich-rechtliche Körperschaft anerkannt. 1972 erfolgte dies auch für die römisch-katholische Kirche sowie die Israelitische Kultusgemeinde. Infolge der Trennung von Kirche und Staat wird in Basel-Stadt die Erhebung der Kirchen- bzw. Kultussteuer direkt durch die vier öffentlich-rechtlich anerkannten Körperschaften und nicht durch die Steuerverwaltung vorgenommen. Heute zählt Basel über 300 christliche und nichtchristliche Religionen, Kirchen, Freikirchen und andere religiöse Gemeinschaften. Zu den nichtchristlichen Religionen, welche in Basel vertreten sind, gehören die jüdische Gemeinde, der Islam, die Aleviten, die Hindus, die Sikhs, die Buddhisten und neuere religiöse Bewegungen. Basel hat sich damit von einer rein reformierten zu einer multireligiösen Stadt entwickelt.[46]

Ausserordentlich ist, dass nahezu die Hälfte der Basler Gesamtbevölkerung, also knapp 45 % sich heute als konfessionslos bezeichnen und somit mit keiner religiösen Institution verbunden sind.[47]

Konfessionslose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Basel bilden die Konfessionslosen die grösste Gruppe.

Reformierte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Evangelisch-reformierte Pauluskirche

Die Stadt Basel ist traditionell reformiert geprägt. Sie ist eine der zehn Schweizer Städte, die 2017 vom Evangelischen Kirchenbund das Etikett «Reformationsstadt» verliehen bekommen haben.[48] Die Evangelisch-Reformierte Kirche Basel ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Steuerhoheit ausgestattet, welche jedoch selbstständig, also nicht direkt mit dem Staat zusammen, wie in anderen Kantonen, eingetrieben werden müssen. Damit ist sie finanziell und organisatorisch unabhängig vom Kanton. Obwohl durch die zunehmenden Kirchenaustritte auch die dominierende Stellung der Evangelisch-Reformierten Kirche zurückgeht, nimmt sie am sozialen und kulturellen Leben der Stadt nach wie vor grösseren Anteil. Ein soziales Netzwerk mit Einrichtungen für die Seelsorgestellen, Drogenberatung oder den Gassenküchen wird durch die Kirche aufrechterhalten. Zu den sichtbaren Zeichen der Evangelisch-Reformierten Kirche im Kanton Basel-Stadt gehören 85 Kirchen, Gemeinde-, Pfarrhäuser und Sigristenwohnungen. Zahlreiche Baudenkmäler prägen das Gesicht der Stadt, wie das Basler Münster als Wahrzeichen von Basel und die Innenstadtkirchen St. Leonhard, St. Martin, St. Peter und die Theodorskirche.[49]

Die Predigerschule Basel existierte von 1876 bis 1915.

Katholiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heutzutage ist in Basel die Gruppe der Katholiken mit 17,9 % die grösste Konfession.[50] Die Römisch-katholische Kirche Basels zählt insgesamt 7 Pfarreien, fünf davon sind deutsch-, eine französisch- (Paroisse catholique du Sacré-Cœur de Bâle) und eine weitere italienischsprachig (Parrocchia cattolica di lingua italiana S. Pio X di Basilea). Die Pfarreien zusammen mit den kantonalen Diensten bilden das Dekanat, das einen Teil des Bistums Basel darstellt. Das Bistum Basel hat seinen Sitz trotz des Namens nicht in Basel, sondern in der Kantonshauptstadt Solothurn. Der Religionsunterricht wird gemeinsam mit der Evangelisch-Reformierten Kirche organisiert und finanziert. Neben der grösseren Römisch-katholischen Kirche Basels gibt es seit 1873 die kleinere Christkatholische Kirche. Beide katholischen Kantonalkirchen sind seit dem Jahr 1973 als öffentlich-rechtliche Körperschaften mit eigener Steuerhoheit ausgestattet.

Juden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten Menschen jüdischen Glaubens siedelten sich in Basel bereits urkundlich gesichert im 12. Jahrhundert an. Die erste Synagoge stand am Rindermarkt. Ausgrabungen in Augusta Raurica zufolge könnte die Ansiedlung von Juden sogar auf das 2. Jahrhundert zurück datiert werden.[51] Die Gründung der heutigen Israelitischen Gemeinde Basel (IGB) geht auf das Jahr 1805 zurück, nachdem sich als Folge des Basler Judenpogrom über vierhundert Jahre keine Juden in Basel niederliessen, mit damals etwa 70 Mitgliedern.[52] Heute umfasst sie in der Stadt und der Umgebung rund 1000 Mitglieder[53] und ist damit die zweitgrösste der Schweiz.[54] Sie erhielt 1972 durch eine kantonale Volksabstimmung als erste nicht-christliche Glaubensgemeinschaft in einem Kanton der Schweiz die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft und ist nunmehr den beiden sogenannten Landeskirchen gleichgestellt.[55][56] Sie führt heute neben der Synagoge, auch bekannt als Grosse Synagoge, diverse Schulen und die öffentliche Karger-Bibliothek.[57]

Neben der Israelitischen Gemeinde Basel gibt es seit 1927 eine sogenannte Austrittsgemeinde, die streng orthodoxe Israelitische Religionsgesellschaft Basel (IRG) mit einer eigenen Synagoge an der Ahornstrasse.[58] Daneben gibt es Migwan, die Liberale Jüdische Gemeinde der Stadt Basel, welche im Jahr 2004 gegründet wurde.[59] Im Jahr 2014 wurde die neue Synagoge am Herrengrabenweg 50 in Basel eingeweiht. Nun ist Migwan die dritte Mitgliedsgemeinde der «Plattform der Liberalen Juden der Schweiz PLJS».[60] Zudem steht in Basel das Jüdische Museum der Schweiz, welches eine kostbare Sammlung jüdischer Kulturgüter zeigt.[61] Das Museum feierte im Jahr 2016 sein 50-jähriges Bestehen und war das erste jüdische Museum innerhalb des deutschsprachigen Raums, das nach dem Zweiten Weltkrieg eingerichtet wurde.[62] Seit einigen Jahren befindet sich in Basel ausserdem eine Sektion der Chabad Lubawitsch Organisation. Im Jahr 2012 wurde das Haus «Feldinger Chabad Center» mit der Synagoge eingeweiht.[63]

 
Johann Ludwig Burckhardt (Scheich Ibrahim)

Muslime[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit den 1960er Jahren gibt es durch Einwanderung aus muslimischen Ländern, vor allem der Türkei, dem Maghreb und dem Kosovo einen wachsenden muslimischen Bevölkerungsanteil, der heute schätzungsweise knapp 10 % der Stadtbevölkerung umfasst, in den Kleinbasler Quartieren deutlich mehr (siehe untenstehende Tabelle). In Basel bestehen zurzeit 13 Moscheen und Gebetsräume, welche jeweils auch nach Sprachzugehörigkeit organisiert sind.[64][65] Im Jahr 1997 wurde die «Basler Muslim Kommission» gegründet, welche sich als Dachorganisation der sunnitischen Vereine beider Basel versteht. Im Jahr 2004 setzte sich die Vereinigung öffentlich dafür ein, dass Helal-Schlachtungen in der Schweiz jeweils gesetzeskonform vonstatten gehen könnten. Seit Mai des Jahres 2016 hat Sohail Mirza das Präsidentenamt inne. Neben jenen muslimischen Bürgern, die aus islamisch-geprägten Ländern stammen, gibt es auch Schweizerinnen und Schweizer mit nicht-muslimischem Hintergrund, die jeweils zum Islam übertreten und einen wichtigen Bestandteil der islamischen Gemeinden der Stadt darstellen. Beispielshalber ist hier historisch der Übertritt Johann Ludwig Burckhardts (alias Scheich Ibrahim), welcher von 1784 bis 1817 lebte und als erster Muslim Basels gilt, zu nennen. Als erster Bürger Mitteleuropas machte er zusätzlich auch die Hadsch nach Mekka.[66]

Statistik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tabelle der Konfessionszugehörigkeit der Kantonsbevölkerung in Prozent (Quelle: Volkszählungen,[67] Statistisches Amt Basel Stadt[50])

JahrEvangelisch-
Reformiert
Römisch-
katholisch
Übrige
Christen[A 1]
JüdischMuslimeAndere
Religionen
Konfessionslos[A 2]Keine
Angaben
1950 63,3 31,3 1,4 1,3 0,0 0,0 0,0 0,0
1960 59,9 35,8 1,3 1,1 0,0 0,3 1,6 0,0
1970 52,7 40,7 1,1 0,9 0,2 0,2 3,2 1,0
1980 44,4 35,5 1,2 0,9 1,1 0,3 13,9 1,9
1990 32,1 25,4 1,8 0,8 4,0 0,5 34,5 0,3
2000 26,5 24,9 2,8 0,8 6,7 1,2 31,0 5,1
2016 17,4 17,9 5,3 0,7 7,5 2,1 47,5 1,4

Konfessionszugehörigkeit in Prozent nach Quartier (2013) (Quelle: Statistischer Atlas Basel-Stadt):[68]

QuartierEvangelisch-
Reformiert
Römisch-
katholisch
Christ-
katholisch
Ost-
kirchliche
JüdischIslamischAndere
Religionen
Konfessionslos
Altstadt Grossbasel 21,8 14,4 0,8 0,8 0,7 0,8 3,5 56,8
Vorstädte 18,0 15,8 1,0 1,8 1,4 2,3 3,9 54,8
Am Ring 17,9 15,4 0,8 2,1 2,9 3,1 3,9 52,9
Breite 15,8 15,2 0,6 2,3 0,1 10,3 4,3 50,4
St. Alban 21,4 15,7 0,5 1,9 0,8 5,1 3,3 50,3
Gundeldingen 13,3 14,4 0,5 3,6 0,1 13,9 5,2 47,3
Bruderholz 25,2 17,8 0,4 1,4 0,5 2,5 2,5 49,2
Bachletten 23,8 17,3 0,5 1,2 1,5 3,1 2,2 49,9
Gotthelf 18,7 16,5 0,5 1,7 1,9 3,5 3,6 53,0
Iselin 14,2 16,3 0,5 3,1 0,7 10,7 5,5 48,7
St. Johann 13,1 14,0 0,7 2,7 0,2 13,5 5,2 49,1
Altstadt Kleinbasel 15,0 15,0 1,0 1,9 0,3 5,0 3,1 57,8
Clara 10,4 11,7 0,8 4,7 0,0 12,1 8,0 48,9
Wettstein 19,3 16,0 0,5 1,1 0,2 4,5 3,4 54,2
Hirzbrunnen 19,9 18,6 0,3 1,1 0,1 7,8 2,7 51,2
Rosental 8,7 15,8 0,4 2,2 0,2 20,5 8,3 42,6
Matthäus 10,3 12,1 0,6 4,3 0,1 15,0 6,7 48,8
Klybeck 9,5 11,5 0,4 3,2 0,0 21,4 5,7 45,8
Kleinhüningen 10,2 12,2 0,4 4,4 0,0 20,5 6,6 44,1
 
Riehen 26,1 16,8 0,3 0,9 0,1 2,9 2,9 49,8
Bettingen 33,1 14,5 0,1 1,2 0,3 0,5 4,4 45,8

Der Grund für die scheinbare Inkonsistenz der quartierweise ausgewiesenen Zahlen mit denen für den Gesamtkanton ist eine unterschiedliche Erhebungsmethode.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Legislative und Exekutive[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Das Basler Rathaus

Regierung und Verwaltung der Stadtgemeinde Basel werden durch den Kanton Basel-Stadt wahrgenommen. Die Einwohnergemeinde Basel verfügt somit weder über eine eigene Exekutive noch eine eigene Legislative. Stattdessen werden diese Funktionen vom Regierungsrat (Exekutive) respektive dem Grossen Rat (Legislative) des Kantons ausgeübt. Diese für Basel etablierte Lösung der Zusammenlegung der Gemeindebehörden mit den Kantonsbehörden ist in der Schweiz einzigartig. Einbürgerungen, die in der Schweiz Aufgabe der Gemeinde sind, werden von der Bürgergemeinde vorgenommen.

Nationale Wahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei den Nationalratswahlen 2015 betrugen die Wähleranteile in der Stadt Basel: SP 35,1 %, FDP/LDP 20,4 %, SVP 16,8 %, Grüne 12,1 %, CVP 6,0 %, glp 5,0 %, EVP 1,9 %, BDP 1,1 %.[69]

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blasonierung: «In Silber ein schwarzer Baselstab.»[70]

Livreefarben sind Weiss und Schwarz.

Das Wappen der Stadt Basel sowie des Kantons Basel-Stadt ist ein nach links (heraldisch rechts) gerichteter schwarzer Krummstab auf weissem Feld, Baselstab genannt. Drei Querbalken (für das bischöfliche Priester-, Hirten- und Lehramt) unterbrechen diesen Stab, der nach unten breiter wird und in drei Zacken ausläuft. Das Sinnbild des Baselstabs ist der gekrümmte Hirtenstab der Bischöfe. Schildhalter sind Löwen, wilde Männer, Engel und seit dem 15. Jahrhundert auch Basilisken – das sind Drachen mit Hahnenkopf und Schlangenschwanz.

Wappenbegründung: Das Wappen tauchte erstmals im 11. Jahrhundert auf, damals noch in der Form eines Holzstabs mit oben goldener Krümme. Die heutige Form des schwarzen Stabs stammt aus dem 12. Jahrhundert und entspricht dem Wappen der Bischöfe von Basel, und zwar nachweislich seit 1384.[71] Seit dieser Zeit hat sich das Wappen nicht mehr verändert und blieb das Wappen der Stadt und bei der Trennung der Landschaft von der Stadt später auch das Wappen des Kantons.

Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Ansicht vom Novartis Campus

Basel kommt aufgrund seiner zentralen Lage in West- resp. Mitteleuropa eine besonders wichtige und bevorzugte handelsgeografische Bedeutung zu. Der Lebens- und Wirtschaftsraum am Dreiländereck umfasst rund 1,3 Millionen Einwohner und 650 Tausend Erwerbstätige. Basel ist nach der Stadt Zürich der zweitgrösste Wirtschaftsstandort der Schweiz und zählt vor den Kantonen Zug und Genf das höchste BIP pro Kopf des Landes.[73][74][75]

Basel ist eines der weltweit wichtigsten Zentren pharmazeutischer Betriebe, wie der Novartis AG, Hoffmann-La Roche AG, Syngenta AG und der Lonza Group. Wertmässig fallen über 94 % der baselstädtischen Warenexporte auf den Chemie- und Pharmabereich.[76] Zusammen mit den Fabrikationsstätten im benachbarten Schweizerhalle stellt Basel 20 % des Schweizer Exports und erwirtschaftet ein Drittel des Sozialproduktes. Neben der Chemie sind die Industriezweige Maschinenbau, Metallveredelung, Textilverarbeitung sowie die Nahrungs- und Genussmittelproduktion angesiedelt. Die jahrhundertelange Tradition in der Papierherstellung und im Buchdruck hat dazu geführt, dass mehrere Verlage in Basel beheimatet sind. Seit 1917 hat sich aus der Schweizer Mustermesse, einer nationalen Leistungsschau, ein europaweit bedeutender Messestandort entwickelt. Das Messezentrum Basel trägt jedes Jahr zahlreiche weltbekannte Fachmessen und Kongresse aus, unter anderem die «Art Basel», die weltweit grösste Messe für zeitgenössische Kunst, und die «Baselworld», die weltweit grösste Uhren- und Schmuckmesse.

Ebenfalls traditionell begründet ist die Bedeutung Basels als Bankenplatz. Neben zahlreichen Bank- und Versicherungshäusern hat die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hier ihren Sitz. Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat in Basel eine Vertretung. Die Handelskammer beider Basel ist ein Wirtschaftsverband für Basel-Stadt und Basel-Landschaft.

 
BIZ-Turm Basel: Weltweiter Sitz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich

Ansässige Unternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liste der grössten Unternehmen mit Hauptsitz in Basel

Die «Segmantas-Liste» der 500 grössten Schweizer Unternehmen des Jahres 2017, führt mit Blick auf den Kanton Basel-Stadt folgende Resultate an:[77]

RangUnternehmenBrancheUmsatz in Mrd. CHF
01 Roche Holding AG Pharma 50,756
02 Novartis AG Pharma 47,790
03 Coop-Gruppe Einzelhandel 28,322
04 Syngenta AG Agrochemie 12,598
05 Transgourmet Schweiz Grosshandel 08,551
06 Panalpina Welttransport Holding Logistik 05,196
07 Swiss International Air Lines Fluggesellschaft 04,799
08 Lonza Group Pharma/Chemie 04,132
09 Bell Food AG Fleischverarbeitung 03,346
10 Manor AG Einzelhandel 02,500
 
Hauptsitz des Pharmaunternehmens Hoffmann-La Roche, der Roche-Turm

Diese Liste lässt Banken, Finanzdienstleister und Versicherungen aus, jedoch ist Basel nach Zürich das zweitgrösste Finanzzentrum der Deutschschweiz. Die UBS hat einen ihrer Standorte in Basel, auch die Basler Kantonalbank, die Bank Cler, die Bank CIC, die WIR Bank und die Versicherungen Bâloise, Helvetia, Sympany und Pax. Weitere Banken und Versicherungen in Basel sind die Privatbanken Bank La Roche & Co, Baumann & Cie, Banquiers, J. Safra Sarasin, E. Gutzwiller & Cie. Banquiers, Dreyfus Söhne & Cie., Banquiers, Trafina Privatbank und Scobag Privatbank. Hinzu kommen verschiedene Treuhand- und Immobilienunternehmen wie Pax-Anlage, die STG Schweizerische Treuhandgesellschaft und Warteck Invest. Die Standorte dieser Unternehmen konzentrieren sich um den Aeschenplatz, wo bis 1998 auch die Basler Börse lag. In Basel ist der Verband der Schweizerischen Bankiervereinigung ansässig, der 1912 gegründet wurde,[78] sowie der Verband Schweizerischer Kantonalbanken. In der Nähe des Bahnhof SBB ist zudem der Sitz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.

Chemie- und Pharmakonzerne sind ebenfalls in Basel beheimatet, unter anderem Novartis, eine Firmenfusion, welche 1996 aus der Sandoz und Ciba-Geigy hervorging, Roche, Basilea Pharmaceutica, Acino Holding und Syngenta, ein im Jahre 2000 entstandener Spin-out der Agrarsparten von Novartis. Auch die Ciba AG, ein Spin-out der Ciba-Geigy, war in Basel ansässig, bevor sie 2008 von dem deutschen Chemiekonzern BASF übernommen wurde und Basel zu einer Zweigstelle von BASF wurde.

In Basel ist der Sektor Transport und Logistik durch die Firmen Panalpina und SBB Cargo vertreten. Die grösste schweizerische Fluggesellschaft Swiss sowie Jet Aviation haben ebenfalls ihren Sitz in Basel (früher auch die 2002 aufgelöste Crossair und die 2012 in Konkurs gegangene Hello).

Bedeutende Gross- und Einzelhandelsunternehmen wie die Kaufhauskette Manor, der Hersteller von Raucherbedarfsartikeln Oettinger Imex AG, der grösste Fleischproduzent der Schweiz Bell sowie das Einzelhandelsunternehmen Coop sind in Basel beheimatet.

Daneben haben die mch Messe Schweiz AG, das Life-Sciences-Unternehmen Lonza Group AG, das Haustechnikunternehmen Sauter, die Modekette Tally Weijl, der Reisedetailhändler Dufry, der Mineralöl- und Autohändler Fritz Meyer Holding und der Implantatehersteller Straumann ihren Sitz in Basel.

Gastgewerbe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Basel hat eine Vielzahl geschichtsträchtiger Gastbetriebe und Hotels. Das Hotel Les Trois Rois, in Grossbasel neben der Mittleren Brücke direkt am Rhein, ist eines der ältesten verbrieften Hotels Europas (erste Erwähnung 1681 als Gasthof Drei Könige). Zahlreiche Persönlichkeiten der Geschichte sind im Les Trois Rois abgestiegen (Theodor Herzl, Johann Wolfgang Goethe, Voltaire, Pablo Picasso, Thomas Mann, Marc Chagall, Richard Wagner, The Rolling Stones. Giacomo Casanova schrieb in seinen Memoiren («Histoire de ma vie»): «Wir kehrten bei dem berüchtigten Imhoff ein, der uns die Haut über die Ohren zog; aber die ‹Drei Könige› waren das beste Gasthaus der Stadt.»). Das Luxushotel gehört zu den führenden Hotels in Europa. Der klassizistische Bau aus dem Jahr 1844 (Architekt: Amadeus Merian) wurde 2004–2006 umfassend renoviert, rekonstruiert und erweitert. Als Messestandort verfügt Basel über zahlreiche weitere Hotels, überdurchschnittlich viele davon im 4- und 5-Sterne-Bereich.

Das älteste Wirtshaus von Basel ist der Gasthof zum Goldenen Sternen, welcher urkundlich 1346 das erste Mal erwähnt wurde und seit 1412 als eine der 13 Herrenwirtschaften den Gästen Speis und Trank anbot. Im Jahr 1501 wurden die Gesandten der zehn Orte der damaligen Eidgenossenschaft zum Willkommenstrunk empfangen. Nach einer Strassenverbreiterung der Aeschenvorstadt wurde diese Wirtschaft im Jahr 1963 abgebrochen, aber 10 Jahre später auf Initiative des früheren Sternen-Wirtes Jost Müller im St. Alban-Tal wieder aufgebaut.

Spitzengastronomie wird unter anderem in den Restaurants Cheval Blanc (Koch Peter Knogl) und Stucki (Köchin Tanja Grandits) geboten. Zu den bekanntesten Cafés der Stadt gehört das Grand Café Huguenin am Barfüsserplatz. Weitere historische Basler Restaurants sind das Restaurant Atlantis am Klosterberg, die Hasenburg und das Gifthüttli in der Grossbasler Altstadt.

Verlagswesen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gründung der Universität Basel im Jahr 1460 brachte der Stadt und auch dem Druckgewerbe und Verlagswesen grossen Aufschwung. Zu den Papiermachern kamen über 50 Drucker, darunter so berühmte wie Petri, Amerbach und Froben. 1468 erschien eine lateinische Bibel, welche mit beweglichen Lettern von Bertold Ruppel gesetzt wurde. 1488 gründete Johannes Petri seinen Verlag, der heute das älteste bestehende Druck- und Verlagshaus ist (heute: Schwabe AG). Mit dem berühmtesten aller Basler Drucker, Johann Froben, wurde nach 1500 Basel zu einem der führenden Verlags- und Druckorte Europas. Heute zählt Basel über 15 Sachbuch- und Literaturverlage, neben Schwabe beispielsweise den Birkhäuser Verlag, den Wissenschaftsverlag S. Karger, den Schweizerischen Ärzteverlag, den Christoph Merian Verlag, den Lenos Verlag, Urs Engeler Editor, den Münsterverlag, den Brunnen Verlag und den Hungerkünstler Verlag.

Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Basel und der näheren Umgebung erscheinen diverse Zeitungen: Die von der Basler Zeitung Medien herausgegebene Basler Zeitung (BaZ) ist die grösste Tageszeitung der Nordwestschweiz. Neu entstand 2010, nach dem umstrittenen Besitzerwechsel bei der Basler Zeitung, die wöchentlich (jeweils freitags) erscheinende TagesWoche. Daneben gibt es auch noch die bz Basel sowie die Riehener Zeitung als unabhängige Wochenzeitung für die beiden baselstädtischen Gemeinden Riehen und Bettingen. Regionale Nachrichten erscheinen auch in den Gratiszeitungen 20 Minuten und Blick am Abend. Ein breites Informationsangebot bietet auch die Webzeitung OnlineReports.

Auch Radiosender sind in Basel vertreten: Neben der Sendung Regionaljournal Basel des öffentlich-rechtlichen Radiosenders SRF gibt es in der Region Basel die zwei privaten Radiosender Radio Basilisk und Energy Basel sowie das nicht-kommerzorientierte Radio X.

Radio SRF betreibt in Basel ein Radiostudio, aus dem der Sendebetrieb von Radio SRF 2 Kultur abgewickelt wird.

Ausserdem bedient der Fernsehsender Telebasel die Stadt und die Nordwestschweiz mit eigenen Programmen.

 
Basler Rheinhafen

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schiffsverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem Mittelalter ist Basel ein bedeutender Handels- und Umschlagplatz für den Warenverkehr zwischen dem Mittelmeer und der Nordsee. Die Fahrt auf dem Rhein zwischen Basel und Rotterdam beträgt 832 km und dauert für heutige Motorschiffe flussab zwischen drei und vier Tagen, flussauf etwa eine Woche. Die Fahrt zwischen Basel und Strassburg wird durch den Rheinseitenkanal erleichtert. Durch diesen Kanal umgehen die Schiffe die gefährlichen Stromschnellen von Istein.

Die Mannheimer Akte aus dem Jahr 1868 gewährleistet der Schweiz die vollen Verkehrsrechte. Der Rhein gilt bis zur Mittleren Brücke in Basel als internationales Gewässer. Rund 12 % des gesamten schweizerischen Imports werden in den Rheinhäfen umgeschlagen, im Jahr 2010 waren dies 5.5 Millionen Tonnen.

In und um Basel gibt es vier Häfen, davon liegt nur der Rheinhafen Kleinhüningen auf dem Stadtgebiet, die zwei linksrheinischen Hafenteile in Birsfelden und Muttenz-Au liegen auf basellandschaftlichem Boden. Die drei Hafenteile sind als die Schweizerischen Rheinhäfen organisiert, beide Kantone – Basel-Stadt und Basel-Landschaft – sind an dieser Anstalt öffentlichen Rechts beteiligt. Der älteste Schweizer Rheinhafen St. Johann ist seit dem 1. Januar 2010 nicht mehr in Betrieb. Ein weiterer Rheinhafen liegt wenige Kilometer nördlich von Basel im deutschen Weil am Rhein.

Die Konkurrenz der schnelleren Eisenbahn führt 1843 zur Einstellung des Personenverkehrs auf dem Rhein nach Mainz.

Basel ist Register- und Heimathafen aller in der Schweiz immatrikulierten Hochseeschiffe und -yachten.

Eisenbahnverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Bahnhof Basel SBB

Auf dem Stadtgebiet befinden sich drei Fernbahnhöfe. Der Bahnhof Basel SBB (Centralbahnhof) ist mit etwa 135'000 (Stand 2016) Reisenden pro Tag der grösste Bahnhof in Basel und der sechstgrösste der gesamten Schweiz.[79] Er befindet sich südlich der Innenstadt. Von dort fahren die nationalen Linien nach Zürich, Bern und Luzern, unterschiedliche S-Bahnlinien, sowie internationalen Linien nach Deutschland, Frankreich, Italien und in die Niederlande. Vom französischen Bahnhof Basel SNCF (Elsässerbahnhof), der zum selben Gebäudekomplex gehört, verkehren einige Linien von Basel nach Frankreich und Belgien. Der im Nordosten der Stadt gelegene Badische Bahnhof (Basel Bad Bf) wird von der Deutschen Bahn betrieben. Hier halten sämtliche Züge von und nach Deutschland und den Niederlanden, hier beginnen auch die Hochrheinstrecke in Richtung Singen, die Oberrheinbahn nach Karlsruhe Hbf und die durch die S-Bahn Basel bediente S-Bahnlinie (Wiesentalbahn) nach Zell im Wiesental.

Daneben existieren die S-Bahn-Haltestellen Basel-St. Johann (an der Bahnlinie Basel SNCF Richtung St. Louis) und Basel-St. Jakob (an der Linie Basel SBB Richtung Muttenz, wobei diese Station normalerweise nur von Extrazügen während Veranstaltungen im Stadion St. Jakob-Park bedient wird) und seit 2006 Basel-Dreispitz (an der Linie Basel SBB Richtung Delémont).

In Basel befindet sich zudem seit 1955 der Sitz der Eurofima, der grössten Organisation europäischer Eisenbahnen.

Derzeit wird über den Bau einer unterirdischen Tunnelstrecke durch die Basler Innenstadt diskutiert («Herzstück»). Dabei soll der Bahnhof SBB mit dem Badischen Bahnhof verbunden werden, um ein für die gesamte Region attraktiveres S-Bahn-Netz zu schaffen. Geplant sind mehrere Tiefbahnhöfe in der Innenstadt, sowie ein weiterer Ast in Richtung Basel-St.Johann und Flughafen (siehe öffentlicher Nahverkehr)

Luftverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der erste Flughafen von Basel wurde 1920 auf dem Sternenfeld-Areal auf dem Gemeindegebiet von Birsfelden gebaut (Flugplatz Basel-Sternenfeld). In den 1930er Jahren wurde klar, dass der Flugplatz an diesem Standort nicht im erforderlichen Mass wachsen konnte, um den zukünftigen Anforderungen der Luftfahrt zu genügen. Es entstand die Idee eines binationalen Flughafens auf französischem Gebiet. Die französische Regierung stimmte zu, doch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unterbrach die Verhandlungen. Nach dem Krieg wurde die Idee zügig wieder aufgenommen, und bereits am 8. Mai 1946, nach nur zweimonatiger Bauzeit und noch vor der Ausarbeitung eines Staatsvertrags, wurde auf dem Gebiet der französischen Gemeinde Blotzheim der Flughafen Basel-Mulhouse eröffnet. Natürlich konnte in dieser kurzen Zeit nur die elementarsten Einrichtungen erstellt werden, der weitere Ausbau bis zum «fertigen» Flughafen erstreckte sich dann über viele Jahre. 1987 führte der Flughafen das Markenzeichen EuroAirport Basel Mulhouse Freiburg ein. Im Jahr 2016 betrug das Passagieraufkommen 7,31 Millionen. Das Streckennetz umfasste im Linienverkehr 62 Destinationen in 30 verschiedenen Ländern, die von 25 Fluggesellschaften bedient wurden. Der Euro-Airport Basel ist damit, nach Zürich und Genf, der drittgrösste Schweizer Flughafen.

 
Basel, Wettsteinbrücke

Strassenverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt Basel ist Knotenpunkt wichtiger Strassenverbindungen nach Deutschland und Frankreich. Durch Basel verlaufen die beiden hochrangigen Europastrassen 25 und 35 (A2 und A3 bzw. A5 und A35 in Deutschland/Frankreich) in Nord-Süd-Richtung. Gleichgerichtete Europastrassen der Kategorie A verlaufen sonst in der Regel in grösserem Abstand zueinander.

Aus Luzern bzw. Zürich verbindet die A2 bzw. die A3 (E 25 und E 35) über die Ost- und die Nordtangente die deutsche A 5 (E 35) Richtung Karlsruhe und die französische A 35 (E 25) Richtung Mülhausen und Strassburg. Des Weiteren existieren die Stadt-Autobahnen A18 und A22, welche die Vororte im Kanton Basel-Landschaft mit Basel verbinden. Die A98 bzw. die A861, die komplett auf deutschem Gebiet verlaufen dienen als Umfahrung für die massiv überlastete Osttangente.

Fünf Strassen- und eine Eisenbahnbrücke verbinden die beiden Teile Basels über den Rhein. In Flussrichtung sind das die Schwarzwaldbrücke (Autobahn- und Eisenbahnbrücke), die Wettsteinbrücke, die Mittlere Brücke, die Johanniterbrücke sowie die doppelstöckige Dreirosenbrücke.

Insbesondere in Grossbasel durchziehen drei Strassenzüge in konzentrischer Ringform das Stadtgebiet. Viele Strassen in den Quartieren sind rechtwinklig angeordnet. Der Stadtkern ist weitestgehend als Fussgängerzone vom Autoverkehr befreit. Mit Stand März 2018 wurde auf 56 Prozent des innerstädtischen Strassennetzes eine Tempo-30-Zone eingerichtet.[80]

In Basel gibt es eine Velostrasse, welche als Pilotprojekt vom Bundesamt für Strassen errichtet wurde.[81]

Öffentlicher Nahverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Netzplan des Basler Trams von 2017

Die öffentlichen Verkehrsmittel in Basel sind in den Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW) integriert. Wichtigstes städtisches Verkehrsmittel ist die Strassenbahn Basel, dort das Tram genannt, die gemeinsam von den Basler Verkehrs-Betrieben (BVB) und der Baselland Transport AG (BLT) betrieben wird. Zwischen 1941 und 2008 verkehrte ausserdem der Trolleybus Basel in der Stadt, der durch Autobusse ersetzt wurde.

Die Basler Tramlinien verkehren je nach Tageszeit und Strecke alle sechs- bis dreissig Minuten. Das sogenannte Umweltschutz-Abo erschliesst sämtliche öffentliche Verkehrsmittel der Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft sowie Teile der Kantone Solothurn (Bezirk Dorneck-Thierstein), Aargau (Fricktal: Bezirke Rheinfelden und Laufenburg) und Jura (Gemeinde Ederswiler).

In den Jahren 2005 bis 2007 fand eine Kontroverse über die Zukunft der Trolleybusse statt; die Absicht der BVB, diese abzuschaffen und sie durch Erdgasbusse zu ersetzen, wurde in einer Volksabstimmung am 17. Juni 2007 relativ knapp gutgeheissen.

Die S-Bahn Basel verbindet die Agglomeration mit der Kernstadt und damit auch die drei Länder miteinander. Derzeit wird über den Bau einer unterirdischen Bahnstrecke diskutiert, die den Badischen Bahnhof mit dem Bahnhof SBB über mehrere Tiefbahnhöfe verbinden soll. Aufgrund schlechter Verbindungen und vieler sogenannter Sackgassen im S-Bahnnetz ist dieses derzeit den Passagiermengen nicht gewachsen. Das sogenannte Herzstück Basel soll diesem Problem Abhilfe schaffen. Geplant ist ausserdem ein weiterer Ast in Richtung Bahnhof Basel-St.Johann, sowie ein Bahnanschluss des Flughafens.

Für die Überquerung des Rheins stehen fünf Brücken für den Individualverkehr, eine Eisenbahn- und eine Fussgängerbrücke zur Verfügung (Basler Rheinbrücken). Ausserdem lässt sich der Rhein mit vier Fussgängerfähren überqueren.

Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Die Universität Basel (1460), Standort am Rheinsprung

Basel ist eine humanistisch geprägte Universitätsstadt. Es bestehen einige bedeutende Angebote für die höhere Ausbildung. Einerseits ist dies die 1460 gegründete Universität Basel mit 12'873 Studierenden (2017)[82] und Doktorierenden in verschiedenen Fakultäten (Theologie, Rechtswissenschaften, Medizin, Geisteswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Naturwissenschaften, Psychologie). Internationalen Ruf geniessen unter anderem, neben der Universität im Allgemeinen, das Biozentrum der Universität Basel und das ETH-Departement für Biosysteme D-BSSE, das seit 2006 im Bereich der Systembiologie und der synthetischen Biologie forscht und mit der Universität assoziiert ist. Weiter ist die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) erwähnenswert, mit der Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK), der Pädagogischen Hochschule, der Hochschule für Soziale Arbeit und der Hochschule für Wirtschaft.

Hinzu kommt die Musik-Akademie der Stadt Basel mit der Musikschule, der Musikhochschule (ab 2006 Bestandteil der FHNW) und der Schola Cantorum Basiliensis, sowie die Volkshochschule beider Basel für die Erwachsenenbildung.

Eine weitere Hochschule ist die evangelikale Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel.

Basel ist neben dem Humanismus auch für seine mathematische Forschung bekannt. Neben Leonhard Euler ist besonders die Gelehrtenfamilie Bernoulli zu nennen, die in Basel über Jahrhunderte hinweg Mathematik lehrte und Forschung betrieb. 1910 wurde hier die Schweizerische Mathematische Gesellschaft gegründet. Im 20. Jahrhundert lehrte der russische Mathematiker Alexander Markowitsch Ostrowski an der Universität Basel.

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Basel, Gemsberg

In Basel findet jährlich eine der weltweit bedeutendsten Kunstmessen, die Art Basel, sowie die Basel World, eine der wichtigsten Uhren- und Schmuckmessen, statt. Einige weitere bekannte Sehenswürdigkeiten sind der Zoo Basel, das Basler Münster, sowie die Altstadt und die zahlreichen Museen in Basel und den Vororten.

Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paul Sacher gründete bereits in den 1930er Jahren die Schola Cantorum Basiliensis, die zum Zentrum der Erforschung und Pflege Alter Musik wurde. Das Musical Theater Basel an der Messe bietet regelmässig Vorführungen an. Neben dem Sinfonieorchester Basel (Chefdirigent Dennis Russell Davies) haben sich in jüngster Zeit auch einige spezialisierte Orchester einen Namen gemacht wie die basel sinfonietta, Capriccio Basel, das Ensemble Phoenix sowie das Kammerorchester Basel, das mit Christopher Hogwood einen reputierten ersten Gastdirigenten hat. Das Collegium Musicum Basel besteht seit 1951, das Neue Orchester, wurde 1982 gegründet.

Bläsermusik pflegen das Blasorchester der Region Basel sowie die Knabenmusik Basel 1841.

Neben den grossen Oratorienchören wie dem Basler Gesangverein und dem Basler Bach-Chor bestehen auch zahlreiche kleinere, meist auf A-cappella-Musik spezialisierte Kammerchöre. International bekannt sind die Basler Madrigalisten und die Knabenkantorei Basel (KKB). Alle drei Jahre findet in Basel das Europäische Jugendchorfestival statt. Basel verfügt über eine Musikakademie mit Unterabteilungen wie die Schola Cantorum Basiliensis, aus der das Barockorchester La Cetra entstand, und die Musikhochschule. Auch die Paul-Sacher-Stiftung hat ihren Sitz in Basel.

 
Musikwissenschaftliches Seminar der Universität Basel, Petersplatz

Weit über die Schweiz hinaus bekannt sind die traditionellen Basler Pfeifer und Tambouren der Basler Fasnacht. In Sachen Militär- und Marschmusik findet mit dem Basel Tattoo die zweitgrösste Tattoo-Veranstaltung der Welt jährlich in Basel statt.

Überregional bekannt sind die Jazzmusik-Anlässe Baloise Session (ehemals AVO Session), Em Bebbi sy Jazz und Jazzfestival Basel. Der Jazzclub The bird’s eye im Lohnhof am Kohlenberg wird zu den besten Europas gezählt.[83] Der Blues wird am Rheinknie ebenfalls gepflegt, stellvertretend genannt seien hier das im Jahr 2000 gegründete Blues Festival Basel und das summerblues im Kleinbasel.

Das Sonic in der St. Jakobshalle gilt als das grösste Techno-Dance-Event der Schweiz.

Basel ist ferner eine Stadt mit bedeutender Orgelkultur, die acht Kirchen mit historischen Orgeln besitzt.

Die Basler Musikszene brachte bereits mehrere national und international bekannte Bands hervor, zum Beispiel die Lovebugs, Myron und Dankner. Ausserdem kommen bzw. kamen der Sänger und Schauspieler Martin Schenkel und die Sängerin Nubya aus Basel. Black Tiger war der erste in der Schweiz, der auf Mundart rappte. Die Hip-Hop-Band Brandhärd kommt aus der näheren Umgebung von Basel.

Das IMFLUSS Festival findet jährlich von Ende Juli bis Mitte August am Rheinufer statt.

Theater und Tanz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als grösstes Mehrspartentheater der Schweiz verfügt das Theater Basel über ein festes Opern-, Schauspiel- und Tanzensemble sowie einen Opernchor. Bei Opern- und Tanzproduktionen versehen sowohl das Basler Sinfonieorchester als auch andere Klangkörper aus der Region (La Cetra Barockorchester Basel, Kammerorchester Basel, Basel Sinfonietta, Ensemble Phoenix Basel) die Orchesterdienste. Das Theater Basel verfügt über zwei Bühnen im 1975 eröffneten Hauptbau an der Kreuzung Theaterstrasse/Klosterberg sowie über eine weitere Bühne im 2002 eröffneten Schauspielhaus an der Steinentorstrasse 7.

Die Kaserne Basel ist wichtigster Auftrittsort für Gruppen der Freien Tanz- und Theaterszene auf dem Gebiet des Kantons Basel-Stadt und zeigt regelmässig Gastspiele von Gruppen aus dem In- und Ausland. Das in Birsfelden (Kanton Basel-Landschaft) gelegene Theater Roxy sowie der in Dornach (Kanton Solothurn) domizilierte Theaterbetrieb neuestheater.ch sind für die Basler Freie Tanz- und Theaterszene als Produktions- und Auftrittsorte ebenfalls von grosser Bedeutung.

Der Bereich des Kinder- und Jugendtheaters wird durch das junge theater Basel, das Vorstadttheater Basel, das Basler Kindertheater sowie durch die Arbeit freier Gruppen geprägt. Ungewöhnlich vielfältig ist das Angebot an Privat- und Kleintheatern. An Betrieben mit festen Spielstätten sind hier auf dem Territorium der Stadt Basel die Baseldytschi Bihni, das Häbse Theater, die kleinkunstbühne rampe, das Theater Fauteuil (mit Tabourettli), die TheaterFalle Basel, das Theater Arlecchino, das Theater im Teufelhof, das Theater Lo Studiolo, die Theatergarage sowie auf dem Territorium der Gemeinde Riehen das Kellertheater Riehen (ehemals Atelier-Theater) zu nennen. Auch das Musical Theater Basel bietet immer wieder Theater- und Tanzgastspiele.

Neben der kontinuierlichen Arbeit der oben genannten Betriebe setzen einige Festivals zusätzliche Akzente, zu nennen sind das Theaterfestival Basel (früher „Welt in Basel“), die Treibstoff Theatertage und das Basler Figurentheaterfestival (alle im biennalen Rhythmus) sowie das jährlich stattfindende Tanzfest Basel. Hinzu kommen die pluridisziplinären Festivals wildwuchs und Culturescapes, welche einen signifikanten Anteil von Theater- und Tanzproduktionen am Gesamtprogramm aufweisen. Auch das Jugendkulturfestival Basel weist einen steigenden Anteil von Beiträgen aus den performativen Künsten auf.

Museen und Kunsträume[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Museen in Basel
 
Eingang zum Museum der Kulturen, Münsterplatz

Das Kunstmuseum Basel (grösstes Kunstmuseum der Schweiz) ragt dabei als die älteste städtische Kunstsammlung der Welt überhaupt heraus. Schwerpunkte des Museums liegen bei Künstlern der Renaissance sowie des 19. und 20. Jahrhunderts. Werke ab etwa 1960 werden im Museum für Gegenwartskunst ausgestellt. 1967 kam es in Basel zu einem Bilderkauf auf Seiten der Bürgergemeinde von zwei bedeutenden Werken von Pablo Picasso aus der Staechelin-Stiftung. Die Stadtbevölkerung, welche über den Erwerb zu entscheiden hatte, nahm das Anliegen in einer berüchtigten Abstimmung an und finanzierte somit den Plan. Picasso entschloss sich darauf, der Stadt weitere vier Werke seiner Sammlung zu vermachen.[84] In der Folge wurde zu Ehren Picassos ein Platz unweit des Kunstmuseums nach diesem benannt. Weitere bedeutende Kunstsammlungen sind unter anderem das Museum Tinguely und die private Fondation Beyeler, die in einem von Renzo Piano entworfenen Haus in Riehen Bilder und Plastiken vor allem der klassischen Moderne zeigt. Das Schaulager wurde 2003 eröffnet und ist vom Konzept her eine Mischung zwischen öffentlichem Museum, Konservatorium und Kunstforschungsinstitut.

Nennenswert sind auch viele andere der insgesamt über 30 Museen, wie etwa das Antikenmuseum, das Architekturmuseum, das Naturhistorische Museum und das Museum der Kulturen (früher Museum für Völkerkunde). Daneben gibt es eine Vielzahl kleinerer Sammlungen und Museen, wie beispielsweise die Anatomische Sammlung der Universität, die im Anatomischen Museum zu sehen ist, das Pharmazie-Historisches Museum der Universität Basel, das Jüdische Museum der Schweiz und das Spielzeugmuseum in Riehen sowie das Spielzeug Welten Museum. Auf deutscher Seite in Weil am Rhein, unweit der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz, befindet sich ausserdem das von Frank Gehry entworfene Vitra Design Museum. Städtische Museen gewähren am ersten Sonntag im Monat freien Eintritt.

Neben den vielen Museen gibt es in Basel auch zahlreiche nicht institutionelle Ausstellungsräume und Offspaces für zeitgenössische Kunst und andere kulturelle Veranstaltungen.[85] So ist auch der wahrscheinlich älteste Offspace der Schweiz, der Ausstellungsraum Klingental, in Basel ansässig.[86]

Archäologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Archäologische Bodenforschung ist eine kantonale Fachstelle, die sich um das archäologische Erbe des Kantons bemüht.[87] Sie gibt regelmässig Jahresberichte und Fachzeitschriften wie die sogenannten Materialhefte heraus.[88]

An verschiedenen Orten der Stadt hat die Fachstelle sogenannte Infostellen eingerichtet, um kompetent über die archäologischen Ausgrabungen Basels zu informieren. Der grösste Teil dieser Stellen befindet sich direkt bei den Grabungsstätten und ist öffentlich zugänglich.[89]

Öffentlich zugängliche Ausgrabungen befinden sich beispielsweise bei der Aussenkrypta des Basler Münsters, wo 1947 Überreste keltischer und römischer Herkunft sowie solche aus dem Mittelalter gefunden wurden; die Krypta selbst stammt aus der Zeit von Bischof Haito und wird auf 805 bis 823 datiert. Weiter befindet sich eine Infostelle beim ehemaligen Verwaltungsgebäude am Münsterplatz, bei einer Ausgrabung fand man Reste der spätgotischen St. Johanneskapelle von 1386, jedoch auch Überreste einer romanischen Kirche von 1100 und sogar solche einer römischen Strasse. Ein drittes Beispiel ist der wiederentdeckte Hafner-Ofen von 1830, dessen Ausgrabungsstelle am Klosterberg zu besichtigen ist. Am Gerbergässlein schliesslich, fand man Zeugnisse einer Gerberei aus dem Mittelalter.[90]

Basel selbst wurde dem bekannten Archäologen Karl Schefold zur Heimat, der sich hier 1936 in klassischer Archäologie habilitierte. Er hat bei diversen Ausgrabungen mitgewirkt und einige nennenswerte Werke zur Archäologie verfasst.

Architektur und Denkmäler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Der Basler Messeturm während der Art Basel

Auf dem Münsterberg erhebt sich das 1019 im Beisein von Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde geweihte Basler Münster als Denkmal romanischer und gotischer Baukunst in rotem Sandstein. Nebst mittelalterlichen Bauten (der Ackermannshof[91]), barocken Stadtpalais (zum Beispiel Wildt’sches Haus, der Markgräflerhof, der Spiesshof[92] und Stadthaus[93]), Exempeln für den Historismus (Pauluskirche, Elisabethenkirche, Haus der Allgemeinen Lesegesellschaft), des Jugendstils (Küchlintheater und Hotel Krafft), Zeugnissen der frühen Moderne mit Bauten von Karl Coelestin Moser (Betonkirche St. Antonius 1925–1927), Hans Bernoulli, Hannes Meyer oder Hans Schmidt, sind in den 1980er und 1990er Jahren Bauten der Basler Büros Herzog & de Meuron, Diener & Diener oder Morger & Degelo dazugekommen. Auch international bekannte Architekten wie Mario Botta (Zweitgebäude der BIZ, Museum Tinguely) oder Richard Meier haben in Basel gebaut. Seit den 1990er Jahren gilt Basel – auch dank den internationalen Erfolgen des Architekturbüros Herzog & de Meuron – als bedeutendes Zentrum der Gegenwartsarchitektur. Neun Träger des Pritzker-Preises, der international renommiertesten Auszeichnung für Architekten, haben in Basel gebaut, die Vororte mit eingerechnet, sind es sogar zwölf.

Das 68 Meter hohe Lonza-Haus von Hans Rudolf und Otto Suter aus dem Jahr 1962 ist ein markantes Hochhaus in Basel und wird oft mit dem Mailänder Pirelli-Bau verglichen. Zum Bezugszeitpunkt war das Hochhaus das höchste Basels. Die nüchterne, feingliedrige Fassade des Hauses brachte ihm den Spitznamen Rasierapparat ein.

Der 105 Meter hohe Messeturm mit 31 Etagen war bis 2010 das zweithöchste Nutzgebäude der Schweiz. Er wurde von der Architektengemeinschaft Morger & Degelo konzipiert und zwischen Juli 2001 und Oktober 2003 erbaut. Der Mitte 2015 fertiggestellte Roche-Turm (Bau 1) überragte Anfang 2014 bereits den Messeturm und ist mit 179 Metern Höhe im Umland weithin sichtbar. Das höchste freistehende Gebäude der Schweiz ist der 250 Meter hohe Fernsehturm auf St. Chrischona bei Basel.

Für besondere Verdienste um den Ortsbildschutz erhielt Basel vom Schweizer Heimatschutz im Jahre 1996 den Wakkerpreis.

Eines der bedeutendsten Denkmäler in der Stadt ist das Strassburger Denkmal.

Internationale Bauausstellung Basel 2020[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2020 wird der Höhe- und Schlusspunkt der seit 2010 in verschiedenen Projekten entwickelten grenzüberschreitenden Internationalen Bauausstellung (IBA) der trinationalen Metropolregion Basel sein.[94]

Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus einem Studentenfilmclub (1930) war der Grundstock der Filmsammlung Bächlin-Schmidt-Schmalenbach in das Schweizerische Filmarchiv übergegangen. Die in Basel 1939, 1943 und 1945 durchgeführten Filmwochen können als eines der ersten Filmfestivals der Welt bezeichnet werden – nur das Festival von Venedig startete früher.[95] Mit Regierungsratbeschluss vom 1. August 1945 ging das Filmarchiv in den Besitz des Kantons Basel-Stadt über; dort hatte man es der Schulmaterialzentrale angegliedert. Nach einem interkantonalen Aufruf zur Rettung und Finanzierung, der erfolglos blieb, fand sich im Stadtrat von Lausanne ein Fürsprecher für die Übernahme des Archivs. Die Filme waren in den Kellerräumen der Basler Kantonalbank am Blumenrain eingelagert. Heute werden sie im Schweizer Filmarchiv in Lausanne aufbewahrt.

Der Verein Le Bon Film fand nach Jahrzehnten endlich eine feste eigene Spielstätte, das Stadtkino. Es befindet sich im ehemaligen Gipsskulpturensaal der Kunsthalle. Die Gipsskulpturen sind in einem Fabrikgebäude in Neu-Allschwil abgestellt. Mit finanzieller Hilfe der Christoph Merian Stiftung wurde das schwarz ausgeschlagene 100-Plätze-Stadtkino möglich.

Nachdem verschiedene pharmazeutische und chemische Unternehmen in Basel ihre eigenen Filmproduktionseinheiten aufgegeben hatten, zerfiel die lokale Produktion. Der mit drei Oscars dekorierte Arthur Cohn stammt aus Basel, lokal gibt es eine minimale Filmherstellung im Rahmen von Kursen an der Hochschule für Gestaltung.

Die 1980 gegründeten Krienser Filmtage, heute VIPER (Video Performance) genannt, sind seit einigen Jahren in Basel beheimatet. Die Basler Kinotheater bieten auf 30 Bildwänden eine Vielfalt von Lichtspielen an.

Basel hat viele kleinere und grössere Kinos im gesamten Stadtgebiet verteilt. Die grösste Ansammlung an Kinos findet sich entlang der Steinenvorstadt. Viele der Filme werden im Originalton mit Untertitel gezeigt. Im Herbst 2006 wurde das Multiplex-Kino «Pathé Küchlin» mit 8 Sälen und 2300 Plätzen im Herzen der Stadt eröffnet.

Zusätzlich bietet Basel seit 2007 in den ersten drei Wochen im August Open-Air-Vorstellungen auf dem Münsterplatz mit 2000 Plätzen pro Vorstellung. Das nach dem Hauptsponsor benannte Programm wurde 2013/14 vom Swisslos-Fonds gefördert.[96]

Literaturbetrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 2000 wurde das Literaturhaus Basel eröffnet, das erste Haus dieser Art in der Schweiz. Seit 2003 findet jährlich im November die «BuchBasel», ein Buch- und Literaturfestival statt.

Brauchtümer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Basler Fasnacht
 
Kostümierte während der Basler Fasnacht

Die Basler Fasnacht ist die grösste Fasnacht der Schweiz und gleichzeitig die einzige protestantische Fasnacht der Welt.[97] Ihr Auftakt bildet der Morgestraich, der am Montag nach Aschermittwoch morgens um vier Uhr in der Früh beginnt. Die Fasnacht zieht jedes Jahr zehntausende Besucher an und geniesst weltweit grosse Bekanntheit. Nach drei Tagen und Nächten endet sie am Donnerstagmorgen um vier Uhr mit dem so genannten Endstreich. Während dieser 72 Stunden kann man auf den Strassen der Basler Innenstadt Cliquen, Guggenmusiker, Waggiswagen und Chaisen bestaunen. Am Montag- und Mittwochnachmittag findet jeweils der Cortège, ein Umzug aller Aktiven, statt. Am Dienstagnachmittag ist die Kinder- und Familienfasnacht und abends dann das grosse Guggen-Konzert. Zur Fasnacht gehören auch die Schnitzelbänke (Büttenreden), die in Versform und gesungen im Basler Dialekt in Restaurants und Bars der Stadt vorgetragen werden. Traditionelle Speisen zur Fasnacht sind die Mehlsuppe, die Ziibelewaie sowie die Käswaie.

 
Wandgemälde mit Leu, Wild Maa und Vogel Gryff

Abwechselnd im Turnus von drei Jahren, am 13., 20. oder 27. Januar, erlebt Basel alljährlich das Fest der Drei Ehrengesellschaften Kleinbasels (→ Vogel Gryff). An diesem Tag treten die drei personifizierten Schildhalter Vogel Gryff, ein Greif in schwerem Schuppenpanzer, der Wild Maa, ein tännchenschwingender Wilder Mann, und der Leu, ein Löwe, auf. Sie ziehen durch Kleinbasel und führen dabei allerorts ihre traditionellen Tänze vor.

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Basel gibt es zahlreiche Sportclubs, vor allem im Fussball. Der FC Basel ist der Fussballclub einer ganzen Region und gleichzeitig der international erfolgreichste Fussballclub der Schweiz. Der EHC Basel spielte bis 2008 in der höchsten Eishockey-Liga der Schweiz. Die Fechtgesellschaft Basel ist eine der ältesten der Schweiz und brachte unter anderem Olympiasieger Marcel Fischer hervor. Auch im Tennis gibt es Erfolge zu nennen, Roger Federer und Patty Schnyder stammen aus Basel, bzw. dem Baselbiet. Basel ist auch Schauplatz der Swiss Indoors, einem internationalen Tennisturnier der ATP-Tour. Der St. Jakob-Park ist das grösste Stadion der Schweiz und regelmässig Schauplatz im internationalen Fussballgeschehen, so an der Fussball-Weltmeisterschaft 1954, der Fussball-Europameisterschaft 2008, bei Auftritten des FC Basel in internationalen Wettbewerben, den wichtigsten Länderspielen der Schweizer Nationalmannschaft und 2004 als Spielort im Benefizspiel zwischen den «Zidane & Friends» und «Ronaldo & Friends». Des Weiteren werden der St. Jakob-Park und die St. Jakobshalle für Konzerte genutzt.

Sportereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Der St. Jakob-Park in der Innenansicht

1954 war Basel einer von sechs Spielorten der Fussball-Weltmeisterschaft 1954. 1969 fand hier auch die 5. Gymnaestrada statt. Weiter war die St. Jakobshalle 1986 einer der Austragungsorte der Handball-Weltmeisterschaft, 1998 von Spielen der Eishockey-Weltmeisterschaft (Weltmeister Schweden, Schweiz 4. Schlussrang) und war 2006 einer von fünf Austragungsorten der Handball-Europameisterschaft. Basel wurde als einer der Spielorte der Fussball-EM 2008 ausgewählt, weil das Stadion St. Jakob-Park bereits über die für einen solchen Grossanlass notwendige Infrastruktur verfügte. Im St. Jakob-Park fanden die drei Spiele der Schweiz (darunter das Eröffnungsspiel), zwei Viertel- und ein Halbfinale statt. Das Stadion verfügt über eine Kapazität von etwa 40'000 Zuschauern und ist damit das grösste Stadion der Schweiz.

Im Tennis ist Basel jeweils Schauplatz der Swiss Indoors. Seit 1991 ist die St.-Jakobshalle der Austragungsort für die Swiss Open im Badminton.

Basel ist Austragungsort der seit 2000 stattfindenden European Skateboard Championships, welche die Europameisterschaft im Skateboardfahren darstellt. Sie wird jährlich auf der Kunsteisbahn St. Margarethen ausgetragen.

Seit 2010 findet jeweils im November mit dem Basel Head ein Achter-Verfolgungsrennen auf dem Rhein statt.

Sportverbände und -clubs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der europäische Kontinental-Fussballverband, die UEFA, wurde 1954 in Basel gegründet. Basel ist Sitz der International Handball Federation.

Im Fussball ist die Stadt mit dem FC Basel in der höchsten Schweizer Spielklasse, der Super League, vertreten. Der FC Basel ist 20-maliger Schweizer Meister und zwölfmaliger Cupsieger. Daneben qualifizierte sich der FCB fünfmal für die UEFA Champions League, in der er sich als erster Schweizer Verein für die Achtelfinals qualifizierte.

Ein weiterer Verein mit Teilnahmen im Schweizer Profifussball war der FC Concordia Basel, welcher bis zum Lizenzentzug 2009 in der Challenge League, der zweithöchsten Liga, vertreten war und aktuell fünftklassig spielt. Der BSC Old Boys Basel, der für den heutigen Schweizer Erstligisten BSC Young Boys Namens- und Farbgeber war, spielte früher ebenfalls in der höchsten Spielklasse und stand in mehreren Endspielen um die Schweizer Meisterschaft von denen jedoch keines gewonnen wurde. Momentan ist «OB» in der neuen dritten Schweizer Liga, der 1. Liga Promotion vertreten. Ebenfalls erstklassig und in mehreren Finals um die Meisterschaft vertreten war der FC Nordstern Basel. Zudem erreichte Nordstern zweimal den Cupfinal, ging jedoch in beiden Fällen gegen den FC Lausanne-Sport als Verlierer vom Platz. Dabei kassierte Nordstern 1935 mit 0:10 die höchste Finalniederlage im Schweizer Cup. Der FC Nordstern spielt heute siebtklassig. Der fünfte ehemals erstklassige Teilnehmer, der FC Black Stars Basel, stellt nach dem FC Basel und dem BSC Old Boys Basel die Nummer drei in der Stadt dar und spielt in der vierten Liga, der 1. Liga Classic.

Der Ski-Club Basel wurde 1904 gegründet und damit einer der ältesten Skiclubs der Schweiz. Im Eishockey sind der EHC Basel und der EHC Basel-Kleinhüningen in der 1. Liga vertreten. Die Handballer des RTV 1879 Basel konnten im Jahr 1984 ihren bisher einzigen Schweizer Meistertitel feiern und vertreten die Stadt nach dem zwischenzeitlichen Abstieg seit 2003 wieder in der höchsten Spielklasse (Swiss Handball League). Im Basketball sind die Starwings Basket Regio Basel der momentan einzige erstklassige Vertreter der Deutschschweiz.

Weitere Vereine sind unter anderem der Judo Club Basel, 1935 gegründet und somit einer der ältesten Judo Clubs in der Schweiz, der Basler Ruder-Club (gegründet 1884), der Rhein Club Basel (gegründet 1883) in dem man das Flachboot Weidling fahren lernt, das europäische Ultimate-Frisbee-Topteam Freespeed Basel, der Schachclub Birsfelden Beider Basel (Schweizergruppenmeister 2006), sowie der Beachsoccer-Verein BSC Scorpions Basel, welcher nebst der Schweizer Meisterschaft und dem Schweizer Cup auch die Champions League mehrmals gewinnen konnte. Die Scorpions sind somit einer der erfolgreichsten Beachsoccer-Vereine Europas.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Politik und Stadtgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Jakob Meyer zum Hasen

Als Stadtgründer gilt Lucius Munatius Plancus (87 v. Chr.–15 v. Chr.), der nach dem in Gaeta aufgefundenen Grabstein im Jahre 44 v. Chr. die Kolonie Augusta Raurica (heute: Augst) gegründet hat. Die archäologischen Zeugnisse setzen allerdings bereits im Jahr 6 v. Chr. ein, weshalb die Gründung heute nicht mehr klar nachweisbar ist.

Jakob Meyer zum Hasen wurde in 1482 Basel geboren und verbrachte sein ganzes Leben bis 1531 dort, dazu war er von 1516 bis 1521 Bürgermeister der Stadt. Bekannt wurde er, weil er der erste Bürgermeister aus den Reihen einer Zunft war und die Darmstädter Madonna bei Hans Holbein dem Jüngeren in Auftrag gab.

Ein weiterer bedeutender Bürgermeister Basels war Johann Rudolf Wettstein (1582–1666), welcher in den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden unaufgefordert die Position der Schweizer Eidgenossenschaft vertrat und 1648 die Loslösung der damaligen Schweiz vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation erreichte.

Die Anwältin und Frauenrechtlerin Iris von Roten (1917–1990) wurde in Basel geboren, und prägte die Emanzipationsbewegung der Frauen im 20. Jahrhundert der Schweiz mit ihrem Werk Frauen im Laufgitter massgeblich. Als eine der wenigen Frauen ihrer Zeit studierte sie an den Universitäten Bern, Genf und Zürich und wurde in den Rechtswissenschaften promoviert. Von 1943 bis 1945 arbeitete sie als Redaktorin für die Zeitschrift Schweizer Frauenblatt. Nach dem Erscheinen von Simone de Beauvoirs Werk Das andere Geschlecht fing sie an, ein eigenes Buch zu schreiben, welches 1958 erschien.

Wirtschaft und Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edouard Probst, der erste Schweizer Teilnehmer beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans, wurde 1898 in Basel geboren und starb 1974 in dieser Stadt.

Der gebürtige Elsässer Serge Lang (1920–1999) wirkte in Basel zunächst als Film-, später als Sportjournalist, der sich vor allem mit dem alpinen Skisport und dem Radsport befasste. Nachhaltige Bekanntheit erlangte er als Erfinder und einer der Gründerväter des alpinen Skiweltcups.[98]

Marcel Ospel (* 1950) ist ein Schweizer Manager und ehemaliger Verwaltungsratspräsident der UBS. Er ist Bürger von Basel und bekannt für sein Einkommen, welches in den Schweizer Medien als sehr hoch gehandelt wird. Im Grounding-Skandal der Swissair hatte er die Rolle als Ansprechpartner der Banken inne.

Basel hat eine Reihe von Sportgrössen hervorgebracht. Aus der Stadt sind dies folgende Athleten: die Fussballer Gottfried Dienst, ehem. Fussballschiedsrichter und Karl Odermatt, ehem. Fussballer; Emil Handschin, ehem. Eishockeyspieler, oder die Fechterin Gianna Hablützel-Bürki, Europameisterin und Doppel-Silbermedaillengewinnerin an den Olympischen Spielen in Sydney (2000).

Andere Sportgrössen wie der Fechter Marcel Fischer (Biel), Olympiasieger 2004, die Fussballnationalspieler Alexander Frei, Marco Streller und die Yakın-Brüder Murat und Hakan (Münchenstein) sowie die Tennisspielerin Patty Schnyder (Bottmingen) werden mit Basel in Verbindung gebracht, obschon sie eigentlich aus dem Kanton Basel-Landschaft stammen oder, wie Marcel Fischer oder der Tennisspieler Roger Federer, dort lange lebten.

Wissenschaft, Humanismus, Philosophie und Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Erasmus von Rotterdam

Der niederländische Philologe, Philosoph und Humanist Erasmus von Rotterdam (1466 bzw. 1469–1536) verbrachte den Herbst seines Lebens in Basel. Er gilt durch seine kritischen theologischen Schriften als Vorreiter der Reformation.

Theophrastus Bombast von Hohenheim, bekannt unter dem Namen Paracelsus (1493–1541) war ein Arzt, Alchemist, Mystiker, Laientheologe und Philosoph. Er war durch seine Heilungserfolge legendär, hatte aber auch beissende Kritik zu verkraften. In Basel hatte er studiert und war ein Jahr als Stadtarzt tätig.

Johannes Heussgen oder bekannter unter Johannes Oekolampad (1482–1531) war Reformator in Basel und starb ebenda. Er genoss hohes Ansehen, aber hatte nie eine solch einflussreiche Stellung wie Huldrych Zwingli in Zürich, da Basel Bischofssitz war. Durch Oekolampads Bemühungen wurde aber immerhin 1528 die Glaubensfreiheit für Reformierte in Basel genehmigt.

Als weiterer Reformator und Begründer des Calvinismus ist Johannes Calvin (1509–1564) zu erwähnen, der mehrere Jahre in Basel lebte und hier sein Hauptwerk Institutio Christianae Religionis erstmals veröffentlichte. Später wurde er Reformator von Genf. Calvins Ruf hat durch seine Befürwortung von Hexenverbrennungen arg gelitten. Sein anfänglicher Mitstreiter und späterer Gegner Sebastian Castellio lebte seit 1544 in Basel. Ebenfalls 1544 zog der in den Niederlanden verfolgte Täufer David Joris nach Basel, wo er bis zu seinem Tod 1556 unter dem Namen Johann von Bruck unerkannt lebte.

Andreas Vesalius (1514–1564) veröffentlichte 1543 in Basel das erste komplette Lehrbuch der menschlichen Anatomie De Humani Corporis Fabrica (Über den Bau des menschlichen Körpers).

 
Jakob I Bernoulli

Die Familie Bernoulli hat über mehrere Generationen hinweg bedeutende Persönlichkeiten in Mathematik und Physik und anderen naturwissenschaftlichen Zweigen hervorgebracht. Acht Mitglieder der Familie waren Professoren, andere Familienmitglieder wandten sich mit Erfolg gesellschaftswissenschaftlichen oder künstlerischen Disziplinen zu. Der mathematische Lehrstuhl war 105 Jahre lang von einem Bernoulli besetzt.[99] Jakob I Bernoulli (1655–1705) war Mathematiker und Physiker. Er war zeitlebens in Basel beheimatet. Jakob Bernoulli hat wesentlich an der Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie sowie zur Variationsrechnung und zur Untersuchung von Potenzreihen mitgearbeitet. Daniel Bernoulli (1700–1782) war Mathematiker und Physiker und Neffe von Jakob. Mit Arbeiten zur Riccatischen Differentialgleichung wurde er europaweit bekannt. Der nach Daniel Bernoulli benannte Bernoulli-Effekt ist von grosser Bedeutung in der Aerodynamik.

 
Leonhard Euler

Als einer der bedeutendsten Mathematiker überhaupt gilt Leonhard Euler (1707–1783). Euler wurde in Basel geboren und studierte dort. Seine Leistungen im Bereich der Mathematik sind immens und unbestritten, so wird er zum Beispiel als Erfinder der heute in der Mathematik gängigen Symbolik angesehen. Mit über 800 Publikationen gilt er zudem als der produktivste Mathematiker überhaupt. 2007 wurde der 300. Geburtstag von Euler mit einem öffentlichen Festakt, Ausstellungen, Symposien, und Publikationen gefeiert.[100]

Der Kulturhistoriker und Humanist Jacob Burckhardt (1818–1897) war zeitlebens in Basel ansässig. Seinen Schwerpunkt legte er auf Europas Kunstgeschichte, er erlangte hohe Anerkennung durch seine Werke, vor allem durch Die Zeit Constantins des Grossen von 1857.

 
Friedrich Nietzsche

Der Mediziner, Anatom sowie Zoologe, Geologe und Paläontologe Ludwig Rütimeyer (1825–1895) erforschte die vorweltliche Fauna der Schweiz, wirkte von 1855 bis 1894 an der Universität Basel und wurde 1867 Ehrenbürger von Basel. An ihn erinnern die Rütimeyerstrasse und der Rütimeyerplatz.

Einer der bekanntesten deutschsprachigen Philosophen und Moralkritiker, Friedrich Nietzsche (1844–1900), lebte und wirkte von 1869 bis 1879 in Basel, als Professor für klassische Philologie.[101] Zwar schrieb er die meisten seiner bekannten Werke erst, als er seinen Beruf krankheitsbedingt niedergelegt und Basel wieder verlassen hatte. Verbunden blieb er mit Basel aber durch seinen Freund Franz Overbeck, der dort weiterhin als Professor für Kirchengeschichte wirkte.

 
Carl Gustav Jung

Der schweizerische Psychoanalytiker und Psychiater Carl Gustav Jung (1875–1961) hat in Basel-Kleinhüningen seine Jugendjahre verbracht, und anschliessend ab 1895 an der Universität Basel sein Medizinstudium absolviert.

Der evangelisch-reformierte Theologe Karl Barth (1886–1968) lebte und wirkte in Basel. Er gilt im Bereich der europäischen evangelischen Kirchen aufgrund seiner theologischen Gesamtleistung als «Kirchenvater des 20. Jahrhunderts».

Karl Jaspers (1883–1969), herausragender Vertreter der Existenzphilosophie, lehrte ab 1948 an der Basler Universität. Er ist heute auf dem Friedhof am Hörnli begraben.

Die Wissenschafter Tadeus Reichstein (Chemie) sowie Werner Arber (Biologie) waren Professoren an der Universität Basel, als sie mit dem Nobel-Preis geehrt wurden.

Albert Hofmann (1906–2008) Schweizer Chemiker und Professor, Entdecker der halluzinogenen Wirkung des LSD, lebte und wirkte in Basel.

Kunst und Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Urs Graf der Ältere (etwa 1485 bis 1529) war ein Glasmaler, Kupferstecher und Goldschmied der Renaissance, dessen Werke eine hohe Qualität besitzen und ausser den Glaswerken bis heute erhalten sind. Er verbrachte den zweiten Teil seines Lebens in Basel.

Ein bedeutender Maler der Renaissance war ohne Zweifel auch Hans Holbein der Jüngere (1497 oder 1498–1543), der sich selbst als Basler bezeichnete, obschon er nur von 1515 bis 1523 in Basel lebte. Holbein malte die Darmstädter Madonna oder den Totentanz.

Der Basler Maler, Zeichner und Kunstkenner Johann Rudolf Huber wurde in Basel, Bern, Venedig und Rom ausgebildet. Er war in Basel, Stuttgart, Durlach, Bern, Neuenburg, und Solothurn tätig und gilt als der bedeutendste Schweizer Maler des Hochbarock.

 
Hermann Hesse

Der Schriftsteller, Dichter und Prälat Johann Peter Hebel wurde 1760 in Basel geboren, wo seine Eltern in Diensten der Basler Patrizierfamilie Iselin standen. Er verlebte seine Kindheit zur Hälfte in Hausen im Wiesental, zur Hälfte in Basel und besuchte dort zeitweise das Gymnasium am Münsterplatz. Hebel verfasste später unter anderem das Gedicht Erinnerung an Basel,[102] dessen Text die Grundlage für das Baslerlied bildet. Die Basler Hebelstiftung pflegt heute das Andenken Hebels in Basel.

Arnold Böcklin (1827–1901) war Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer in Basel. Er gilt als einer der bedeutendsten bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts in Europa. Das Werk Die Toteninsel stammt von ihm, auch ein spätes Selbstbildnis gehört zu seinen Hauptwerken. Sein wichtigster Schüler, der Fin de Siècle-Künstler Hans Sandreuter (1850–1901) schuf hier zahlreiche Werke, unter anderem die Fassade der «Bärenzunft» und die Wandarbeiten der «Schmiedezunft» in Altbasel.

Der Historien- und Genremaler Johann Baptist Weißbrod (1834–1912) wirkte ab 1870 in Basel.

Hermann Hesse (1877–1962) war ein deutsch-schweizerischer Dichter, Schriftsteller und Maler. Seine bekanntesten Werke sind Der Steppenwolf, Siddhartha und Das Glasperlenspiel. 1946 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Er lebte von 1881 bis 1886 und dann wieder von 1899 bis 1904 in Basel und erhielt später, im Jahre 1924, das Schweizer Bürgerrecht.

Der Maler Alfred Heinrich Pellegrini (1881–1958), war auch Wandmaler. Er wurde in Basel geboren Sohn von Isidor. 1896 tritt er in die kunstgewerbliche Abteilung der Allgemeinen Gewerbeschule in Basel ein. In München war tätig als Lehrer an der Kunstgewerbeschule, Mitglied der Neuen Secession.[103]

Der Architekt Hannes Meyer (1889–1954) wurde in Basel geboren, lehrte am Bauhaus und hatte ein bewegtes Leben mit Stationen in der Schweiz, Deutschland, Russland und Mexiko. Ihm sind vor allem Werke im Bereich des Siedlungsbaus zu verdanken.

Für den Literaturkritiker und Übersetzer Walter Widmer (1903–1965) war Basel der Lebensmittelpunkt, und 1938 wurde hier sein Sohn, der Schriftsteller Urs Widmer geboren.

Die in Basel geborene Schweizer Künstlerin Irène Zurkinden (1909–1987) prägte das künstlerische Milieu der Stadt über Jahrzehnte hinweg entscheidend mit. Ab 1942 nahm Zurkinden an den Ausstellungen der Gruppe 33 teil. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre und in den frühen 1940er Jahren entstanden surrealistisch inspirierte Arbeiten. Das Kunstmuseum Basel ehrte sie 1985 mit einer umfassenden Retrospektive ihres Werkes. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Zurkinden wieder abwechselnd in Basel und Paris und unternahm längere Reisen nach Marokko (1948), Spanien (1950/51) und Italien (1952/53). Sie entwarf in diesen Jahren Kostüme und Bühnenbilder für das Stadttheater Basel und erhielt vermehrt Illustrationsaufträge für Bücher.

Für die in Berlin geborene Künstlerin Meret Oppenheim (1913–1985) wurde Basel mit der Emigration aus Deutschland im frühen Kindheitsalter zeitlebens zu einem wichtigen Bezugs- und Schaffenspunkt. Sie war unter anderem zusammen mit André Breton, Luis Buñuel und Max Ernst eine der wichtigsten Vertreterinnen des magischen Surrealismus. Neben dem Anfertigen von zahlreichen Figuren, Statuen und Kunstinstallationen anderer Art ist sie auch für die Fotografien Man Rays, die im Jahr 1933 in ihrem Bildzyklus Érotique voilée erschienen und ihr den Ruf der «Muse der Surrealisten» einbrachten, berühmt.

Der Bildhauer Paul Suter (1926–2009) hatte in Basel ein Atelier. Er gilt als einer der grossen Schweizer Stahlplastiker nach dem Zweiten Weltkrieg. Etliche seiner grossen Stahlskulpturen sind in Basel an öffentlichen Strassen und Plätzen zu finden.

Einer der bekanntesten Schweizer Filmproduzenten ist Arthur Cohn (* 1927), welcher in Basel geboren wurde. Cohn erlangte in Hollywood durch seine Produktionen Ruhm und Ehre, so ist er als einziger nicht-amerikanischer Produzent mit einem Stern in der Hollywood Walk of Fame vertreten. Seine bekanntesten Produktionen sind Central Station, Ein Tag im September, Hinter der Sonne und Die Kinder des Monsieur Mathieu.

Die Schauspielerin Marthe Keller (* 1945) wurde in Basel geboren. Sie zählt gemeinhin zu den erfolgreichsten Schweizer Schauspielerinnen auf der internationalen Bühne. Zu Beginn des Jahres 2012 wurde Marthe Keller von der französischen Regierung in den Rang eines Ritters der französischen Ehrenlegion erhoben.[104]

Jacques Herzog (* 1950) und Pierre de Meuron (* 1950) bilden zusammen das bekannte Architekturbüro Herzog & de Meuron mit Sitz in Basel. Ihre Bauwerke erreichen weltweit Bekanntheit und Anerkennung, so beispielsweise der St. Jakobpark in Basel, die Allianz Arena in München oder das als «Vogelnest» bezeichnete Nationalstadion Peking.

1957 wurde Dani Levy in Basel geboren. Er ist als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur äusserst erfolgreich, seine Filme wie Meschugge und Alles auf Zucker! liefen am Filmfestival Cannes und an der Berlinale, wo er für letzteren Film auch Preise erhielt. Sein Film Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler lief im Frühjahr 2007 in den deutschsprachigen Kinos.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Portal: Basel – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Basel

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zeitreisen durch 50'000 Jahre Basel. Christoph Merian Verlag, Basel 2009, ISBN 978-3-85616-466-9.
  • C. H. Baer, François Maurer, R. Riggenbach: Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt. Band I. Geschichte und Stadtbild. Befestigungen. Areal und Rheinbrücke; Rathaus und Staatsarchiv (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 3). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1932, OCLC 471688374.
  • Rudolf Friedrich Burckhardt: Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt. Band II: Der Basler Münsterschatz (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 4). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. E. Birkhäuser, Basel 1933, OCLC 25786436. (unveränd. Nachdr. 1982, ISBN 3-7643-1389-7)
  • Hans Bertschi: Basler Stadtführer. F. Reinhardt, Basel 2000, ISBN 3-7245-1131-0.
  • Bernard Degen, Philipp Sarasin: Basel (-Stadt). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Toni Föllmi, Klaus Brodhage: Basel und seine Kultur. F. Reinhardt, Basel 2002, ISBN 3-7245-1231-7.
  • Peter Habicht: Basel – Mittendrin am Rande. Eine Stadtgeschichte. Christoph Merian Verlag, Basel 2008, ISBN 978-3-85616-326-6 (2. Auflage. 2013, ISBN 978-3-85616-610-6).
  • Andreas Heusler: Geschichte der Stadt Basel. 6. Auflage. Frobenius, Basel 1917; 1969, DNB 573978492.
  • Georg Kreis, Beat von Wartburg (Hrsg.): Basel. Geschichte einer städtischen Gesellschaft. C. Merian, Basel 2000, ISBN 3-85616-127-9.
  • Fritz Meier: Basler Heimatgeschichte. Heimatgeschichtliches Lesebuch von Basel. 5. Auflage. Lehrmittelverlag des Kantons Basel-Stadt, Basel 1974, DNB 201615657.
  • Andreas Urs Sommer: Eine Stadt zwischen Hochorthodoxie und Aufklärung. Basel in frühneuzeitlichen Transformationsprozessen. In: Theologische Zeitschrift. Jg. 66, Heft 1, 2010, S. 44–61 (stellt eingehend die geistesgeschichtliche Entwicklung Basels von 1620 bis 1780 dar; OCLC 883684679 für den Aufsatz).
  • René Teuteberg: Basler Geschichte. 2. Auflage. Hrsg. von der Christoph-Merian-Stiftung aus Anlass ihres 100-jährigen Bestehens. Merian, Basel 1988, ISBN 3-85616-034-5.
  • R. Moosbrugger-Leu, F. Maurer, G. P. Marchal, H.-J. Gilomen, F. Geldner: Basel. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1, Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, ISBN 3-7608-8901-8, Sp. 1505–1516.
  • Thomas Lutz: Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt. Basel-Stadt. Band VI: Die Altstadt von Kleinbasel. Profanbauten (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 103). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK). Bern 2004, ISBN 3-906131-78-5.
  • Anne Nagel, Brigitte Meles, Martin Möhle: Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt. Basel-Stadt. Band VII: Die Altstadt von Grossbasel. Teil I: Profanbauten (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 109). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK). Bern 2006, ISBN 3-906131-84-X.
  • Christian Wurstisen: Baßler Chronick (= Bibliotheca Palatina. H2037/H2043). Sebastian Henricpetri, Basel 1580, OCLC 312373054 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Die Erstellung einer aktualisierten und umfassenden Stadtgeschichte Basels ist im Zeitrahmen 2017 bis 2024 geplant.[105]

Neuburg an der Donau

Neuburg an der Donau (amtlich: Neuburg a.d.Donau) ist eine Große Kreisstadt und der Sitz der Kreisverwaltung des oberbayerischen Landkreises Neuburg-Schrobenhausen.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuburg liegt nordöstlich von Augsburg und westlich von Ingolstadt an der Donau, die sich hier teilt und eine bewohnte Donauinsel bildet, die Leopoldineninsel. Ein Abschnitt ist das Bauerwasser. Nördlich von Neuburg liegt das Naturschutzgebiet Finkenstein.

Ortsteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Stadt Neuburg an der Donau gehören die Orte Altmannstetten, Auschlösschen, Bergen, Bittenbrunn, Bruck, Bürgerschwaige, Eulahof, Feldkirchen, Forsthof, Gietlhausen, Gnadenfeld (Kahlhof), Grünau, Hardt, Heinrichsheim, Herrenwörth, Hessellohe, Joshofen, Laisacker, Marienheim, Maxweiler, Ried, Rödenhof, Rohrenfeld, Rothheim, Sehensand, Zell und Ziegelau.

Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuburg an der Donau
Klimadiagramm
J F M A M J J A S O N D
 
 
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Temperatur in °CNiederschlag in mm
Quelle: wetterkontor.de
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Neuburg an der Donau
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez    
Max. Temperatur (°C) 1 3 9 14 18 22 23 23 20 13 6 2 Ø 12,9
Min. Temperatur (°C) −6 −4 −1 2 6 9 11 10 7 3 0 −4 Ø 2,8
 
Niederschlag (mm) 41 43 39 48 70 104 92 80 57 48 47 46 Σ 715
 
Regentage (d) 17 15 13 14 15 16 15 15 13 13 14 15 Σ 175
 
Luftfeuchtigkeit (%) 83 82 75 72 72 74 75 77 79 82 86 87 Ø 78,7
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Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Kupferstich in der Topographia Germaniae des Matthaeus Merian um 1644
 
Neuburg mit Schloss und Donau
 
Panorama des Karlsplatzes
 
Altstadt
 
Oberes Tor (Bürgertor, Rotes Tor)

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in vorgeschichtlicher Zeit befanden sich hier Höhensiedlungen. Darauf weisen urnenfelderzeitliche Befunde[2] (1300–800 v. Chr.), späthallstattzeitliche Keramik (620–450 v. Chr.) und Keramik der Frühlatènezeit 450–380 v. Chr. hin. Außerdem fanden sich Reste eines vorgeschichtlichen Grabenwerks.[3]

Römerzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Kleinkastelle von Neuburg

Während der frühen römischen Kaiserzeit, im 1. Jahrhundert n. Chr. bestand am Westende der Felsformation des Stadtberges höchstwahrscheinlich ein kleines Holz-Erde-Lager,[4] das mit einer Kette weiterer Anlagen die Donaugrenze sicherte. Mit der Vorverlegung des Limes über die Donau wurde dieses Kleinkastell aufgegeben. Das zu der Garnison gehörende Lagerdorf, das sich am Fuß des Berges befand, entwickelte sich weiter. Während der Spätantike, nach den Zerstörungen durch einfallende Germanen, zogen die Bewohner auf den Burgberg. Über dem frührömischen Lager wurde ein kleines Steinkastell aus Gußmauerwerk errichtet, das wohl bis in das frühe 5. Jahrhundert bestand.[5]

Entwicklung seit dem Frühmittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuburg war unter Bischof Simpert von Augsburg (778 bis 809) kurze Zeit Bischofssitz, dann Hauptort einer Pfalzgrafschaft, deren Inhabern die Vogtei über das Reichslehen Neuburg zustand. Sie kam im 10. Jahrhundert an die Grafen von Scheyern und somit an Bayern. 1505 entstand das Herzogtum Pfalz-Neuburg mit Neuburg als Residenzstadt. Unter Pfalzgraf Ottheinrich wurde Neuburg 1542 evangelisch, 1616/17 wurde die Gegenreformation durchgeführt. Im 30–jährigen Krieg wurde die Stadt zwischen 1632 und 1634 im Verlauf der Kämpfe um Regensburg mehrmals von durchziehenden schwedischen Truppen, die hier die Donau überwanden, erobert und besetzt und dann von bayerischen Truppen zurück erobert[6]

1717–1718 war Neuburg für ein Jahr de facto Residenz der Kurpfalz, bevor der neue Kurfürst Karl III. Philipp seinen Hof nach Heidelberg verlegte. Nachdem die Linie Pfalz-Neuburg 1742 ausgestorben war, trat die Linie Pfalz-Sulzbach die Erbfolge in der Kurpfalz und in Pfalz-Neuburg an. 1777 erbte die Linie Pfalz-Sulzbach Bayern, das Fürstentum Neuburg wurde 1808 aufgehoben und in den Altmühlkreis eingegliedert.

In der Folge musste sich Neuburg mit einer etwas geminderten Bedeutung abfinden. Die Stadt im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg (seit 1837) hatte die Funktion eines Zentrums für das ländliche Umland und wurde später zum wichtigen Behördensitz. Bis 1932 bestand das Landgericht Neuburg an der Donau. Das örtliche Flurbereinigungsamt zog 1966 nach Regensburg, das Kreis- bzw. Staatsarchiv für Schwaben 1989 nach Augsburg um. Überregional einen Namen hatte auch das Neuburger Gymnasium mit Studienseminar. Lange Zeit war Neuburg allerdings in erster Linie als Militärgarnison bekannt (so in der Zeit der Monarchie bis 1918 für das 15. bayerische Infanterieregiment), an dessen 2085 im Ersten Weltkrieg Gefallene ein Denkmal in der Fünfzehnerstraße erinnert. Besonders die Garnison galt neben den anderen staatlich unterhaltenen Einrichtungen während vieler Jahrzehnte als unverzichtbares Stimulans für die Wirtschaft der Kleinstadt. Die Industrie blieb daneben relativ schwach entwickelt. Bemerkenswert war eigentlich nur die Ausbeutung und Verarbeitung der am nördlichen Stadtrand lagernden Kieselerdevorkommen durch zwei Betriebe. Erst die Zeit nach 1945 brachte einen fühlbaren Aufschwung des verarbeitenden Gewerbes, besonders in den Bereichen Glas- und Baustoffindustrie sowie Kartonagen. Seit den 1950/60er Jahren hatte noch die Textilindustrie mit mehreren Betrieben Bedeutung als Arbeitgeber; sie ist heute nicht mehr anzutreffen. Dagegen besteht die Filiale eines Unternehmens zur Herstellung von Leonischem Draht als Autozulieferer weiter. Bedingt durch den Zuzug von etwa 4000 Heimatvertriebenen setzte nach dem Zweiten Weltkrieg eine umfangreiche Bautätigkeit der öffentlichen Hand und von Privatleuten ein. Die Bebauung der Stadt erweiterte sich in diesen Jahren bedeutend, besonders durch die neuen Siedlungen im Osten und Süden.

Im Mai 1961 wurde auf dem Fliegerhorst Neuburg das Jagdgeschwader 74 (seit 2013 Taktisches Luftwaffengeschwader 74) der Luftwaffe der Bundeswehr in Dienst gestellt.

Bis zum 30. Juni 1972 war Neuburg an der Donau eine kreisfreie Stadt und gehörte zum Regierungsbezirk Schwaben. Mit Inkrafttreten der bayerischen Landkreisreform am 1. Juli 1972 entstand aus dem Stadtkreis Neuburg und Teilen der Landkreise Neuburg und Schrobenhausen der neue Landkreis Neuburg an der Donau, der am 1. Mai 1973 seinen heutigen Namen erhielt. Dieser neue Landkreis wechselte zum Regierungsbezirk Oberbayern. Als Ausgleich für den Wegfall der Kreisfreiheit erhielt Neuburg ebenso wie vergleichbare Städte den Titel Große Kreisstadt. Damit verbunden ist die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister für das Neuburger Stadtoberhaupt.

Auf dem Gebiet des Ortsteils Bittenbrunn befand sich am Nordwestrand ein frühmittelalterliches Gräberfeld aus dem fünften nachchristlichen Jahrhundert, das 1968 ausgegraben und im Rahmen einer Dissertation wissenschaftlich bearbeitet wurde. Darüber hinaus liegen Funde aus dem Neolithikum und der römischen Kaiserzeit (Römerstraße, Gutshöfe) vor.

Eingemeindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Juli 1972 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Heinrichsheim eingegliedert.[7] Am 1. Januar 1976 kamen Bergen, Joshofen, Ried, Zell und der Hauptteil der aufgelösten Gemeinde Bruck hinzu. Bittenbrunn und Feldkirchen folgten am 1. Januar 1978.[8]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1900: 08.036 Einwohner
  • 1910: 09.061 Einwohner
  • 1961: 21.063 Einwohner
  • 1970: 23.758 Einwohner
  • 1987: 24.157 Einwohner
  • 1991: 25.842 Einwohner
  • 1995: 27.203 Einwohner
  • 2000: 27.715 Einwohner
  • 2005: 28.162 Einwohner
  • 2010: 28.197 Einwohner
  • 2015: 29.182 Einwohner
  • 2016: 30.109 Einwohner
  • 2017: 30.147 Einwohner

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadtrat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kommunalwahl am 16. März 2014 führte bei einer Wahlbeteiligung von 47,6 % zu folgendem Ergebnis:[9]

 
Rathaus von Neuburg
Partei / Liste Stimmenanteil G/V Sitze G/V
CSU 45,5 % −2,8 14 −1
SPD 17,4 % −2,7 5 −1
Freie Wähler 25,4 % +6,3 7 +1
FDP/Liberale 5,8 % −0,8 2 ±0
GRÜNE 5,9 % +0,7 2 +1

G/V: Gewinn oder Verlust gegenüber der Wahl 2008

Oberbürgermeister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oberbürgermeister ist Bernhard Gmehling (CSU). Er wurde im Jahr 2002 Nachfolger von Hans Günter Huniar (Die Unabhängigen Freien Wähler), der seit 1984 an der Spitze der Stadt gestanden hatte. Dessen Vorgänger war Theo Lauber, Oberbürgermeister von 1960 bis 1984.

Bei den Wahlen im Jahr 2008 konnte sich Gmehling mit 70,5 % der Wählerstimmen von den anderen Bewerbern absetzen. Bei der Kommunalwahl 2014 wurde er mit 59,0 % der abgegebenen Stimmen erneut im Amt bestätigt.

Gemeindefinanzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2012 betrugen die Gemeindesteuereinnahmen 24.468.000 €, davon waren 8.863.000 € Gewerbesteuereinnahmen (netto).[10]

Stadtwappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das heutige Stadtwappen erhielt Neuburg nach dem Landshuter Erbfolgekrieg 1506. Neben dem ursprünglichen Torturm wurden zwei Steckreiterkinder – die beiden Prinzen und späteren Fürsten Ottheinrich und Philipp – und ein Löwe dargestellt. Dominierende Farben sind Weiß, Rot und Grün.

Die Stadtfahne hat die Farben Weiß, Blau und Rot. Darüber hinaus existiert noch ein Stadtlogo.

Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Patenschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Religionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuburg an der Donau besaß eine nicht unbedeutende Kloster- und Stiftslandschaft, von der Teile noch erhalten sind. Aus dem Jahre 976 stammt das nahe Neuburg gelegene Benediktinerinnenkloster Bergen, das später mit dem 1002 gegründeten Benediktinerinnenkloster Neuburg zusammengelegt wurde. An der Stelle dieses Klosters stand später ein Jesuitenkolleg und befindet sich heute das Maria-Ward-Institut. Das Kloster St. Wolfgang der Barmherzigen Brüder aus dem Jahre 1623 wurde 1980 aufgelöst. Auf dem ehemaligen Klostergelände befindet sich das Geriatriezentrum Neuburg. 33 Jahre jünger ist mit dem Gründungsjahr 1656 das 1803 säkularisierte Franziskanerkloster. Im Jahre 1661 wurde das Karmelitinnenkloster von Pfalzgraf Philipp Wilhelm gestiftet. Es bestand bis 1802. Das Kollegiatstift St. Peter stammt aus dem Jahr 1681. Seit der Auflösung des Stifts 1803 dient die Kirche als Stadtpfarrkirche. Ebenfalls 1681 wurde das marianische Kollegiatstift Unsere Liebe Frau vom Gnadenaug gegründet. Anlass zur Gründung war das „Wunder der Augenwende“ an einer Muttergottesstatue. Stift und Wallfahrt waren von der Säkularisation von 1803 betroffen. Die Statue besitzen heute die Maria-Ward-Schwestern. Zwischen 1698 und 1701 entstand das Ursulinenkloster St. Maria mit der Studienkirche, das 1813 aufgelöst wurde. Die Elisabethinerinnen bezogen das Kloster St. Elisabeth 1840. Das Kloster besteht noch und es betreibt die Kliniken St. Elisabeth in Neuburg.

Kirchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben der Stadtpfarrkirche St. Peter sind die Hofkirche aus dem frühen 17. Jahrhundert und die zwischen 1927 und 1930 von German Bestelmeyer erbaute Christuskirche bedeutende Sakralbauten in Neuburg. Des Weiteren gibt es noch die Kirchen St. Ulrich, Hl. Geist und die Apostelkirche. Zudem besitzen die Neuapostolische Kirche und die Freie evangelische Gemeinde Kirchengebäude in der Stadt. Im Schlosskomplex existiert zudem die 1543 geweihte Schlosskapelle.[14]

Profangebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schloss Neuburg, das Stadtschloss von Neuburg, geht auf eine Burganlage aus dem 13. Jahrhundert zurück und wurde später zu einem Renaissanceschloss umgebaut. Teile wurden auch unter Einflüssen des Barock umgestaltet. Das Rathaus der Stadt stammt aus den Jahren 1603 bis 1609 mit Erweiterungen in den Jahren 1640 bis 1642. Als sehenswert gilt auch der ehemalige Marstall, der um 1530 bis 1535 erbaut wurde. Die Staatliche Bibliothek und die Stadtbücherei (Bücherturm) sind weitere bekannte Profanbauten der Stadt.

Baudenkmäler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einen Überblick über die Baudenkmäler Neuburgs gibt die Liste der Baudenkmäler in Neuburg an der Donau.

Theater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Stadttheater, dem Neuburger Volkstheater e. V., dem Marionettentheater Neuburger Fadenspieler, dem Neuburger Boulevardtheater, sowie den Theatern papp&klapp (Kinder- und Jugendtheater), Mimenfeld (Neues Theater Neuburg) und der Neuburger Kammeroper gibt es sieben Theater in der Stadt.

Museen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Neuburg gibt es mehrere Museen: Das staatliche Schlossmuseum Neuburg an der Donau beherbergt im Hauptgeschoss des Ostflügels des Neuburger Schlosses den neu konzipierten Museumstrakt zur Geschichte des Fürstentums Pfalz-Neuburg. Im zweiten Obergeschoss befindet sich das Archäologie-Museum Schloss Neuburg als Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung. Im dritten Obergeschoss sind kirchliche Schätze ausgestellt, insbesondere die kostbaren Textilien aus dem ehemaligen Neuburger Ursulinenkloster (Antependien). Seit 2005 ist mit der Staatsgalerie Neuburg – Flämische Barockmalerei auch ein Zweigmuseum der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Westflügel des Schlosses untergebracht, das u. a. Werke bedeutender Meister wie Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck und Jan Brueghel zeigt. Im Weveldhaus, einem barocken Adelspalais in der Amalienstraße, ist das Stadtmuseum eingerichtet, das vom Historischen Verein Neuburg betrieben wird und der Stadtgeschichte gewidmet ist. Der Verein ist außerdem wichtigster Leihgeber der Ausstellungsstücke des Schlossmuseums. Ebenfalls zu besichtigen ist die Paramentenkammer im Studienseminar. 1998 wurde auf Initiative von Armin Geus das Biohistoricum Neuburg als außeruniversitäres, nichtstaatliches Museum gegründet.

Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Donaukai bei Nacht

Das Neuburger Schlossfest wird alle zwei Jahre jeweils am letzten Juni- und am ersten Juliwochenende gefeiert und erinnert an die Zeit der Renaissance: Die Bürger schlüpfen in historische Kostüme und lassen in der malerischen Altstadt die Zeit des 15. /16. Jahrhunderts wiederaufleben – mit historischem Markttreiben, Sängern, Barden und Gauklern, Fanfarenbläsern und Turnierreitern, Landsknechten und höfischem Gefolge. Zu den Höhepunkten des Schlossfestes zählen die Aufführungen des Steckenreitertanzes im Schlosshof und ein farbenprächtiger Umzug durch die Stadt.

Eine der Kulturveranstaltungen Neuburgs sind die alljährlich im Herbst stattfindenden Neuburger Barockkonzerte im stimmungsvollen Rahmen der Neuburger Residenz mit renommierten Künstlern aus dem In- und Ausland.

Das Neuburger Donauschwimmen ist das größte Winterschwimmen in Europa. Es findet jedes Jahr am letzten Samstag im Januar statt. 2005 waren 2107 Schwimmer bei einer Lufttemperatur von −6 °C in der nur 1,5 °C kalten Donau. Sie legten eine Strecke von etwa vier Kilometern zurück. Mit dabei waren auch etwa 30 Eisschwimmer, die eine Strecke von 300 Metern nur in Badebekleidung schafften.

Das Volksfest beginnt alle Jahre gegen Ende Juli und endet Anfang August. Während dieses Zeitraumes werden auf dem Volksfestplatz im Neuburger Ostend ein Festzelt mit Weißbiergarten, etliche Fahrgeschäfte sowie Essbuden aufgestellt.

Das Fischergasslerfest findet jedes Jahr Ende Mai statt. Es ist ein traditionelles geselliges Fest, bei dem kulinarischen Gerichte und Bier angeboten werden. Am gleichen Tag findet auch das Fischerstechen auf der Donau statt. Das Fest findet in der gesamten Fischergasse statt, die direkt am Donaukai liegt.

Die Neuburger Sommerakademie bietet seit über 30 Jahren jährlich allen Kunst- und Musikinteressierten die Gelegenheit, an Kursen in den Bereichen Bildende Kunst, Musik, Jazz, Alte Musik und Theater teilzunehmen. Hierzu treffen sich in den ersten zwei Augustwochen international bekannte Dozenten in der Residenzstadt.

Weitere Veranstaltungen sind das Hofgartenfest, die Herrschaftszeiten, das Sèter Weinfest sowie die Neuburger Weihnacht.

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tourismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 21. September 2011 bildeten die acht Kommunen Dollnstein, Wellheim, Nassenfels, Egweil, Oberhausen, Burgheim, Rennertshofen und Neuburg an der Donau die ARGE Urdonautal, eine Arbeitsgemeinschaft, deren Zweck in der Förderung und Koordinierung des Tourismus im Urdonautal liegt.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Radfernweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuburg liegt am Donauradweg, der von der Donauquelle über Passau, Wien und Budapest bis zur Mündung in das Schwarze Meer führt und am teils parallel verlaufenden EuroVelo 6-Radweg, welcher als Flüsseroute entlang von sechs europäischen Flüssen vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer verläuft.[15]

Industrie und Gewerbe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die größten Arbeitgeber der Stadt sind die Unternehmen Verallia Deutschland, Rockwool, Faurecia, Leoni[16] sowie die Hoffmann Unternehmensgruppe (Sonax und Hoffmann Mineral) in den Bereichen Glas- und Chemische Industrie. Darüber hinaus erfüllt Neuburg die traditionelle Funktion eines Handels- und Dienstleistungszentrums für das ländliche Umland. Auch das Logistikunternehmen Roman Mayer Logistik Group besitzt eine Niederlassung in Neuburg.

 
Luftaufnahme des Audi Driving Experience Centers in Neuburg an der Donau während der Bauarbeiten 2013. Seit der Fertigstellung 2014 befindet sich auf diesem Areal neben der Anlage für Test- und Erlebnisfahrten auch der Sitz der Motorsport-Abteilung von Audi.

Von August 2012 bis zur Eröffnung im August 2014 baute der Ingolstädter Automobilhersteller Audi ein Fahr- und Präsentationszentrum mit insgesamt 460 Arbeitsplätzen, in dem auch die Motorsportabteilung des Konzerns nach ihrem Umzug angesiedelt ist.[17][18] Die Stadtwerke Neuburg an der Donau sind der regionale Energieversorger.

Taktisches Luftwaffengeschwader 74[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem Fliegerhorst und in der Wilhelm-Frankl-Kaserne am östlichen Stadtrand ist das Taktische Luftwaffengeschwader 74 (TaktLwG 74) beheimatet. Es ist ein Verband der Luftwaffe der Bundeswehr und als zweites deutsches Einsatzgeschwader mit dem Eurofighter Typhoon ausgestattet worden. Das TaktLwG 74 stellt die Alarmrotte für den süddeutschen Luftraum.

An diesem Standort befand sich bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine Blindflugschule.

Technisches Hilfswerk (THW)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Neuburg befindet sich ein Ortsverband der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW). Dieser gliedert sich auf in einen Technischen Zug mit Fachgruppe Wassergefahren und eine zusätzliche Fachgruppe Logistik, bestehend aus Führungstrupp und Materialerhaltungstrupp. In Neuburg ist das THW vor allem im Bereich des Hochwasserschutzes eingebunden. Hierzu zählen der Aufbau des mobilen Hochwasserschutzes im Bereich Donaukai, Brandl und Insel und die Vorhaltung eines Notstrommaggregats und diverser Großpumpen mit einer Gesamtkapazität von 52.000 l/min. Außerdem engagiert sich der Ortsverband auch in der Jugendarbeit.

Sonstige öffentliche Einrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth

In den Jahren 1985 bis 1990 wurde in Herrenwörth die Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth errichtet. Auf 54 Millionen Mark wurde das Bauvolumen beziffert, aber zugleich gab dies 125 neue Arbeitsplätze. Am 24. Juli 1985 legten die Behördenvertreter den Grundstein für das Bauvorhaben, unter ihnen der damalige bayerische Justizminister August Lang. Zur Erinnerung an dieses historische Ereignis kamen die Tageszeitungen „Neuburger Rundschau“, „Süddeutsche Zeitung“ sowie der „Donaukurier“ mit einer Urkunde in eine Kupferhülle. Nach einer Bauzeit von knapp fünf Jahren belegten im März 1990 erstmals Strafgefangene das Gebäude. Daneben existiert noch die Justizvollzugsanstalt Neuburg (Altstadt).

Schulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Neuburg gibt es drei Grundschulen, eine Mittelschule, zwei Förderzentren, eine Wirtschaftsschule, zwei Realschulen, eine Berufsschule, drei Berufsfachschulen, eine Fachoberschule sowie ein Gymnasium.

  • Grundschule im Englischen Garten
  • Mittelschule Neuburg (Park-Schule)
  • Grundschule Am Schwalbanger
  • Grundschule Neuburg-Ost (Ostend-Schule)
  • Staatliche Wirtschaftsschule
  • Descartes-Gymnasium
  • Paul-Winter-Realschule für Knaben
  • Maria-Ward-Realschule für Mädchen
  • Staatliche Berufsschule mit BFS für Hauswirtschaft und Kinderpflege
  • Staatliche Fachoberschule
  • Sophie-Scholl-Förderschule der Arbeiterwohlfahrt
  • Sonderpädagogisches Förderzentrum

Todesfall Rudolf Rupp[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Stadtteil Heinrichsheim von Neuburg an der Donau ereignete sich im Herbst 2001 der Todesfall Rudolf Rupp. Er gilt als einer der bizarrsten Fälle in der jüngeren deutschen Kriminalgeschichte. Denn mit dem späteren Auffinden der skelettierten Leiche von Rudolf Rupp am Steuer seines in der Donau versunkenen Pkws war es erwiesen, dass die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ingolstadt in weiten Teilen nicht stimmen konnten. Infolge dieses Urteils hatten Rupps Ehefrau, seine beiden Töchter sowie der damalige Freund einer der Töchter mehrjährige Haftstrafen verbüßt.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Josef Heider: Geschichtlicher Führer durch die Stadt Neuburg a.d. Donau und Umgebung. Neuburg 1951.
  • Adam Horn, Werner Meyer: Die Kunstdenkmäler von Schwaben; Stadt- und Landkreis Neuburg an der Donau. Oldenbourg, München 1958.
  • Ernst Pohl: Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Bittenbrunn, Ldkr. Neuburg-Schrobenhausen. Bonn 1995 (zugleich Philosophische Dissertation am Institut für Vor- und Frühgeschichte der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn bei Volker Bierbrauer 1993).
  • Reinhard H. Seitz: Die Schloßkapelle zu Neuburg a. d. Donau. Einer der frühesten evangelischen Kirchenräume im Spiegelbild von Reformation und Gegenreformation. Weißenhorn 2016, ISBN 978-3-87437-572-6.
  • Ludwig Wagner: Zeitreise durch Neuburg und die Stadtteile. Pro Business, Berlin 2006, ISBN 3-939533-78-5, S. 135–138.
  • Neuburger Anzeigenblatt Juni 1872.
  • Sonderbeilage der Neuburger Rundschau „Von einem abgelegenen Ortsteil zum Neuburger Vorort“, Ausgabe 23./24. August 1969.
  • Neuburger Rundschau, 4. Februar 1959, 26. Juli 1985.
  • Neuburger Rundschau, 27. Mai 1965.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Neuburg an der Donau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bayerisches Landesamt für Statistik – Tabelle 12411-001: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Bevölkerung: Gemeinden, Stichtage (letzten 6) vom 13. September 2018 (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
  2. Cornelia Schütz-Tillmann: Die urnenfelderzeitliche Besiedlung des Neuburger Stadtberges. In: Karl Heinz Rieder, Andreas Tillmann (Hrsg.): Neuburg an der Donau – Archäologie rund um den Stadtberg. Marie Leidorf, Buch am Erlbach 1993, ISBN 3-924734-11-9, S. 51–59.
  3. Jörg Biel: Vorgeschichtliche Höhensiedlungen in Südwürttemberg-Hohenzollern. Theiss, Stuttgart 1987, ISBN 380620778X, S. 214.
  4. Michael Mackensen: Frühkaiserliche Kleinkastelle an der oberen Donau. In: Helmut Weimert (Hrsg.): Zivile und militärische Strukturen im Nordwesten der römischen Provinz Raetien. 3. Heidenheimer Archäologie-Colloquium am 9. und 10. Oktober 1987. Heimat- und Altertumsverein Heidenheim an der Brenz, Heidenheim 1988, S. 13–32; hier: S. 17.
  5. Volker Bierbrauer: Neuburg. In: Heinrich Beck (Hrsg.): Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Band 21, de Gruyter, Berlin 2002, ISBN 3-11-017272-0, S. 106–108; hier: S. 106.
  6. Peter Engerisser, Pavel Hrnčiřík: Nördlingen 1634. Die Schlacht bei Nördlingen – Wendepunkt des Dreißigjährigen Krieges. Verlag Späthling Weißenstadt 2009, ISBN 978-3-926621-78-8, S. 29, 30, 32, 33, 55
  7. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 601. 
  8. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 601. 
  9. Stadt Neuburg an der Donau – Stadtratswahl 2014 (vorläufig)
  10. Statistik kommunal: Neuburg a.d. Donau (PDF-Datei; 1,24 MB)
  11. Hochspringen nach: ab Website von Neuburg – Partnerstädte
  12. Chronik Städtepartnerschaft Jeseník – Neuburg
  13. Website der Stadt – Neuburgs auf der Welt mit einer Liste dieser Städte
  14. Schlosskapelle, christuskirche-neuburg.de; Zugriff am 7. April 2017
  15. webmaster: EuroVelo 6: die europäischen Flüsse mit dem Fahrrad erkunden! — EuroVelo. Abgerufen am 29. April 2017. 
  16. Standorte, leoni.com; Zugriff am 21. September 2017
  17. Spatenstich: Neuburg: Offizieller Baubeginn bei Audi, Augsburger Allgemeine vom 28. August 2012
  18. Audi eröffnet Hightech-Areal (Memento vom 3. September 2014 im Internet Archive), Bayerischer Rundfunk vom 30. August 2014

Ulm

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WappenDeutschlandkarte
Koordinaten: 48° 24′ N, 9° 59′ O |
Basisdaten
Bundesland: Baden-Württemberg
Regierungsbezirk: Tübingen
Höhe: 478 m ü. NHN
Fläche: 118,69 km2
Einwohner: 125.596 (31. Dez. 2017)[1]
Bevölkerungsdichte: 1058 Einwohner je km2
Postleitzahlen: 89073–89081
Vorwahlen: 0731, 07304, 07305, 07346
Kfz-Kennzeichen: UL
Gemeindeschlüssel: 08 4 21 000
Stadtgliederung: 18 Stadtteile
Adresse der
Stadtverwaltung:
Marktplatz 1
89073 Ulm
Website: www.ulm.de
Oberbürgermeister: Gunter Czisch (CDU)
Lage der Stadt Ulm in Baden-Württemberg

Ulm ist eine an der Donau am südöstlichen Rand der Schwäbischen Alb an der Grenze zu Bayern gelegene Universitätsstadt in Baden-Württemberg. Die Stadt hat über 125.000 Einwohner (Stand Ende 2017), bildet einen eigenen Stadtkreis und ist Sitz des Landratsamts des angrenzenden Alb-Donau-Kreises.

Ulm ist nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg eines von insgesamt 14 Oberzentren des Landes und bildet mit Neu-Ulm (zusammen über 180.000 Einwohner) eines der länderübergreifenden Doppelzentren Deutschlands. Ulm ist die größte Stadt im Regierungsbezirk Tübingen und in der Region Donau-Iller, zu der auch Gebiete des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben gehören.

Die Stadt ist bekannt für ihr gotisches Münster, dessen Kirchturm mit 161,53 Metern der höchste der Welt ist. Weiterhin bemerkenswert ist die lange bürgerliche Tradition Ulms mit der ältesten Verfassung einer deutschen Stadt und einem Stadttheater, dessen Anfänge bis ins Jahr 1641 zurückreichen. In der Vergangenheit war Ulm Ausgangspunkt der Auswanderung der Donauschwaben, die donauabwärts mit sogenannten Ulmer Schachteln in ihre neuen Heimatländer im Südosten Europas fuhren.

Ulm, erstmals urkundlich genannt am 22. Juli 854, war Königspfalz und Freie Reichsstadt, ab 1802 bayerisch, ist seit 1810 württembergisch. Seitdem ist Ulm getrennt von seinem ehemaligen Gebiet rechts der Donau, das bei Bayern blieb und auf dem sich die Stadt Neu-Ulm entwickelte.

Berühmte Persönlichkeiten der Stadt sind beispielsweise der in Ulm geborene Albert Einstein (1879–1955), die Widerstandskämpfer Hans (1918–1943) und Sophie Scholl (1921–1943), die ab 1932 in Ulm aufwuchsen, sowie die Schauspielerin Hildegard Knef (1925–2002), die in Ulm geboren wurde.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Ansicht der Altstadt vom rechten Donauufer

Die Stadt Ulm liegt auf einer mittleren Höhe von 479 m ü. NN (Messpunkt: Rathaus). Das Stadtgebiet ist geographisch reich gegliedert und reicht von 459 m ü. NN (Donauufer) bis 646 m ü. NN (Klingensteiner Wald). Das historische Stadtzentrum liegt ungefähr zwei Kilometer unterhalb (östlich) der Einmündung der Iller an der Mündung der Blau in die Donau. Die Stadt liegt am südlichen Rand der Ulmer Alb (Teil der mittleren Flächenalb) und der Hochfläche des durch das ehemalige Tal der Urdonau (Blau-, Ach- und Schmiechtal) hiervon nach Süden abgetrennten, sogenannten „Hochsträß“. Die durch kleinere oder größere Täler voneinander abgetrennten Erhebungen von Hochsträß und Alb (von West über Nord nach Ost: Galgenberg, Kuhberg, Roter Berg (Hochsträß), Eselsberg, Kienlesberg, Michelsberg, Safranberg (Ulmer Alb)) umgeben im Westen, Norden und Osten das Stadtzentrum. Im Süden wird dieses durch den Lauf der Donau begrenzt.

Das Stadtgebiet Ulms erstreckt sich größtenteils nördlich der Donau, die hier für einige Kilometer die Landesgrenze zwischen den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern mit der am südlichen Donauufer gelegenen bayerischen Schwesterstadt Neu-Ulm bildet. Im Westen und Norden greift das Stadtgebiet mit den Teilorten Harthausen, Grimmelfingen, Einsingen, Ermingen, Allewind und Eggingen auf die Hochflächen des Hochsträß, mit Lehr, Mähringen und Jungingen auf die Hochflächen der Ulmer Alb aus. Westlich des Stadtzentrums liegt der Teilort Söflingen südlich der Blau am Rande des Hochsträß. Der Teilort Böfingen schließt nordöstlich an das Stadtzentrum an und liegt an den Hängen der Alb nördlich der Donau. Lediglich oberhalb der Mündung der Iller in die Donau erstreckt sich das Stadtgebiet Ulms mit den Stadtteilen Wiblingen, Gögglingen, Donaustetten und Unterweiler auf die südwestlich von Donau und Iller gelegenen Flussauen und Schwemmterrassen der Donau und Iller.

Flächenaufteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Daten des Statistischen Landesamtes, Stand 2015.[2]

Historische Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Blick auf Ulm: die Neutorbrücke mit dem Ulmer Münster

Aus dem Umland von Ulm liegen bedeutende Funde des Paläolithikums vor, so einerseits beim benachbarten Blaubeuren und zum anderen einige Kilometer nördlich von Ulm im Lonetal (zum Beispiel in der Vogelherdhöhle). Sie weisen darauf hin, dass die Gegend am Rand der Alb zu Zeiten der Jäger und Sammler einen interessanten Lebensraum bot. Im Neolithikum war das Hochsträß schon früh besiedelt (z. B. Ulm-Eggingen); aus Ulm selbst gibt es Funde aus einer jüngeren Phase des Neolithikums. Eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Entwicklung der Stadt Ulm als Verkehrsknotenpunkt haben der Verlauf der Flüsse Donau und Iller und der zwischen Ulm und Geislingen leicht zu bewältigende Übergang über die Schwäbische Alb durch die von Süden und Norden weit in die Albhochfläche einschneidenden Flusstäler von Blau, Kleiner Lauter, Lone, Brenz, Kocher und Fils.

Die unweit vom südlichen Ufer der Donau in der Nähe von Ulm zwischen dem römischen Kastell Unterkirchberg, dem Kleinkastell Burlafingen bzw. dem Kleinkastell Nersingen verlaufende Römerstraße, die heute von Historikern Donausüdstraße genannt wird, der nach Norden abzweigende Römerweg ins Filstal zu dem Kastell Urspring (Kastell Ad Lunam) und der dichte Nachweis römischer Fundplätze und Gutshöfe in der Ulmer Umgebung lassen die strategisch wichtige Lage des Ulmer Gebietes im Hinterland der militarisierten Grenzlinie des Limes bis zum Limesfall um das Jahr 260 n. Chr. erkennbar werden. Von 15 v. Chr. bis etwa 100 n. Chr. und dann wieder nach dem Limesfall von 260 n. Chr. bis etwa 500 n. Chr. (Donau-Iller-Rhein-Limes) bildete das Ulm gegenüberliegende Donauufer die Nordgrenze des Römischen Reiches. Die Landesgrenze zwischen Bayern und Württemberg verläuft im Ulmer Raum genau dort, wo schon vor über 2000 Jahren die Grenze zwischen dem Imperium Romanum und dem unbesetzten Germanien (Germania Magna) verlief.

Die aus dem 6. und 7. Jahrhundert stammenden, teils mit Importgütern aus dem Ostsee- und Mittelmeerraum ausgestatteten Bestattungen des großen Gräberfeldes aus der Merowingerzeit am Kienlesberg (unmittelbar nordwestlich des Stadtzentrums) sowie die frühmittelalterliche Königspfalz der Karolinger auf dem Weinhof und im Bereich des Hl. Geist Spitals (urkundlich erstmals erwähnt 854) unterstreichen die besondere Bedeutung Ulms als eines strategisch bedeutsamen Verkehrsknotenpunktes während des frühen Mittelalters.

Durch seine Lage am Knotenpunkt mehrerer Handels- und Pilgerrouten zu Lande und zu Wasser entwickelte sich Ulm während des Hoch- und Spätmittelalters als Freie Reichsstadt zu einem führenden Handels- und Kunstzentrum in Süddeutschland. Im Spätmittelalter unterhielten Ulmer Kaufleute ein dichtes Netz von Handelskontakten, welche von Skandinavien bis nach Nordafrika, von Syrien bis nach Irland und darüber hinaus reichten. Einer der durch Jahrhunderte bedeutsamen Pilgerwege nach Santiago de Compostela zum Grab des von der katholischen Kirche verehrten Heiligen Jakobus, der Jakobsweg, führte über Ulm nach Nordwestspanien und rückt seit dem Jahr 1997 als völkerverbindend im Sinne der europäischen Einigung in das fördernde Interesse der Stadt Ulm und des Landes Baden-Württemberg. Als Fränkisch-Schwäbischer Jakobsweg zieht er von Norden zum Münster und führt von dort als der Oberschwäbische Jakobsweg gut markiert weiter nach Süden in die Schweiz.

Ab dem späten 17. Jahrhundert wurde Ulm zum zentralen Sammlungsort für meist (aber nicht immer) schwäbische Auswanderer, welche in den neueroberten Gebieten des Habsburgischen und Russischen Reiches in Südosteuropa und im südlichen Russland angesiedelt wurden. Eine erste Auswanderungswelle erreichte zwischen dem späten 17. und Mitte des 18. Jahrhunderts auf Ulmer Schachteln die neueroberten Länder des Habsburgischen Reiches im südöstlichen Europa. In ihren neuen Siedlungsgebieten im heutigen Rumänien, Ungarn und Serbien entstanden die Volksgruppen der Ungarndeutschen und/oder Donauschwaben.

Eine zweite Auswanderungswelle folgte Anfang des 19. Jahrhunderts. Von 1804 bis 1818 gelangten Tausende Auswanderer auf dem Wasserweg ins Mündungsgebiet der Donau (Dobrudscha) im heutigen Bulgarien und Rumänien sowie nach Bessarabien (heutige Republik Moldau) ans nördliche Schwarze Meer (heutige Süd-Ukraine) und von dort nach Süd-Russland, insbesondere in das Gebiet des Kaukasus. Die zumeist schwäbisch-stämmigen Auswanderer schifften sich in Ulm auf Flößen und Ulmer Schachteln ein und fuhren die Donau hinab bis zu deren Mündung ins Schwarze Meer bei Ismajil. Reiseerzählungen berichten von größten Strapazen der Auswanderer während der rund 2.500 Kilometer langen Fahrt. Zahlreiche Unglücksfälle und Krankheiten, die nach dem Genuss von verschmutztem Flusswasser und aufgrund schlechtester hygienischer Bedingungen in der drangvollen Enge der meist überfüllten Boote ausbrachen, forderten zahllose Todesfälle. Ergebnis dieser zweiten großen donauabwärts gerichteten Auswanderungsbewegung waren die Volksgruppen der Dobrudschadeutschen, Bessarabiendeutschen, Schwarzmeerdeutschen, und Kaukasiendeutschen.

Durch diese Auswanderungswellen wurden die bereits vor dieser Zeit vorhandenen engen Kontakte Ulmer Kaufmanns- und Schifferfamilien in diesen Raum nachhaltig verstärkt. Nach der Vertreibung der Ungarndeutschen und Donauschwaben aus Serbien und Ungarn infolge des Zweiten Weltkrieges sowie einer nach 1990 einsetzenden Auswanderungswelle von Donauschwaben aus Rumänien siedelten sich diese häufig in den ehemaligen Herkunftsgebieten ihrer Vorfahren an. Hierdurch entstand seit den späten 1940er Jahren rund um Ulm eine starke donauschwäbische Gemeinde. Heute bezeugen mehrere im Stadtgebiet aufgestellte Denkmäler, welche an Geschichte und Vertreibung der Donauschwaben erinnern, das im Jahr 2000 in den Räumen der Oberen Donaubastion (Bundesfestung Ulm) eröffnete Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) und zahlreiche Städtepartnerschaften und Kooperationsprojekte mit Gemeinden und Städten entlang der Donau die enge Verbindung Ulms mit den Donauschwaben und Südosteuropa.

Die seit dem Mittelalter kontinuierlich gewachsenen, weitgespannten geistigen wie kommerziellen Verbindungen Ulms spielen auch heute noch im Bewusstsein vieler Ulmer als Basis gegenwärtigen und zukunftsorientierten Denkens und Handelns eine zentrale Rolle. Sie werden sehr bewusst als Teil der eigenen Geschichte und Identität gepflegt. Das seit 1998 alle zwei Jahre stattfindende Internationale Donaufest mit Vertretern aller Donau-Anrainerstaaten, die kürzlich gegründete Europäische Donau-Akademie, der „lebende Kreuzweg“ der großen italienischen Gemeinde oder ein alljährlich stattfindendes „französisches Weinfest“ unterstreichen die engen und über Jahrhunderte hinweg gewachsenen und im Alltag gelebten gegenseitigen Verbindungen.

Nachbargemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der rechten (süd-östlichen) Seite von Donau und Iller grenzt die bayerische Kreisstadt Neu-Ulm an. Auf der linken (nordwestlichen) Seite ist Ulm fast gänzlich vom Alb-Donau-Kreis umgeben. Die baden-württembergischen Nachbargemeinden sind hier (von Süden über Westen nach Norden): Illerkirchberg, Staig, Hüttisheim, Erbach (Donau), Blaubeuren, Blaustein, Dornstadt, Beimerstetten und Langenau sowie im Osten die bayerische Gemeinde Elchingen.

Stadtgliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Stadtteile

Das Stadtgebiet von Ulm ist in 18 Stadtteile eingeteilt: Stadtmitte, Böfingen, Donautal, Eggingen, Einsingen, Ermingen, Eselsberg, Gögglingen-Donaustetten, Grimmelfingen, Jungingen, Lehr, Mähringen, Oststadt, Söflingen, Unterweiler, Weststadt und Wiblingen. Neun Stadtteile, welche im Zuge der jüngsten Gemeindereform in den 1970er Jahren eingemeindet wurden (Eggingen, Einsingen, Ermingen, Gögglingen-Donaustetten, Jungingen, Lehr, Mähringen und Unterweiler), verfügen über eigenständige Ortschaftsräte, welche eine wichtige Beraterfunktion des Gesamtstadtrates zu den die Stadtteile betreffenden Angelegenheiten wahrnehmen. Endgültige Beschlüsse über Maßnahmen können jedoch nur vom Stadtrat der Gesamtstadt Ulm getroffen werden.

Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einer Durchschnittstemperatur von 7,9 Grad Celsius (°C) und einem Niederschlagsdurchschnitt von 749 Millimeter (mm) pro Jahr liegt Ulm – wie fast ganz Deutschland – in der gemäßigten Klimazone. Im Vergleich zu anderen Städten Baden-Württembergs ist das Klima in Ulm jedoch relativ kalt. Die Durchschnittstemperatur liegt deutlich unter den Werten anderer Orte im Südwesten (zum Beispiel Heidelberg 11,1 °C, Karlsruhe 10,5 °C, Stuttgart 9,3 °C). Das Niederschlagsmittel weicht hingegen kaum von dem in Baden-Württemberg Üblichen ab (Karlsruhe 770 mm, Stuttgart 664 mm).

Humoristisch wird Ulm gelegentlich als „Hauptstadt des Nebelreiches“ bezeichnet. Die Statistik weist dagegen aus, dass in Ulm hinter Freiburg im Breisgau und München die Sonne mit 1698 Stunden am längsten scheint. Die relevante Messstation lag allerdings bis 2014 auf dem Kuhberg, einer der höchsten Erhebungen der Stadt. Mittlerweile ist sie in den ebenfalls höher gelegenen Stadtteil Mähringen verlagert worden.[3] Aufgrund der erhöhten Messstandorte blieben Nebelfelder im Donautal, in dem die Innenstadt Ulms liegt, bei den Messungen teilweise unberücksichtigt.

Hochwasser ist in Ulm nur gelegentlich ein Problem. Es tritt in der Regel nur dann auf, wenn Donau und Iller gleichzeitig viel Schmelz- oder Regenwasser mit sich führen. Gerade schlagartiges Schmelzwetter hat allerdings schon innerhalb eines halben Tages zu starken Überschwemmungen geführt.

Ulm ist nach einer 2007 publizierten Studie „Deutschlands gesündeste Großstadt“. Für die Bewertung waren aber neben Klimadaten auch andere Kriterien wie beispielsweise Luftverschmutzung, ärztliche Versorgung oder die Anzahl an Krippenplätzen ausschlaggebend.[4]

Ulm
Klimadiagramm
J F M A M J J A S O N D
 
 
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1
-4
 
 
44
 
3
-3
 
 
44
 
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13
3
 
 
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17
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20
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23
12
 
 
83
 
22
11
 
 
61
 
19
9
 
 
47
 
13
5
 
 
56
 
6
0
 
 
50
 
2
-3
Temperatur in °CNiederschlag in mm
Quelle: [5]
Klimadaten Ulms
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez    
Max. Temperatur (°C) 1 3 8 13 17 20 23 22 19 13 6 2 Ø 12,3
Min. Temperatur (°C) −4 −3 −1 3 7 10 12 11 9 5 0 −3 Ø 3,9
Temperatur (°C) −1,7 −0,1 3,5 7,7 12,2 15,2 17,4 16,5 13,2 8,4 3,0 −0,5 Ø 7,9
 
Niederschlag (mm) 48 44 44 58 77 100 81 83 61 47 56 50 Σ 749
 
Sonnenstunden (h/d) 1,6 2,6 4,0 5,3 6,6 7,2 8,0 7,1 5,7 3,5 1,8 1,5 Ø 4,6
 
Regentage (d) 17 14 13 14 15 16 16 14 13 15 16 15 Σ 178
 
Luftfeuchtigkeit (%) 89 85 78 73 72 73 72 75 80 85 88 88 Ø 79,8
T
e
m
p
e
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−3
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11
19
 
9
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5
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0
2
 
−3
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
N
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44
 
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81
 
83
 
61
 
47
 
56
 
50
 
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Quelle: [5]

Geologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Bohrmuschelkalk[* 1][* 2]
vom Oberen Eselsberg bei Ulm (Obere Meeresmolasse)

Im Großraum Ulm grenzen die tertiären, klastischen Molassesedimente an die Kalksteine des Oberen Jura.[6] Damit einher geht auch der Landschaftsübergang vom Alpenvorland hin zur Schwäbischen Alb. Die Kalke des Jura werden südlich (und zum Teil auch noch nördlich) von Ulm von den Sedimenten des Alpenvorlandes (Molassesedimente) überlagert. Neben den quartären Ablagerungen entlang des Blau-, Iller- und Donautals treten in Ulm Sedimente der Brackwassermolasse („Grimmelfinger und Kirchberger Schichten“) der Graupensandrinne, der Oberen Meeresmolasse, der Unteren Süßwassermolasse („Ulmer Schichten“) sowie des Obersten Juras (Massenkalke, Zementmergel des Kimmeridgium) in Erscheinung. Quarzsande werden unter anderem bei Eggingen (Ulm) abgebaut.

 
Turritellenkalk von der Erminger Turritellenplatte

Auf der Gemarkung von Ulm-Ermingen befindet sich die untermiozäneErminger Turritellenplatte“, die sich durch ihren Fossilreichtum auszeichnet. Die Ablagerung wurde vor rund 18,5 Millionen Jahren (Unteres Ottnangium) unter flachmarinen küstennahen Bedingungen gebildet (Obere Meeresmolasse).

In der Thermalwasserbohrung von Neu-Ulm (Donautherme Neu-Ulm) wurde der Oberjura (Malm) bis in eine Tiefe von 460 m erbohrt. Darunter folgen die Schichten des Mitteljura (Dogger) und des Unterjura (Lias). Von etwa 700 m Tiefe bis 890 m treten die Schichten der Oberen Trias (Keuper) und bis etwa 1010 m der Mittleren Trias (Muschelkalk) in Erscheinung. Darunter folgt dann schließlich das kristalline Grundgebirge, aus dem das Thermalwasser gefördert wird.

 

Anmerkung

  1. Der Name „Bohrmuschelkalk“ ist leicht irreführend. Anders als der abgebildete Turritellenkalk oder der sogenannte Trochitenkalk besteht er nicht wesentlich aus den Resten der namensgebenden Organismen. Vielmehr handelt es sich um Kalkstein, der von fossilen Bohrmuscheln besiedelt und von deren Wohnhöhlen durchlöchert wurde.
  2. Fritz Drevermann: Meere der Urzeit. Verlag Julius Springer, Berlin 1932 (Vorschau in der Google-Buchsuche).

Natur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Naturschutzgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Stadtkreis Ulm besitzt 2 Naturschutzgebiete:

  1. Gronne: 45,0 ha; seit 15. Dezember 1982
  2. Lichternsee: 92,0 ha; seit 16. Dezember 2014

Nach der Schutzgebietsstatistik der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW)[7] stehen 137,05 Hektar des Stadtgebiets unter Naturschutz, das sind 1,15 Prozent.

Geotope im Stadtkreis Ulm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kesselbrunnen, Gemarkung Jungingen, Erdzeitalter Tertiär, Geotop-ID ND8421001
  • Aufgelassener Steinbruch Steigäcker-Blattegert, Gemarkung Mähringen, Erdzeitalter Jura, Geotop-ID ND8421002
  • Aufgelassener Steinbruch Hagener Tal, Gemarkung Jungingen, Erdzeitalter Jura, Geotop-ID ND8421003
  • Hülbe St. Moritz, Gemarkung Jungingen, Erdzeitalter Tertiär, Geotop-ID ND8421004
  • Stockert, Gemarkung Ermingen, Erdzeitalter Tertiär, Geotop-ID ND8421005
  • Aufgelassener Steinbruch Eichhalde, Gemarkung Mähringen, Erdzeitalter Jura, Geotop-ID 8421001
  • Sandgrube Käppelesberg, Gemarkung Eggingen, Erdzeitalter Tertiär, Geotop-ID 8421002

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Archäologische Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Ansicht von Ulm um 1490

Die älteste nachgewiesene Besiedlung des Ulmer Raumes datiert aus der frühen Jungsteinzeit, um 5000 v. Chr. Nachgewiesen sind Siedlungen dieser Zeit, beispielsweise bei Eggingen (Grabungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg) und Lehr (Lesefunde verschiedener Sammler).

Zahlreiche Ausgrabungen im Rahmen der seit den 1960er Jahren betriebenen Stadtarchäologie (zunächst durch die Stadtgeschichtliche Forschungsstelle, zuletzt vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg) belegen: Das Gebiet des späteren Ulm war in Form der durch Schenkungsurkunden des Klosters Reichenau belegten Orte „Westerlingen“ und „Pfäfflingen“ besiedelt, bevor es als „Ulm“ erstmals namentlich erwähnt wurde (854). Die ältesten Funde datieren aus dem Endneolithikum (Bestattung der Glockenbecherkultur auf dem Münsterplatz). Bereits im Herbst 1857 wurde nördlich des Ulmer Bahnhofs am Unteren Kienlesberg ein großes, überaus reich ausgestattetes alamannisches Gräberfeld der Merowingerzeit entdeckt, das trotz mangelhafter Grabungsmethodik und Funddokumentation wichtige Hinweise für auch überregional bedeutsame Siedlungen auf dem Weinhof und im Bereich des Grünen Hofes (eventuell: Westerlingen und Pfäfflingen) lieferte.[8]

Als Ergebnis neuester Forschungen des Landesdenkmalamtes in der Neuen Straße[9] wurde jüngst eine vollständige Umschreibung der Ulmer Stadtgeschichte bis ins 14. Jahrhundert skizziert. Wesentlichste Thesen sind hierbei: Die Pfalz befand sich etwa auf Höhe der heutigen Spitalhofschule/Adlerbastei. Der bisher angenommene Standort am Weinhof soll eine ottonische Gründung gewesen sein. Demnach geht die Kernstadt auf eine ottonische Stadtgründung zurück.

Beim bisherigen Grabungs- und Diskussionsstand sind die vorgebrachten Argumente jedoch nicht vollständig überzeugend, da das neue, in einigen Punkten sehr bedenkenswerte Modell den archäologischen Befunden im übrigen Stadtgebiet weniger gerecht wird als die bisherigen Vorstellungen, die den hier folgenden Kapiteln zugrunde liegen.

Im Mai 2007 wurden bei Ausgrabungsarbeiten beim Salemer Hof im Südosten der Ulmer Altstadt Reste jungsteinzeitlicher Siedlungsanlagen sowie ein etwa 5000 Jahre altes Skelett entdeckt.

Städtische Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor 1200[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im frühen Mittelalter, wohl um 850, wurde Ulm zur Königspfalz. Die erste urkundliche Erwähnung datiert vom 22. Juli 854. König Ludwig der Deutsche besiegelte eine Urkunde in „Hulma“. Der Name ist ein germanischer oder vorgermanischer Gewässername (indogermanische Wurzel *uel: drehen, winden, wälzen oder *el-/*ol-: fließen, strömen, feucht sein, modrig sein), der auf einen Zusammenhang mit der Mündung der Blau in die Donau deutet.[10]

Es gibt aber auch eine neue Deutung, die auf die weiter östlich gelegene Furt über die Donau zurückgeht, wo die Pfalz seit den neuen archäologischen Ausgrabungen lokalisiert wird:

Dumitrache/Legant (2006): Der lange Weg zur Stadt.[11]

Ulm war in den nächsten 50 Jahren ein wichtiger Pfalzort, was sich in den zahlreichen Königsbesuchen widerspiegelte. In den Ungarnstürmen wurde die Pfalz vermutlich zu einer Fluchtburg ausgebaut. Auf Grund der Ausgrabungen wird folgende weitere Entwicklung angenommen:

Dumitrache/Legant (2006): Der lange Weg zur Stadt.[11]

Damit ist der Weinhof wohl erst in ottonischer Zeit der Platz für eine Burg geworden, Dort entstand später auch ein Turm, ein Luginsland. Es kann vermutet werden, dass Otto I. wohl den ersten Schritt zur Stadtgründung getan hat.

Nach den jüngsten Erkenntnissen der archäologischen Untersuchungen in der Neuen Straße führte der Weg Ulms von der königlichen Pfalz zur Freien Reichsstadt über folgende Entwicklungsschritte:

  • Karolingische Pfalz beim Donauübergang ab Mitte 9. Jahrhundert;
  • Befestigung und Ausbau zur Fluchtburg in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts;
  • Verlagerung des Herrschaftssitzes von der Niederung auf den Stadtrücken in frühottonischer Zeit – damit verbunden Neugründung einer Burg mit Stadt;
  • Übergang vom Holz- zum Steinbau in salischer Zeit;
  • Wiederaufbau der 1134 zerstörten Stadt und Stadterweiterung in frühstaufischer Zeit;
  • Binnenwachstum und Errichtung der Stadtmauer über Jahrhunderte verbunden mit der Entwicklung zur kommunalen Stadtverwaltung.[11]

Seine Bedeutung als Ort von Königsaufenthalten verlor Ulm während der Zeit der sächsischen Könige im 10. und 11. Jahrhundert. Erst unter den Saliern – beginnend mit dem Hoftag Konrads II. im Jahr 1027 – sind wieder vermehrt königliche Aufenthalte nachweisbar. 1079 wurde Friedrich von Staufen mit dem Herzogtum Schwaben belehnt. Nach Festigung ihrer Macht in diesem Raum konnten die Staufer Ulm zu einem ihrer Hauptstützpunkte ausbauen. Das Aussterben der Salier führte zu Kämpfen um die Reichsgüter aus diesem Erbe, in deren Folge Ulms Umland 1131 niedergebrannt wurde, 1134 traf es dann auch die komplette Stadt.[12]

Unter den Staufern wurde die Ulmer Pfalz ab 1140 wieder aufgebaut und im Gefolge wurde die Siedlung weiter ausgebaut. 1181 wurde sie zur Stadt erhoben und 1184 zur Freien Reichsstadt.[13] Rund 100 Jahre später scheint Ulm komplett befestigt gewesen zu sein, da es einer Belagerung des Gegenkönigs Heinrich Raspe im Winter 1246 standhalten konnte. Ulm entwickelte sich zu einem der Herrschaftsschwerpunkte der Stauferkönige und -kaiser. Zur Verfassungsentwicklung in der Frühphase Ulms ist wenig überliefert. „Eine Urkunde über die Erhebung Ulms zur Stadt ist nicht überliefert“. Die Stadtwerdung scheint seit dem 11. Jahrhundert etappenweise stattgefunden zu haben, ohne jedoch schriftliche Überlieferungen zu hinterlassen. Die Verleihung Esslinger Stadtrechts durch Rudolf von Habsburg 1274 war wohl mehr „eine Verlegenheitslösung, um eine […] Lücke auszufüllen“.[14]

1200 bis 1500[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Seccomalerei an der Südseite des Rathauses, auf der die Handelsbeziehungen Ulms zu sehen sind
 
Ulmer Münz und Schiefes Haus (rechts)

Mit dem Ende der staufischen Herrschaft gelang es Ulm, eine Königsstadt zu bleiben, was möglicherweise daran lag, dass die die Reichsvogtei innehabenden Linien der Grafen von Dillingen fast gleichzeitig ausstarben und Graf Ulrich von Württemberg als neuer Vogteiinhaber keine Ambitionen bezüglich Ulms hatte. Ende des 13. Jahrhunderts ist ein städtischer Amtmann fassbar, der jährlich von den Bürgern gewählt wurde.

In das 14. Jahrhundert fällt dann die Vervierfachung des Stadtgebiets auf 66,5 Hektar, was bis ins 19. Jahrhundert die Größe der Stadt bleiben sollte. Einher ging mit der Erweiterung auch die Neubefestigung der Stadt, die möglicherweise in Zusammenhang mit einem im Ergebnis misslungenen Überfall von Ludwig dem Bayern 1316 steht.[15] Innerstädtisch war die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts von bürgerkriegsähnlichen Unruhen geprägt, die im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen den Zünften und dem städtischen Patriziat standen, welches großteils aus ehemaligen kaiserlichen Amtmannen entstanden war und die Herrschaft ausführte. 1345 kam es zu einer Zwischenlösung in Form des Kleinen Schwörbriefs, der vorläufig zu einer Befriedung der Situation führte, indem er erstmals den Zünften entscheidende Mitsprache in politischen und rechtlichen Dingen einräumte.

Unter Ulmer Führung wurde 1376 der Schwäbische Städtebund als Bündnis von 14 schwäbischen Reichsstädten gegründet. Ulm wurde hierbei zum „Vorort“ (d. h. Hauptort für Versammlungen des Bundes) gewählt und erhielt den Titel „Haupt- und Zierde Schwabens“. Am 30. Juni 1377 begann der Bau des Ulmer Münsters, da die alte Kirche vor den Stadtmauern lag und die Einwohner während einer kurz zuvor erfolgten Belagerung durch Kaiser Karl IV. nicht zur Kirche gehen konnten. Nach der Niederlage im Ersten Städtekrieg 1388 fiel der Schwäbische Städtebund auseinander. Ulm verlor dadurch an Einfluss auf die anderen schwäbischen Städte, blieb jedoch sowohl ökonomisch als auch politisch so einflussreich, dass es zahlreiche, weitestgehend unabhängige Niederlassungen in nahezu allen wichtigen Handelsstätten Europas unterhielt (z. B. Venedig, Wien, Antwerpen/Amsterdam, Konstantinopel/Istanbul). 1396 kamen Geislingen mit der Burg Helfenstein, Altenstadt, Amstetten, Aufhausen und weitere Orte an die Stadt, als der Graf von Helfenstein seine Schulden bei der Stadt begleichen musste.[16]

Der Große Schwörbrief, die Ulmer Verfassung, trat 1397 in Kraft, nachdem der Kompromiss des Kleinen Schwörbriefs „immer unbefriedigender wurde“.[17] Er regelte die Machtverteilung und die Aufgaben des Bürgermeisters. Die Zünfte hatten nun 30, die Patrizier nur noch 10 Ratssitze. Gleichzeitig wurde den Patriziern das aktive Wahlrecht verweigert. Der Bürgermeister musste den Einwohnern Rechenschaft ablegen. Der Schwörmontag (vorletzter Montag im Juli) ist seither ein Ulmer Feiertag.

1480 wurde mitten „im reißenden Fluss“ eine neue Stadtmauer errichtet. Sie reichte vom 1348 erbauten Herdbruckertor bis zum an der heutigen Wilhelmshöhe gelegenen Fischertor. Diese heute noch existierende Stadtmauer entlang der Donau löste die alte, nur noch in Teilen übrig gebliebene Mauer ab, welche vom Fischerturm über den Schweinemarkt und die beiden Blauarme (Reste in der heutigen Häuslesbrücke erhalten) in einem fast rechten Winkel auf die Buckelquadermauer der staufischen Pfalz stieß und dieser dann in östlicher Richtung folgte. Die mittelalterliche Mauer wurde dann 1527 nach Albrecht Dürers Befestigungslehre (im selben Jahr in Nürnberg erschienen unter dem Titel Etliche underricht/zu befestigung der Stett/Schlosz/und flecken) vom Nürnberger Baumeister Hans Beham d. Ä. umgebaut.

Dürers Ideen wurden folgendermaßen von Beham umgesetzt: Die an die Stelle der Mauer tretende Mauer-Wall-Grabenwehr sollte dem Beschuss der damals modernen Feuerwaffen besser standhalten und dem Verteidiger zusätzlich ermöglichen, eigene Artillerie besser zu positionieren. Für die Artillerie wurden von der Stadtseite her auch Auffahrrampen gebaut. Nach außen wurde eine Brustwehr mit großen Schießscharten errichtet. Dürers Befestigungs-Ideen wurden weiterhin umgesetzt, indem die durch ihre Höhe bei Artilleriebeschuss besonders gefährdeten Türme der Stadttore radikal abgetragen und mit niedrigen Achteckgeschossen versehen wurden. Zudem sah Dürers System vor, dem Wall runde Basteien vorzulagern, von wo aus der Graben flankierend beschossen werden konnte. Auch die Stadtbefestigung beim Glöcklertor, Neuen Tor und beim Frauentor wurde dann demgemäß modernisiert. Die Anfang des 17. Jahrhunderts dann von Gideon Bacher im italienischen Stil realisierte Bastionärbefestigung, welche die Verteidigungslinien weit in das Vorfeld hinaus verlagerte, veränderte das Stadtbild noch entscheidender als Behams Umbauten. Und gleich anschließend (ab 1617 bis 1622) setzten der holländische Ingenieur Johan van Valckenburgh und diverse Nachfolger mit ihren Um- und Neubauten nach niederländischem System, das damals als Nonplusultra der Festungsbaukunst galt, nochmals neue Maßstäbe. Überbleibsel ihrer Tätigkeit ist im Wesentlichen der Bereich Wilhelmshöhe/Promenade. Diese neuen Arbeiten kosteten rund zwei Millionen Gulden, welche durch Steuern aufgebracht werden mussten.

Zwischen 1484 und 1500 veröffentlichte der in Ulm wirkende, weitgereiste Dominikaner Felix Fabri seinen Tractatus de civitate Ulmensi (Abhandlung von der Stadt Ulm). Sie gilt als älteste erhaltene Chronik der Stadt Ulm überhaupt. Fabri beschreibt darin nicht nur die Gegenwart der Stadt zu seiner Zeit, sondern versucht auch, deren Geschichte möglichst umfassend darzustellen. Das Autograph dieses in lateinischer Sprache verfassten Werkes befindet sich im Ulmer Stadtarchiv.

1500 bis 1800[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Vogelschaubild von Ulm, 1597, Aquarell von Philipp Renlin
 
Ulm von oben um 1650, Kupferstich von Merian
 
Ulm in drei Blickrichtungen um 1650, Kupferstich von Merian
 
Territorium der Freien Reichsstadt Ulm (mit Exklave Wain) nach einer Karte von Johann Baptist Homann aus dem Jahr 1725

Ihren wirtschaftlichen wie kulturellen Höhepunkt erreichte die Stadtentwicklung um 1500: Ulm besaß das nach Nürnberg zweitgrößte reichsstädtische Territorium auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Drei Städte (Geislingen, Albeck und Leipheim) sowie 55 Dörfer gehörten zum Gebiet. Die Stadt war wichtiger Umschlagplatz für Eisen, Textilwaren, Salz, Holz und Wein. Gleichzeitig entwickelte sich Ulm seit Mitte des 15. Jahrhunderts zu einem der bedeutendsten Kunstzentren Süddeutschlands. Kunstwerke aus Ulmer Produktion (vor allem aufwändig gestaltete Skulpturen und Flügelaltäre) wurden weit über die Stadtgrenzen hinaus zu „Exportschlagern“ und bis nach Wien, Sterzing (Südtirol) und in die Niederlande gehandelt. Aus dieser Zeit stammt auch der Reim, der die Stellung der Stadt in der damaligen Welt untermauerte:

Venediger Macht,
Augsburger Pracht,
Nürnberger Witz,
Straßburger Geschütz,
und Ulmer Geld
regier’n die Welt.

Mit dem Ulmer Geld im Vers ist neben dem in Ulm geprägten und von Ulmer Handelsleuten und Bankiers reichlich verwendeten Münzgeld auch das gemeint, was den eigentlichen Reichtum Ulms ausmachte – das Barchent, ein Mischgewebe aus Baumwolle und Leinen. Das nach strengster Prüfung mit dem Ulmer Siegel versehene Barchent bürgte für eine so außergewöhnlich hohe Qualität, dass es, da in ganz Europa begehrt, so gut wie Geld war.

Aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung wurde Ulm auch zum Hauptort, d. h. zum Versammlungsort und Verwaltungssitz, des Schwäbischen Bundes.[18] Dieser 1488 gegründete Bund diente der Einigung der schwäbischen Reichsstände, sicherte einen dauerhaften Landfrieden und war ein wesentliches Element der Reichsreform. Zwar zerbrach der Schwäbische Bund infolge der Reformation schon 1534 wieder, allerdings wurde Ulm durch seine Bedeutung in diesem Bündnis nicht nur zu einem wesentlichen politischen Zentrum, sondern auch zum faktischen Verwaltungsmittelpunkt in Schwaben.[19]

Mit der Gründung des Schwäbischen Reichskreises als einem von insgesamt 10 Reichskreisen, mit denen Kaiser Maximilian I. 1500 bzw. 1512 die Verwaltung des Heiligen Römischen Reiches neu ordnete, gelang es Ulm daher nochmals, an seine Vormachtstellung unter den schwäbischen Städten und Reichsständen anzuknüpfen. Die Stadt wurde zum Haupt- und Versammlungsort des neuentstandenen schwäbischen Reichskreises. Die Reichskreistage (d. h. die beschlussfassenden Versammlungen der im schwäbischen Reichskreis zusammengeschlossenen Reichsstände) fanden bis zum Ende der Reichsstadtzeit im gotischen Rathaus statt. Als Ausweichquartier für die städtische Verwaltung während der Reichskreistage wurde zwischen 1583 und 1593 von Hans Fischer und Matthäus Gaiser der Neue Bau im Stil der Ulmer Spätrenaissance errichtet. Er diente als Mehrzweckgebäude gleichzeitig als Rat- und Schwörhaus, Gerichtssaal, Gefängnis und städtisches Lager für Salz, Wein und Korn.

Ab 1694 unterhielt der schwäbische Reichskreis ein ständiges stehendes Heer, dessen Verwaltung und Materialbestände zu großen Teilen im Ulmer Zeughaus untergebracht wurden.

Die Entdeckung Amerikas (1492) sowie des Seeweges nach Indien (1497), aber auch die starke lokale Konkurrenz im Barchent-Geschäft durch die Fugger, welche zu Beginn des 16. Jahrhunderts den lukrativen Barchenthandel zunehmend auf ihre neuerworbenen Besitzungen im unteren Illertal „umleiteten“, ließen den Wohlstand und Einfluss Ulms bald nach 1500 schnell verblassen. Das Entstehen neuer Handelszentren und die Verlagerung der wichtigsten Handelsrouten Richtung Atlantik führten zu einem allmählichen wirtschaftlichen Niedergang der Stadt. Hierzu trugen nicht zuletzt auch religiöse Spannungen bei. Die Stadt gehörte 1529 zu den Vertretern der protestantischen Stände (Protestation) am Reichstag zu Speyer. Ihre Bürgerschaft forderte die ungehinderte Ausbreitung des evangelischen Glaubens. 1531 trat die Stadt durch Abstimmung der Bürgerschaft dem protestantischen Glauben bei. Der nachfolgende Bildersturm, in dessen Folge über 30 Kirchen und Kapellen abgerissen oder profaniert sowie weit über 100 Altäre (allein über 60 im Münster) zerstört oder entfernt wurden, bedeutete auch das abrupte Ende Ulms als Kunstzentrum. Konflikte mit dem Kaiser und anderen Reichsständen führten bis 1546 (Schmalkaldischer Krieg) dazu, dass Ulm 35 seiner Dörfer durch Plünderung oder Brandschatzung verlor und sich zuletzt doch dem katholischen Kaiser Karl V. unterwerfen musste, welcher 1546 die bis dahin gültige städtische Verfassung (Großer Schwörbrief) aus dem Jahre 1397 aufhob und dem städtischen Adel (Patriziat) durch den sogenannten Hasenrat faktisch die alleinige Entscheidungsgewalt in der Stadt zusprach.

Im Laufe der nächsten Jahrhunderte wurde der einstige Reichtum der Stadt durch weitere Kriege, besonders während des Dreißigjährigen Krieges und des Spanischen Erbfolgekrieges, durch verheerende Seuchen, Reparationszahlungen und Erpressungen verschiedener Belagerer und Besatzer derart verringert, dass die Stadt um 1770 bankrott war und weiteren Grund (Herrschaft Wain) veräußern musste. 1786 umfasste das Ulmische Gebiet noch folgende Verwaltungen: Obervogteiamt Geislingen, Oberämter Langenau, Albeck und Leipheim sowie die Ämter Süßen, Stötten, Böhringen, Nellingen, Weidenstetten, Lonsee, Stubersheim, Bermaringen und Pfuhl.

1800 bis 1918[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Ulm (um 1890/1900)

Die Neuordnung Europas durch Napoleon wirkte sich auch in Ulm aus. 1802, noch vor der Verkündung des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803, verlor die Stadt ihre Unabhängigkeit und wurde dem Kurfürstentum Bayern eingegliedert. Anknüpfend an Ulms führende Rolle innerhalb des aufgelösten schwäbischen Reichskreises wurde Ulm Sitz der Landesdirektion der „Baierischen Provinz Schwaben“ (Vorgänger der heutigen Regierung von Schwaben). Am 14. Oktober 1805 fand nahe der Stadt eine entscheidende Schlacht der napoleonischen Kriege statt (Schlacht von Elchingen), die zur Schlacht von Ulm am 16. bis 19. Oktober führte, aus der Napoleon als Sieger herausging. Nachdem der französische Marschall Ney die Österreicher vernichtend geschlagen hatte (hierfür wurde er zum Herzog von Elchingen ernannt), zogen sich diese nach Ulm zurück, wo sie belagert wurden und kurz darauf kapitulierten. Damit war für Napoleon der Weg nach Osten frei für die Entscheidungsschlacht gegen die Russen und Österreicher bei Austerlitz. 1810 gelangte Ulm durch einen bayerisch-württembergischen Gebietsaustausch an das Königreich Württemberg. Für Ulm hatte der Übergang an Württemberg schwerwiegende und bis heute andauernde Folgen. Zwar kam der weitaus größere Teil des ehemaligen reichsstädtischen Territoriums nördlich der Donau mit Ulm an Württemberg, unterlag jedoch zu großen Teilen nicht mehr direkter Ulmer Verwaltung, sondern wurde anderen Ämtern und Oberämtern (v. a. Geislingen, das vorher selbst zum Ulmer Gebiet gehört hatte) zugeschlagen. Der kleinere, aber für Ulm wirtschaftlich wichtigere südliche Teil des vormaligen Ulmer Territoriums blieb bayerisch, wurde „Ausland“ und bildete den Grundstock der künftigen Stadt Neu-Ulm. Ulm war damit Grenzstadt geworden.

Was der Verlust seines südlich der Donau gelegenen Hinterlandes für Ulm ausmachte, lässt sich dadurch verdeutlichen, dass südlich der Donau wichtige Ulmer Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen lagen. Von der zentralen Herdbrücke aus flussaufwärts zur Illermündung hin landeten die Illerflöße an, die meist Ulm als Endpunkt ansteuerten, aber bisweilen auch bis Wien fuhren. Es waren überwiegend reine Baumflöße, aber auch so genannte Bäderische, die aus bereits vorgearbeiteten Brettern bestanden. Die Flößer brachten nicht nur Bauholz für die Stadt, sondern auch Brennholz, Salz und Köstlichkeiten wie Käse (aus der Schweiz und dem Allgäu), Weinbergschnecken, Wein (aus den Anbaugebieten am Bodensee oder aus Italien) oder Kirschwasser. Zwischen der heutigen Eisenbahnbrücke und der Gänstorbrücke lagen am südlichen Donauufer ein Zimmerplatz für Bauholz, ein Holzhandelsplatz und ein weiterer Holzmagazinplatz für das Lagern und den überregional bedeutsamen Verkauf von Bau- und Brennholz.

 
Wilhelmsburg 1904

Des Weiteren befanden sich südlich der Donau in unmittelbarer Nähe der Herdbrücke am sog. „Schiffbauerplatz“ mehrere Schiffswerften, in welchen die sog. „Ulmer Schachteln“ für die hier einsetzende Donauschifffahrt gebaut wurden. Nach ihrer Fertigstellung wurden diese am sog. „Schwal“ mit Waren beladen und zu Wasser gelassen. Etwas weiter flussabwärts unterhielt die Gärtnerzunft einen Düngerplatz, der vor allem wichtig für die stattliche Anzahl der ebenfalls südlich gelegenen Baum-, Obst- und Lustgärten war. Dem Steinhäule zu lagen die Einrichtungen zur Verwertung von Tierkörpern, welche der Verwaltung des reichsstädtischen Scharfrichters unterlagen. Dieser war zugleich Wasenmeister (Abdecker, Schinder, Kleemeister).

Auch das reichsstädtische Schützenhaus lag südlich der Donau. Dort pflegte die Schützengesellschaft mehrmals in der Woche Schießübungen abzuhalten. Gleichzeitig bildete das südliche Donauufer auch das bevorzugte Naherholungsgebiet der Ulmer, wo man spazieren ging, promenierte und in den Schänken einkehrte. Als die Donau dann infolge der napoleonischen Kriege und Gebietsverschiebungen zwischen den neuen Königreichen Württemberg und Bayern zum Grenzfluss wurde, gab es plötzlich einen Passzwang für Spaziergänger, dies auch für jene Ulmer, welche jenseits der Donau ihren Arbeitsplatz hatten.

Mit dem Anschluss an Württemberg wurde Ulm Sitz eines Oberamtes, des Oberamtes Ulm. Ein Jahr später erhielt die Stadt die Bezeichnung „Unsere gute Stadt“ und damit das Recht auf einen eigenen Landtagsabgeordneten.

Im Jahre 1811 sollte Albrecht Ludwig Berblinger, „der Schneider von Ulm“, anlässlich des Antrittsbesuchs des württembergischen Königs in der Stadt das von ihm entworfene Fluggerät vorführen. Nach Aussage von Augenzeugen absolvierte Berblinger im Bereich des oberen Michelsbergs mit seinem Fluggerät erfolgreich mehrere Gleitflüge von mehreren Dutzend Metern „über Wiesen und Gärten“. Ungünstigerweise sollte Berblinger seine Flugkünste nun nicht dort, sondern am hohen Ufer der Adlerbastei nahe der Herdbrücke präsentieren. Berblinger scheute die Demonstration, weil er richtigerweise die dort herrschende Thermik als für Flugversuche extrem ungünstig einschätzte. Am Tag darauf, der König war nicht mehr anwesend, dafür aber sein Sohn, stand der Ulmer Flugpionier wieder am Start. Einem Ondit zufolge soll der immer noch zögernde Berblinger von der Adlerbastei gestoßen worden sein und landete, statt am bayerischen Ufer, in der Donau. Neuzeitliche Flugwettbewerbe zeigten denn auch, dass die für die Flugvorführung Berblingers gewählte Stelle in jedem Falle für das Hinübergleiten mit nichtmotorisierten Fluggeräten sehr problematische Bedingungen bietet. Für Albrecht Berblinger hatte die gescheiterte Flugvorführung verheerende Folgen. Weit über Ulm hinaus wurde er zur lächerlichen Witzfigur und war dem Spott seiner Zeitgenossen schutzlos preisgegeben. Er selbst gab verbittert seine Experimente auf, zog sich zurück und starb verkannt und völlig verarmt. Inzwischen ist (nicht nur in Ulm) die Ehre Berblingers hinsichtlich seiner Einschätzung als Flugpionier wiederhergestellt. Neben den zeitgenössischen Berichten haben auch moderne Nachbauten von und Versuche mit Berblingers Fluggerät eindeutig bewiesen, dass es tatsächlich flugtauglich war und sich damit bei guter Thermik beachtliche Strecken zurücklegen lassen.

Ulm wurde 1819 Sitz des württembergischen Donaukreises (etwa einem Regierungsbezirk vergleichbar).

 
Brief mit einer der ersten Briefmarken des Königreichs Württemberg, Abstempelung ULM 1852
 
Erster Ulmer Bahnhof und Postamt im Jahr 1855

Die Eröffnung der ersten durchgehenden Strecke des württembergischen Eisenbahnnetzes von Heilbronn nach Friedrichshafen am 1. Juni 1850 sowie die seit Mitte des 19. Jahrhunderts angegangenen gewaltigen Bauaufgaben des Baues der Bundesfestung und der Fertigstellung des Ulmer Münsters brachten neues Leben in das inzwischen zum „Provinznest mit 12.000 Einwohnern“ gewordene Ulm. Im Gefolge der Errichtung der Bundesfestung mit 53 Festungswerken um Ulm und Neu-Ulm herum sowie der Vollendung des Münsters, in deren Folge Ulm seit 1885 den bis heute höchsten Kirchturm der Welt erhielt (die Einweihung des neuen Westturms war am 31. Mai 1890), zog wieder der Wohlstand ein.

Folge dieser Belebung war eine stark ansteigende Einwohnerzahl und die Gründung zahlreicher Wirtschafts- und Industrieunternehmen. So entdeckte der Ulmer Apotheker Gustav Ernst Leube die seit der Spätantike vergessene Kunst der Zementherstellung neu und gründete 1838 mit seinen Brüdern, Wilhelm und Julius Leube, die erste Zementfabrik Deutschlands. Conrad Dietrich Magirus, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ulm, beschäftigte sich mit der Konstruktion von Gerätschaften zur Feuerbekämpfung. Er gilt als Erfinder der fahrbaren Feuerleiter. 1864 wurde Magirus Kommanditist der neu gegründeten Gebr. Eberhardt offene Handels- und Kommanditgesellschaft, die Feuerwehrgeräte herstellte und vertrieb. Nach Unstimmigkeiten zwischen Magirus und den Gebrüdern Eberhardt gründete Magirus dann 1866 seine eigene Firma, der er den Namen Feuerwehr-Requisiten-Fabrik C. D. Magirus gab. 1893 gründete Karl Heinrich Kässbohrer, Spross einer alten Ulmer Fischer- und Schifferdynastie, die Wagenfabrik Kässbohrer. Ab 1910 wurden dort erstmals Karosserien für Personenwagen-Fahrgestelle in Serie gefertigt. Auch erhielt die Firma das erste Patent für einen kombinierten Omnibusaufbau für Personen- und Gütertransport. 1922 entwickelte Kässbohrer den ersten Lastwagen-Anhänger.

 
Ulm im Mai 1888 mit kurz vor der Fertigstellung stehendem Hauptturm des Münsters

Eine bedeutende Rolle für die Entwicklung Ulms und Neu-Ulms spielten auch die seit Mitte des 19. Jahrhunderts stationierten Truppen der Bundesfestung. So zählte Ulm 1913 60.000 Einwohner, davon über 10.000 Soldaten. Auch 1938, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, war die Doppelstadt Ulm/Neu-Ulm mit mehr als 20.000 Soldaten die größte Garnison im Deutschen Reich. Die tolerant-reichsstädtisch geprägten Ulmer waren kriegerischen Handlungen und dem Militär an sich nicht besonders zugetan. Selten hatte Krieg in der Geschichte der Stadt Gutes gebracht. Die Abneigung der Ulmer gegen alles allzu Militärische zeigte sich z. B. darin, dass die Reichsstadt bereits sehr früh große Teile der Verteidigung der Stadt auswärtigen Söldnern überließ, für die entlang der Stadtmauer eigens die sogenannten „Grabenhäuschen“ gebaut wurden. Auch versuchte Ulm Gebietsstreitigkeiten mit seinen Nachbarn stets diplomatisch, notfalls auch durch horrende Geldzahlungen zu regeln. Große Teile des ehemaligen reichsstädtischen Territoriums waren durch Kauf oder Schuldeinlösungen in die Hände der Ulmer gelangt, nicht durch militärische Mittel. Auch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht nach dem unfreiwilligen Anschluss an Bayern und Württemberg stieß in Ulm auf erbitterten und lang anhaltenden Widerstand. Insgesamt war Ulm im Lauf seiner Geschichte wiederholt Objekt verschiedener Begierden, die meist zum Schaden der Stadt auch mit kriegerischen Mitteln verfolgt wurden. So wurde die Stadt als Hauptort des Schwäbischen Städtebundes oder des Schwäbischen Reichskreises immer auch durch eigenes oder fremdes Militär geprägt.

1918 bis 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Fort Oberer Kuhberg (zeitweise KZ)

1918/19 wurde auch in Ulm die Demokratie des Weimarer Staates eingeführt. 1919 wurde mit dem württembergischen Gemeindegesetz für alle Menschen das aktive und passive demokratische Wahlrecht eingeführt. Es wurde eine repräsentative Demokratie mit Stadträten geschaffen. Parteien wurden gegründet, die sich im Stadtrat in Fraktionen organisierten und die Verwaltung mit dem demokratisch gewählten Bürgermeister kontrollierten. Allerdings wurden die Parteien, die diese Demokratie abschaffen wollten, allen voran die Nationalsozialisten, immer stärker.[20] Der Erste Weltkrieg und die folgende Weltwirtschaftskrise hatten Ulm besonders hart getroffen, da die Wirtschaftsunternehmen der Stadt stark exportorientiert ausgelegt waren und als vormalige Rüstungsunternehmungen direkt von Reparationsforderungen und Herstellungsbeschränkungen des Versailler Vertrages betroffen waren. Auch die radikale Verringerung der Anzahl des in Ulm stationierten Militärs wegen der Niederlage im Ersten Weltkrieg wirkte sich extrem negativ auf die örtliche Wirtschaft aus. Dazu kam die Zerstörung der Währung durch die Inflation 1922/1923, die kurzzeitig zu einer eigenen Regionalwährung führte, dem Markengeld Wära.

Es gelang den Nationalsozialisten und den mit ihnen verbündeten, die Demokratie ablehnenden Parteien, diejenigen Parteien, die die Weimarer Republik stützten, für die Reparationsverpflichtungen, die schlechte Wirtschaftslage und auch für den Abbau des Militärs verantwortlich zu machen, verbunden mit einem hohen Anteil von Antisemitismus: Die Juden galten als Urheber aller negativen Geschehnisse der Weimarer Republik. Dazu kam die Bekämpfung der Kommunisten, die die Weimarer Republik selbst ablehnten. So kam es seit den späten 1920er Jahren in Ulm zu hohen Stimmenanteilen der Nationalsozialisten.

 
Weinhof vor 1927 (mit der in der Reichskristallnacht zerstörten Synagoge)

Direkt nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 setzte die Verfolgung der Weimarer Demokraten, von Kommunisten und auch der Juden ein. Dies wurde anfangs von der SA und SS im Auftrag der NSDAP durchgeführt, später von den Polizeibehörden. Viele der Opfer dieser Verfolgung wurden von 1933 bis 1935 im Konzentrationslager Oberer Kuhberg, einem der Festungswerke der Bundesfestung Ulm, ohne Gerichtsverfahren eingekerkert und misshandelt. Später wurden die verbliebenen Gefangenen in das KZ Dachau überstellt. Darunter befand sich auch Kurt Schumacher. Gleichzeitig wurden die demokratischen Gremien und der demokratische Rechtsstaat abgeschafft. Wahre Herrscher von Ulm waren ab 1933 der NSDAP-Kreisleiter Eugen Maier und seine Vorgesetzten im NSDAP-Gau Württemberg-Hohenzollern.[21]

1933 richtete die Württembergische Politische Polizei im Neuen Bau eine Außenhauptstelle ein, die ab 1936 bis Kriegsende als Dienststelle der Geheimen Staatspolizei fungierte.[22]

Von 1933 bis 1935 bestand das KZ Oberer Kuhberg mit hauptsächlich politischen Gefangenen im gleichnamigen Fort der Bundesfestung Ulm.

Am 22. April 1934 gaben oppositionelle Vertreter der evangelischen Kirche aus ganz Deutschland (Deutsches Reich) im Ulmer Münster die Ulmer Erklärung ab, in der sie sich gegen die Bestrebungen wandten, die Selbstständigkeit der evangelischen Kirche dem nationalsozialistischen Staat unterzuordnen.

1938 wurde die Stadt kreisfrei und zudem Sitz des aus dem alten Oberamt hervorgegangenen Landkreises Ulm.

 
Neue Synagoge

In der sogenannten Reichspogromnacht (9./10. November 1938) wurde die 1873 geweihte Ulmer Synagoge Am Weinhof 2 von einer Ulmer SA-Gruppe in Brand gesetzt. Daneben wurden Mitglieder der jüdischen Gemeinde misshandelt, woran sich auch andere Ulmer Bürger beteiligten. 56 Männer wurden für mehrere Monate im KZ Dachau inhaftiert. Zwei Verhaftete aus Ulm überlebten die dortigen Torturen nicht. Die städtische Feuerwehr löschte den Brand der Synagoge schnell, jedoch nicht, um den Brand des Heiligtums der jüdischen Gemeinde zu verhindern, sondern weil sie ein Übergreifen des Brandes auf benachbarte Gebäude verhindern wollte. Um den nationalsozialistischen Pogrom zu vollenden, ordnete die Stadtverwaltung einige Tage später den Abriss des Gebäudes an und zwang die jüdische Gemeinde, ihn selbst zu finanzieren.[23][24] Nach der „Reichskristallnacht“ wurden die restlichen in Ulm lebenden Menschen jüdischen Glaubens zwangsweise in sogenannte Judenhäuser einquartiert. 1941 bis 1942 wurden die verbliebenen Ulmer Juden in die Vernichtungslager in den Osten abtransportiert, um sie dort zu ermorden. Nur wenige der deportierten Ulmer Juden überlebten. Am Treppenabgang der Sparkasse Neue Straße 66 erinnerte von 1990 bis zum Neubau der Synagoge auf dem Weinhof gegenüber im Jahr 2012 eine Gedenktafel an die verfolgten und in der Shoa ermordeten 122 Ulmer Juden und ihr Gotteshaus. Das Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933–1945) verzeichnet namentlich 197 jüdische Einwohner Ulms, die deportiert und größtenteils ermordet wurden.[25]

Es gab vereinzelt auch Widerstand gegen den nationalsozialistischen Staat. 1942 bildete eine Gruppe Abiturienten um Hans und Susanne Hirzel sowie Franz J. Müller den Ulmer Ableger der bekannten Münchner Widerstandsgruppe Weiße Rose, in der die beiden Ulmer Hans und Sophie Scholl aktiv waren. Beide Widerstandsgruppen wurden 1943 gefasst. Ihre Mitglieder wurden teils zum Tode, teils zu Gefängnisstrafen verurteilt.

1944 begannen die schweren Luftangriffe auf Ulm. Zu Kriegsende – insbesondere als Folge des Großangriffs vom 17. Dezember 1944 – waren 81 % der historischen Altstadt zerstört, das Münster blieb jedoch weitgehend verschont.

1945 unterhielt das KZ Dachau das SS-Arbeitslager Ulm im Stadtteil Söflingen mit 30 bis 40 Häftlingen zum Bau von U-Boot-Teilen bei Klöckner-Humboldt-Deutz.[26]

Am 24. April 1945 wurde Ulm von US-Truppen besetzt.[27] Andernorts in Deutschland wurde der Krieg noch bis Anfang Mai fortgesetzt. Der Krieg endete letztlich am 8. Mai mit der Bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht.

1945 bis heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
1955: Blick vom Hauptturm des Ulmer Münsters zum westlichen Münsterplatz. Die Baulücken sind Folgen der besonders am 17. Dezember 1944 erfolgten Zerstörung der Altstadt.
 
2005: Blick von der mittleren Plattform des Ulmer Münsters in Richtung Westen. Links der historische Neue Bau, nahezu alle anderen erkennbaren Gebäude sind neu entstanden.

Die zu großen Teilen zerstörte Innenstadt Ulms wurde in den Jahrzehnten nach Kriegsende wieder aufgebaut. Die Frage, ob der Wiederaufbau historisch oder modern erfolgen sollte, führte zu heftigen Auseinandersetzungen. Der größte Teil der Stadt wurde im Stil der Fünfziger- und Sechzigerjahre wiederaufgebaut. Um große Verkehrsprojekte wie die „Neue Straße“ als Ost-West-Magistrale zu verwirklichen, wurde sogar noch erhaltene historische Bausubstanz geopfert. Es kam allerdings auch zu Rekonstruktionen einzelner, für die Stadtgeschichte bedeutender Gebäude, und zahlreiche moderne Bauten orientierten sich mehr oder weniger an historischen Formen, z. B. an den für Ulm typischen Spitzgiebeln. (Siehe auch Kultur und Sehenswürdigkeiten – Bauwerke – Stadtbild)

Der Wiederaufbau war aber nicht begrenzt auf die alte Ulmer Innenstadt. So war das neu ausgewiesene Industriegebiet im Donautal (1951) von großer Bedeutung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Im neuen Stadtteil Eselsberg konnten zahlreiche Vertriebene aufgenommen werden, was die Einwohnerzahl schnell wieder auf den Stand von vor dem Krieg und darüber hinaus anschwellen ließ.

Im Jahre 1953 begann die Geschichte der für die Fünfziger- und Sechzigerjahre stilbildenden, inzwischen aber wieder geschlossenen Hochschule für Gestaltung. Eine Ingenieurschule eröffnete 1960 ihren Lehrbetrieb und ging 1972 in der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik auf. Ein wichtiger Impuls für die Stadt war die Gründung der Universität Ulm (1967), der 1982 das aus bisher städtischen Kliniken gebildete Universitätsklinikum angeschlossen wurde.

Am 1. Januar 1973 trat die Kreisreform in Baden-Württemberg in Kraft. Ulm wurde Sitz des neu gebildeten Alb-Donau-Kreises, blieb selbst aber kreisfrei. 1980 überschritt Ulm erstmals die 100.000-Einwohner-Marke und wurde somit Großstadt. Im gleichen Jahr war Ulm Gastgeber der ersten Landesgartenschau in Baden-Württemberg, an der sich auch die bayerische Nachbarstadt Neu-Ulm beteiligte.

Die Überwindung der Wirtschaftskrise Anfang der 1980er Jahre machte aus der bisherigen Industriestadt auch ein Dienstleistungs- und Wissenschaftszentrum, welches 1987, bei einer Einwohnerzahl von 104.000, die beachtliche Zahl von 84.000 Arbeitsplätzen aufweisen konnte.

2004 feierte die Stadt mehrere bedeutende Ereignisse: zum einen den 1150. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung von Ulm, zum anderen den 125. Geburtstag von Albert Einstein, der am 14. März 1879 in der heutigen Bahnhofstraße geboren wurde. (Die Familie zog allerdings bereits kurz nach der Geburt Alberts 1880 nach München. An der Stelle seines Geburtshauses steht heute eine Skulptur zu Ehren des prominenten jüdischen Sohnes der Stadt, der von den NS-Machthabern ausgebürgert wurde.) Ein weiteres Großereignis war der 95. Deutsche Katholikentag vom 16. bis zum 20. Juni 2004 unter dem Motto „Leben aus Gottes Kraft“, an dem ungefähr 30.000 Gläubige teilnahmen.

2015 wurde Ulm der Ehrentitel „Reformationsstadt Europas“ durch die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa verliehen.[28]

Siehe auch: Militär in Ulm

Eingemeindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemals selbständige Gemeinden beziehungsweise Gemarkungen, die in die Stadt Ulm eingegliedert wurden. Die Zuwachsfläche gibt die hinzukommende Fläche zur Gesamtfläche der Stadt im Jahr der Eingliederung an.

Datum oder JahrOrteZuwachs in haQuelle
1828 Böfingen, Örlingen und Obertalfingen ?  
6. November 1905 Söflingen 1448  
1. April 1926 Grimmelfingen 471  
1. April 1927 Wiblingen 809  
1. September 1971 Jungingen 1354 [29]
1. Januar 1972 Unterweiler 452 [29]
1. Februar 1972 Mähringen 891 [29]
1. Mai 1974 Eggingen 810 [30]
1. Juli 1974 Donaustetten 598 [30]
1. Juli 1974 Einsingen 651 [30]
1. Juli 1974 Ermingen 837 [30]
1. Juli 1974 Gögglingen 514 [30]
1. Januar 1975 Lehr 614 [30]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Einwohnerentwicklung von 1871 bis 2017

Zwischen 1890 (36.000 Einwohner) und 1939 (75.000 Einwohner) verdoppelte sich die Bevölkerung der Stadt. Durch die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges verlor Ulm bis 1945 rund 30 Prozent (20.000) seiner Bewohner. 1951 hatte die Bevölkerungszahl wieder den Stand von vor dem Krieg erreicht. 1980 überschritt die Einwohnerzahl der Stadt die Grenze von 100.000, wodurch sie zur Großstadt wurde. Ende Dezember 2011 lebten in Ulm nach Fortschreibung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg 123.672 Menschen mit Hauptwohnsitz – historischer Höchststand. Laut Zensus 2011 beträgt die Zahl mit Stand 9. Mai 2011 116.761 Einwohner[31] und ist damit geringer als bisher angenommen.[32] Mit Stand vom 31. Dezember 2004 hatten 19.570 Einwohner (16,3 Prozent) einen ausländischen Pass (über 100 Nationen). 14,4 Prozent der Einwohner waren unter 15 Jahre alt, 17,5 Prozent 65 Jahre alt oder älter. Damit hat Ulm, ähnlich wie andere deutsche Städte, eine relativ niedrige Geburtenrate, die Einwohnerzahl steigt aber durch Zuwanderung noch um jährlich 0,5 Prozent.

Laut einem Bericht des Statistischen Landesamtes von Baden-Württemberg wird die Stadt bzw. der Stadtkreis Ulm im Jahr 2025 der jüngste Landkreis in Baden-Württemberg sein. So wird das Durchschnittsalter der Stadt von derzeit 41,3 Jahre auf 44,5 Jahre steigen, was aber immer noch deutlich unter dem Durchschnittsalter von anderen Stadt- und Landkreisen im Land liegt.[33]

Religionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Konfessionsstatistik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Jahresende 2016 gehörten 23,1 % der Ulmer Bevölkerung der Evangelischen Kirche in Deutschland an, 32,4 % der römisch-katholischen Kirche.[34]

Christentum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Der Turm des Ulmer Münsters von Nordwesten
 
Die katholische Georgskirche
 
Ökumenisches Wandern auf dem 2008 angelegten Oberschwäbischen Pilgerweg

1529 trat Ulm auf dem Reichstag in Speyer den protestantischen Reichsständen bei. In einer Abstimmung vom 3. bis 8. November 1530 entschieden sich von 1.865 Abstimmungsberechtigten 1.621 für die Reformation.[35] 1531 wurde die Reformation Zwinglischer Richtung durch den Konstanzer Reformator Ambrosius Blarer eingeführt, doch näherte man sich bald Martin Luther an, als 1533 die Stadt eine lutherische Kirchenordnung erhielt. Somit war Ulm über Jahrhunderte eine protestantische Stadt. Bürgermeister Hans Ehinger von Balzheim († 1583)[36] unterzeichnete für den Rat der Stadt Ulm die lutherische Konkordienformel von 1577.[37] Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert sank der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung Ulms (rund 20.000) auf ein Prozent (200 bis 250 im Jahre 1624) ab. Diese Zahl blieb bis Mitte des 18. Jahrhunderts konstant. Predigen durften die verbliebenen Priester nicht, katholische Taufen durften nur noch in den Privathäusern stattfinden. Zur Brautmesse, deren Feier in Ulm verboten war, gingen die wenigen Paare ins katholische Söflingen, wo es seit 1258 ein Klarissenkloster gab, das 1803 aufgelöst wurde. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts waren Katholiken vom Bürgerrecht ausgeschlossen. Die stärksten Gruppen unter den Katholiken waren die Patrizier und vor allem die Gesellen, Dienstboten und Taglöhner. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es wieder eine starke katholische Gemeinde, 1805 die erste katholische Stadtpfarrei nach der Reformation.

Nach dem Übergang an Württemberg (1810) wurde Ulm Sitz eines Generalats (heute Prälatur) innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, der die evangelischen Gemeindeglieder angehören, sofern sie nicht Mitglied einer evangelischen Freikirche sind. Des Weiteren besteht in Ulm an der Adlerbastei – neben der evangelischen Prälatur – ein Dekanat, dessen Stelleninhaber dem evangelischen Kirchenbezirk Ulm mit insgesamt 55.408 Protestanten vorsteht (Stand 2005). Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Ulm ist die Nachfolgeeinrichtung der historischen eigenständigen Ulmer Reichsstadtkirche und bildet zurzeit einen Verbund aus sechs Kirchengemeinden: Auferstehungskirche, Christuskirche, Lukaskirche, Martin-Luther-Kirche, Münster, Paul-Gerhardt-Kirche (wurde 2007 abgerissen und wich Eigentumswohnungen) und Pauluskirche. Die gewählten Vertreter dieser sechs Kirchengemeinden bilden den Gesamtkirchengemeinderat Ulm. Dieser repräsentiert 21.561 Gemeindeglieder (Stand 2006) und trägt die Verantwortung für das evangelische kirchliche Leben in der Stadt.

Die Katholiken in der Stadt gehörten anfangs zum Bistum Konstanz, später zum Bistum Augsburg und ab 1817 zum Generalvikariat Rottenburg, aus dem später das Bistum Rottenburg und dann das bis heute bestehende Bistum Rottenburg-Stuttgart hervorgingen.

Mit der Eingemeindung umliegender katholischer Orte veränderte sich das Gewicht zwischen evangelischen und katholischen Christen. Heute beträgt der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung 35,0 %, zum protestantischen Glauben bekennen sich 25,5 % (Stand: 2012[38]).

Seit dem Ende des Eisernen Vorhangs verzeichnete Ulm eine große Zuwanderung osteuropäischer Bevölkerungsgruppen, von denen ein großer Anteil verschiedenen orthodoxen Kirchen angehört. Die in den letzten Jahren stark angewachsene russisch-orthodoxe Gemeinde Ulms nutzt für ihre Gottesdienste neben der Valentinskapelle („Schmalzhäusle“) auf dem südlichen Münsterplatz auch das von ihr 2007 übernommene, ehemals baptistische Gemeindezentrum am Judenhof.

Außerdem gibt es eine Anzahl evangelisch-methodistischer Christen; 2012 schlossen sich die beiden methodistischen Gemeinden Ulms zur „EmK Ulm“ zusammen. Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Ulm hat ihr Gemeindehaus in Neu-Ulm. Des Weiteren finden sich in Ulm zum Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden gehörende Gemeinden der Ecclesia und der Volksmission, eine Freie Evangelische Gemeinde, eine Gemeinde der Adventisten und eine Versammlung des Süddeutschen Gemeinschaftsverbandes. Die Apostolische Gemeinschaft nutzt eine ehemalige Friedhofskapelle in der Innenstadt. Die Neuapostolische Kirche, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sowie die Zeugen Jehovas sind ebenfalls mit eigenen Gemeinden und Gotteshäusern in Ulm vertreten. Die Mitglieder der Alt-Katholischen Kirche gehören zur Augsburger Gemeinde und halten ihre Gottesdienste in Senden ab.

Judentum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Jüdische Gemeinde Ulm
 
Seit 2012 am Weinhof: Die neue Synagoge, das IRGW-Gemeindezentrum Ulm
 
Das IRGW-Gemeindezentrum Ulm von oben

Die Jüdische Gemeinde Ulm hat eine lange und wechselhafte Geschichte. Seit dem Mittelalter gab es in Ulm eine jüdische Gemeinde (1241/42 erstmals belegt) mit einer Synagoge im Judenhof. Während der Pest 1349 wurden die Juden verfolgt und ihre Gemeinde nahezu vernichtet. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts siedelten sich erneut Juden an, die große wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt hatten, doch 1499 aus der Stadt gewiesen wurden. Erst ab 1806 konnten Juden wieder zuziehen. Seit 1889 war Ulm Sitz eines Rabbinats. Die höchste Zahl wurde um 1880 mit 694 jüdischgläubigen Personen erreicht. 1933 lebten rund 530 Juden in Ulm. Diese wurden größtenteils durch Enteignung und andere Verfolgung von Seiten städtischer Institutionen und Mitbürger in die Emigration gedrängt. 141 Mitbürger, der Rest der jüdischen Einwohner, wurden durch die Behörden der Stadt zum Abtransport (Deportation) in die Vernichtungslager gezwungen. 121 jüdische Mitbürger wurden dort ermordet. Nach dem Kriegsende gab es kein jüdisches Leben mehr in Ulm.[39]

Erst seit 1990 zogen mit den Aussiedlern aus Osteuropa wieder vermehrt Juden nach Ulm, die seit 1999 auch wieder von einem Rabbiner betreut werden. Die jüdische Gemeinde umfasst heute ca. 450 Ulmer Bürger. Ein Zuzug jüdischer Migranten nach Ulm wird laut Vorstand der IRGW (Mai 2008) durch eine verstärkte Zuweisung jüdischer Neuzuwanderer erfolgen.[40] 2002 wurde die jüdische Gemeinde als Filialgemeinde von Stuttgart neu gegründet und am 5. Mai des gleichen Jahres ein neues jüdisches Gemeindezentrum mit einem Gebetsraum eingeweiht, der erste seit Zerstörung der Synagoge 1938. Am 2. Dezember 2012 wurde die neue Synagoge der jüdischen Gemeinde Ulms an nahezu derselben Stelle wie die 1938 zerstörte Alte Synagoge eingeweiht.[41] In Ulm besteht außer dem stillgelegten alten jüdischen Friedhof, an den seit 1987 ein Gedenkstein erinnert, eine jüdische Abteilung auf dem Stadtfriedhof.

Islam[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Ulm bestehen mehrere Moscheen, darunter eine neu errichtete in der Weststadt mit einem Gebetsraum für 400 Männer und 30 Frauenplätze auf einer Empore, außerdem einem Versammlungsraum für 600 Menschen sowie Minarett und Kuppeln.

2007 kam es zu Aufsehen wegen eines fundamentalistisch radikalisierten Teiles muslimischer Ulmer, der dem Islamischen Informationszentrum (IIZ) nahestand. Zu dessen Vorstand gehörten zwei Männer, die in Tschetschenien mit der Waffe kämpften und dabei getötet wurden; einer der drei Männer, die im September 2007 verhaftet wurden, weil sie Terroranschläge in Deutschland geplant hatten, war Mitglied des IIZ. Darüber hinaus wurden andere fundamentalistische Aktivisten mit dem IIZ in Verbindung gebracht, was dort zu einer Razzia führte. Das IIZ kam einem geplanten Verbot zuvor und löste sich im Oktober 2007 selbst auf. Im IIZ verkehrte auch Khaled al-Masri, der am 11. September 2009 den Neu-Ulmer Oberbürgermeister Gerold Noerenberg in dessen Büro überfiel und schlug, so dass Noerenberg anschließend ärztlich versorgt werden musste.

Salah Abdeslam, Hauptverdächtiger der Terroranschläge vom 13. November 2015 in Paris, hielt sich in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 2015 in Ulm auf. Sein gemieteter Wagen wurde an einer Flüchtlingsunterkunft gesichtet. Dort holte er drei mutmaßliche Komplizen ab.[42][43]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Ulmer Rathaus, links im Hintergrund die neue Zentralbibliothek (Glaspyramide)

An der Spitze der Stadt Ulm standen anfangs der „Ammann“ sowie der „Rat der Stadt“. Seit dem 13. Jahrhundert gab es neben dem Ammann einen Bürgermeister als Geschäftsführer des Rates, der ab 1345 den Vorsitz im Rat und die Leitung der Stadt übernahm. Ab 1325 wurde den Zünften im „Kleinen Schwörbrief“ nach bürgerkriegsähnlichen Wirren mehr Mitspracherecht neben dem städtischen Patriziat, welches bis dahin allein die Politik bestimmte, eingeräumt. Zwischen 1397 und 1547 sicherte der „Große Schwörbrief“ als „Verfassung“ der Reichsstadt den Zünften die Mehrheit im Rat und den Zugang auch zu hohen städtischen Ämtern. 1547 wurden die im Große Schwörbrief garantierten Rechte der Zünfte durch Kaiser Karl V. aufgehoben und dem städtischen Adel (Patriziat) wieder die Mehrheit eingeräumt. Der Zugang zu höheren städtischen Ämtern war fortan Nichtadligen kaum mehr möglich. Ulm wurde de facto zu einer Adelsrepublik. Ursprünglich 17 Patrizierfamilien wählten fortan den Bürgermeister und die hohen Staatsbeamten aus ihren Reihen. Infolgedessen waren nahezu alle höheren staatlichen Ämter im Besitz des städtischen Patriziats, ehrenamtlich und auf ein bis zwei Jahre beschränkt. Nach ihrer Amtszeit galt für die vormaligen Amtsinhaber (insbesondere die Bürgermeister) eine Art „Sperrfrist“, so dass jene, von Ausnahmen abgesehen, nicht unmittelbar zweimal nacheinander in das gleiche Amt gewählt werden konnten, wohl aber ein anderes Amt annehmen durften. 1802 wurde die reichsstädtische Verfassung aufgehoben. Heute hat der Gemeinderat 40 Mitglieder. Der Oberbürgermeister wird direkt gewählt, jeweils für acht Jahre. Mit 68 scheidet er automatisch aus dem Amt.

Gemeinderat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinderatswahl 2014
in Prozent
 %
30
20
10
0
 
 
22,3
 
 
19,5
 
 
19,3
 
 
8,1
 
 
7,6
 
 
6,9
 
 
5,7
 
 
4,5
 
 
6,1
 
UWS
WWG
UVL
Sonst.
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2009
 %p
   4
   2
   0
  -2
  -4
 
 
-0,8
 
 
+0,9
 
 
+0,9
 
 
-0,7
 
 
± 0,0
 
 
-0,1
 
 
-0,2
 
 
-2,9
 
 
+2,9
UWS
WWG
UVL
Sonst.
 
Sitzverteilung im Gemeinderat
2
8
7
1
3
3
2
2
3
9
 
Insgesamt 40 Sitze

Ergebnis der Wahl zum Gemeinderat am 25. Mai 2014:

ParteiStimmen in Prozent Anzahl der Sitze 
CDU 22,3 % (−0,8) 9 Sitze (−1)
SPD 19,5 % (+0,9) 8 Sitze (±0)
Bündnis 90/Die Grünen 19,3 % (+0,9) 7 Sitze (±0)
Freie Wähler/FWG 8,1 % (−0,7) 21 Sitze (−1)
UWS 7,6 % (±0,0) 3 Sitze (±0)
FDP/DVP 4,5 % (−2,9) 2 Sitze (−1)
WWG 6,9 % (−0,1) 3 Sitze (±0)
UVL 5,7 % (−0,2) 2 Sitze (±0)
Die Linke 4,2 % (+1,0) 2 Sitze (+1)
Ulm hoch 3 1,9 % (+1,9) 1 Sitz (+1)

1 Ursprünglich 3, Ralf Milde hat die FWG noch vor Bildung des neuen Gemeinderats verlassen und ist parteilos.

FWG, UWS, WWG und UVL bilden zusammen die Fraktion FWG.
FDP und Ralf Milde bilden die Fraktion FDP.
Grüne und Ulm hoch 3 bilden die Fraktion GRÜNE Fraktion Ulm3.

Ergebnisse der Kommunalwahlen in Ulm

Oberbürgermeister seit 1819[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Historisches Wappen mit Reichsadler im Ulmer Münster (von 1480)
Blasonierung: „Von Schwarz und Silber geteilt.“
Wappenbegründung: Die seit 1244 nachweisbaren Siegel der Reichsstadt enthalten den Reichsadler, der oben zeitweilig von einem Stern und einer Lilie begleitet ist. Der geteilte Schild als das eigentliche Stadtwappen ist seit 1351 in den Siegeln belegt, wo er zunächst in den Fängen des Adlers, später als dessen Brustschild erscheint. Mit der Mediatisierung (nach 1803) fiel der Reichsadler weg, während das in farbigen Darstellungen seit der Mitte des 15. Jahrhunderts überlieferte von Schwarz und Silber geteilte Stadtwappen, das bisher nicht sicher gedeutet ist, weitergeführt wurde.[44]

Die Stadtflagge trägt die Stadtfarben Schwarz-Weiß (Schwarz-Silber).

Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulm hat keine offizielle Partnerstadt. Es unterhält aber über einen Partnerschaftsverein seit 1986 eine De-facto-Städtepartnerschaft mit Jinotega in Nicaragua. Der Stadtteil Wiblingen unterhält eine Partnerschaft mit der französischen Stadt Argenton-sur-Creuse.

Im Juli 1998 haben in Ulm Repräsentanten aus 15 Donaustädten aus Anlass des „Ersten Internationalen Donaufestes“ eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, Motto: „Die Donau und ihre Städte – ein europäisches Netzwerk der Zukunft“. Darin haben sie sich zu einer dauerhaften und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit verpflichtet. Inzwischen entwickelten sich daraus feste Kontakte insbesondere zu folgenden Städten und Regionen in Südosteuropa (Donau-Partnerschaften):

Eine wichtige Rolle für das Anlaufen der Zusammenarbeit mit den oben genannten Städten und Regionen spielte und spielt das Donaubüro. Es wurde ins Leben gerufen mit dem Ziel, dass von Ulm, der ersten Großstadt am Lauf der Donau ausgehend und anknüpfend an traditionelle Beziehungen (Donauschwaben), die Zusammenarbeit mit den Städten und Regionen entlang der Donau verstärkt werden solle, vorhandene Kontakte zu pflegen, neue Verbindungen zu knüpfen und dauerhafte Partnerschaften zu begründen, zur Gestaltung des künftigen Europa. Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur sind die Felder, auf denen das Donaubüro tätig ist: zum einen mit Projekten, Veranstaltungen, Workshops, Seminaren und (Ko-)Produktionen, zum anderen im Vermitteln von Kontakten und Herstellen von Synergien. Nach Ulmer Vorbild gibt es inzwischen in einem halben Dutzend dieser Partnerstädte ebenfalls Donaubüros. Im Jahr 2009 wurde mit Gründung des Rats der Donaustädte und -regionen dem über Jahre gewachsenen kommunalen und regionalen Kooperations-Netzwerk entlang der Donau ein organisatorischer Rahmen gegeben.

Weitere Städtepartnerschaften:

  • Osterreich Linz, Österreich

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Theater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Das Theater Ulm
 
Junge Ulmer Bühne im alten Theater Ulm

In Ulm gibt es mehrere Theater, die unabhängig voneinander arbeiten.

Das städtische „Theater Ulm“ am Herbert-von-Karajan-Platz 1 ist mit 815 Sitzplätzen das größte Theater Ulms. Es wurde 1641 gegründet und ist somit das älteste städtische Theater Deutschlands.[45] Ungewöhnlich für die Größe der Stadt, ist das Theater Ulm ein Dreispartenhaus mit Musiktheater, Schauspiel und Ballett. Dem Theater angegliedert ist das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm, das sowohl im Theater selbst als auch an anderen Konzertplätzen sinfonische Konzerte gibt.

Ein Kinder- und Jugendtheater in Ulm ist die „Junge Ulmer Bühne“ (JUB), mit Sitz im alten Theater Ulm, sowie dem Kuh 16 (Unterer Kuhberg 16).

Ein weiteres Theater, das privat geführte Theater in der Westentasche, ist seit 2012 in Ulm-Böfingen beheimatet (davor 40 Jahre in der Herrenkellergasse in der Ulmer Altstadt). Das „kleinste Theater Deutschlands“ mit 40 Plätzen beschrieb sich selbst als exotische, experimentelle und innovative Bühne.[46]

Im zur Akademie für darstellende Kunst (adk) (s. u.) gehörenden „Akademietheater“ am Kuhberg stellen angehende Regisseure und Darsteller ihre Bühnenkünste dar, wobei auch auf andere Spielstätten wie das Alte Theater ausgewichen wird.

Das Theater Ulüm ist das einzige professionelle türkischsprachige Theater in Süddeutschland mit einem regelmäßigen Spielplan und einer festen Spielstätte in der Oberen Donaubastion in der Schillerstraße. Dort hat ebenfalls die Theaterwerkstatt Ulm ihren Sitz.[47]

Das Erste Ulmer Kasperletheater wurde 2001 als professionelles Kindertheater gegründet. Es hat rund 50 Zuschauerplätze und bietet wöchentlich fünf Aufführungen.

Museen und Freiluftgalerien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Die Kunsthalle Weishaupt in der Neuen Straße

Das Museum Ulm ist als Museum für Kunst, Archäologie sowie Stadt- bzw. Kulturgeschichte konzipiert. Neben zahlreichen, teils hochrangigen Ausstellungsstücken werden auch Informationen zur Stadtgeschichte und bekannten Ulmer Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Albert Einstein, präsentiert. Unter den Sammlungen und Ausstellungsstücken des Museums verdienen die archäologische Abteilung mit dem Löwenmenschen als die älteste Mensch-Tier-Plastik der Welt (datiert auf ca. 37.000 vor Christus),[48] die große kultur- und stadtgeschichtliche Abteilung mit den Kleidung und reichsstädtischen Alltag des ausgehenden 18. Jahrhunderts bis ins Detail darstellenden Ton-Figuren der Hafnerfamilie Rommel und der aus dem 17. Jahrhundert stammenden Kunst- und Naturalkammer des reichen Ulmer Kaufmannes Christoph Weickmann mit einigen der weltweit ältesten erhaltenen afrikanischen Textilien, die umfangreiche Kunstsammlung mit spätmittelalterlichen Werken der sogenannten Ulmer Schule (u. a. Werke von Jörg Syrlin d. J., Hans Multscher, Gregor & Michel Erhart, Bartholomäus Zeitblom und Niklaus Weckmann) und zahlreichen Werken zeitgenössischer Kunst des 20. Jahrhunderts (u. a. von Joseph Beuys, Andy Warhol und Roy Lichtenstein) sowie die Design-Ausstellung mit Entwürfen und Werken der international renommierten Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG) besondere Erwähnung.

 
Das Ulmer Stadthaus am Münsterplatz in der Ulmer Innenstadt

Als moderne Bauskulptur, entworfen vom New Yorker Architekten Richard Meier und 1993 eröffnet, korrespondiert das Stadthaus Ulm mit dem spätgotischen Ulmer Münster. Das Stadthaus ist vor allem ein Ort für Themen der Gegenwart, präsentiert in Wechselausstellungen und Veranstaltungen. Schwerpunkte des Ausstellungsprogramms liegen auf zeitgenössischer Fotografie, Architektur und Outsider Art. Die Wurzeln des Stadthauses in der Geschichte des Ulmer Münsterplatzes werden in einer multimedialen Dauerausstellung gezeigt.[49]

Am 24. November 2007 wurde in der Neuen Mitte, in unmittelbarer Nachbarschaft des Ulmer Museums und mit diesem über eine gläserne Brücke direkt verbunden, die Kunsthalle Weishaupt eröffnet. Sie wurde vom Unternehmer Siegfried Weishaupt mit privaten Mitteln realisiert und nach den Plänen des Münchener Architekten Wolfram Wöhr gebaut. Die Sammlung umfasst etliche hundert große Arbeiten und zählt zu den bedeutenden Privatsammlungen zeitgenössischer Kunst in Deutschland.

 
Plastik von Niki de Saint Phalle (Der Dichter und seine Muse) als Bestandteil des Skulpturenweges auf dem Oberen Eselsberg

Zusammen mit dem Skulpturenweg der Universität (u. a. Werke von Niki de Saint Phalle) und dem Archiv der international renommierten Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG) erhält Ulm den Rang eines herausragenden Ausstellungsortes für bildende Kunst und Design in Süddeutschland.

Einzigartig in Deutschland werden im Museum der Brotkultur neben Techniken und Geschichte(n) der Brotherstellung auch die überaus vielschichtige Kultur- und Sozialgeschichte des Brotes als grundlegendes Nahrungsmittel und wichtiges kulturelles Symbol dargestellt.

Die Ulmer DenkStätte Weiße Rose erinnert in ihrer Dauerausstellung mit dem Titel „wir wollten das andere“ Jugendliche in Ulm 1933 bis 1945 im Foyer der Ulmer Volkshochschule am Kornhausplatz an Ulmer Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose wie auch eine Reihe anderer Ulmer Jugendlicher, die während der Zeit des Nationalsozialismus Widerstand leisteten.

Die KZ-Gedenkstätte Ulm im Fort Oberer Kuhberg erinnert an die Nutzung dieses Teils der Bundesfestung durch das NS-Regime als Konzentrationslager. Im Fort Oberer Kuhberg wurden vom November 1933 bis Juli 1935 unter unmenschlichen Bedingungen über 600 politische und weltanschauliche Gegner aus dem Land Württemberg-Hohenzollern eingekerkert. Unter ihnen befand sich auch Kurt Schumacher, der Wiederbegründer der SPD in Deutschland nach 1945. Das ehemalige KZ ist heute Gedenkstätte. Sie wurde 1994 vom Regierungspräsidium Tübingen als „vorbildliches Heimatmuseum“ ausgezeichnet. Das KZ Oberer Kuhberg ist als einziges KZ in Süddeutschland in seiner gesamten baulichen Substanz erhalten. Dazu gehören die unterirdischen Verliese, in denen die Häftlinge untergebracht waren, das Freigelände mit der Haftzelle von Kurt Schumacher und die Räume der KZ-Kommandantur.

Das Festungsmuseum Fort Oberer Kuhberg wurde 1974 vom Förderkreis Bundesfestung Ulm e. V. gegründet. Ziel dieses Vereines ist die Restaurierung, die Dokumentation und die Präsentation der erhaltenen Bauwerke. Noch vor der Vereinsgründung im Jahr 1974 begannen im Fort Oberer Kuhberg (Teil der Bundesfestung Ulm) die ersten Erhaltungsarbeiten. In der Zwischenzeit ist es das am besten erhaltene Fort und kann bei Führungen besichtigt werden. Die Aktivitäten des Vereins haben sich in den letzten Jahren auf andere Festungswerke ausgeweitet, welche ebenso im Rahmen von Führungen der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Im Donauschwäbischen Zentralmuseum (dzm), welches in einem Teil der Festungsanlage Obere Donaubastion (Teil der Bundesfestung Ulm) untergebracht ist, werden Geschichte, Kultur und Schicksal der sogenannten Donauschwaben, deutschstämmiger, meist schwäbischer Auswanderer, die im 18. Jahrhundert nach Südosteuropa auswanderten und deren Nachfahren nach dem Zweiten Weltkrieg als Heimatvertriebene zurückkehrten, in wechselnden Ausstellungen dargestellt. Das dzm ist eine gemeinsam von der Stadt Ulm, dem Land Baden-Württemberg, dem Bund sowie der EU finanzierte Einrichtung von europäischer Bedeutung.

Die Naturkundlichen Sammlungen der Stadt Ulm werden auch als „lebendiges Museum“ bezeichnet. Die Themen Mineralogie, Geologie, Paläontologie, Botanik, Zoologie und Ökologie können dabei nicht nur kognitiv, sondern auch sinnlich erfahren werden. Durch diese Konzeption ist das Museum insbesondere für Familien mit Kindern und Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung besonders geeignet. Das Museum verfügt über zahlreiche Informationstafeln in Blindenschrift.

Das nicht öffentlich zugängliche Setra-Museum im Ulmer Fischerviertel (Fischergasse 23) zeigt die Geschichte der Marke Setra (Omnibusse mit selbsttragender Karosserie, entwickelt Mitte des 20. Jahrhunderts vom damaligen Ulmer Unternehmen Karl Kässbohrer GmbH). Außerdem gibt es eine Ausstellung von Omnibusmodellen.

Kulturelle Einrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das soziokulturelle Zentrum Roxy bietet ein breites Spektrum an Veranstaltungen: Musik, Kabarett, Lesungen, Poetry und Science-Slam-Partys. Es wurde 1989 vom Verein für demokratische Bildung und Kulturarbeit e. V. gegründet und getragen, seit 2000 ist es eine gemeinnützige GmbH.[50][51]

Die Bundesfestung beherbergt in der Courtine am Gaisenberg zwei Konzertveranstaltungsorte: den 1963 gegründeten Jazzkeller Sauschdall sowie das CAT.[52]

Das „Ulmer Zelt“ ist seit 1986 mit sechseinhalb Wochen Programm von Mitte Mai bis Anfang Juli das längste Kulturzeltfestival Deutschlands. Es findet in der Friedrichsau mit internationalen Top-Acts, aber auch weniger bekannten Künstlern sämtlicher Genres sowie Kabarett, Kinderaktionswiese, Kindertheater und weiteren Veranstaltungen statt. Veranstalter ist der Verein zur Förderung der freien Kultur Ulm e. V.[53][54]

Kulturelle Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Konzert des Oratorienchors zusammen mit dem Sinfonischen Blasorchester in der Pauluskirche

Der 1890 gegründete Oratorienchor Ulm e. V. ist ein gemischter Konzertchor, steht seit 2014 unter Leitung von Thomas Kammel und führt gemeinsam mit professionellen Orchestern und Solisten Werke der klassischen Kirchenmusik und weltliche Oratorien auf, unter anderem bei Konzerten in der Pauluskirche sowie im Rahmen der Feierlichkeiten zum Schwörmontag.

Das 1961 als „Ulmer Knabenmusik“ gegründete Jugendblasorchester Junge Bläserphilharmonie Ulm spielt gleichfalls eine wichtige Rolle im Musikleben der Stadt. 2008 gewann das Ensemble beim Deutschen Orchesterwettbewerb in Wuppertal den ersten Platz in der Kategorie B2 Jugendblasorchester.

Der über Ulm hinaus bekannte Ulmer Spatzen Chor ist ein Kinder- und Jugend-Chor, der im 21. Jahrhundert mehrere überregionale Preise gewonnen hat.

 
Das neue, zweigiebelige Haus der Museumsgesellschaft (rote Lamellen-Fassade)

Die „Museumsgesellschaft Ulm e. V.“ organisiert als kulturelle Bürgerinitiative Ausstellungen, bietet Versammlungsraum für die Künstlergilde oder die Freunde des Ulmer Theaters (1979 zur Unterstützung des Ulmer Theaters gegründet) und betätigt sich mäzenatisch. So vergibt sie jährlich den mit 5000 Euro dotierten Preis der Museumsgesellschaft Ulm zur Förderung der Geisteswissenschaften an der Universität Ulm. Die Museumsgesellschaft ging aus der ältesten Ulmer Bürgergesellschaft, der 1789 gegründeten Lesegesellschaft, hervor. Diese hatte 1815 die „Obere Stube“, gegenüber dem Rathaus, bezogen, nachdem das Haus von 1548 bis 1803 der „ehrbaren Gesellschaft der Herren Geschlechter“ gehört hatte. Im Gegensatz zur „Unteren Stube“, wo sich die Zunft der Kaufleute traf, war die „Obere Stube“ Versammlungsort des Patriziats gewesen. Um 1900 war die Museumsgesellschaft gesellschaftlicher Mittelpunkt des gehobenen Bürgertums. Sie besaß eine (schon von der Lesegesellschaft aufgebaute) Bibliothek, zu der nur Mitglieder Zutritt hatten. Diese umfasste etwa 30.000 Bände, bevor sie beim Bombenangriff am 17. Dezember 1944 mit dem größten Teil der Ulmer Innenstadt vollständig vernichtet wurde. Die „Obere Stube“ wurde an historischer Stelle wieder aufgebaut, wobei allerdings der Neubau dem Rathaus seine Traufseite zeigte. Die Museumsgesellschaft hat 2007 die „Obere Stube“ in zeitgemäßer Architektur und mit modernen Baumaterialien grundlegend umgebaut (auch in Reaktion auf drei moderne Neubauten in unmittelbarer Nachbarschaft, Ulms „Neuer Mitte“) und nach historischem Vorbild wieder mit einem zum Rathaus weisenden Doppel-Giebel versehen.

Wie viele Vereine wurde auch die „Gesellschaft 1950“ im Jahr 1950 gegründet; (Gründungs-) Mitglieder waren und sind namhafte Persönlichkeiten der (bürgerlichen) kulturellen Szene, darunter Otl Aicher, Kurt Fried, Wilhelm Geyer und Inge Scholl. Die tonangebende Rolle der früheren Jahre ist allerdings verloren gegangen.

Der „Söflinger Vorstadtverein (VVS)“ dient als Dachverein der Söflinger Vereine und verwaltet zentral die Interessen der Mitglieder, um sie der Stadt Ulm gegenüber besser vertreten zu können. Weitere wichtige Aufgaben des VVS sind die Förderung von Kunst und Kultur, Koordination, Unterstützung und Beratung der beigetretenen Vereine (insgesamt 26 Musik-, Sport- und Gesangsvereine und viele kleinere Gesellschaften) sowie Landschafts- und Denkmalschutz. Das katholische Söflingen wurde erst 1903 in die protestantisch geprägte Reichsstadt Ulm eingemeindet. Mit der Gründung des VVS wurde einerseits Söflingens Eigenständigkeit gestärkt, andererseits ein Scharnier gebildet, das dem Zusammenhalt Ulms mit dem Stadtteil dient. Der VVS fungiert auch als kooperierender Ansprechpartner der Stadtverwaltung. Die Vereinsarbeit wurde im neuen Jahrtausend erfolgreich fortgesetzt, etwa mit den Vorbereitungen zur Jahrhundertfeier der Vorstadt Söflingen im Jahr 2003 und regelmäßiger Organisation weiterer Feiern, die im Söflinger Klosterhof stattfinden.

Die „Große Karnevalsgesellschaft Ulm/Neu-Ulm e. V.“ (GKG U/NU) bemüht sich um Erhalt und Pflege des karnevalistischen Treibens in der Region Ulm. Gegründet wurde sie 1905 durch Zusammenschluss der Vorgängergesellschaften „Gesellschaft der Elfen“ und einem weiteren, 1885 gegründeten, Karnevalsverein. Teilbereiche der GKG U/NU sind die Garden in ihren verschiedenen Altersklassen, Clowns und die Maskengruppe „Donauhexen“.

Die 1889 gegründete Ortsgruppe Ulm/Neu-Ulm des Schwäbischen Albvereins wurde 2005 mit der Eichendorff-Plakette ausgezeichnet.[55][56]

Ulm ist Sitz des Arbeitsausschusses Kinderspiel und Spielzeug e. V., der das Gütesiegel „spiel gut“ für besonderes Spielzeug verleiht, sowie der Künstlergilde Ulm e. V., einem gemeinnützigen Kunstverein.

Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadtbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Historisches und Modernes: Löwenbrunnen und Stadthaus Ulm

Bis zum Zweiten Weltkrieg war das Stadtbild Ulms geprägt von einer jahrhundertealten reichsstädtischen Baukultur mit zahlreichen Baudenkmälern vor allem aus Gotik, Renaissance und Historismus und einigen barocken und klassizistischen Bauten. Die mittelalterliche Altstadt Ulms zählte zu den größten und bedeutendsten in Süddeutschland. Diese Traditionslinie brach gegen Ende des Zweiten Weltkrieges mit der weitgehenden Zerstörung Ulms durch Luftangriffe am 17. Dezember 1944 abrupt ab. Die Ensemblewirkung der geschlossenen Altstadtbebauung ging verloren, weniger als ein Fünftel der historischen Altstadtbebauung blieb erhalten. Die westliche Innenstadt vom Münster bis zum Hauptbahnhof wurde völlig vernichtet, während in einigen anderen Gebieten wenige, meist unzusammenhängende Altstadtreste überdauerten (Fischerviertel, Donaufront, einige Gassen im nördlichen und nordöstlichen Bereich des Münsters, Quartier „Auf dem Kreuz“ östlich der Frauenstraße). Einige bedeutende Gebäude, deren Inneres im Feuersturm ausgebrannt war, wurden in ihren äußeren Formen wiederaufgebaut (z. B. Rathaus, Schwörhaus, Kornhaus), viele andere sind dagegen vollkommen aus dem Stadtbild und dem Bewusstsein der Ulmer Bürger verschwunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren zwar Konzepte gefragt, wie das wenige erhaltene Alte sinnvoll in den Wiederaufbau der Stadt miteinbezogen werden könnte, aber das rasche Wiederaufbauen der Innenstadt brachte keine besonderen architektonischen Werke hervor. Zwar orientierte sich das Straßennetz weitgehend am Straßennetz der Vorkriegszeit, jedoch mit schwerwiegenden Ausnahmen. So wurde gemäß der Idee einer autogerechten Stadt mit der Neuen Straße eine breite Schneise durch die Stadt geschlagen und dabei noch erhaltene historische Architektur zugunsten dieser „Stadtautobahn“ abgerissen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Lücke durch die „Neue Mitte“ geschlossen (siehe unten), nachdem man in anderen innenstadtnahen Quartieren bereits während der 1980er Jahre sensibler mit der noch erhaltenen historischen Bausubstanz umgegangen war. So kann die behutsame Sanierung einiger historischer Gebäude im Fischerviertel und des Quartiers „auf dem Kreuz“ durch die stadteigene Sanierungsanstalt als vorbildhaft gelten.

Die Neubauten der „Neuen Mitte“ zwischen Münsterplatz und Rathaus, wie das Stadthaus des Architekten Richard Meier, das „Haus der Sinne“ und das Sparkassen-Gebäude, beide von Stephan Braunfels, sowie die Kunsthalle Weishaupt des Architekten Wolfram Wöhr, die als „gläserne Pyramide“ errichtete neue Stadtbibliothek von Gottfried Böhm und der Neubau der „Obere Stube“ (siehe unter „Museumsgesellschaft“) setzen mit ihrer modernen Formensprache in unmittelbarer Nähe des Münsters und des wiederaufgebauten historischen Rathauses auf bewusste Kontrastwirkungen und Brüche.

Zusammenfassend ist das Stadtbild Ulms heute durch die Mischung zwischen erhalten gebliebenen oder (wenn auch meist nur rein äußerlich) wiederaufgebauten historischen Bauten und Straßenzügen auf der einen Seite und moderner Architektur auf der anderen Seite gekennzeichnet. Das spannungsreiche Ergebnis des mutigen Städtebaus erregt viel Aufsehen und findet Anerkennung in weiten Teilen der Fachwelt, wird aber von Teilen der Bevölkerung auch kritisch gesehen.

 
Panoramabild der Ulmer Weststadt

Stadtmitte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Nikolauskapelle neben dem Steinhaus
 
Haus der Begegnung
 
Rabengasse mit Blick auf Münsterturm

Das gotische Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt beherrscht das Stadtbild. Des Weiteren prägen die Stadtsilhouette die 1617 bis 1621 erbaute Dreifaltigkeitskirche, nach dem Brand von 1944 stark verändert wiederaufgebaut und heute als Haus der Begegnung für Konzerte, Seminare, Theater und Vorträge genutzt. Auffällig sind ferner die Türme der evangelischen Garnisonskirche Pauluskirche, die innerhalb von zwei Jahren (1908–1910) von Theodor Fischer im Jugendstil erbaut wurde. Die neugotische St.-Georgs-Kirche, die 1904 von Max Meckel als katholische Garnisonkirche erbaut und später Pfarrkirche wurde, ist ebenfalls weithin sichtbar.

Die beiden ehemaligen Stadttore Gänsturm und Metzgerturm prägen das Donauufer. In der historischen Altstadt haben sich trotz der Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges einige Gebäude erhalten, darunter das 1370 erbaute Rathaus. Das Steinhaus ist zusammen mit der Nikolauskapelle das älteste noch erhaltene Gebäude der Stadt und stammt aus der staufischen Zeit des 12. bis 13. Jahrhunderts. Ein Fachwerkbau mit spätgotischem Ziegelgiebel von 1485 ist der Büchsenstadel, der das Jugendhaus Mitte sowie das nichtkommerzielle Lokalradio Radio freeFM beherbergt. Der Gasthof zur Krone ist ein imposanter Gebäudekomplex aus dem 16. Jahrhundert mit Anteilen und baulichen Ergänzungen aus dem 19. Jahrhundert, er wurde im 15. und 16. Jahrhundert als Pfalzersatz für Könige und Kaiser genutzt. Das Kornhaus ist ein Renaissancebau von 1594 mit reicher Sgraffito-Verzierung. Der letzte erhaltene Patrizierbau ist das Kiechelhaus, das heute zum Gebäudekomplex des Ulmer Museums gehört. Der Neue Bau, ein von 1584 bis 1593 als Lagerhaus mit Amtszimmer und Ratsstube erbauter Backsteinbau, ist heute Sitz der Polizeidirektion. Ein durch Ulrich Ehinger erweiterter Bau ist der Reichenauer Hof. Ulms Lage an der Salzstraße führte 1592 zur Errichtung eines Salzstadels. Seit 1991 ist dieser Sitz des Museums der Brotkultur.

 
Ulmer Schwörhaus

Der ursprünglich als Pfleghof des Klosters Ochsenhausen errichtete Ochsenhäuser Hof wurde um 1500 erbaut. Das ehemalige Zunfthaus der Schuhmacher, das Schuhhaus, wurde 1537 hinter dem Chor des Münsters errichtet und beherbergt den Kunstverein Ulm, der ihn für Kunstausstellungen nutzt. Jeden Juli ist das Schwörhaus Mittelpunkt des Ulmer Schwörmontags. Es wurde 1612 erbaut und nach einem Brand 1785 mit einem Barockgiebel versehen. 1944 wiederum ausgebrannt, wurde es bis 1954 mit modernen Innenräumen wiederaufgebaut. Heute befindet sich darin das Stadtarchiv.

Aus der jüngsten Ulmer Baugeschichte sind zwei Bauten herausragend: die Neue Zentralbibliothek, 2004 in Form einer gläsernen Pyramide errichtet, etwa 23 Meter hoch, unmittelbar neben dem historischen Rathaus gelegen, sowie das Stadthaus am Münsterplatz, 1993 trotz der mehrheitlichen Ablehnung des Projektes in einem Bürgerentscheid nach dem Entwurf des New Yorker Architekten Richard Meier erbaut, „begehbare Skulptur“, Platz für Ausstellungen, Konzerte, Tagungen, Vorträge etc. Ebenso ist zu nennen die Kunsthalle Weishaupt, unmittelbar dem Museum und dem Rathaus benachbart, in Ulms „Neuer Mitte“. Die unter anderem mit einer Ausstellung zur Geschichte Ulms ausgestattete und auch sonst ungewöhnliche Tiefgarage unter dieser „Neuen Mitte“, am 11. März 2006 eröffnet, ermöglichte es, den Marktplatz und den Judenhof autofrei zu machen.

Auf zwei weitere Kirchenbauten ist zu verweisen: Die Martin-Luther-Kirche als bedeutendes Bauwerk im Stil des Expressionismus, 1928 durch Theodor Veil erbaut und vom Neu-Ulmer Holzschnitzer Martin Scheible reich ausgestattet, sowie auf St. Michael zu den Wengen (der Wengenkirche). Die ehemalige barocke Klosterkirche von 1399 ist 1944 ausgebrannt; in der 1954 neu erbauten Kirche befindet sich ein 1766 von Franz Martin Kuen gemaltes Altarbild und in der Barockkapelle von 1629 eine spätgotische Kreuzigungsgruppe.

Ulms Stadtmauer, um 1480 in die Donau hinein („mitten im reißenden Fluss“) erbaut, später nach den Vorstellungen Albrecht Dürers vom Festungsbau durch Hans Beham d. Ä. (Nürnberger Baumeister) umgebaut, ist heute ein 600 Meter langer Promenadenweg, der flussaufwärts an der Wilhelmshöhe – Bastion Lauseck endet, einem Teil der Stadtbefestigung aus dem 16.–18. Jahrhundert. Zu diesem Teil der alten Stadtmauer gehört auch die optisch völlig unauffällige Adlerbastei, der Platz, von dem aus 1811 Albrecht Berblinger (Der Schneider von Ulm) seinen erzwungenen, gescheiterten Flugversuch über die Donau startete. Der Teil der Stadtmauer an den heutigen Straßen Neuer Graben, Frauengraben und Seelengraben wurde ab 1610 mit Soldatenunterkünften bebaut, nachdem der Niederländer Valckenburgh eine neue Befestigung Ulms geplant und umgesetzt hatte, welche die alte Stadtmauer praktisch in die Stadt hereinnahm. Die „Grabenhäusle“ bilden, modernisiert, heute ein Wohnquartier mit eigenem Flair. Im Bereich des Fischerviertels findet man die Staufermauer an der Blau, ab etwa 1150 erbaut, Reste der Befestigungsanlage der Ulmer Königspfalz und die ältesten erhaltenen Bauten in der Stadt.

Zu den kleinen architektonischen Besonderheiten Ulms gehören die Guckehürle, das sind kleine Ausgucktürmchen auf den Dachfirsten, fialenartige Aufsätze auf den Giebelspitzen, die die Wetterfahne eines Hauses tragen, Ziegel an einer Giebelwand zur symbolischen Dokumentation eines Traufrechts, Gassenkamine, um Rauch aus unteren Etagen ohne Kamin nach draußen zu führen, und schmiedeeiserne Sperrhaken zur Befestigung von Sperrketten, um den Einmarsch von Truppen zu erschweren.[57]

Fischer- und Gerberviertel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Im Fischerviertel

In diesem im Mittelalter vorwiegend von Handwerkern besiedelten Quartier am Donauzufluss der Blau finden sich noch viele aus dieser Zeit stammenden und auf sie verweisende Bauten,[58] so die Garnsiede auf der Blauinsel, das heute genauso wie die Lochmühle und das Gerberhaus gastronomisch genutzte Zunfthaus der Schiffsleute (am historischen Fischerplätzle direkt an der Donau gelegen, etwa da, von wo aus sich unter anderem die Donauschwaben für die Fahrt flussabwärts in ihre neuen Heimatländer Ungarn und Rumänien einschifften). Weiter nennenswert sind die Ulmer Münz, das um 1500 gebaute Kässbohrersche Haus und, der Ulmer Münz direkt benachbart, das Schiefe Haus, im 14. Jahrhundert erbaut, heute ein Hotel, welches als schiefstes der Welt gilt. In der Nähe des Fischerviertels waren auch drei Anlandeplätze für die Illerflößerei, die Holz aus dem Allgäu und Oberschwaben und Waren aller Art nach Ulm und von dort aus weiter nach Wien transportierten. Noch 1870 erreichten 3.000 Flöße die Anlandestellen an der Donau.

Auf dem Kreuz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Sebastianskapelle

Etwa die Hälfte der Bauten in diesem mittelalterlichen Altstadtviertel, welches sich in den letzten 20 Jahren zu einem bevorzugten, weil verkehrsberuhigten und zentrumsnahen Wohnquartier entwickelt hat, stammt aus der Zeit vor 1700. Zu den nennenswerteren gezählt werden kann die Sebastiankapelle, erstmals 1415 in der Stadtgeschichte erwähnt, jetzt ein Ausstellungsraum, außerdem der Seelturm, der im 14. Jahrhundert auf der Ulmer Stadtmauer errichtet wurde und ab 1638 als Pumpwerk diente, welches Wasser in das nebenstehende – achteckige – Brunnenhaus pumpte und dort speicherte. Der Name Seelturm kam von einem Seelhaus direkt gegenüber, das im Krieg zerstört wurde. Zu nennen ist weiterhin das Zundeltor, das 1870 unterhalb des Seelturms erbaut wurde und heute immer noch einen (neo)gotischen Stil aufweist (besonders der Dachstuhl). Der Name Zundeltor stammt von den gelagerten Materialien im Seelturm, denn dort wurden Zunder und auch Pulver gelagert. Außerdem befindet sich am Rande dieses Viertels das Zeughaus, ehemaliges Waffenarsenal der Reichsstadt Ulm, welches ab 1522 in mehreren Etappen erbaut wurde. Große Teile wurden 1945 zerstört. In der Säulenhalle des zum Komplex gehörenden, unzerstört durch alle Kriege gekommenen frühbarocken „Löwenbaus“ von 1667 finden wechselnde Ausstellungen statt.

 
Wilhelmsburg: Teil der Bundesfestung

Bundesfestung Ulm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Bundesfestung Ulm

Geplant und erbaut wurde die Festung als zentraler süddeutscher Waffenplatz des Deutschen Bundes von 1842 bis 1859 unter dem Festungsbaudirektor und damaligen Oberst Moritz von Prittwitz, sie zählt heute zu Europas größten Festungsanlagen. Bei der Errichtung waren bis zu 10.000 Arbeiter tätig. Heute sind davon noch zahlreiche Gebäude im gesamten Stadtgebiet erhalten, darunter nahezu alle Forts, beinahe die gesamte Stadtumwallung zwischen Wallstraßenbrücke und Eythstraße sowie einzelne Bauwerke der Stadtfronten und der Betonwerke von 1901/1914, außerdem zählen etliche Infrastrukturgebäude innerhalb des inneren Festungsrings und am Kuhberg dazu.

Weitere Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere, zum Teil markante, zum anderen Teil (architektur-)geschichtlich bemerkenswerte Bauten seien hier kurzgefasst erwähnt: das Daimler-Forschungszentrum von Architekt Richard Meier; das Donaustadion, mit 19.500 Sitz- und Stehplätzen, Austragungsort der Heimspiele der Fußballmannschaften des SSV Ulm 1846 sowie von Fußballländerspielen (Frauennationalmannschaft) und Leichtathletikwettbewerben; das weltweit größte Bürogebäude im Passivhausstandard Energon, mit 8000 m² und ca. 420 Arbeitsplätzen; der 1964 erbaute Fernmeldeturm Ulm-Ermingen; das Getreidesilo Schapfenmühle, 2005 fertig gestellt, mit 125 m Höhe (einschließlich Antenne) der höchste noch in Benutzung befindliche Getreidesilo der Welt; und endlich noch einige Sakralbauten in den Vororten: die Klosterkirche St. Maria in Söflingen, 1688 von Caspar Feichtmayr als Kirche des Clarissenklosters im frühbarocken Stil erbaut, mit noch erhaltenen Teilen der Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochenen Klosteranlage sowie die in unmittelbarer Nähe am Söflinger Friedhof gelegene Leonhards-Kapelle mit einem barocken Kalvarienberg; das Kloster Wiblingen, ehemaliges Benediktinerkloster, (1093 gegründet, 1806 aufgehoben) mit der bedeutenden spätbarocken Klosterkirche (1772–1781) mit frühklassizistischer Innenausstattung; die evangelische Marienkirche in Lehr mit beachtenswerten spätgotischen Wandmalereien.

Unterhalb der Wilhelmsburg auf dem Michelsberg steht der vom Schwäbischen Albverein 1908 errichtete König-Wilhelm-Turm, ein 16 m hoher Aussichtsturm,[59] von dem sich ein sehr guter Blick über Ulm bietet.

Oberschwäbische Barockstraße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulm ist Startpunkt der Oberschwäbischen Barockstraße. Die Strecke ist ca. 500 km lang, beginnt am Ulmer Münster, verläuft weiter in Richtung Bodensee und besteht aus zusätzlichen Erweiterungsrouten, die durch Österreich und durch die Schweiz verlaufen. Das auf Ulmer Stadtgebiet liegende Kloster Wiblingen mit seinem Bibliothekssaal ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Barockstraße.

Besonderheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulm besitzt neben dem höchsten Kirchturm der Welt auch das schiefste Hotel der Welt sowie mit der Haltestelle „Botanischer Garten“ die auf 617,8 Höhenmetern gelegene höchste Straßenbahnhaltestelle in Deutschland[60].

Parkanlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Friedrichsau
 
Exotische Pflanzen im Botanischen Garten Ulm. Oben Aechmea chantinii

Die Friedrichsau gilt als das Naherholungsgebiet für Ulm. Sie ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus und Straßenbahn) zu erreichen, mit Fahrgastschiffen über die Donau – oder zu Fuß. Von der Ulmer Innenstadt aus gelangt man über Uferwege donauabwärts in ca. 30 Gehminuten in die Friedrichsau mit ihren drei Gesellschaftsgärten, dem Festplatz (für Volksfeste, Circus-Gastspiele und Open-Airs sowie dem sechswöchigen Kultur-Festival „Ulmer Zelt“) und dem Tiergarten.

Bemerkenswert ist die Geschichte der Friedrichsau. So sagt man in Ulm „Napoleon ist an allem schuld“. Tatsächlich fiel das rechts der Donau gelegene „Steinhäule“ als Ausflugsgebiet für die Ulmer weg, da es, nachdem im Jahre 1810 die Grenzen neu gezogen worden waren, Bayern zugeschlagen worden war. Der erst durch Napoleons Gnaden zum württembergischen König aufgestiegene, vormalige Kurfürst Friedrich I. zeigte sich bei seinem Antrittsbesuch in Ulm im Jahre 1811 großzügig und stiftete unter anderem 2000 Gulden für ein neues Erholungsgebiet im „Gänshölzle“, der deshalb nach ihm benannten Friedrichsau.

Dort entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die „Au-Gesellschaften“, unter denen die „Hundskomödie“ die bekannteste wurde. Sie dienten vorwiegend geselligen Zwecken. Auch Sängervereine wie der „Liederkranz“ und die „Teutonia“ fanden in der Friedrichsau ihre Heimat.

Neben der Friedrichsau kann man auch den Botanischen Garten Ulm, eine zentrale Einrichtung der Universität Ulm, besichtigen. Er dient an erster Stelle der Forschung und der Lehre. Pflanzensammlungen, Versuchsflächen im Freien sowie mehrere Gewächshäuser stehen dem Unterricht von Studenten zur Verfügung. Darüber hinaus soll der Botanische Garten der Öffentlichkeit eine Möglichkeit zur Umweltbildung bieten. Zu bestimmten Zeiten sind die Gewächshäuser und die Versuchsflächen für Besucher geöffnet.

Im nördlichen Teil des Freigeländes des Botanischen Gartens hat das pharmazeutische Unternehmen ratiopharm in Zusammenarbeit mit der Universität Ulm im Jahr 2001 den Neuen Apothekergarten Ulm eröffnet. In den angelegten Beeten sind über 200 Heil- und Nutzpflanzen zu finden. Neben bekannten Arten wie Johanniskraut, Baldrian oder auch Hopfen gibt es auch eine Vielzahl an unbekannteren Pflanzen wie den Sonnentau oder den Kampferbaum zu entdecken.

Weitere Erholungsgebiete bzw. parkähnliche Anlagen sind der Alte Friedhof, das Donauufer mit Gehmöglichkeiten, der Duft- und Tastgarten mit Informationen auch für sehbehinderte Menschen sowie künftig der geplante, aber noch nicht realisierte Stadtteilpark Oberer Eselsberg.

Die Gerd-Walter-Linde ist in weiten Teilen Ulms sichtbar.

 
360°-Panorama vom Turm des Ulmer Münsters

Regelmäßige Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Nabada am Schwörmontag
 
Einstein-Marathon
  • Kleinbrauer Markt: Jährlich (erstmals 2005 zunächst in Neu-Ulm, seit 2007 dann in Ulm) stattfindende Veranstaltung von Kleinbrauereien auf dem südlichen Münsterplatz, bei der Biere zum Verkosten angeboten werden.
  • Württembergischer Landesposaunentag: Alle zwei Jahre findet in Ulm an einem Wochenende im Mai oder Juni der Landesposaunentag des Evangelischen Jugendwerkes in Württemberg statt, bei dessen Schlussfeier bis zu 9000 teilnehmende Blechbläser den größten Posaunenchor der Welt bilden.[61]
  • Ulmer Donaucup, die jährliche Ruderregatta des Ulmer Ruderclubs. Im Rahmen dieser Großveranstaltung werden unterschiedliche Wettkämpfe auf der Donau ausgetragen: die klassische Ruderregatta mit Rennen in je 37 Bootsklassen und der Drachen-Cup für 64 Freizeitmannschaften.
  • Tag der Festung: Im Juni werden an einem Sonntag zahlreiche Werke der Bundesfestung Ulm durch den Förderkreis Bundesfestung Ulm e. V. für die Öffentlichkeit zur Besichtigung geöffnet.
  • Internationales Donaufest: Das Festival der Donauländer mit kulturellen, musikalischen und kulinarischen Veranstaltungen am Ulmer und Neu-Ulmer Donauufer wurde erstmals 1998 gefeiert und findet seither alle zwei Jahre statt.
     
    Ulmer Weihnachtsmarkt
  • Schwörwoche: Als Schwörwoche werden die Festlichkeiten bezeichnet, die ab dem Wochenende vor dem Schwörmontag stattfinden. Sie beginnt mit der Lichterserenade. Am Morgen des Schwörmontag muss der Bürgermeister Rechenschaft vor den Einwohnern ablegen. Der Tag erinnert an die einstige Verfassung der Reichsstadt, den großen Schwörbrief von 1397, und wird am vorletzten Montag im Juli begangen. Dieser Montag wird wie ein halber Feiertag in Ulm und Neu-Ulm gehandhabt, das heißt, viele Geschäfte und öffentliche Institutionen haben ab ca. 10:30 Uhr geschlossen, um jedem Ulmer die Möglichkeit zu geben, die Schwörrede (traditionell gegen 11 Uhr vom Balkon des Schwörhauses auf dem Weinhof verlesen) zu hören. Abschluss des Wochenendes ist das Nabada. Alle vier Jahre findet zudem das Fischerstechen statt. Zu besonderen Anlässen, ansonsten auch im 4-Jahres-Turnus wird der traditionelle Bindertanz in der Schwörwoche aufgeführt. Ebenso findet ab Mitte Juli das Ulmer Volksfest in der Friedrichsau statt, das mit dem Schwörmontag endet.
  • Ulmer und Neu-Ulmer Kulturnacht, seit 2000 jährlich wiederkehrende Veranstaltung im September, die das gesamte kulturelle Angebot der beiden Donaustädte abbildet. Die Kulturnacht ist mit 95 Veranstaltungsorten und über 450 beteiligten Künstlern im Jahr 2006 eine der größten Veranstaltungen ihrer Art in Deutschland.[62][63]
  • Der Einstein-Marathon findet seit 2005 im September statt.
  • Wiblinger Bachtage: Jährliche Konzertreihe, meist im Herbst, die ihre Mitte in den Werken des Thomaskantors Johann Sebastian Bach hat. Die Konzertreihe besteht in Ulm und Neu-Ulm seit 1985 und erreichte 2004 insgesamt 70.000 Konzertbesucher.
  • Der jährliche Ulmer Weihnachtsmarkt ist einer der größten und populärsten Weihnachtsmärkte Süddeutschlands. Er beginnt in der Regel am Montag vor dem ersten Adventswochenende und geht bis zwei Tage vor Heiligabend. Dazu wird der Marktplatz vor dem Hauptportal des Münsters in ein „Hüttendorf“ (mit eigenen Straßennamen) verwandelt.

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der bekannteste Verein Ulms ist der SSV Ulm 1846, welcher mit seiner Fußballabteilung in der Saison 1999/2000 in der Bundesliga spielte. Heute spielt die seit Januar 2009 ausgegliederte Abteilung in der Regionalliga Südwest. Die Volleyballdamen des SSV Ulm 1846 wurden 2003 Deutscher Meister und Pokalsieger und spielen derzeit in der Regionalliga Süd. Der SSV Ulm 1846 ist zugleich mit 9500 Mitgliedern der zweitgrößte Sportverein Baden-Württembergs. Im Basketballsport ist der Bundesligist ratiopharm ulm derzeit der erfolgreichste Ulmer Sportverein. Er spielt bereits seit 2006 in der 1. Basketball-Bundesliga, 1996 gewann er den deutschen Pokal. Nach dem SSV Ulm 1846 ist die TSG Söflingen der mitgliederstärkste Sportverein Ulms. Er ist vor allem mit der Turn- und Handballsektion erfolgreich, bringt aber auch in sogenannten Nischensportarten wie Radball und Rollstuhlbasketball erfolgreiche Sportler hervor. Mit seinen etwa 700 Mitgliedern ist der ESC Ulm mit acht Abteilungen in den Sportarten Kegeln, Fußball, Tennis, Tischtennis, Gymnastik, Taekwondo, Angeln und Schützen in der Stadt vertreten. Vor allem die Kegler spielten in der Vergangenheit bereits in der 1. und 2. Bundesliga. Der Post SV Ulm e. V. wurde 1952 gegründet und besteht aus sieben Abteilungen.[64] Erfolgreichste Abteilung ist die Schachabteilung, die zeitweilig in der Bundesliga spielte. Ihr entstammt mit Klaus Bischoff auch der erfolgreichste Sportler des Vereins. Der Verein betreibt eine Tennishalle in Ulm.

Der 1971 gegründete Sporttauchverein Sporttauchergruppe Ulm/Neu-Ulm e. V. ist mit über 250 Mitgliedern einer der größten Tauchvereine Baden-Württembergs. Einer der größten Rudervereine Baden-Württembergs ist der Ulmer Ruderclub Donau e. V. Mit Urs Käufer, der Weltmeister im Deutschland-Achter 2009 und Teilnehmer bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking war und Kerstin Hartmann befinden sich einige Ulmer Ruderer in den Nationalmannschaften ihrer jeweiligen Altersklasse. Zudem verfügt der Ulmer Ruderclub Donau e. V. über einige, teilweise amtierende Landes- und Bundesmeister. Erfolgreichste Ulmer Ruderer waren Maximilian Reinelt im Achter und Raimund Hörmann sen. mit Dieter Wiedenmann im Vierer. Letztere wurden im Doppelvierer zweimal Vizeweltmeister (1979 und 1982) sowie je einmal Weltmeister (1983) und Olympiasieger (1984).

Der Kanu-Verein Ulmer Paddler wurde 1925 gegründet und betreibt im Illerkanal eine Trainingsstrecke. Als zweiter Kanu-Verein ist der Verein Ulmer Kanufahrer e. V. aktiv, der ebenfalls 1925 gegründet wurde. Die American Football spielenden Ulm Sparrows wurden 1984 gegründet und sind heute eine Untergruppe des VfB Ulm. Die Baseball-Abteilung des VfB Ulm spielt als die Ulm Falcons in der Baseball-Bundesliga.

Ulm war wiederholt Austragungsort internationaler Sportveranstaltungen. Im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 1972 wurden vier Vorrundenspiele des Olympischen Handballturniers in der Ulmer Donauhalle ausgetragen. Im Ulmer Donaustadion fand unter anderem das Finale der Fußball-Europameisterschaft der Frauen 2001 statt.

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 2016 erbrachte Ulm, innerhalb der Stadtgrenzen, ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 9,253 Milliarden € und belegte damit Platz 38 in der Rangliste der deutschen Städte nach Wirtschaftsleistung. Das BIP pro Kopf lag im selben Jahr bei 75.044 € (Baden-Württemberg: 43.632 €, Deutschland 38.180 €) und liegt damit deutlich über dem regionalen und nationalen Durchschnitt. 2016 verzeichnete die Wirtschaftsleistung der Stadt ein nominelles Wachstum von 2,8 %. In der Stadt gab es 2016 ca. 122.400 erwerbstätige Personen.[65] Die Arbeitslosenquote lag im Dezember 2018 bei 3,2 % und gehörte damit zu den niedrigsten unter den deutschen Großstädten.[66]

Im Zukunftsatlas 2016 belegte die kreisfreie Stadt Ulm Platz 17 von 402 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland und zählt damit zu den Regionen mit „sehr hohen Zukunftschancen“.[67]

Wichtige Branchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulm ist Sitz einer Industrie- und Handelskammer (IHK) (Kammerbezirk: Stadt Ulm, Alb-Donau-Kreis und Landkreis Biberach) und einer Handwerkskammer (Kammerbezirk: Stadt Ulm, Alb-Donau-Kreis, Landkreis Biberach, Bodenseekreis, Landkreis Heidenheim, Ostalbkreis und Landkreis Ravensburg).

Ulm ist ein bedeutender Standort für Unternehmen der elektronischen Industrie und der Waffenherstellung.

 
Lastwagen aus Ulmer Produktion: Magirus-Deutz M170D15FAK

Ulm ist ebenso ein traditionsreicher Standort der Nutzfahrzeugindustrie. Schon 1866 gründete der Ulmer Feuerwehrkommandant Conrad Dietrich Magirus eine Fabrik zur Herstellung von Feuerwehrgeräten (siehe dazu: Magirus). Dort wurden 1892 die erste Drehleiter, 1903 die erste selbstfahrende Dampffeuerspritze, ab 1916 Lastkraftwagen und ab 1919 Omnibusse gebaut. 1935/36 wurde die Firma Magirus von Klöckner-Deutz aus Köln übernommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die nach dieser Fusion auf dem Markt etablierte Nutzfahrzeugmarke Magirus-Deutz zu Deutschlands zweitgrößtem Lkw- und Omnibushersteller sowie zum deutschen und europäischen Marktführer für Feuerwehrfahrzeuge auf. Zwischen 1975 und 1983 ging die Marke Magirus-Deutz mit dem Ulmer Nutzfahrzeugwerk in der zum italienischen Fiat-Konzern gehörenden Iveco auf, die zwar den Markennamen Magirus-Deutz einstellte, nicht aber die Produktion in Ulm. Während Feuerwehrfahrzeuge weiterhin hergestellt wurden, wurde die Herstellung von LKW (Iveco Stralis) 2012 nach Madrid verlagert und nur das Entwicklungszentrum in Ulm belassen. Der ehemalige Mutterkonzern von Magirus-Deutz (die heutige Deutz AG) baut in Ulm nach wie vor Motoren. Das Ulmer Werk von Deutz wurde zum unternehmensinternen Zentrum für luftgekühlte Dieselmotoren ausgebaut.

Auf das Jahr 1893 und die Initiative von Karl Heinrich Kässbohrer ging das Ulmer Unternehmen Kässbohrer zurück, das ab 1951 selbsttragende Omnibusse unter dem Markennamen Setra baute. Ende der 1960er-Jahre war Kässbohrer Deutschlands größter Hersteller von Omnibussen und Lkw-Anhängern. Ab 1993 wurde das Unternehmen aufgeteilt in die heutige Kässbohrer Transport Technik, die Kässbohrer Geländefahrzeug AG und die Bus-Sparte, die von Daimler-Benz übernommen wurde und heute unter dem Namen EvoBus nach wie vor Omnibusse mit dem Namen „Setra“ herstellt, seit 2009 allerdings ihren Standort vollständig in Neu-Ulm hat.

In Ulm sind aus dem Automobilsektor ferner neben der Daimler AG mit dem von Richard Meier gebauten Forschungszentrum auf dem Oberen Eselsberg auch die Audi AG und BMW mit eigenen Forschungsabteilungen im Science Park II vertreten.[68]

Der Buchhersteller Ebner & Spiegel GmbH mit Sitz in Ulm fertigt mit etwa 500 Mitarbeitern mehr als 70 Mio. Bücher jährlich. Ebner & Spiegel ging 2002 aus dem 1817 gegründeten J. Ebner Graphische Betriebe GmbH & Co. KG sowie der 1930 durch Franz Xaver Spiegel gegründeten Franz Spiegel Buch GmbH hervor. Nach dem Zusammenschluss der beiden Traditionshäuser investierte die international agierende Gruppe CPI aus Paris 13 Millionen Euro in die Modernisierung des Rotationsdrucks und der Binderei im Ulmer Werk.

Ansässige Großunternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemalige Unternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Britax Römer Kindersicherheit GmbH: Auto- und Fahrradkindersitze, Kinderwagen (bis Herbst 2016, Umzug nach Leipheim)
  • car2go GmbH: Carsharing (bis 31. Dezember 2014)[70]
  • Manufaktur Ulmer Keramik (UK): Gebrauchsgeschirr, Fliesen, Werbeartikel aus Keramik (bis 31. März 1991)
  • Nokia: Telekommunikation (Forschung und Entwicklung) (bis 31. Dezember 2012)[71]

Messestadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Nordosten der Stadt liegen die Donauhalle und das Messegelände mit mehreren, auch unabhängig voneinander nutzbaren Hallen. Daneben finden im Congress Centrum Ulm (CCU) und im Kornhaus Kongresse und Veranstaltungen statt, darunter die jährlich stattfindende Versandbuchhändlertagung, organisiert durch den Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Zahlreiche Fertighaushersteller haben in der Fertighausausstellung beim Messegelände Ausstellungshäuser errichtet. Des Weiteren finden auch in dem auf Neu-Ulmer Gebiet liegenden, aber gemeinsam mit der Nachbarstadt genutzten Veranstaltungszentrum Ratiopharm Arena Messen und Großveranstaltungen statt.[72]

Umwelt/Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die FUG GmbH (Fernwärme Ulm) betreibt eines der größten Biomasseheizkraftwerke Deutschlands (60 MW installierte Leistung) in der Ulmer Weststadt (Siehe auch: Liste von Kraftwerken in Deutschland). Darüber hinaus nimmt Ulm in den letzten Jahren regelmäßig in der Kategorie Großstädte einen der vordersten Plätze in der Solarbundesliga ein und ist neben Ingolstadt die deutsche Großstadt, in der am meisten Solarstrom je Einwohner produziert wird. Der 1976 gegründete Weltladen in Ulm ist einer der ältesten und heute größten Weltläden Deutschlands. 2007 und 2011 wurde die Stadt Ulm für ihr vorbildliches kommunales Energiemanagement und ihre Verdienste um den Klimaschutz mit dem European Energy Award ausgezeichnet.[73] Seit Januar 2008 wird das Ulmer Münster vollständig mit regenerativer Energie versorgt[74] und seit April 2008 ist in Ulm für Neubauten der KfW-40-Energiestandard vorgeschrieben. Im Februar 2010 wurde das „Bündnis 100 % Erneuerbare Energien“ gegründet, welches mit allen wesentlichen Akteuren der Region Ulm/Neu-Ulm bis 2030 einen Umstieg der Region Ulm/Neu-Ulm auf 100 % erneuerbare Energien erreichen möchte.[75]

Klimaschutzkonzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gemeinderat Ulm hat im Mai 2013 die Erstellung eines Klimaschutzkonzepts beschlossen.[76] Am 24. November 2015 wurde das Klimaschutzkonzept in der Fassung vom 16. Oktober 2015 beschlossen.[77] Die Stadt Ulm hat sich zum Ziel gesetzt, die kommunalen Pro-Kopf-Treibhausgasemissionen alle 10 Jahre um 20 % gegenüber dem Referenzjahr 2010 (10 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr) zu senken und damit Einsparungen von 80 % bis 2050 (Zielwert: 2 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr) zu erreichen.[78]

Luftqualität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Messungen in den Jahren 2006 und 2007 zeigten klare Überschreitung der erlaubten Grenzwerte für Feinstaub und NO2.[79] Größter Verursacher für beide Schadstoffe ist der motorisierte Straßenverkehr.[80] Daraufhin wurde 2008 erstmals ein Luftreinhalteplan mit verschiedenen Maßnahmen verabschiedet, u. a. der Einführung einer Umweltzone.[81]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Modal Split der Verkehrsmittelwahl beträgt der Anteil des motorisierten Individualverkehrs 49,8 %, des Fußverkehrs 23,3 %, des ÖPNV 15,5 % und des Radverkehrs 11,4 % am Gesamtverkehr in der Stadt (Stand 2008).[82]

2011 wurde das Aktionsbündnis „Fahrrad in Ulm“ ins Leben gerufen mit dem Ziel, den Fahrradanteil am Verkehr bis 2020 auf 20 % anzuheben. Einige Punkte der damals erstellten Handlungsempfehlung wurden bis 2014 bereits umgesetzt, darunter die Ernennung eines Fahrradbeauftragten, der Beitritt zur AGFK-BW und das „Scherbentelefon“.[83]

Straßenverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Ulm und an Ulm vorbei verlaufen mehrere Autobahnen und zum Teil autobahnähnlich ausgebaute Bundesstraßen, die die Stadt gut an das Umland und an weiter gelegene Städte binden:

A 7 Flensburg – Hamburg – Hannover – Kassel – Fulda – Würzburg – Ulm – Memmingen – Kempten – Füssen/Reutte (Tirol)
A 8 Karlsruhe – Stuttgart – Ulm – Augsburg – München – Salzburg
B 10 Pirmasens – Karlsruhe – Stuttgart – Ulm – Augsburg
B 28 Strasbourg – Freudenstadt – Tübingen – Reutlingen – Ulm
B 30 Ulm – Biberach (Riß) – Ravensburg – Friedrichshafen
B 311 Ulm – Ehingen – Tuttlingen – Geisingen (– Donaueschingen)

In Ulm besteht seit dem 1. Januar 2009 eine Umweltzone; seit dem 1. Januar 2013 ist die Einfahrt ist nur noch mit grüner Feinstaubplakette gestattet. Die Umweltzone erstreckt sich nicht auf das gesamte Stadtgebiet, sondern hauptsächlich auf die Kernstadt, und wird nach Norden und Westen hin durch den Berliner Ring, Kurt-Schumacher-Ring und Kuhbergring (sog. Nord- und Westtangente) sowie nach Süden und Osten im Wesentlichen durch die Donau begrenzt.[84] Anfangs war die in Nord-Süd-Richtung durch das Stadtgebiet verlaufende Bundesstraße 10 noch von der Umweltzone ausgenommen. Diese Ausnahmeregelung wurde jedoch zum 1. Januar 2013 – gleichzeitig mit der Beschränkung der Einfahrt auf grüne Feinstaubplaketten und der Einführung neuer Tempolimits – aufgehoben.[85]

Im Stadtzentrum befindet sich eine ausgedehnte Fußgängerzone.

Die Gesamtstraßenlänge in Ulm beträgt 450 km. Zusätzlich gibt es 20 km reine Radwege.

Für Elektrofahrzeuge steht mit 136 öffentlich zugänglichen Ladepunkten (Stand Juni 2017) ein dichtes Netz an Ladestationen bereit.[86]

Schienenverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Empfangsgebäude des Ulmer Hauptbahnhofs
 
Die Gleisanlagen von Ulm Hbf

Ulm liegt an der ICE-Strecke Stuttgart−München sowie an der wichtigen Europamagistrale Paris–Budapest. Europäische Metropolen wie Amsterdam, Paris und Wien sind ohne Umsteigen erreichbar. Auch der TGV München–Paris hält in Ulm.

Die Strecke Stuttgart–Ulm–Augsburg wird im Bundesverkehrswegeplan 2003 als vordringlicher Bedarf aufgeführt (Neu- und Ausbaustrecke Stuttgart–Augsburg). Von Stuttgart nach Ulm soll eine neue Hochgeschwindigkeitsstrecke gebaut werden (Neubaustrecke Wendlingen–Ulm). Die Strecke von Ulm nach Augsburg soll für Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h ausgebaut werden. Durch die Neu- und Ausbaustrecke Stuttgart–Ulm-Augsburg wird mit einer Zunahme des Fern- und Regionalverkehrs in Ulm um teilweise bis zu 50 % gerechnet.

Bereits im Zuge des Projekts Neu-Ulm 21 wurde der Bahnhof Neu-Ulm vollständig neu angelegt (offizielles Abschlussdatum dieser Maßnahme: 24. November 2007); außerdem wurde die Eisenbahnbrücke über die Donau auf vier Gleise erweitert.

Der Hauptbahnhof Ulm bildet mit 12 Gleisen, davon fünf nicht durchgehend, den wichtigsten Verkehrsknoten der Stadt. Weitere Eisenbahnverkehrsstationen bestehen im Westen (Bahnhof Ulm-Söflingen) und Osten (Haltepunkt Ulm Ost) sowie im Industriegebiet Donautal (Haltepunkt Ulm-Donautal). Daneben gibt es weitere Verkehrsstationen in Neu-Ulm.

Im Einzelnen treffen in Ulm folgende Eisenbahnstrecken aufeinander:

Nahverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Insgesamt bedienen das Stadtgebiet 20 Linien der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH (SWU),[87] darunter zwei Straßenbahn- und 19 Buslinien sowie weit mehr als 35 Linien anderer Verkehrsunternehmen. Mit dem Bau der zweiten Straßenbahnlinie wurde im Sommer 2015 begonnen.[88] Die Inbetriebnahme fand im Dezember 2018 statt.[89][veraltet] Somit sind alle Stadtteile und das nahe gelegene Umland gut angebunden.

Ende 2005 hat die SWU an den Wochenenden zusätzlich acht Nachtlinien eingeführt, die ebenfalls alle Stadtteile und das Umland von Ulm auch nach Mitternacht im Stundentakt bedienen. Für Orte und Gemeinden außerhalb von Ulm, in denen bisher keine Nachtlinien fahren, hat die Stadt zum Fahrplanwechsel im Dezember 2006 einige zusätzliche Busse nach Mitternacht eingeführt. Alle Unternehmen fahren zu einheitlichen Preisen innerhalb des Donau-Iller-Nahverkehrsverbunds (DING).

Fernbusanbindung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittlerweile fahren immer mehr Fernbusanbieter Ulm aus ganz Deutschland an, mit Verbindungen aus Berlin, Mannheim, Nürnberg, Oberstdorf etc. Die Fernbushaltestelle befindet sich in Ulm-Böfingen in der Eberhard-Finckh-Straße mit direkter Anbindung an die Straßenbahn Richtung Hbf.

Fernradwege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Ein reiches Netz an Fernradwegen führt nach Ulm. Hier die Markierung des Donau-Bodensee-Radweges. Die Piktogramme dazu gehen auf Otl Aicher aus Ulm zurück.
 
Eine Elektrofahrrad-Tankstelle in der Brautgasse am Ulmer Münster zeigt, dass sich Ulm auch auf Radfahrer eingestellt hat, die auf Fernradwegen unterwegs sind.

Ulm liegt am Donauradweg, der von der Donauquelle über Passau, Wien und Budapest bis zur Mündung in das Schwarze Meer führt.

Des Weiteren endet in Ulm der Iller-Radweg, der von Oberstdorf über Memmingen nach Ulm führt.

Eine touristisch wichtige Fernstrecke ist auch der Radwanderweg Donau-Bodensee, der die Stadt mit dem Bodenseeraum verbindet.[90]

Der Alb-Neckar-Radweg beginnt in Ulm und führt über die Schwäbische Alb nach Heilbronn.

Der Hohenlohe-Ostalb-Weg wiederum führt von Rothenburg ob der Tauber über die Ostalb in die Stadt.

Fernwanderwege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schwäbische Albverein betreut als Wanderverein ein gut ausgebautes Netz an Fernwanderwegen durch Süddeutschland, das Ulm berührt. Wichtig ist der Schwäbische-Alb-Südrand-Weg (HW 2) und der Main-Donau-Bodensee-Weg (HW 4), die sich im Stadtgebiet kreuzen. Beide Wege weisen wiederum zahlreiche Zugangswege aus dem Umland im Ulmer Stadtgebiet auf.

Flugverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die nächsten Großflughäfen sind in Stuttgart (ca. 80 km) und in München (ca. 160 km). Diese Flughäfen sind mittels Bus und Bahn zu erreichen.

Die nächstgelegenen Regionalflughäfen befinden sich im ca. 50 km entfernten Memmingen (Flughafen Memmingen), im ca. 80 km entfernten Augsburg (Flughafen Augsburg, seit Sommer 2005 keine Linienflüge mehr) sowie im etwa 100 km entfernten Friedrichshafen (Flughafen Friedrichshafen).

Der nächstgelegene Flugplatz ist der 10 km von Ulm entfernte Sportflugplatz Erbach (Donau) (ICAO:EDNE) mit einer 630 m × 30 m großen Graspiste, geeignet für Motorflugzeuge bis 2 t MPW, Motorsegler, Hubschrauber, Ultraleichtflugzeuge, Segelflugzeuge (F-Schlepp & Windenstart möglich) und Ballone.

Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Medienlandschaft Ulm

Die Südwest Presse hat den größten Anteil an Abonnenten. Mitbewerber sind die Schwäbische Zeitung und die „Neu-Ulmer Zeitung“, eine Regional-Ausgabe der Augsburger Allgemeinen mit einem Lokalteil für Ulm. Breiter ist das Angebot im Bereich e-Medien: Es gibt ein Regionalstudio (TV und Rundfunk) des SWR, die privaten Rundfunksender Radio 7 und Donau 3 FM, das freie Radio freeFM, das journalistisch-nachrichtlich ausgerichtete, unkommerzielle und für jeden zugängliche Internetportal ulmnews, das ehrenamtlich betriebene Online-Magazin Team-Ulm sowie etliche andere Internet-Portale, welche ihren Nutzern auch (eher kulturelle) Informationen aus der Region, aber überwiegend zielgerichtete (Freizeit-) Angebote und -Nutzungsmöglichkeiten bieten. Außerdem existiert als Lokalradio das Hitradio MS One.

Seit dem 22. September 2005 ist in Ulm ein TV Sender mit dem Namen Regio TV Schwaben ansässig. Dieser sendet von montags bis freitags zwischen 18 Uhr und 24 Uhr eine tagesaktuelle, halbstündige als Schleife wiederholende Sendung, die über Ulm, den Alb-Donau-Kreis, den Kreis Neu-Ulm sowie Biberach berichtet.

Öffentliche Einrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulm ist Sitz eines Amtsgerichts und eines Landgerichts, eines Arbeitsgerichts, eines Sozialgerichts sowie eines Polizeipräsidiums. Ferner hat Ulm ein Finanzamt, ein Hauptzollamt und eine Agentur für Arbeit, an die Außenstellen in Biberach und Ehingen angegliedert sind. Zudem befinden sich die Jobcenter Ulm und Alb-Donau im Stadtgebiet Ulm.

Die Stadt ist Sitz der Prälatur Ulm und des Kirchenbezirks Ulm der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und des Dekanatsverbands Ehingen-Ulm des Bistums Rottenburg-Stuttgart.

Medizinische Versorgung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Universitätsklinikum Ulm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Universitätsklinikum Ulm, Chirurgie
Hauptartikel: Universitätsklinikum Ulm

Das Universitätsklinikum Ulm ist eines der fünf Universitätsklinika in Baden-Württemberg. Es ist einerseits ein Krankenhaus der Stufe Maximalversorgung und für das Versorgungsgebiet Ostwürttemberg, Donau-Iller und Bodensee-Oberschwaben zuständig. Andererseits ist es innerhalb der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm in die praktische Ausbildung der Fächer Human- und Zahnmedizin involviert. Das Klinikum hat insgesamt 1.264 stationäre Planbetten (Stand: März 2014). Für die rund 192.000 Fälle pro Quartal stehen knapp 6.400 Mitarbeiter – davon rund 850 Ärzte – zur Verfügung. Die verschiedenen Kliniken und Institute des Gesamtklinikums sind hauptsächlich auf drei Standorte im Stadtgebiet verteilt: Oberer Eselsberg/Wissenschaftsstadt, Michelsberg und Safranberg.

Bundeswehrkrankenhaus Ulm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Ulm ist Standort eines der fünf deutschen Bundeswehrkrankenhäuser. Es befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Universitätsklinikum auf dem Oberen Eselsberg und hat insgesamt 496 stationäre Planbetten, wovon 323 im Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg für die Behandlung ziviler Patienten vorgesehen sind. Mit Ausnahme der fehlenden Abteilungen für Gynäkologie und Kinderheilkunde ist das Bundeswehrkrankenhaus wie das Universitätsklinikum auch ein Krankenhaus der Maximalversorgung. Das BWK ist außerdem der Standort des in Ulm stationierten Rettungshubschraubers Christoph 22.

RKU – Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die RKU – Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm wurden 1984 ursprünglich als Rehabilitationskrankenhaus Ulm gegründet. Das Krankenhaus hat sich auf die Schwerpunkte Neurologie, Orthopädie, medizinische und berufliche Rehabilitation spezialisiert und hat insgesamt 232 Planbetten im Klinikbereich und 81 Betten im Reha-Bereich. Aufgrund einer gemeinsamen Trägerschaft durch die Sana Kliniken AG und das Universitätsklinikum Ulm sind die neurologische und orthopädische Klinik des RKU gleichzeitig Bestandteil des Universitätsklinikums. Wie das Bundeswehrkrankenhaus und das Universitätsklinikum hat auch das RKU seinen Sitz auf dem Oberen Eselsberg.

Friedhof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Städtische Friedhof entstand, nachdem Friedhöfe einzelner Stadtteile für die Begräbnisse nicht mehr ausreichten. Er weist auch eine Vielzahl von Grabstätten prominenter Ulmer Bürger auf.

Auf diesem Friedhof befinden sich auch zahlreiche Grabstätten von Soldaten der Roten Armee als Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Außerdem erinnert neben der Friedhofshalle ein Gedenkstein an viele hundert Ulmer Bürger, die Opfer des NS-Gewaltregimes wurden.[91]

Bundeswehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Heeresmusikkorps Ulm
Hauptartikel: Militär in Ulm
 
Das BWK Ulm auf dem Oberen Eselsberg

Ulm war aufgrund seiner strategisch wichtigen Lage in seiner Geschichte oft umkämpft. Die Stationierung von militärischen Verbänden in Ulm hat daher eine lange Tradition: seit 1666 ist Ulm Garnisonsstadt; zwischenzeitlich befanden sich bis zu 18 Kasernen in der Stadt. Seit den 1950er-Jahren war und ist Ulm Sitz zahlreicher Verbände und hoher Stäbe der Bundeswehr. Die immer noch große Bedeutung des Standorts Ulm für die Bundeswehr spiegelt sich auch darin wider, dass sich in Ulm noch bis vor wenigen Jahren allein drei Kasernen befanden: die Wilhelmsburg-Kaserne auf dem Michelsberg, die Hindenburg-Kaserne auf dem Eselsberg und die Bleidorn-Kaserne auf dem Kuhberg; hinzu kommt die Rommel-Kaserne in der Nachbargemeinde Dornstadt. Außerdem ist Ulm Standort eines der verbliebenen fünf Bundeswehrkrankenhäuser.

Die heutige Wilhelmsburg-Kaserne entstand 1969 nördlich der Zitadelle der ehemaligen Bundesfestung Ulm – der Wilhelmsburg – durch die Zusammenlegung mehrerer Kasernen- und Festungsgebäude (unter anderem der ehemaligen Flandern-Kaserne und des Forts Prittwitz) zu einer Kasernenanlage. Zu den ersten in der rund 40 Hektar großen Kaserne stationierten Einheiten gehörten die Pioniermaterialkompanie 201 und die Topographiebatterie 201. Zwischenzeitlich (bis zu seinem Umzug an das Bundeswehrkrankenhaus) war auch der erste Ulmer Rettungshubschrauber SAR 75 in der Wilhelmsburg-Kaserne beheimatet. Zu den Hauptnutzern der Kaserne gehören heute das Multinationale Kommando Operative Führung (2013 aus dem ebenfalls in Ulm stationierten Kommando Operative Führung Eingreifkräfte hervorgegangen), das Heeresmusikkorps Ulm und die Feldjäger. Der Standort zählt insgesamt rund 1.000 Soldaten und zivile Mitarbeiter.[92]

Die Hindenburg-Kaserne war zwischen 1934 und 1936 im Rahmen des Aufbaus der Wehrmacht auf dem unteren Eselsberg errichtet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage zuerst als Unterkunft für Displaced Persons und später von der US-Armee genutzt. Nach der Wiederaufstellung deutscher Streitkräfte ab 1955 waren verschiedene Verbände der Bundeswehr in der Hindenburg-Kaserne stationiert, zuletzt drei Kompanien (rund 360 Soldaten) des Lazarettregiments 41.[93] Nach dem Abzug der letzten Soldaten am 1. Oktober 2014 wurde die Kaserne während der Flüchtlingskrise 2015 zwischenzeitlich als Unterkunft für bis zu 200 Asylbewerber genutzt. In den kommenden Jahren soll das Kasernengelände von Grund auf neu gestaltet und als Wohn- und Gewerbegebiet genutzt werden.

Die Bleidorn-Kaserne entstand ebenfalls 1934 durch Erweiterung einer Artillerie-Kaserne im Fort Unterer Kuhberg. Ähnlich wie die Hindenburg-Kaserne wurde auch die Bleidorn-Kaserne in der Nachkriegszeit zunächst als DP-Camp genutzt, bevor wieder Soldaten in den Gebäuden untergebracht wurden: unter anderem ab 1958 der Stab des ehemaligen Pionierkommandos 2[94] und bis 2012 das Kreiswehrersatzamt Ulm. Zwischen Oktober 2015 und September 2016 waren auf dem Gelände wie auch in der Hindenburg-Kaserne Flüchtlinge untergebracht. Heute sind in der Bleidorn-Kaserne nur noch das Bundeswehr-Dienstleitungszentrum Ulm und das Karriereberatungsbüro Ulm als Außenstelle des Karrierecenters der Bundeswehr Stuttgart untergebracht. Laut Stationierungskonzept 2011 war die endgültige Schließung der Bleidorn-Kaserne ursprünglich für 2018 vorgesehen,[95] der Zeitpunkt wurde jedoch in der Zwischenzeit auf voraussichtlich 2025 verschoben.[96]

Gemäß dem aktuellen Stationierungskonzept der Bundeswehr sind nunmehr in Ulm die folgenden Verbände und Dienststellen der Bundeswehr stationiert:

Zum Gedenken der Deserteure der Wehrmacht wurde 1989 in der Oberen Donaubastion vor dem Roxy eine sechs Tonnen schwere Stahlplastik aufgestellt. Das als „Stein des Anstoßes“ von der Bildhauerin Hannah Stütz-Mentzel entworfene Mahnmal ließ der Gemeinderat jedoch bald darauf wieder entfernen. 2005 fand es im Lehrer Tal am unteren Eingang zum Botanischen Garten seinen endgültigen Standort.[97]

Feuerwehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Feuerwehr Ulm

Trotz seines Status als Großstadt verfügt Ulm über keine Berufsfeuerwehr. Die Feuerwehr Ulm ist stattdessen als Freiwillige Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften organisiert und gliedert sich in die Abteilung Feuerwehrbeamte (mit ihren 63 hauptamtlichen Feuerwehrkräften) und 15 Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr mit rund 500 ehrenamtlichen Feuerwehrleuten. Die ständig besetzte Hauptfeuerwache der Feuerwehr Ulm befindet sich in der Keplerstraße im Stadtteil Stadtmitte.

Schullandschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hochschulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Universität Ulm
 
Universitätsbibliothek

Die Universität Ulm wurde im Jahr 1967 als Medizinisch-Naturwissenschaftliche Hochschule gegründet. Das Fächerspektrum umfasst heute Naturwissenschaften, Medizin, Ingenieurwissenschaften, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften und Informatik. Derzeit (Sommersemester 2018) sind 9.891 Studenten immatrikuliert.

Ulm verfügt über eine Hochschule (vor 2006 Fachhochschule Ulm), die 1960 als „Staatliche Ingenieurschule“ gegründet wurde. Die in der Schwesterstadt Neu-Ulm beheimatete Hochschule Neu-Ulm hat durch eine enge Zusammenarbeit mit der Hochschule Ulm (u. a. auch gemeinsame Studiengänge) Einfluss auf die Ulmer Hochschullandschaft.

1953 gründeten Inge Aicher-Scholl, Otl Aicher und Max Bill die Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG Ulm), die in der Tradition des Bauhauses stand und internationale Bedeutung hatte. Sie wurde nach Einstellung der Förderung durch die Landesregierung von Baden-Württemberg 1968 geschlossen.

Seit 2014 ist Ulm außerdem Standort der privaten Hochschule für Kommunikation und Gestaltung (HfK+G*).

Akademien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Akademie für darstellende Kunst (adk) ist eine Schauspielschule. Sie wurde 1996 gegründet und besitzt 16 Unterrichts- bzw. Ausbildungsräume im Fort Unterer Kuhberg mit einer Gesamtfläche von 1200 m². An die adk-Ulm angeschlossen findet man das Akademietheater Ulm (s. o.), die Kammeroper Ulm (ein Musiktheaterensemble aus Dozenten der adk-ulm und Gästen), sowie ein Figurentheater. das FiThea. Alle Einrichtungen haben einen regelmäßigen Spielplan.

Zum Universitätsklinikum gehört auch die Akademie für medizinische Berufe. Diese hat sich auf die Aus- und Weiterbildung von therapeutischen, pflegerischen und technisch-medizinischen Berufen spezialisiert. Sie wurde vor über 35 Jahren gegründet und hat ihren Sitz im Kloster Wiblingen. Die neun Berufsfachschulen der Akademie haben über 700 Ausbildungsplätze.

Allgemeinbildende Schulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ulm unterhält 21 Grundschulen, fünf Grund- und Werkrealschulen, acht (Werk-)Realschulen, sieben allgemeinbildende Gymnasien (Humboldt-Gymnasium (die älteste Schule Ulms), Kepler-Gymnasium, Schubart-Gymnasium, St. Hildegard-Gymnasium (Katholische Freie Mädchenschule), Anna-Essinger-Gymnasium, Albert-Einstein-Gymnasium (eins von vier im Land mit Hochbegabtenzug) und Hans und Sophie Scholl-Gymnasium), drei Fachgymnasien (Technisches Gymnasium der Robert-Bosch Schule, kaufmännisches Gymnasium der Friedrich-List Schule, berufliches Gymnasium der Valckenburgschule) sowie 12 Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren. Des Weiteren bestehen 6 Berufsschulen (darunter eine zusätzliche Sonderberufsschule), 21 Berufsfachschulen, 1 freie evangelische Grundschule, 1 Abendgymnasium mit Abendrealschule, 5 Fachschulen, 13 Berufskollegs, 2 Waldorfschulen und weitere private allgemein- und berufsbildende Schulen. Insgesamt gibt es in Ulm ca. 70 allgemein- und berufsbildende Schulen (z. T. mit mehreren Schulzweigen).[98] Mit der Elly-Heuss-Realschule hat die Stadt Ulm landesweit die einzige Realschule mit reinem Kunstprofil. Mehrere dieser Schulen gehören zum Bildungszentrum Kuhberg.

Jugend- und Erwachsenenbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Ulm findet sich ein breites außerschulisches Bildungsangebot. Größter Anbieter ist die Ulmer Volkshochschule (vh), die in über 3000 Kursen, Vorträgen und anderen Veranstaltungen jährlich mehr als 20.000 Menschen weiterbildet. Die vh bietet auch spezielle Angebote für Zielgruppen – z. B. in der Frauenakademie oder ihrer Kulturwerkstatt und Jugendkunstschule kontiki.

Darüber hinaus bieten neben privaten Anbietern und der IHK auch konfessionelle Weiterbildungsinstitutionen wie das Haus der Begegnung, das Evangelische Kreisbildungswerk, die Familien-Bildungsstätte (ev.), das Katholische Bildungswerk und das Kolping Bildungswerk (kath.) eine Vielzahl an Bildungsangeboten. Einen besonderen Schwerpunkt auf die Seniorenbildung legt das Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW). Die Musikschule der Stadt Ulm und der Stadtjugendring Ulm bieten ein breites Spektrum an Bildungsangeboten für junge Leute.

Bibliotheken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Neue Zentralbibliothek (Glaspyramide)

Die Stadtbibliothek Ulm gehört mit einem Bestand von über 560.000 Medien (2009) zu den größten öffentlichen Bibliotheken in Deutschland. Die Universitätsbibliothek Ulm verfügt als wissenschaftliche Bibliothek über mehr als 910.000 Bücher, die Bibliothek der Hochschule Ulm über mehr als 50.000.

Wissenschaftsstadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Reaktion auf die wirtschaftliche Strukturkrise Anfang der 1980er Jahre, die neben vielen klassischen Industriestandorten auch Ulm betraf, wurde 1987 unter wesentlicher Beteiligung des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth das Konzept der „Wissenschaftsstadt“ entwickelt. Eine der Leitideen des Konzeptes ist es, Hochschul- und Industrieforschung besser zu verzahnen und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen. Kernstück der auf dem Oberen Eselsberg nahe dem Universitätscampus angesiedelten „Wissenschaftsstadt“ sind die so genannten An-Institute, die in enger Zusammenarbeit mit Universität, Universitätsklinikum, Hochschulen und der Industrie anwendungsorientierte Forschung betreiben. Das erste derartige Institut wurde 1985 gegründet: das ILM – Institut für Lasertechnologien in der Medizin. Des Weiteren haben sich auch Forschungszentren großer internationaler Konzerne (z. B. Daimler, Nokia, Siemens) angesiedelt. Nachdem bereits in den 1990er Jahren aufgrund der hohen Nachfrage das Gebiet der Wissenschaftsstadt ausgeweitet werden musste („Science Park II“), plant die Stadt derzeit eine erneute Erweiterung („Science Park III“).

Telefonvorwahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hauptteil der Stadt hat die Vorwahlnummer 0731. Ausnahmen sind

  • Ermingen mit der Nummer 07304,
  • Eggingen, Einsingen, Donaustetten und Gögglingen mit der Nummer 07305 und
  • Unterweiler mit der Nummer 07346.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben einer Anzahl von Persönlichkeiten, denen die Stadt Ulm das Ehrenbürgerrecht verliehen hat, wurden zahlreiche Persönlichkeiten in Ulm geboren, verbrachten einen Teil ihres Lebens in der Stadt oder verstarben hier. Auf Grund der hohen Anzahl dieser Persönlichkeiten wurde ein eigener Artikel angelegt.

Zitate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

bekannter Zungenbrecher

(der Zungenbrecher wurde auch im gleichnamigen Schlager von Gus Backus verwendet und war 1964 Titel eines Happenings von Wolf Vostell, das in Ulm stattfand)[99]

mittelalterliche Redensart
Sprichwort

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ingo Bergmann: „Und erinnere Dich immer an mich…“ Gedenkbuch für die Ulmer Opfer des Holocaust. Mit einem Vorwort von Oberbürgermeister Ivo Gönner. Klemm & Oelschläger, Ulm 2009, ISBN 978-3-932577-82-6.
  • Andrea Bräuning u. a.: Um Ulm herum. Untersuchungen zu mittelalterlichen Befestigungsanlagen in Ulm. Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 23. Theiss, Stuttgart 1998, ISBN 3-8062-1396-8.
  • Marianne Dumitrache, Gabriele Kurz, Gabriele Legant, Doris Schmid: Der lange Weg zur Stadt. Neuer Blickwinkel der Archäologie zur Stadtgründung Ulms. In: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart in Verbindung mit den Fachreferaten für Denkmalpflege in den Regierungspräsidien (Hrsg.): Denkmalpflege in Baden-Württemberg. 35. Jg., Heft 1, 2006, ISSN 0342-0027, S. 28–37 (denkmalpflege-bw.de [PDF; 3,2 MB; abgerufen am 31. Oktober 2018] Memento im Internet Archive). 
  • Ingeborg Flagge: Ulm (FSB Architekturführer. Stadtführer zeitgenössischer Architektur). Verlag Das Beispiel, Darmstadt 2003, ISBN 3-935243-35-9.
  • Johann Herkules Haid: Ulm mit seinem Gebiete. Wagner, Ulm 1786, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10019354-1.
  • Heinz Keil (Hrsg.): Dokumentation über die Verfolgungen der jüdischen Bürger von Ulm. Im Auftrag der Stadt Ulm. Ulm 1961.
  • Erich Keyser (Hrsg.): Württembergisches Städtebuch. Band IV, Teilband Baden-Württemberg (= Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte. Bd. 2). Im Auftrage der Arbeitsgemeinschaft der historischen Kommissionen und mit Unterstützung des Deutschen Städtetages, des Deutschen Städtebundes und des Deutschen Gemeindetages. Stuttgart 1961.
  • Martin Kluger: Ulm und Neu-Ulm. Der Stadtführer für die Donau-Doppelstadt. context verlag Augsburg, Augsburg 2012, ISBN 978-3-939645-53-5.
  • Landesarchivdirektion Baden-Württemberg (Hrsg.): Das Land Baden-Württemberg – Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden (in acht Bänden); Band VII: Regierungsbezirk Tübingen. Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004807-4.
  • Martin Nestler: Ulm – Geschichte einer Stadt. Sutton Verlag GmbH, Erfurt 2003, ISBN 3-89702-544-2.
  • Hans Eugen Specker: Ulm. Stadtgeschichte. Separater Druck des Beitrags für Band II der Amtlichen Kreisbeschreibung, ergänzt durch einen einführenden, die Stadtentwicklung dokumentierenden Bildteil sowie eine Zeittafel und ein abschließendes Register. Süddeutsche Verlagsgesellschaft, Ulm 1977, ISBN 3-920921-95-X.
  • Herbert Wiegandt: Ulm – Geschichte einer Stadt. Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn 1977, ISBN 3-87437-134-4.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Ulm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Ulm – Quellen und Volltexte
 Wikivoyage: Ulm – Reiseführer
 Wikinews: Ulm – in den Nachrichten
 Wiktionary: Ulm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg – Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht am 31. Dezember 2017 (CSV-Datei) (Hilfe dazu).
  2. Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung 2015 – Stand: 31. Dezember 2015. (PDF; 392 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) Statistisches Landesamt, 28. Juni 2016, S. 4 f., ehemals im Original; abgerufen am 31. Oktober 2018 (keine Mementos).@1@2Vorlage:Toter Link/www.statistik-bw.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) 
  3. Das Ulmer Wetter kommt jetzt aus Mähringen. In: Südwestpresse. 6. August 2014.
  4. Die gesündeste Stadt Deutschlands. In: Süddeutsche Zeitung. 21. August 2007.
  5. Maximal- und Minimaltemperaturen, Niederschlagsmenge, Sonnenscheindauer, Luftfeuchtigkeit: Klima Deutschland, Ulm. bei: wetterkontor.de
    Durchschnittstemperatur: Die Temperaturen in Baden-Württemberg. bei. klimadiagramme.de
  6. Johannes Baier, Günter Schweigert: Landschaftsportrait: In Ulm, um Ulm und um Ulm herum… In: Fossilien. Journal für Erdgeschichte. 31 (1), 2014, ISSN 0175-5021, S. 38–43.
  7. Schutzgebietsstatistik der LUBW Stand: 9. Dezember 2018
  8. Zum Grabungsablauf und in Ulm verbliebenen Funden vgl. Kurt Wehrberger: Ausgrabungen und archäologische Bestände des Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben. In: Der Geschichte treuer Hüter … Die Sammlungen des Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben (= Festschrift zum 150-jährigen Bestehen des Vereins). Ulm 1991, S. 64–68.
  9. Denkmalpflege in Baden-Württemberg. 2006, Heft 1.
  10. Lutz Reichhardt: Ortsnamenbuch des Alb-Donau-Kreises und des Stadtkreises Ulm. Stuttgart 1986, S. 308 f.
  11. Hochspringen nach: abc Marianne Dumitrache, Gabriele Legant: Von der Königspfalz zur Freien Reichsstadt. Das Beispiel Ulm. In: Städte des Mittelalters. Hrsg. von der Universität Tübingen. Dazu die Vorveröffentlichung von Marianne Dumitrache, Gabriele Kurz, Gabriele Legant und Doris Schmid als PDF-Datei mit dem Titel Der lange Weg zur Stadt. Neuer Blickwinkel der Archäologie zur Stadtgründung Ulms (siehe Abschnitt Literatur).
  12. Hans Eugen Specker: Ulm. Stadtgeschichte. Ulm 1977, S. 37–38.
  13. Ulmer Geschichte. In: ulmer-stadtportal.de, abgerufen am 3. Juli 2017.
  14. Beide Zitate: Hans Eugen Specker: Ulm. Stadtgeschichte. Ulm 1977, S. 38.
  15. Hans Eugen Specker: Ulm. Stadtgeschichte. Ulm 1977, S. 41.
  16. Grafen von Helfenstein. (Memento vom 5. Juni 2008 im Internet Archive)
  17. Hans Eugen Specker: Ulm. Stadtgeschichte. Ulm 1977, S. 53.
  18. Dem gegenüber wurde Tübingen zum Sitz des Gerichts des Schwäbischen Bundes.
  19. Vgl. Horst Carl: Der Schwäbische Bund 1488–1534. Landfrieden und Genossenschaft im Übergang vom Spätmittelalter zur Reformation (= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde. Nr. 24). DRW, Leinfelden-Echterdingen 2000, ISBN 3-87181-424-5.
  20. Matthias Grotz: 3. Ulm 1918–1933. 3.2 Parteien und Verbände von 1918 bis 1933. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ulm.de. 2012, archiviert vom Original am 4. September 2017; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  21. Matthias Grotz: 4. Ulm 1933–1945. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ulm.de. Archiviert vom Original am 10. Januar 2017; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  22. Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier (Hrsg.): Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern. Stuttgart 2013, ISBN 978-3-89657-138-0.
  23. Ulmer Geschichte(n): Die Reichspogromnacht in Ulm. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ulm.de. Archiviert vom Original am 27. Februar 2018; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  24. Stadt Ulm, FB Stadtentwicklung, Bau und Umwelt in Zusammenarb. mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (Hrsg.): Dokumentation Gutachterverfahren Neue Synagoge Ulm. 2010, S. 15–17.
  25. Gedenkbuch. Suche im Namenverzeichnis. Suchen nach: Ulm – Wohnort. In: bundesarchiv.de, abgerufen am 4. September 2017.
  26. Haus der Bayerischen Geschichte: Außenlager und Außenkommandos des KZ Dachau (PDF; 28 kB), abgerufen 28. November 2014.
  27. Das Jahr 1945. Ulm, abgerufen am: 20. Mai 2018
  28. Stadtporträt des Projekts „Reformationsstädte Europas“: Reformationsstadt Ulm. Die mit Ernst Christen sein wollten. In: reformation-cities.org/cities, abgerufen am 4. September 2017. Zur Bedeutung Ulms in der Reformationsgeschichte siehe auch die Abschnitte 1500 bis 1800 und Christliche Kirchen.
  29. Hochspringen nach: abc Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 445. 
  30. Hochspringen nach: abcdef Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 541. 
  31. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Zensus 2011: Bevölkerung Ulm am 9. Mai 2011
  32. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 188 vom 31. Mai 2013
  33. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg.
  34. Ulm in Zahlen. Einwohner. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ulm.de. 31. Dezember 2016, archiviert vom Original am 4. September 2017; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  35. Matthias Grotz: Ulmer Geschichte im Netz. Kirchen und religiöses Leben. Reichsstadtzeit bis 1802. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ulm.de. 19. Dezember 2016, archiviert vom Original am 8. Oktober 2017; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  36. Das Grabmal von Hans und Martha Ehinger von Balzheim befindet sich in der Kirche von Sinningen.
  37. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Hrsg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930 (BSLK) (= Göttinger Theologische Lehrbücher). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1930; 9. Aufl. Ebenda 1982, ISBN 3-525-52101-4, S. 765, Z. 15 f.; vgl. S. 17, Z. 2 f. (dt., lat.; überwiegend in Fraktur); 13. Aufl., kart. Studienausg. der 12. Aufl. Ebenda 2010, ISBN 978-3-525-52101-4.
  38. Jahrbuch der Stadt Ulm 2012. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ulm.de. 31. Dezember 2012, archiviert vom Original am 15. Februar 2014; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  39. Rüdiger Soldt: Skulptur der Entschiedenheit – Die neue Ulmer Synagoge ist am historischen Ort eröffnet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 3. Dezember 2012, S. 9.
  40. Gemeindezeitung Ausgabe August/September 2008 (Hrsg. Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs), Tamus/Aw/Elul/Tischri 5768/5769, Nr. 08/09, August/September 2008, S. 17.
  41. Ulmer Synagoge mit Festakt eröffnet. In: Südwest Presse. 2. Dezember 2012.
  42. Nach der Verhaftung von Salah Abdeslam: Die Spur des Terrors führt wieder einmal nach Ulm. In: stuttgarter-zeitung.de. Stuttgarter Zeitung, abgerufen am 25. März 2016. 
  43. Hans Leyendecker: IS-Terrorist: Als Salah Abdeslam einmal in Ulm war. In: sueddeutsche.de. ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 25. März 2016]). 
  44. Heinz Bardua (Bearb.): Die Kreis- und Gemeindewappen im Regierungsbezirk Tübingen (= Kreis- und Gemeindewappen in Baden-Württemberg. Band 4). Hrsg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg. Theiss, Stuttgart 1987, ISBN 3-8062-0804-2, S. 24.
  45. Theater Ulm. In: theater.ulm.de. Archiviert vom Original am 15. Juli 2012; abgerufen am 4. Juli 2018 (zur Geschichte). 
  46. Theater in der Westentasche. (Memento vom 22. April 2013 im Internet Archive)
  47. Webseite der Theater Werkstatt Ulm e. V.
  48. Ulmer Museum (Hrsg.): Die Rückkehr des Löwenmenschen. Geschichte – Mythos – Magie. Ostfildern 2013, ISBN 978-3-7995-0542-0 (Museumsausgabe), ISBN 978-3-7995-0509-3 (Verlagsausgabe).
  49. Stadthaus Ulm
  50. Das ROXY. (Nicht mehr online verfügbar.) ROXY gemeinnützige GmbH, archiviert vom Original am 25. Januar 2016; abgerufen am 9. Januar 2016. 
  51. LAKS Baden-Württemberg e. V.: Roxy gGmbH, Ulm
  52. CAT Ulm
  53. Ulmer Zelt
  54. Ulm-Messe GmbH: Festplatzgelände und Ulmer Zelt (Memento vom 30. Oktober 2012 im Internet Archive)
  55. Beate Storz: Keine Nachwuchssorgen beim Schwäbischen Albverein. In: swp.de. 22. September 2014, abgerufen am 19. Dezember 2016 (zum 125. Gründungsjubiläum).
  56. Eichendorff-Plakette 2005. In: Blätter des Schwäbischen Albvereins. Heft 1/2006, S. 30.
  57. Hellmut Pflüger: Ulmer Baudenkmäler. Verein Alt-Ulm e. V., Ulm 1963.  Otto Wiegandt: Kleine Beiträge und Bilder aus dem alten Ulm. In: Ulm und Oberschwaben. Zeitschrift für Geschichte und Kunst. Band 39. Stadtarchiv Ulm, 1970, S. 192–196. 
  58. Ulm/Neu-Ulm Touristik GmbH:Fischerviertel
  59. Foto der Informationstafel am Turm, auf commons.wikimedia.org.
  60. Straßenbahn Linie 2. Ulm hat wohl höchst gelegene Straßenbahn-Haltestelle Deutschlands. In: swp.de, 21. Februar 2019, abgerufen am 22. Februar 2019.
  61. Touristik Ulm/Neu-Ulm : Landesposaunentag
  62. Kulturnacht Ulm/Neu-Ulm
  63. Touristik Ulm/Neu-Ulm: Kulturnacht
  64. Abteilungen des Post-SV-Ulm e. V.. Abgerufen 3. September 2010.
  65. Aktuelle Ergebnisse – VGR dL. Abgerufen am 7. Januar 2019. 
  66. Bundesland Baden-Württemberg. Bundesagentur für Arbeit, abgerufen am 7. Januar 2019. 
  67. Zukunftsatlas 2016. (Nicht mehr online verfügbar.) In: prognos.com. Archiviert vom Original am 9. August 2016; abgerufen am 23. März 2018. 
  68. Frank König, Willi Böhmer: Audi und BMW fahren auf Ulm ab. In: Südwest Presse. 6. Oktober 2012.
  69. Homepage – Nokia Networks in Germany.
  70. Frank König: Car2go macht in Ulm dicht – Pilotstadt war zu klein und zu teuer. In: Südwest Presse. 30. Oktober 2014.
  71. Nokia schließt in Ulm endgültig am 31. Dezember. In: Schwäbische.de. (schwaebische.de [abgerufen am 11. Juni 2017]). 
  72. Tagungspool Ulm/Neu-Ulm. Tagungsservice der Ulm/Neu-Ulm Touristik GmbH. In: tagen.ulm.de. Abgerufen am 11. Oktober 2016. 
  73. Ulm erhält ‚European Energy Award‘. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ulm.de. Archiviert vom Original am 4. Juli 2018; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  74. SWU Fakten. (Nicht mehr online verfügbar.) In: swu-fakten.de. Stadtwerke Ulm, archiviert vom Original am 3. Mai 2008; abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  75. www.100ee.de.
  76. Stadt Ulm – Klimaschutzkonzept der Stadt Ulm. In: ulm.de. Abgerufen am 30. November 2018. 
  77. Stadt Ulm – Beschlussvorlage GD 455/15. (PDF; 661 kB) In: ulm.de. 16. Oktober 2015, abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  78. Klimaschutzkonzept Ulm. In: unw-ulm.de. Stadt Ulm, 16. Oktober 2015, abgerufen am 31. Oktober 2018. 
  79. Luftreinhalteplan / Aktionsplan für den Regierungsbezirk Tübingen – Stadt Ulm – Grundlagenteil. (PDF) In: rp.baden-wuerttemberg.de. Regierungspräsidium Tübingen, Mai 2008, abgerufen am 18. Mai 2018. 
  80. Luftreinhalteplan / Aktionsplan für den Regierungsbezirk Tübingen – Stadt Ulm – Maßnahmenteil. (PDF) In: rp.baden-wuerttemberg.de. Regierungspräsidium Tübingen, Mai 2008, abgerufen am 18. Juni 2018. 
  81. Kurzübersicht der Maßnahmen. (PDF; 52 kB) In: rp.baden-wuerttemberg.de. Regierungspräsidium Tübingen, abgerufen am 18. Juni 2018. 
  82. Gerd-Axel Ahrens: Sonderauswertung zur Verkehrserhebung, Mobilität in Städten. (PDF; 1,3 MB) SrV 2008 Städtevergleich. (Nicht mehr online verfügbar.) In: tu-dresden.de. Technische Universität Dresden, archiviert vom Original am 17. April 2016; abgerufen am 31. Oktober 2018 (Tab 10 (a)). 
  83. Aktionsbündnis „FahrRad in Ulm“. In: ulm.de. Abgerufen am 30. November 2018. 
  84. Luftreinhalteplan. In: ulm.de. Stadt Ulm, abgerufen am 30. November 2018. 
  85. Südwest Presse Online-Dienste GmbH: Umweltzone wurde auf Stadtautobahn B 10 ausgedehnt. In: swp.de. (swp.de [abgerufen am 11. Juni 2017]). 
  86. BDEW – Erhebung Ladeinfrastruktur, Stand 30. Juni 2017. In: bdew.de. Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V., abgerufen am 17. Mai 2018. 
  87. Stadtwerke Ulm – Verkehr
  88. Hans-Uli Thierer: Straßenbahnbau der Linie 2 bis 2018. In: Südwest Presse. 22. April 2015 (swp.de [abgerufen am 26. April 2015] Memento im Internet Archive). 
  89. Das Projekt Linie 2. In: linie2-ulm.de. Stadt Ulm, abgerufen am 3. Juli 2018. 
  90. Radfahren in Ulm und Neu-Ulm – Sport & Freizeit Ulm/Neu-Ulm – Tourist-Info Ulm/Neu-Ulm. In: www.tourismus.ulm.de. Abgerufen am 11. Oktober 2016. 
  91. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation. Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 99.
  92. MN KdoOpFü, Matthias Burger: Geschichte der Wilhelmsburg-Kaserne. Hrsg.: Multinationales Kommando Operative Führung, Presse- und Informationszentrum. 
  93. Südwest Presse Online-Dienste GmbH: Soldaten verlassen Hindenburg-Kaserne. In: swp.de. (swp.de [abgerufen am 11. Juni 2017]). 
  94. Augsburger Allgemeine: Als Kasernen das Stadtbild prägten. In: Augsburger Allgemeine. (augsburger-allgemeine.de [abgerufen am 11. Juni 2017]). 
  95. Bundesministerium der Verteidigung: Schließungszeitpunkte von Liegenschaften der Bundeswehr: Baden-Württemberg. (PDF; 14 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) 12. Juni 2012, archiviert vom Original am 19. Juni 2012; abgerufen am 13. Juni 2012. 
  96. Bundesministerium der Verteidigung: Schließungszeitpunkte von Liegenschaften der Bundeswehr. 7. Februar 2017. 
  97. Axel Korn: Ulm hat sein Deserteurdenkmal. (PDF; 1,2 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: oliverthron.de. Jugend-für-Frieden Ulm, 4. April 2006, S. 1, 6, archiviert vom Original am 26. Januar 2016; abgerufen am 31. Oktober 2018 (Dokumentation). 
  98. Ulmer Schulen. In: ulm.de. Abgerufen am 30. November 2018. 
  99. Das Theater ist auf der Straße. Die Happenings von Wolf Vostell = El teatro está en la calle (= Kerber art). Hrsg. von Markus Heinzelmann anlässlich der Ausstellung „Das Theater ist auf der Straße – die Happenings von Wolf Vostell“, Museum Morsbroich, Leverkusen 6. Juni bis 15. August 2010. Museo Vostell Malpartida, Oktober 2010 bis Februar 2011. Illustr. Wolf Vostell. Übers. von Ricardo Bada. Kerber, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-86678-431-4 (Text dt. und span.).

Paris

Paris

 
 
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Paris
Wahlspruch: Fluctuat nec mergitur
(„Sie schwankt, aber geht nicht unter“)
Region Île-de-France (chef-lieu)
Département Paris (75)
Arrondissement Paris (chef-lieu)
Kanton keine, zu statistischen Zwecken werden die 20 Arrondissements municipaux teilweise wie Kantone behandelt
Gemeindeverband Métropole du Grand Paris
Koordinaten 48° 51′ N, 2° 21′ OKoordinaten: 48° 51′ N, 2° 21′ O |
Höhe 28–130 m
Fläche
– Aire urbaine
105,40 km2
17.174 km2
Einwohner
– Aire urbaine
2.190.327 (1. Januar 2016)
12.532.901
Bevölkerungsdichte 20.781 Einw./km2
Postleitzahl 75001–75020 und 75116
INSEE-Code
Website www.paris.fr
Bürgermeister Anne Hidalgo (PS)

Oben: links der Eiffelturm und das Geschäftsviertel La Défense, rechts das japanische Viertel der Rue Sainte-Anne.
Mitte: der Louvre mit der Glaspyramide von I. M. Pei.
Unten: links das Centre Pompidou, rechts die Geschäftsstraße Rue de Rennes und der Montparnasse-Turm.
 
Lage des Départements in der Region Île-de-France
 
Satellitenfoto mit Stadtgrenzen

Paris (französisch  [paˈʁi]) ist die Hauptstadt der Französischen Republik und Hauptort der Region Île-de-France. Der Fluss Seine teilt die Stadt in einen nördlichen (Rive Droite, „rechtes Ufer“) und einen südlichen Teil (Rive Gauche, „linkes Ufer“); administrativ ist sie in 20 Stadtbezirke (Arrondissements) unterteilt. Mit mehr als 2,2 Millionen Einwohnern ist Paris die fünftgrößte Stadt der Europäischen Union sowie mit über 12,5 Millionen Menschen nach London die zweitgrößte Metropolregion der EU.[1][2][3][4] Mit einer vergleichsweise kleinen Stadtfläche von nur 105 Quadratkilometern ist Paris mit rund 21.000 Einwohnern pro Quadratkilometer die am dichtesten besiedelte Großstadt Europas. Das zusammenhängend bebaute städtische Siedlungsgebiet (Unité urbaine de Paris) beträgt 2845 Quadratkilometer und geht somit weit über die politische Grenze der Kernstadt hinaus. 2015 zählte die Unité urbaine de Paris 10.706.072 Einwohner, was einer Bevölkerungsdichte von 3763 Einwohnern je Quadratkilometer entspricht und womit Paris zu den Megastädten zählt.[5]

Paris ist das überragende politische, wirtschaftliche sowie kulturelle Zentrum des zentralistisch organisierten Frankreichs und mit drei Flughäfen und sechs Kopfbahnhöfen dessen größter Verkehrsknotenpunkt. Teile des Seine-Ufers zählen heute zum UNESCO-Welterbe. Die Stadt ist Sitz der UNESCO und darüber hinaus der OECD und der ICC. Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm, die Kathedrale Notre-Dame oder der Louvre machen die Stadt zu einem beliebten Touristenziel. Mit rund 16 Millionen ausländischen Touristen pro Jahr ist die Stadt hinter London und Bangkok eine der meistbesuchten Städte weltweit.[6] Der Großraum Paris (Île-de-France) verzeichnet jährlich über 47 Millionen Gäste aus dem In- und Ausland und mehr als 184 Millionen Übernachtungen.[7]

Das heutige Paris entwickelte sich seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. aus der keltischen Siedlung „Lutetia“ auf der Île de la Cité. Später errichteten die Römer an der Seine eine Stadt, die im 6. Jahrhundert zunächst eine Hauptresidenz des Fränkischen Reiches wurde. Eine Blütezeit der Kunst und Kultur erlebte Paris im 16. Jahrhundert unter Franz I. Durch den Absolutismus, insbesondere unter Ludwig XIV. im 17. Jahrhundert, wurde die Stadt um zahlreiche barocke Gebäude und Prachtstraßen bereichert und so zu einem beispielhaften Muster für barocken Städtebau. Obwohl die Königsresidenz 1682 nach Versailles verlegt wurde, blieb sie aufgrund ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung das Zentrum des Landes. In der Französischen Revolution kam ihr ab 1789 eine welthistorische Bedeutung zu. Die Industrialisierung führte im 19. Jahrhundert zu einem enormen Bevölkerungszuwachs, sodass 1846 erstmals die Grenze von einer Million Einwohnern überschritten wurde. In den folgenden Jahrzehnten bekam die Stadt durch die sogenannte Belle Époque und sechs Weltausstellungen weltweite Beachtung. Heute ist sie Hauptort der französischsprachigen und eine der wichtigsten Städte der westlichen Welt.

Geografie

 
360°-Panorama von Paris, fotografiert vom Eiffelturm aus. Eine ausführliche Beschreibung des Panoramas findet sich hier

Lage

 
Region Île-de-France mit dem 75. Département, der Stadt Paris. Die Vororte (banlieues) von Paris befinden sich in den Départements 92 (Hauts-de-Seine), 93 (Seine-Saint-Denis) und 94 (Val-de-Marne)

Das Stadtgebiet hat eine Fläche von 105,4 Quadratkilometern. Das entspricht ungefähr der Fläche von Mainz und weniger als 12 % der Fläche Berlins. Die Metropolregion erstreckt sich über eine Bodenfläche von 14.518 Quadratkilometern. Das entspricht etwa der Fläche Schleswig-Holsteins. Die Stadt liegt im Zentrum des Pariser Beckens durchschnittlich 65 Meter über dem Meeresspiegel. Die Seine verlässt, je nach Wasserstand, in 25 m Höhe über dem Meeresspiegel das Stadtgebiet. Paris ist umgeben von den beiden großen Stadtwäldern, die der Bevölkerung als Naherholungsgebiete dienen.

 

Klima

Paris befindet sich in der gemäßigten Klimazone. Die Jahresmitteltemperatur beträgt 10,8 Grad Celsius und die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge 649,6 Millimeter. Der wärmste Monat ist der Juli mit 18,4 Grad Celsius im Mittel, der kälteste der Januar mit durchschnittlich 3,5 Grad Celsius. Der meiste Niederschlag fällt im Monat Mai mit 65,0 Millimetern im Mittel, der wenigste im August mit durchschnittlich 43,0 Millimetern. Seit 1873 finden in Paris regelmäßige meteorologische Messungen statt. Die tiefste bisher festgestellte Temperatur betrug −23,9 Grad Celsius und stammt vom 10. Dezember 1879. Der Hitzerekord beträgt 40,4 Grad Celsius und wurde am 28. Juli 1947 im Parc Montsouris gemessen.

Paris
Klimadiagramm
J F M A M J J A S O N D
 
 
54
 
7
3
 
 
44
 
8
3
 
 
49
 
12
5
 
 
53
 
15
7
 
 
65
 
19
11
 
 
55
 
22
13
 
 
63
 
24
16
 
 
43
 
25
15
 
 
55
 
21
13
 
 
60
 
16
9
 
 
52
 
10
5
 
 
59
 
8
4
Temperatur in °CNiederschlag in mm
Quelle: Météo-France; Luftfeuchtigkeit, Sonnenscheindauer: wetterkontor.de
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Paris
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez    
Max. Temperatur (°C) 6,9 8,2 11,8 14,7 19,0 21,8 24,4 24,6 20,8 15,8 10,4 7,8 Ø 15,6
Min. Temperatur (°C) 2,5 2,8 5,1 6,8 10,5 13,3 15,5 15,4 12,5 9,2 5,3 3,6 Ø 8,6
 
Niederschlag (mm) 53,7 43,7 48,5 53,0 65,0 54,6 63,1 43,0 54,7 59,7 51,9 58,7 Σ 649,6
 
Sonnenstunden (h/d) 1,9 2,9 5,1 6,0 7,5 8,1 7,8 7,1 6,0 4,1 2,0 1,5 Ø 5
 
Regentage (d) 10,2 9,3 10,4 9,4 10,3 8,6 8,0 6,9 8,5 9,5 9,7 10,7 Σ 111,5
 
Luftfeuchtigkeit (%) 86 81 76 69 71 73 73 74 79 85 87 88 Ø 78,5
T
e
m
p
e
r
a
t
u
r
6,9
 
2,5
8,2
 
2,8
11,8
 
5,1
14,7
 
6,8
19,0
 
10,5
21,8
 
13,3
24,4
 
15,5
24,6
 
15,4
20,8
 
12,5
15,8
 
9,2
10,4
 
5,3
7,8
 
3,6
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
N
i
e
d
e
r
s
c
h
l
a
g
53,7
 
43,7
 
48,5
 
53,0
 
65,0
 
54,6
 
63,1
 
43,0
 
54,7
 
59,7
 
51,9
 
58,7
 
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Quelle: Météo-France; Luftfeuchtigkeit, Sonnenscheindauer: wetterkontor.de
 

Geologie

Das Pariser Becken bildet eine große Schichtstufenlandschaft. Schüsselförmig liegen hier die Schichten des Mesozoikums und des Paläogens (früher Alttertiär) ineinander und sind von der Abtragung zu einer weit gespannten Stufenlandschaft ausgearbeitet worden, deren Stufen sich jeweils nach außen richten.

Nur im östlichen Teil herrschen am Abfall dieser Stufen gegen die Saône-Furche tektonische Bruchlinien vor. Sie bewirken die steilen Abfälle des Plateaus von Langres und der Côte d’Or (bis 636 Meter), die berühmte Weinbaugebiete sind, da sie im Regenschatten der Leeseite größere Sonnenscheindauer haben und zudem noch die Vorteile der Südexposition genießen.

Eine gewisse Ungleichförmigkeit besteht insofern, als die Schichtenfolge im nordöstlichen Teil vollkommener ist als im Westen. Die etwas stärkere Heraushebung des Ostflügels hat auch allgemein größere Höhenunterschiede und eine markantere Herausbildung der Stufen mit sich gebracht. Beckeneinwärts ragt als bedeutende Stufe die der Eozänen-Kalke auf, in deren Innerem die Île-de-France, das Ballungsgebiet von Paris, eingebettet liegt.

Seine

 
Die Île aux Cygnes mit den Bäumen der Allée des Cygnes

Die Seine verbindet Paris mit Burgund im Landesinneren und mit dem Ärmelkanal an der Nordküste. Der hier leichte Übergang über sie war der wichtigste Faktor für die Entstehung und Entwicklung der Stadt, die auf der größten der seinerzeit zahlreichen Seineinseln ihren Ursprung hat. Sie spaltet die Stadt in zwei ungleiche Uferhälften, das nördliche Ufer, das grob betrachtet dem Handel und Finanzen gewidmete rechte Ufer (Rive Droite) und die südliche Stadthälfte am linken Ufer (Rive Gauche), die mit dem Quartier Latin als Viertel der Intellektuellen angesehen wird und als Wohngegend gefragt ist.

Hauptartikel: Seinebrücken im Raum Paris

Inseln

Die Île de la Cité im Herzen der Stadt wurde in der Antike besiedelt und ist damit der älteste Teil der Hauptstadt. 1584 ließ Heinrich III. drei der westlichen Inselspitze vorgelagerte kleine und sumpfige Inseln untereinander verbinden und gliederte sie der größeren an. Damit wuchs die Fläche im Laufe der Jahrhunderte von ursprünglich 8 auf insgesamt 17 Hektar an. So konnte ein „königlicher“ Platz, die Place Dauphine, mit einer einheitlichen Saumbebauung entstehen und aus dem Verkauf der Häuser das Geld zum Bau einer Brücke beschafft werden, welche die Verbindung zu den beiden Seine-Ufern herstellt. Die Pont Neuf (deutsch „Neue Brücke“) ist heute die älteste der in Paris erhaltenen Brücken.

Auch die Île Saint-Louis, die kleinere der nebeneinander liegenden Seineinseln, ist eine Zusammenfügung von zwei Inselchen, der Île aux Vaches und der Île Notre Dame. Im Gegensatz zu ihrer großen Schwester, der Cité, blieb sie bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts unbebaut. Im Jahre 1614 beauftragte Ludwig XIII. den Bauunternehmer Christophe Marie mit der Erschließung des Geländes. Marie schüttete den Seinearm zu, umfasste die beiden kleinen Inseln mit einer Kaimauer und ließ Brücken zu den Flussufern errichten. Ab etwa 1618 wurde das Gelände zunächst mit Häusern für Handwerker und Kaufleute bebaut, ab 1638 auch mit luxuriösen Stadtpalästen für hohe Würdenträger. Die Bebauung mit geraden Straßen folgte einem festen Grundplan, der noch heute erkennbar ist.

Die frühere Île des Cygnes (Schwaneninsel) wurde 1773 mit dem Champ de Mars, dem Manöverfeld der Militärschule, verbunden. Ihr Name ging auf die Île aux Cygnes über, einen im Jahr 1825 künstlich in der Seine angelegten Damm, auf dem unter anderem eine Kopie der Freiheitsstatue steht. Der Damm entstand als Fundament für eine auffällige Brücke, die Pont de Bir-Hakeim, deren unteres Niveau die Stützen für den darüber gelegenen Viadukt der Metro aufzunehmen hatte.

Hügel

Die höchste natürliche Erhebung innerhalb der Stadtgrenzen ist der Hügel Montmartre (franz. Butte Montmartre) mit einer Höhe von 129 Metern. Auf den Hügel fährt die Standseilbahn Funiculaire de Montmartre. Der am Nordhang angelegte Weinberg ist, seitdem auch im Parc Georges Brassens, im Parc de Belleville und im Parc de Bercy Wein wächst, nicht mehr der einzige von Paris.

Stadtgliederung

Paris wurde im Jahre 1790 Verwaltungssitz des Départements Seine mit der Ordnungsnummer 75 und ist seit der Neugliederung der Départements der Île-de-France im Jahre 1968 gleichzeitig Stadt und Département. Abgesehen von der geografischen Gliederung in Rive Droite, Rive Gauche und „Inseln“ ist Paris in Stadtbezirke (Arrondissements, abgekürzt Arrdt.) und Viertel (Quartiers) unterteilt.

Die 20 nummerierten Stadtbezirke tragen die Postleitzahlen 75001 bis 75020 und durchziehen Paris spiralförmig von innen nach außen. Die Spirale beginnt im historischen Stadtkern, der Gegend um den Louvre, das Palais Royal und das Forum des Halles, und endet nach zweieinviertel im Uhrzeigersinn verlaufenden Umdrehungen im Osten der Stadt, dem Arrondissement des Friedhofs Père Lachaise. Jedem Arrondissement steht ein Bürgermeister (maire d’arrondissement) vor, der im Bürgermeisteramt seines Bezirkes (mairie d’arrondissement) residiert. Jeder Bezirk untergliedert sich seinerseits in Viertel, französisch Quartiers.

 
Karte der Arrondissements
  1. Louvre
  2. Bourse
  3. Temple
  4. l’Hôtel de Ville
  5. Panthéon
  6. Luxembourg
  7. Palais Bourbon
  8. l’Élysée
  9. l’Opéra
  10. l’Entrepôt
  1. Popincourt
  2. Reuilly
  3. Gobelin
  4. l’Observatoire
  5. Vaugirard
  6. Passy
  7. Batignolles-Monceaux
  8. Buttes-Montmartre
  9. Buttes-Chaumont
  10. Ménilmontant

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte von Paris

Antike

 
Lutetia

Der antike Name der Stadt war Lutetia (auch: Lutezia). Lutetia entwickelte sich seit Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. aus der keltischen Siedlung Lutetia des Stammes der Parisii auf der Seine-Insel, die heute île de la Cité heißt. Erstmalige schriftliche Erwähnung fand der Name Lutetia 53 v. Chr. im sechsten Buch von De bello Gallico, der Darstellung des gallischen Krieges durch Julius Caesar.

Als die Römer sich im Jahr 52 v. Chr. nach einem ersten gescheiterten Anmarsch zum zweiten Mal der Stadt näherten, zündeten die Parisii Lutetia an und zerstörten die Brücken, bevor sie in Stellung gingen. Die siegreichen Römer überließen ihnen die Insel und bauten auf dem linken Ufer der Seine in dominanter Lage auf dem später Montagne Sainte-Geneviève genannten Hügel eine neue römische Stadt auf. Dort entstanden Thermen, ein Forum und ein Amphitheater. Die Stadt wurde im römischen Reich als Civitas Parisiorum oder Parisia bekannt, blieb aber im besetzten Gallien zunächst recht unbedeutend. Im 4. Jahrhundert setzte sich der heutige Name der Stadt durch.[8]

Vom Namen Lutetia leitet sich der Name des 1905 entdeckten chemischen Elements Lutetium ab.

Mittelalter

 
Paris 1493

Im 5. Jahrhundert wurde die römische Herrschaft durch die Merowinger beendet. Im Jahre 508 ist Paris Hauptstadt des Merowingerreiches unter Chlodwig I. (466–511) geworden. Danach wurde sie unter einem seiner Söhne zu einem fränkischen Teilkönigreich Paris. Während der Karolingerherrschaft überfielen die Normannen wiederholt die Stadt. Die Kapetinger machten Paris zur Hauptstadt Frankreichs. Philipp II. Augustus (1165–1223) ließ die Stadt befestigen. 1190 wurden eine Mauer am rechten Ufer der Seine und im Jahre 1210 ein Wall am linken Ufer errichtet. Zu jener Zeit gab es am rechten Seineufer zahlreiche Händler. Auf Veranlassung Philipp II. entstand am westlichen Stadtrand der Louvre.

1181 ist die erste überdachte Markthalle eröffnet worden und 1301 ist auf der île de la Cité ein Königspalast gebaut worden. Die Sorbonne im Süden von Paris hat sich aus mehreren kleinen Schulen entwickelt. Karl V. (1338–1380) ließ am linken Seineufer die Mauer zum Schutz der Stadt vor den Engländern erneuern. 1370 ist auf seine Veranlassung am rechten Ufer, wo heute die grands boulevards verlaufen, ebenfalls eine Mauer errichtet worden. Während des Hundertjährigen Krieges war Paris von 1420 bis 1436 von englischen Streitkräften besetzt.

 

Neuzeit

 
Paris um 1600: Ein Stich von Claude Chastillon

Während der Hugenottenkriege zwischen 1562 und 1598 blieb die Stadt in katholischem Besitz. In der Bartholomäusnacht am 24. August 1572 wurden in Paris tausende Hugenotten ermordet. Auf Veranlassung Ludwigs XIV. (1638–1715) sind Straßenbeleuchtungen angebracht, die Wasserversorgung modernisiert und die Krankenhäuser Invalides und Salpêtrière erbaut worden. Er ließ die Pariser Stadtmauern abtragen und an deren Stelle den „Nouveau Cours“ errichten, eine Ringstraße aus der später die Grands Boulevards wurden. Die Residenz des Königs wurde nach Versailles verlegt. Dennoch blieb Paris das politische Zentrum Frankreichs, was auf seine hohe Bevölkerungszahl und seine führende wirtschaftliche Rolle im Land zurückzuführen war.

 
Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789

Als im Jahre 1789 die Französische Revolution ausbrach, war es die Bevölkerung von Paris, die den Weg zur Abschaffung der Monarchie und zur Einführung der ersten französischen Republik ebnete. 1844 wurde zu Verteidigungszwecken an der Stelle des heutigen Boulevard périphérique eine neue Stadtbefestigung errichtet. Diese hatte eine Länge von 39 Kilometern und war mit ihren 94 Bastionen und 16 Forts die größte Befestigungsanlage der Welt.

 
Die Île de la Cité im Jahr 1865 vor der Umgestaltung durch Haussmann, fotografiert vom Turm Saint-Jacques, Blick nach Süden, im Hintergrund der Panthéon
 
1/4 Obligation der Stadt Paris vom 27. Juli 1911

Paris war in den Jahren 1855, 1867, 1878, 1889, 1900 und 1937 Veranstaltungsort von sechs Weltausstellungen, welche die kulturelle und politische Bedeutung der Stadt unterstrichen. Im Zweiten Kaiserreichs unter dem Präfekten von Paris Haussmann kam es zu großen Umgestaltungen der Stadt, die noch bis heute das Stadtbild prägen (weitgehender Abriss alter Viertel und Schaffung großer Straßenzüge (Boulevards)). Der katastrophale Verlauf des Krieges von 1870/71 brachte das Ende des Zweiten Kaiserreichs; nach der Belagerung durch deutsche Truppen kapitulierte die Hauptstadt, worauf sich im Frühjahr 1871 die sogenannte Pariser Kommune bildete. Sie bestand aus Arbeitern, Handwerkern und Kleinbürgern und revoltierte gegen die konservative provisorische Regierung der Republik. Paris erlebte zur Zeit der Dritten Republik vor 1914 eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit in der Belle Époque. An einem Bahnhof, dem Gare de Lyon, an einer Brücke, der Pont Alexandre III und den U-Bahn-Stationen ist der Baustil dieser Zeit beispielhaft zu erkennen. 1900 war Paris Austragungsort der II. und 1924 der VIII. Olympischen Spiele der Neuzeit.

1921 erreichte Paris mit knapp drei Millionen die bis dahin höchste Einwohnerzahl seiner Geschichte. Der städtische Wohnungsbau konnte mit der Nachfrage nicht mehr Schritt halten. Ab etwa 1925 begann in Frankreich eine innenpolitisch instabile Phase (siehe Dritte Französische Republik). Es gab schnell wechselnde Regierungen. Dazu trug auch die Weltwirtschaftskrise bei. Sie begann in vielen Ländern im Winter 1929 und in Frankreich verzögert 1931. Am 6. Februar 1934 kam es in Paris zu einer großen antiparlamentarischen Straßenschlacht, an der die faschistische Bewegung Croix de Feu maßgeblich beteiligt war. Nach dem Rücktritt von Édouard Daladier (1934) bildete Gaston Doumergue eine Regierung der nationalen Einheit (frz. Union Nationale) ohne Kommunisten und Sozialisten. Am 26. April und 3. Mai 1936 konnten die Parlamentswahlen von der neu gebildeten Volksfront aus Sozialisten, Kommunisten und Radikalsozialisten mit der Parole «Brot, Frieden, Freiheit» gewonnen werden. Der Sozialist Léon Blum wurde 1936/37 und 1938 Ministerpräsident. Sein Nachfolger wurde zweimal der Radikalsozialist Édouard Daladier.

 
Die 2e division blindée fährt am 26. August 1944 auf den Champs-Élysées und wird von Menschen zur Befreiung von Paris bejubelt.

Während des Zweiten Weltkrieges kam es im Juni 1940 zur Schlacht um Frankreich, nachdem die Briten während der Schlacht von Dünkirchen das Festland geräumt hatten (26. Mai bis 4. Juni). Vor den auf Paris anrückenden deutschen Truppen zog sich die französische Regierung über Tours nach Bordeaux zurück. Auch Tausende Einwohner flüchteten aus Paris. Nachdem dem Armeeoberkommando 18 unter Generaloberst Georg von Küchler durch einen Unterhändler die Räumung der Stadt durch die 7. Französische Armee zugesichert worden war, zogen Wehrmachtsverbände am 14. Juni kampflos in das menschenleer wirkende Paris ein. Mit der Einnahme von Paris waren keine strategischen Ziele verbunden. Am Arc de Triomphe nahmen Küchler und der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, Generaloberst Fedor von Bock, den Vorbeimarsch der 18. Armee ab.[9] 1943/44 unterhielt die Kriegsmarine ein Marinelazarett in der Stadt. Von größeren Zerstörungen blieb die Stadt verschont. Bis zur Befreiung am 25. August 1944 war Paris von der deutschen Wehrmacht besetzt. Der deutsche Stadtkommandant von Paris, General Dietrich von Choltitz (1894–1966), kapitulierte an diesem Tag und verweigerte damit einen Befehl Hitlers, Paris zu verteidigen oder „nur als Trümmerfeld in die Hand des Feindes fallen“ zu lassen.[10][11]

 
Straßenszene Boulevard des Capucines (1960)

Gewaltsame Auseinandersetzungen um den Algerienkrieg erschütterten Anfang der 1960er Jahre auch Paris. Sowohl die rechtsextreme OAS[12] als auch die Unabhängigkeitsbewegung FLN[13] terrorisierten die Stadt mit Bombenanschlägen und Angriffen auf Polizisten und öffentliche Einrichtungen. Am 17. Oktober 1961 wollten rund 30.000 Menschen friedlich für die Unabhängigkeit Algeriens demonstrieren. Im Massaker von Paris schlug die Polizei diese Demonstration gewaltsam nieder; mindestens 150 Demonstranten wurden getötet.[14] Bei der gewaltsamen Auflösung einer Kundgebung des Parti communiste français am 8. Februar 1962 durch die Polizei, kam es in der Métro-Station Charonne erneut zu einem Zwischenfall, bei dem neun Menschen getötet wurden.[15]

Während der Mai-Unruhen 1968 erlebte die Stadt Studentenrevolten und Massenstreiks.

Die Vororte (Banlieues) von Paris waren Ausgangspunkt und Zentrum der Unruhen in Frankreich 2005, während denen es zu zahlreichen gewalttätigen Ausschreitungen von zumeist jugendlichen Einwanderern kam. Bei den Terroranschlägen im Januar 2015, unter anderem auch auf die Redaktionsräume der Satirezeitschrift Charlie Hebdo, wurden insgesamt mindestens 17 Menschen getötet. Bei einer Anschlagserie am 13. November 2015 an sechs Orten in Paris und Saint-Denis mit Geiselnahmen in der Konzerthalle Bataclan, Sprengstoffanschlägen um das Fußballstadion Stade de France, in dem gerade ein Freundschaftsspiel gegen Deutschland vor 80.000 Besuchern stattfand und der Staatspräsident Hollande anwesend war, und mehreren Schießereien starben weit über hundert Menschen.[16]

Hoheitssymbole

 
Die Hauptelemente des Großen Wappens unter den königlichen Lilien beziehen sich auf die Seine (hier an der Kaserne der Garde républicaine in der Rue de Babylone im siebten Arrondissement).

Die Stadt Paris führt ein großes und ein kleines Wappen sowie eine blau-rote Flagge. Wappen und Wahlspruch sind an vielen Bauwerken angebracht.

Blasonierung: „Unter einem blauen mit goldenen Lilien besäten Schildhaupt schwimmt auf einem blauen Schildfuß in Rot ein silbernes einmastiges Schiff mit einem geblähten silbernen Segel.“
Wappenbegründung: Ein Siegel zeigte bereits 1210 das einmastige Schiff. Es ist ein Hinweis auf die Stadtgründung auf der Altstadtinsel Île de la Cité. Das Wappen ist seit 1358 bekannt. Das Schildhaupt mit den Fleur-de-Lys war eine Wappenvermehrung zur „Guten Stadt“. Verschiedene Wappenvarianten sind bekannt: Mit Mauerkrone, mit einem Wappenspruch auf einem Goldband unter dem oder um den Schild. Auch eine Wappenform mit drei Schiffen ist bekannt.[17]

An dem Kranz aus Eichen- und Wacholderlaub hängen die drei der Stadt verliehenen Orden (von rechts nach links in der Draufsicht): Ordre de la Libération (24. März 1945); Croix de Guerre (1914–1918, 28. Juli 1919), Ehrenlegion (9. Oktober 1900)[18]
Die Devise lautet in Latein „Fluctuat nec mergitur“ (etwa: „Sie verändert sich, geht aber nicht unter“ oder „Sie schwankt, aber sie geht nicht unter“). Der Leitspruch ist seit mindestens 1581 in Verbindung mit der Stadt nachgewiesen; Georges-Eugène Haussmann machte die Devise als Präfekt des Départements Seine 1853 zum offiziellen Leitspruch der Stadt.[19]

Die beiden Farben werden meist den Farben der frz. Monarchie vor der Revolution zugeordnet. Dabei steht das Rot heraldisch seit den Römern für den Herrscheranspruch und das Blau war den Bourbonen-Lilien unterlegt. Eine andere, stärker religiöse Erklärung ist, dass Rot für Saint Denis steht, der den Königen die Macht zugesprochen habe, in dem er das Blut der Märtyrer als Feldzeichen verwendet. Das Blau habe Philippe Auguste (1165–1223) in seine Fahne genommen, weil es als Farbe für die Mutter Gottes (Vierge Marie) steht.[20]

Gesellschaft

Demografie

 
Einwohnerentwicklung Paris seit der ersten Volkszählung im Jahre 1801

In der Antike und im Mittelalter ging die Bevölkerung durch die zahlreichen Kriege, Epidemien und Hungersnöte immer wieder zurück. So starben noch 1832 bei einer Choleraepidemie rund 20.000 Menschen. Erst die Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte zu einem starken Anstieg der Bevölkerung. 1846 lebten in Paris rund eine Million Menschen, bis 1876 verdoppelte sich diese Zahl auf zwei Millionen. 1921 hatte die Einwohnerzahl von Paris mit knapp drei Millionen ihren historischen Höhepunkt erreicht. Gegenwärtig leben etwas über zwei Millionen Menschen in der Hauptstadt. Im Großraum hingegen hat die Einwohnerzahl stark zugenommen. Lebten 1921 noch 4,85 Millionen Menschen in der Metropolregion, so waren es 95 Jahre später, im Jahre 2015 bereits 12,53 Millionen. Damit zählt Paris zu den Megastädten.

Paris ist stark von Gentrifizierung betroffen: Der durchschnittliche Preis für einen Quadratmeter lag 2011 bei 8010 Euro, dem Vierfachen des Preises in Berlin. Er kann in beliebten Vierteln wie Saint-Germain-des-Prés 15.000 Euro erreichen.[21] So wurde etwa das 15. Arrondissement, das früher ein Wohnort der Arbeiterschicht gewesen war, zu einem Wohngebiet der wohlhabenden Mittelschicht.

Einwanderung

 
Sozioökonomische Karte nach dem Median der Jahreseinkünfte der Einwohner nach Bezirken (in Euro, 2007)

Paris zieht seit Jahrhunderten Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen an, sei es wegen politischer Verfolgung, aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen der kulturellen Anziehungskraft der Stadt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zogen vor allem Italiener und osteuropäische Juden in die Stadt. Nach dem Ersten Weltkrieg folgten Armenier (nach dem Völkermord 1915), Polen, Russen und Ukrainer („weiße Russen“ nach der Oktoberrevolution 1917) Schon in der Zwischenkriegszeit, v. a. aber nach dem Zweiten Weltkrieg, kamen zahlreiche Gastarbeiter aus Süd- und Osteuropa nach Frankreich und viele von ihnen ließen sich dort nieder, vor allem im Umland von Paris; so führten oft Spanier und Portugiesen den Haushalt der reichen Pariser Familien. Die jüngste und größte Einwanderungswelle stammte aus den ehemaligen französischen Kolonien, etwa von den Antillen, dem Maghreb, Schwarzafrika und Indochina. Vor allem die traditionellen Arbeiterviertel im Osten der Stadt waren Anziehungspunkte von Einwanderern, etwa Belleville (19. und 20. Arrondissement), außerdem das 10., das über ein tamilisch-indisch geprägtes Viertel verfügt, das 11. und das 13. Arrondissement, das heute mit der größten Chinatown Europas ostasiatisch geprägt ist. Teile des 18. Arrondissements sind afrikanisch oder arabisch geprägt, vor allem das Quartier de la Goutte-d’Or. Zwischen dem überwiegend wohlhabenden und weißen Vierteln im Stadtzentrum und im Westen und den multikulturellen Randgebieten im Osten besteht dabei ein deutlicher Unterschied. Durch die erwähnte Gentrifizierung innerhalb der Stadtgrenzen werden zunehmend ärmere Haushalte und Mieter, oft Einwanderer, aus der Stadt heraus gedrängt. In den Vororten von Paris ist der Anteil der nicht-europäischen Einwanderer weit höher, vor allem in den nördlichen und östlichen, wo Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Probleme verbreitet sind; es besteht ein Trend zur Segregation und Ghettobildung (siehe dazu auch den Artikel Banlieue). Da Frankreich die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit seiner Bewohner nicht statistisch erfasst, gibt es wenig genaue Daten zur ethnischen Zusammensetzung der Pariser Bevölkerung. In Paris selbst sind 20,4 % der Bevölkerung Einwanderer, also nicht in Frankreich geboren, 14,4 % sind außerhalb Europas geboren. Der Anteil der Jugendlichen unter 18 Jahren mit Migrationshintergrund (mindestens ein Elternteil nicht in Frankreich geboren) beträgt 41 %. Mehr als die Hälfte dieser Jugendlichen haben ihre Wurzeln außerhalb Europas. In der Region Île-de-France liegt dieser Prozentsatz bei 37 %, in einigen Vororten bei über 50 %. Insgesamt sind nach einer Erhebung aus dem Jahr 2006 17 % der Bewohner der Region Île-de-France Einwanderer, 35 % haben einen Migrationshintergrund.[22]

Religionen

Etwa 65 % der Einwohner sind getauft, rund 60 % bekennen sich zum römisch-katholischen Glauben, die meisten praktizieren den lateinischen Ritus, einige wenige auch den armenischen und ukrainischen Ritus. Der Erzbischof von Paris ist auch für die Katholiken der östlichen Riten zuständig. Insgesamt gibt es in Paris innerhalb der politischen Grenzen der Stadt 94 katholische Gemeinden, des Weiteren 73 protestantische Kirchen der verschiedensten Konfessionen,[23] 15 griechisch- und russisch-orthodoxe Kirchen, sechs rumänisch-orthodoxe Kirchen,[24] sieben Synagogen für die etwa 220.000 Juden und 19 Moscheen für die rund 80.000 Muslime, überwiegend Sunniten. Nur knapp 12 % der Christen und etwa 15 % der Juden sind praktizierende Gläubige.

Politik

Stadtregierung

 
Das Rathaus (Hôtel de Ville)
 
Die seit 2014 amtierende Bürgermeisterin Anne Hidalgo

Die Stadtregierung wird seit 1977 durch einen vom Stadtrat gewählten Bürgermeister geführt. Da die Stadt Paris gleichzeitig das Département Paris bildet, nimmt der Bürgermeister auch die Funktionen des Präsidenten des Generalrats wahr.

Bürgermeisterin ist seit dem 5. April 2014 Anne Hidalgo von der Parti socialiste. Ihr Vorgänger Bertrand Delanoë (PS) war 2001 der erste linke Politiker, der in das Rathaus der Hauptstadt einzog. Zuvor wurde Paris traditionell von der gaullistischen RPR mit den Bürgermeistern Jean Tiberi (1995 bis 2001) und Jacques Chirac (1977 bis 1995) beherrscht.

Der erste Bürgermeister der Hauptstadt Jean-Sylvain Bailly wurde am 15. Juli 1789 von der während der Französischen Revolution gebildeten Pariser Selbstverwaltung eingesetzt. Da die Kommune an der diktatorisch organisierten Schreckensherrschaft (La Terreur) beteiligt war, wurde sie 1794 von zwölf getrennten und dezentralisierten Gemeindeverwaltungen ersetzt. Der Staat übernahm die Kontrolle über die Stadt und schuf das Amt des Präfekten der Seine (Préfet de la Seine). Während der Bürgerlichen Revolution von 1848 und der Pariser Kommune von 1870/1871 regierte für wenige Monate ein Bürgermeister die Stadt.

Am 20. März 1977 wurde Jacques Chirac der erste frei gewählte Bürgermeister von Paris. Die bis dahin einem von der Regierung ernannten Präfekten unterstehende Hauptstadt erhielt den gleichen Status wie alle übrigen Gemeinden in Frankreich. Eine Ausnahme bildet die Polizei, die weiterhin dem Polizeipräfekten untersteht. Ein Gesetz von 1982 etablierte dann die Ratsversammlungen der arrondissements. Diese sind beratende Organe, die über begrenzte Befugnisse verfügen. Der Gemeinderat (Conseil de Paris) und der Bürgermeister (Maire de Paris) werden jeweils für sechs Jahre gewählt. Die nächste Wahl findet im Jahr 2020 statt.

Stadtrat (Conseil de Paris)

Der Pariser Stadtrat besteht aus 163 Mitgliedern. Er bildet gleichzeitig den Départementrat des Départements Paris. Die Wahlen zum Stadtrat finden alle sechs Jahre im Rahmen der französischen Kommunalwahlen statt. Gewählt wird dabei getrennt nach Arrondissements, wobei jedes Arrondissement eine festgelegte Zahl an Stadträten wählt.

Seit 2014 setzt sich der Stadtrat zusammen aus 13 Mitgliedern der Parti Communiste und der Parti de gauche, 16 Mitgliedern der Grünen, 56 Mitgliedern der Parti Socialiste und der Parti radical de gauche, 54 Mitgliedern der Union pour un mouvement populaire und 16 Mitgliedern der Union des démocrates et indépendants und des Mouvement démocrate, 5 Mitgliedern der Fraktion Radical de Gauche, Centre et Indépendants sowie drei fraktionslosen Mitgliedern. Die nächste Kommunalwahl findet 2020 statt.

Städtepartnerschaften

In Form einer Städtepartnerschaft ist Paris seit 1956 mit Rom mit einer einzigen Stadt weltweit verbunden.[25]

Darüber hinaus unterhält Paris mit folgenden Städten sogenannte Freundschafts- und Kooperationsabkommen (in Klammern das Jahr der Etablierung).

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Frankreich erscheint in Tourismus-Statistiken als das meistbesuchte Land der Erde. Die französische Hauptstadt beherbergt eine Vielzahl sehenswerter kirchlicher und weltlicher Bauwerke, Straßen, Plätze und Parks, etwa 160 Museen, rund 200 Kunstgalerien, circa 100 Theater, über 650 Kinos und mehr als 10.000 Restaurants. Das Angebot an kulturellen Veranstaltungen ist mit zahlreichen Konzerten, Ausstellungen, Musik- und Filmfestivals, Modenschauen sowie der Austragung sportlicher Wettbewerbe reichhaltig. Die Uferpromenade der Seine in Paris wurde 1991 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Im ersten Halbjahr 2016 sanken die Besucherzahlen wichtiger Museen in Paris aus verschiedenen Gründen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. 2015 waren die 15 meistbesuchten Museen und museale Monumente von mehr als einer Million Menschen besucht worden, der Louvre hatte über 8 Millionen Besucher.[26]

Theater

 
Die Comédie-Française (Salle Richelieu)

Bedingt durch die Tradition des Zentralismus in Frankreich haben die wichtigsten Theater- und Ballettensembles des Landes ihren Sitz in Paris. Das Programm ist mannigfaltig und einem der Veranstaltungskalender, Pariscope oder Officiel des Spectacles, zu entnehmen, die an jedem Zeitungskiosk erhältlich sind. Stark ermäßigte Theaterkarten sind jeden Tag ab 13:00 Uhr für Vorstellungen am Abend desselben Tages an einem der beiden Theaterkioske (Kiosque Théâtre) (vor dem Montparnasse-Bahnhof und neben der Madeleine-Kirche) erhältlich. Die Pariser Oper (heute Opéra national de Paris) und ihre Vorgängerinstitute spielen in der Geschichte der Oper durch stilprägende Uraufführungen eine bedeutende Rolle. Heute betreibt sie zwei Opernhäuser. Die 1875 eröffnete, nach ihrem Architekten Opéra Garnier oder Palais Garnier genannte alte Oper ist mit einer Fläche von 11.237 Quadratmetern das größte Theater der Welt, während die 1989 eingeweihte neue Opéra Bastille sich durch ihre herausragende Bühnentechnik auszeichnet. Seit der Eröffnung der neuen Oper wird das Palais Garnier hauptsächlich, aber nicht ausschließlich für Ballettaufführungen und klassische Opern genutzt. Die Pariser Oper unterhält ein hauseigenes Ballett, das Ballet de l’Opéra de Paris, mit einer angeschlossenen Ballettschule.

Auch die Comédie-Française oder Théâtre français, deren Schauspielensemble sich rühmen darf, 1680 aus der Zusammenlegung von Molières ehemaligem „Illustre Théâtre“ mit anderen Schauspieltruppen hervorgegangen zu sein, hat eine lange Tradition. Berühmte Schauspieler waren unter anderem Sarah Bernhardt und Jean-Louis Barrault. Das heute staatliche Theater spielt ein vorwiegend klassisches Repertoire.

Das Théâtre des Champs-Élysées, von 1911 bis 1913 nach Plänen von Henry van de Velde von Auguste Perret ausgeführt, erregte Anfang des 20. Jahrhunderts durch seine Architektur und skandalumwitterte Aufführungen Aufsehen. Als Musiktheater und Konzerthaus ist es Heimstätte des Orchestre national de France und des Orchestre Lamoureux sowie Stützpunkt der Wiener Philharmoniker in Frankreich.

Aufmerksamkeit gebührt auch den Programmen des Théâtre du Châtelet am Place du Châtelet und dem gegenüberliegenden Théâtre de la Ville (dt. Stadttheater).

Zeitgenössische Komödien, Boulevard- und Vaudeville-Stücke werden in unzähligen kleinen Theatern aufgeführt, wie beispielsweise im Théâtre des Bouffes-Parisiens, das Jacques Offenbach am 5. Juli 1855 gründete. Der Name des Theaters leitet sich ab von „Opéra bouffe“ – „Komische Oper“, wie Offenbach zahlreiche seiner Werke betitelte.

Freunden des Revuetheaters sind die Shows des Moulin rouge, des Lido und des Paradis Latin zu empfehlen. Das Moulin rouge, am 6. Oktober 1889 von Joseph Oller eröffnet, der bereits die Music Hall L’Olympia besaß, leitet seinen Namen ab von der markanten Nachbildung einer roten Mühle auf seinem Dach. Berühmt wurde es durch seine Cancan- und Chahut-Cancan-Tänzerinnen. Nicht ganz so aufwändig, aber unverhohlen erotischer sind die Darbietungen in den Folies Bergère.

Rockkonzerte finden im Zénith im Parc de la Villette und im Palais Omnisports de Paris-Bercy statt. Das Zénith wurde 1983 auf Initiative des damaligen Kulturministers Jack Lang nach Plänen der Architekten Philippe Chaix und Jean-Paul Morel erbaut und am 12. Januar 1984 mit einem Konzert des französischen Sängers Renaud eingeweiht.

Die Arènes de Lutèce (Arenen von Lutetia) gelten als ältestes noch erhaltenes Bauwerk der Hauptstadt. Das römische Amphitheater befindet sich in der Rue Monge, im 5. Arrondissement. Die Arena stammt aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. und wurde bis zum Ende des 3. Jahrhunderts genutzt. Circa 17.000 Personen konnten den Theatervorstellungen, aber auch Kämpfe auf Leben und Tod, beiwohnen. Mit dem Aufkommen des Christentums verloren die römischen Zirkusse allgemein an Bedeutung und als im 3. und 4. Jahrhundert die germanischen Stämme in das römische Gallien einfielen, wurden die Arènes de Lutèce stillgelegt und ihre Steine für den Bau von Stadtmauern und anderen Befestigungsanlagen verwendet.

Museen

 
Musée du Louvre mit Pyramide im Mittelpunkt

Das 1793 in der früheren Residenz der französischen Könige eröffnete Musée du Louvre beherbergt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen mit über 380.000 Werken, von denen etwa 35.000 ausgestellt werden. Die Exponate decken einen Zeitraum, der von der Antike bis zum Ende des 19. Jahrhunderts reicht. Das Gebäude liegt im Zentrum von Paris zwischen dem rechten Seineufer und der Rue de Rivoli. Sein Innenhof liegt in einer Linie mit der Avenue des Champs-Élysées und bildet damit den Ursprung der sogenannten Axe historique, der historischen Achse.

 
Das Musée d’Orsay, Innenansicht

Das Musée d’Orsay entstand in dem ehemaligen gleichnamigen Bahnhof, dem Gare d’Orsay, am südlichen Ufer der Seine gegenüber dem Tuileriengarten. Das Bahnhofsgebäude wurde 1900 von Victor Laloux für die Verbindung Paris–Orléans gebaut, 1939 wegen Kapazitätsproblemen geschlossen und 1978 als historisches Bauwerk eingestuft. Unter Leitung der Architektin Gae Aulenti wurde es von 1980 bis 1986 unter behutsamer Wahrung der alten Bausubstanz zum heutigen Museum umgebaut. Weltweit einzigartig ist die Sammlung französischer Impressionisten. Daneben werden Gemälde, Skulpturen, Fotos und Möbel von herausragender Qualität aus der Zeit von 1848 bis 1914 gezeigt. Vertreten sind fast alle Stilrichtungen dieses Zeitraums sowie Werke vieler Einzelkünstler.

Das 1977 nach Plänen der Architekten Renzo Piano, Richard Rogers und Gianfranco Franchini eröffnete Kunst- und Kulturzentrum Centre Georges-Pompidou (Centre National d’Art et de Culture Georges Pompidou) sorgte durch seine Architektur aus Stahl und Glas für Aufsehen: alle Versorgungsleitungen sind an der Fassade angebracht. Es wurde als interaktives Informationszentrum konzipiert, das freien Zugang zu Wissen garantieren soll. Es beherbergt die Bibliothèque publique d’information (Bpi) und das Musée National d’Art Moderne mit einer hervorragenden Sammlung von Kunstwerken des 20. Jahrhunderts, vor allem Werke des Surrealismus, Fauvismus, Kubismus und des Abstrakten Expressionismus. Das Musikforschungsinstitut IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique) ist ihm organisatorisch angeschlossen.

Das Musée Picasso besitzt etwa 250 Werke aus allen Schaffensperioden Picassos, insbesondere Gemälde und Skulpturen, sowie Gemälde aus der persönlichen Sammlung des Künstlers, unter anderem von Georges Braque, Paul Cézanne, Henri Matisse, Joan Miró und Amedeo Modigliani. Das Museum befindet sich im ehemaligen Hôtel Salé, einem in den Jahren 1656–1659 im Maraisviertel erbauten Hôtel particulier, dessen Bezeichnung sich von seinem damaligen Bauherrn, dem für die Eintreibung von Salzsteuer zuständigen königlichen Staatsbeamten Pierre Aubert, Spitzname Salé („Gesalzener“) ableitet.

Das Musée national du Moyen Âge (vor 1980: Musée de Cluny) in dem spätgotischen ehemaligen Abtspalast Hôtel de Cluny (1485–1490) beherbergt eine bedeutende Sammlung mittelalterlicher Kunstgegenstände. Es gestattet den Zutritt zu den benachbarten früheren Thermen aus gallo-römischer Zeit. Im September 2000 legte man neben dem Hôtel de Cluny den Mittelalterlichen Garten (frz. Jardin médiéval) mit einer Fläche von zirka 5.000 Quadratmetern an.

 
Das Petit Palais

Das Grand Palais entstand nach Plänen der Preisträger des Prix de Rome, den Architekten Henri Deglane (1851–1932) und Albert Louvet (1860–1936), als Ausstellungshalle zur Pariser Weltausstellung von 1900. Es besitzt eine 240 Meter lange und 20 Meter hohe Fassade mit ionischen Säulen. Im Gebäude finden bedeutende Kunst- und Gemäldeausstellungen statt. Im Westflügel ist der Palais de la Découverte (Palast der Entdeckung) untergebracht, ein naturwissenschaftliches Museum, das zu praktischen Erkundungen einlädt und ein Planetarium betreibt.

Dem Grand Palais gegenüber steht der zur gleichen Zeit und zu gleichem Zweck von dem Architekten Charles Girault (1880 Prix de Rome) im neobarocken Stil der Belle Époque errichtete Petit Palais. Der mit einem prunkvoll vergoldeten schmiedeeisernen Eingangstor und reichen Deckenmalereien ausgestattete halbrunde Bau, dessen Fassaden fast nur aus Fenstern bestehen, beherbergt seit 1902 das städtische Museum der schönen Künste Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris.

Nahe dem Eiffelturm befindet sich seit 2006 das Musée du quai Branly für Völkerkunde. Mehrere naturkundliche Museen sind im Muséum national d’histoire naturelle zusammengefasst und befinden sich an verschiedenen Standorten, etwa im Bereich des Jardin des Plantes. Am 27. Oktober 2014 eröffnete die Stiftung Louis Vuitton ein Privatmuseum, das die Kunstsammlung von Bernard Arnault beherbergt.

Bauwerke

Brücken

 
Pont Neuf an der Westspitze der Île de la Cité
 
Blick auf die Seine, Pont des Invalides

Die Seine fließt im Großraum Paris ab der Einmündung der Marne bei Vincennes im Pariser Becken in einem weiten Linksbogen von Südosten durch das Zentrum, um dann in einer engen Rechtskurve bei Boulogne-Billancourt sich wieder bis St. Denis nach Norden zu biegen und dabei noch einmal die City von Norden zu umfassen. Danach biegt sie in einem Bogen um Colombes/Villeneuve-la-Garenne erneut nach Nordwesten ab, um sich dann weiter Richtung Ärmelkanal zu schlängeln. Etwa 40 Brücken (franz. ponts) und einige Stege überspannen die Seine und verbinden die zentralen Arrondissements miteinander. Die Insel Île de la Cité ist über insgesamt 9 Brücken sowohl mit der benachbarten Île Saint-Louis verbunden (Pont Saint-Louis) als auch mit den beiden Ufern (rechtes Ufer, in Fließrichtung: Pont d’Arcole, Pont Notre-Dame, Pont au Change; linkes Ufer: Pont de l’Archevêché, Pont au Double, Petit Pont, Pont Saint-Michel). Der Pont Neuf führt über die Westspitze der Insel und verbindet die Insel mit beiden Ufern. Er ist die älteste der heutigen Pariser Seinebrücken. Die jüngste ist die Passerelle Simone-de-Beauvoir, die seit 2006 ohne Strebepfeiler 194 Meter Spannweite überbrückt. Viele Brücken entstanden im 19. Jahrhundert und sind Eisenkonstruktionen. Abends werden die Brücken nach einem bestimmten, die Baustrukturen betonenden Konzept angeleuchtet. Zusammen mit den Uferbefestigungen bilden die Brücken ein städtebaulich prägendes Merkmal der Stadt. Außer den Seinebrücken gibt es noch ca. 300 andere Brückenbauwerke in der Stadt: über Kanäle und Straßen, über Gleise und in Parks.

Plätze und Straßen

Erste urbanistisch relevante Maßnahmen ergriff in Paris Anfang des 17. Jahrhunderts Heinrich IV. mit der Anlage der ersten zwei von insgesamt fünf sogenannten „königlichen Plätzen“.

Die quadratische Place des Vosges (1605–1611), früher Place Royale im Le Marais (4. Arrdt.) bietet ein einzigartig geschlossenes Ensemble von Bauten aus Back- und Quaderstein im Stil des frühen 17. Jahrhunderts. Die Mitte des Platzes ziert das Reiterstandbild von Ludwig XIII.

 
Blick über die Avenue des Champs-Élysées

Zur gleichen Zeit entstand in demselben Stil die dreieckige Place Dauphine (1607–1612) an der westlichen Spitze der Île de la Cité (1. Arrdt.), nach Plänen von Louis Métezeau und Jacques II. Androuet du Cerceau. Die Achse des später zu einem Drittel zerstörten Platzes lässt durch eine Öffnung im Westen den Blick auf die Brücke Pont Neuf und auf das Reiterstandbild von Heinrich IV. frei.

Die Place des Victoires (1675), mit rundem Grundriss, wurde auf Initiative des Höflings François d’Aubusson de la Feuillade nach Plänen von Jules Hardouin-Mansart zu Ehren des Sonnenkönigs Ludwigs XIV. entworfen, um seinem Standbild von Martin Desjardins einen würdigen Rahmen zu geben. Letzteres wurde in der Revolution zerschlagen und erst 1822 durch das heutige Reiterstandbild von Bosio ersetzt. Hier so wie auf den folgenden „Königlichen Plätzen“ ersetzt der schöne hellgelbe Quaderstein, der sich hervorragend für den Steinschnitt eignet, den bisher üblichen Backstein.

Auch die überaus harmonische und in ihrem ursprünglichen Zustand erhaltene Place Vendôme (1690–1720) wurde zu Ehren Ludwigs XIV. angelegt. Die Pläne lieferte abermals Jules Hardouin-Mansart. Das früher hier befindliche Reiterstandbild fiel, wie nahezu alle Abbilder der Mitglieder des französischen Königshauses, der Revolution zum Opfer, was Napoléon I. Gelegenheit gab, hier 1806 in Erinnerung an die Schlacht bei Austerlitz eine 44 Meter hohe Triumphsäule errichten zu lassen.

Die ab 1755 angelegte Place Louis XV (heutige Place de la Concorde) sollte der größte und letzte der „Königsplätze“ von Paris werden. Der Platz blieb unvollendet. Während der Revolution in Place de la Révolution umbenannt, empfing er – an Stelle der zerstörten Reiterstatue Ludwigs XV. – die Guillotine, unter der im Jahre 1793 Ludwig XVI. und die Königin Marie Antoinette enthauptet wurden. Seit 1836 wird der Platz von dem 23 Meter hohen Obelisken von Luxor dominiert. Daneben befinden sich zwei aufwändig gestaltete Brunnen von Jakob Ignaz Hittorff.

An der Place de la Concorde beginnt die Prunk-, Pracht- und Paradestraße Avenue des Champs-Élysées, eine der großen und berühmten „Weltstraßen“. Die 1,5 Kilometer lange und 71 Meter breite Avenue bildet das Kernstück und Rückgrat der einzigartigen vom Osten zum Westen weisenden Axe historique, einer Sichtachse, die im Innenhof des Louvre beginnt, über den Tuileriengarten, die Place de la Concorde und den Triumphbogen bis zur Grande Arche und darüber hinaus reicht. Hier befinden wir uns schon jenseits der westlichen Ausfallstraße, in dem vier Kilometer außerhalb von Paris gelegenen Geschäftsviertel La Défense. Als unter Ludwig XIV. von dem Hofgärtner André Le Nôtre die ersten Bäume (Ulmen) der Champs-Élysées gepflanzt wurden (1670), führte sie noch durch freie Felder. Die beliebte Promenade der Pariser war damals die Straßenkette der aneinandergereihten Boulevards, die selten mit ihren verschiedenen Namen, sondern schlicht Les Grands Boulevards genannt werden.

Weltliche Bauwerke

Antike

Die ältesten Bauwerke der Stadt stehen im Quartier Latin an den Hängen des Montagne Sainte-Geneviève, auf dem sich ab 52 v. Chr. die Römer in dominanter Lage ansiedelten.

Die stark restaurierten Überreste der im 1. Jahrhundert n. Chr. erbauten Arena von Lutetia und die Ruinen der sogenannten Thermen von Cluny (in das Musée national du Moyen Âge) aus der Zeit um 200 n. Chr. sind die einzigen sichtbaren Spuren aus der gallo-römischen Epoche.

Mittelalter
 
Die im 13. Jhdt. erbaute gotische Sainte-Chapelle

Nach dem Untergang des Römischen Reiches entstanden zunächst vor allem Sakralbauten, während die in Paris weilenden fränkischen Teilkönige sich den ehemaligen Palast der römischen Statthalter auf der Île de la Cité zu eigen machten, der im Laufe der Jahrhunderte mehrmals vergrößert und umgebaut wurde und heute als Palais de la Cité bekannt ist.

Die ältesten erhaltenen Teile des Palais de la Cité sind die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts unter Ludwig IX. dem Heiligen von Pierre de Montreuil errichtete Palastkapelle Sainte-Chapelle und die unteren Partien des sogenannten Bonbec-Turmes an der Nordfassade. Die danebenliegenden beiden Tortürme Tour d’Argent (Silberturm) und Tour de César (auch Tour de Montgomery genannte) sowie der nach seiner Uhr Tour de l’Horloge genannte, im 19. Jahrhundert stark veränderte Eckturm entstanden etwas später unter Philippe IV. dem Schönen. Hinter der massiven Doppelturmanlage verbirgt sich die nach dem früheren Palastverwalter (frz. Concierge) benannte Conciergerie, die bereits um 1400 als Gefängnis genutzt wurde und während der Revolution als „Wartesaal für die Guillotine“ diente.

Bereits bald nach 1358 war der Palais de la Cité als Königsresidenz aufgegeben worden, und zwar zu Gunsten des heute verschwundenen Hôtel Saint-Pol, der im Osten von Paris entstandenen Burg von Vincennes und der schon 1190 unter Philippe-Auguste entstandenen Wehranlage des früheren Louvre, deren mächtiger runder Bergfried seinerzeit das rechte Ufer beherrschte.

Das Stadtschloss Louvre, wie wir es heute kennen, ist das Ergebnis von zahlreichen Baukampagnen unter vielen Königen und umfasst Teile aus dem Mittelalter, der Renaissance, der Barockzeit, dem Zweiten Kaiserreich sowie das bedeutende, seit 1981 auf Wunsch des Staatspräsidenten François Mitterrand von dem Architekten Ieoh Ming Pei geschaffene „unterirdische Reich“ des Louvre, das in erster Linie der Schaffung fehlender Infrastrukturen für das hier angesiedelte Museum dient.

Frühe Neuzeit

Aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und dem 16. Jahrhundert stammen mehrere interessante, hierzulande hôtels particuliers genannte Stadtpaläste des Marais-Viertels, wie beispielsweise das Hôtel de Sens, das zwischen 1475 und 1507 im Auftrag von Tristan von Salazar, Erzbischof von Sens, entstand, das ab 1548 für den Gerichtspräsidenten Jacques de Ligneris errichtete Hôtel Carnavalet, das um 1585 für Diane de France entworfene und jetzt Louis Métezeau zugeschriebene Hôtel d'Angoulême Lamoignon (heutige Bibliothèque historique de la ville de Paris) sowie der Hôtel de Sully genannte Stadtpalast des Finanzinspektors Mesme Gallet, den Roland de Neufbourg 1630 nach den Plänen von Jean I. Androuet du Cerceau vollendete. Er ist heute Sitz des Denkmalpflegevereins (Centre des monuments nationaux).

Auf dem linken Ufer ließ unterdessen Jacques d’Amboise, Abt von Cluny zwischen 1485 und 1510, neben den Ruinen der römischen Thermen das Hôtel de Cluny vollkommen neu erbauen, das den Äbten von Cluny seit 1330 als Stadtresidenz diente. Das dort untergebrachte Musée national du Moyen Âge (Museum des Mittelalters) besitzt den einzigartigen Millefleurs Wandbehang mit Szenen zum Thema der La Dame à la licorne („Die Dame mit dem Einhorn“). Mit dem Brunnen Fontaine des Innocents schufen Pierre Lescot und Jean Goujon 1547 bis 1549 ein Werk, das heute zu den wichtigsten verbleibenden Zeugnissen der frühen Renaissance in Paris gezählt wird. Allerdings wurde die Anordnung der drei originalen Brunnenseiten, die ursprünglich eine Tribüne bildeten, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vollkommen verändert und eine vierte Seite von Pajou und Houdon hinzugefügt.

Das ursprüngliche Pariser Hôtel de Ville (Rathaus) war zwischen 1551 und 1628 auf Anregung von König Franz I. nach Plänen des italienischen Architekten Domenico da Cortona, genannt Il Boccador(o), im Stil der Renaissanceschlösser des Loiretals entstanden. Es brannte 1871 während des Aufstandes der Kommune ab. Das heutige Rathaus ist eine Kopie des Vorgängerbaus. Das Gebäude im Stil des Klassizismus mit 146 Statuen auf der Fassade wurde in den Jahren 1874 bis 1882 nach Plänen der Architekten Théodore Ballu (1817–1885) und Édouard Deperthes (1833–1898) errichtet. Es befindet sich im 4. Arrondissement an der ehemaligen Place de Grève, der heutigen Place de l’Hôtel-de-Ville.

17. Jahrhundert
 
Die Gartenfassade des Palais du Luxembourg

Dem Palais du Luxembourg, im Jahre 1615 von Maria von Medici als Landschloss weit außerhalb der damaligen Stadtgrenzen bei dem Architekten Salomon de Brosse in Auftrag gegeben, liegen wenigstens teilweise Pläne des Palazzo Pitti in Florenz zugrunde, in dem die Königinmutter und Regentin ihre Kindheit verlebt hatte. Die Gartenseite erfuhr im 19. Jahrhundert erhebliche Veränderungen. Hier tagt seit 1852 der französische Senat, der den zu dem Palais gehörenden, früher königlichen, heute staatlichen Schlosspark Jardin du Luxembourg der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.

Der Palais Royal, nördlich vom Louvre, wurde in den Jahren 1627 bis 1629 von Jacques Lemercier für den ersten Minister Ludwigs XIII., Kardinal Richelieu, gebaut, kam nach dessen Tod an die Krone und nahm seinen heutigen Namen an. Dort wuchs Ludwig XIV. auf. Heute beherbergt der Palais den Staatsrat (Conseil d’État), den Verfassungsrat (Conseil constitutionnel), das Kultusministerium, aber auch die Comédie-Française. An den Hof, in dem Daniel Buren ein interessantes begehbares Kunstwerk schuf, schließt sich ein schöner Garten an.

Weitere wichtige Bauten des 17. Jahrhunderts sind die Barockkirche des Val-de-Grâce-Klosters, das Collège des Quatre-Nations, heute Sitz des Institut de France, das Hôtel des Invalides und das Observatoire.

18. Jahrhundert

Der Élysée-Palast ursprünglich nach seinem Auftraggeber Hôtel d’Évreux und später nach der nahegelegenen Avenue des Champs-Élysées benannt, ist der Amtssitz des französischen Staatspräsidenten. Erbaut wurde er in den Jahren von 1718 bis 1722 nach den Plänen des Architekten Armand-Claude Mollet, der das umliegende Grundstück kurz zuvor an den Grafen von Évreux, Henri-Louis de la Tour d’Auvergne, verkauft hatte und von diesem nun mit dem Bau einer Residenz beauftragt wurde. Nach dem Tod des Grafen im Jahre 1753 erwarb Jeanne-Antoinette Poisson, besser bekannt als Marquise de Pompadour, den Palast und ließ ihn durch ihren Architekten im Inneren stilvoll herrichten. Der Garten wurde auf ihre Vorstellungen hin vergrößert und um Säulengänge und Lauben sowie ein Labyrinth erweitert. Der Palast liegt nördlich der Seine in einer der weltweit wichtigsten Einkaufsstraßen Rue du Faubourg Saint-Honoré, nur einige Schritte von den Champs-Élysées und wenige Gehminuten von dem Concordenplatz entfernt.

Der Palais Bourbon entstand ebenfalls im 18. Jahrhundert, wurde aber später mit einer klassizistischen Fassade versehen. Er liegt am südlichen Ufer der Seine und gab dem 7. Arrondissement seinem Namen. In ihm tagt die Französische Nationalversammlung. Die Kirche Sainte Marie Madeleine liegt dem Palast auf dem nördlichen Ufer in einer Sichtachse gegenüber.

 
Das Panthéon

Unter Ludwig XV. entstanden die grandiosen Bauten von Ange-Jacques Gabriel, welche die Nordseite der Place de la Concorde bilden; die La Monnaie oder Hôtel des Monnaies genannte Münzprägewerkstatt, zwischen 1771 und 1777 von Jacques Denis Antoine geschaffen, und die École militaire (Militärschule), ebenfalls ein Werk von Ange-Jacques Gabriel. Der weitaus imposanteste, von weit her sichtbare Bau aus dieser Zeit ist jedoch das Panthéon, ein Kuppelbau, der sowohl in die sakralen als auch in die profanen Bauten der Stadt eingereiht werden kann, da er mehrmals seine Bestimmung gewechselt hat.

Das Panthéon wurde zwischen 1764 und 1790 von Jacques-Germain Soufflot und seinen Schülern als Klosterkirche für die damals hier befindliche Benediktinerabtei errichtet, deren Refektorium sowie ein Turm in dem nahegelegenen Lycée Henri IV erhalten sind, einer der ältesten und bekanntesten Schulen Frankreichs. Nach der Französischen Revolution 1789 wurde die Kirche zur nationalen Ruhmeshalle erklärt. Nach mehreren Umwidmungen im 19. Jahrhundert ist sie seit 1885 erneut Ruhmeshalle Frankreichs. Entsprechend illuster ist die Liste der hier beigesetzten Personen: Voltaire, Victor Hugo, Émile Zola, Jean-Jacques Rousseau, Pierre und Marie Curie. 1849 gelang dem Physiker Léon Foucault mit dem nach ihm benannten Pendel hier der empirische Nachweis der Erdrotation. Das Pendel befindet sich heute in der Kapelle der ehemaligen Abtei St-Martin-des-Champs, die Teil des Musée des Arts et Métiers geworden ist.

19. Jahrhundert

Das schönste, wenngleich nicht das repräsentativste Bauwerk des 1. Kaiserreiches schufen zwischen 1806 und 1808 Charles Percier und Fontaine mit dem in der sogenannten Cour Napoléon des Louvre errichteten Arc de Triomphe du Carrousel.

Noch während des Baus des Arc de Triomphe du Carrousel gab Napoléon I. 1806 den großen Triumphbogen an der Place de l’Étoile in Auftrag, der erst 1836 unter Louis-Philippe vollendet wurde. Als Inspiration diente der allerdings deutlich kleinere Titusbogen in Rom. Der Triumphbogen steht im Zentrum des Platzes, der seit 1970 Place Charles de Gaulle – Étoile heißt, am westlichen Ende der Avenue des Champs-Élysées und ist Teil der Axe historique (historische Achse), einer Reihe von Monumenten und großen Straßen, die weiter westlich in das Défense-Viertel weisen.

Im gleichen Jahr wurde der Bau eines Ruhmestempels zu Ehren der napoleonischen Grande Armée geplant. Dieses erst 1842 fertiggestellte Gebäude kennen wir heute als Madeleine-Kirche. Ebenfalls im 1. Kaiserreich wurde der Auftrag für die Errichtung der Börse vergeben. 1808 von Alexandre-Théodore Brongniart begonnen, wurde sie nach dessen Tod 1827 von Éloi Labarre vollendet.

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verwandelte die bis dahin größtenteils noch vom Mittelalter geprägte Stadt sich in eine prestigevolle, beispielhafte und moderne Metropole, die die Bewunderung von Tausenden von ausländischen Weltausstellungsbesuchern hervorrief. Der umwälzenden Stadtsanierung, die nach dem Willen Napoleons III. von dem ihm treu ergebenen Baron Haussmann durchgeführt wurde, verdankt Paris seine breiten Straßen, mehrere Brücken, zahlreiche Plätze und Parks sowie die Anlage der beiden Stadtwälder und nicht zuletzt die Säumung der neuen Straßen mit den für Paris so typischen Häusern im sogenannten „Haussmann-Stil“. Durch Charles Marville sind Fotografien aus der damaligen Umbruchszeit erhalten geblieben, die die alten Straßenzüge und Gebäude kurz vor der Neugestaltung dokumentieren. Krönung dieser schaffensfrohen Epoche wurde das als Palais Garnier bezeichnete Opernhaus der Pariser Oper, das 1875 von Charles Garnier fertiggestellt wurde.

Für den Neubau des Universitätsgebäudes der Sorbonne wurde 1885 die größte Pariser Baustelle des 19. Jahrhunderts eröffnet, wenn man von der Konstruktion des Eiffelturmes, dem Werk eines Ingenieurs, absieht. Erst 1901 wurden die Arbeiten abgeschlossen. Die Sorbonne, eine der ältesten Universitäten nördlich der Alpen, war schon im 13. Jahrhundert im Quartier Latin gegründet worden. Hier studierten und lehrten einige der bedeutendsten Philosophen des Mittelalters.

 
Die Brücke Pont Alexandre III mit dem Eiffelturm rechts

Das Wahrzeichen der Stadt ist der 300,51 Meter hohe Eiffelturm (Tour Eiffel), (324,8 Meter mit Antenne), eine Konstruktion aus dem Jahre 1889, die für die Weltausstellung nur temporär errichtet werden sollte. Der Stahlfachwerkturm ist nach seinem Erbauer Alexandre Gustave Eiffel benannt. Er ist eine der größten Touristenattraktionen mit mehr als sechs Millionen Besuchern jährlich. Im Jahr 2002 wurde der 200-millionste Besucher gezählt.

Über das ganze Stadtgebiet von Paris verteilt, hauptsächlich an den meistbenutzten Fußgängerwegen, befinden sich die Wallace-Brunnen. Die öffentlichen Trinkwasserspender in Form kleiner gusseiserner Skulpturen sind nach dem Engländer Richard Wallace benannt, der ihre Errichtung finanzierte. Ihrer herausragenden Ästhetik wegen gelten sie weltweit als ein Wahrzeichen der Stadt.

20. Jahrhundert

Nicht unumstritten war der Bau der Tour Montparnasse im Süden der Stadt. Der 210m hohe Büroturm ist das höchste Gebäude Paris und wurde nach vierjähriger Bauzeit 1973 eröffnet.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte Paris unter anderem dank der sogenannten grands projets (Große Projekte) der französischen Staatspräsidenten eine rege Bautätigkeit.

 
Der Eiffelturm hinter dem Marsfeld, mit dem Geschäftsviertel La Défense im Hintergrund.

Georges Pompidou (Staatspräsident von 1969 bis 1974) war 1970 Initiator des neuen Kunst- und Kulturzentrums Centre Georges-Pompidou. Als Preisträger eines internationalen Wettbewerbes wurden Renzo Piano und Richard Rogers mit der Errichtung der spektakulären Metallkonstruktion beauftragt, die zwischen 1972 und 1977 entstand.

Der konservativere Valéry Giscard d’Estaing (Staatspräsident von 1974 bis 1981) begnügte sich mit der Rehabilitation bereits bestehender Bauten, wie dem Umbau des stillgelegten Orsay-Bahnhofes zu einem Museum und der Einrichtung der Cité des sciences et de l’industrie in der Rohbauruine der Schlachthöfe in La Villette.

Allerdings veranlasste Giscard d’Estaing 1980 auch die Gründung des Institut du monde arabe (Institut der arabischen Welt), ebenfalls ein Kunst- und Kulturzentrum mit angeschlossenem Museum, Bibliothek und Theater. Der Bau wurde jedoch erst zwischen 1983 und 1987 unter seinem Nachfolger François Mitterrand von der französischen Architektengruppe Jean Nouvel, Pierre Soria und Architecture Studio verwirklicht.

François Mitterrand (Staatspräsident von 1981 bis 1995) kündigte seinerseits schon in seiner ersten Pressekonferenz nach seinem Amtsantritt den Umbau des Louvre zu einem „würdigen Museum Frankreichs“ an. Der Auftrag zu diesem Großprojekt ging ohne Ausschreibung an den renommierten amerikanischen Architekten chinesischer Herkunft Ieoh Ming Pei.

Die Notwendigkeit, ein neues Finanzministerium zu bauen, ergab sich unter anderem aus der Tatsache, dass die Kabinette der beiden Minister aufgrund des geplanten Umbaus des Louvre aus dem dortigen Nordflügel weichen mussten. Das neue Ministère des Finances (1984–1989), ein Gemeinschaftswerk von Paul Chemetov und Borja Huidobro, entstand auf einem Gelände im Osten der Stadt, wo zur gleichen Zeit der neue Parc de Bercy angelegt wurde und die Stadt Paris von Pierre Parat und Michel Andrault die Mehrzweck-Sporthalle Palais Omnisports de Paris-Bercy errichten ließ.

Persönliches Prestigeobjekt Mitterrands während seiner ersten Amtszeit wurde die neue Opéra Bastille (1983–1989) am gleichnamigen Platz, auf dem am 14. Juli 1789 mit dem Sturm auf die Bastille die Französische Revolution ausgebrochen war und Mitterrand 1981 seinen Wahlsieg gefeiert hatte. Symbolträchtig war auch die Wahl des Einweihungstages dieser nach Plänen des Architekten Carlos Ott in einer eigenwilligen Form aus Glas und Aluminium entstandenen neuen Oper: die erste Aufführung fand am 13. Juli 1989, dem Vorabend des 200. Jahrestags des Sturms auf die Bastille, statt.

Die Grande Arche von Johan Otto von Spreckelsen, ein torförmig durchbrochener Kubus von gewaltigen Ausmaßen, steht im Défense-Viertel außerhalb von Paris. Er wurde 1989 eingeweiht.

Bereits einige Monate zuvor hatte Mitterrand ein weiteres Projekt ins Leben gerufen, um die alte Nationalbibliothek zu entlasten. Die neue Bibliothèque nationale de France (Nationalbibliothek, 1990–1996) wurde vom Architekten Dominique Perrault entworfen. Die vier Ecken des Gebäudes weisen je einen 79 Meter hohen Turm mit einer durchgehenden Glasfront auf. Die Türme sind L-förmig und symbolisieren ein aufgeschlagenes Buch. Jacques Chirac führte die Tradition der „Bauten der Präsidenten“ fort. Am 20. Juni 2006 weihte er das neue Musée du quai Branly von Jean Nouvel ein. Daneben entstanden in der letzten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche sehenswerte kleinere Bauten, wie beispielsweise die Fondation Cartier (1994, Jean Nouvel) und das American Center (1994, Frank Gehry), jetzt Kinomuseum.

Paris ist auch bekannt für seine vornehmen und eleganten Hotels, die unter anderem an der Rue de Rivoli gegenüber dem Tuilerien-Garten, in der rue Castiglione und an der Place Vendôme angesiedelt sind. Hier findet man das Hôtel Le Meurice, das „Westin“ (früher „Intercontinental“ mit seinem repräsentativen Patio), das Hôtel „Lotti“ und das berühmte „Ritz“.

 
Panoramabild von Paris vom Panthéon aus gesehen
 
Panoramabild von Paris vom Montmartre aus gesehen
21. Jahrhundert

2006 eröffnete das Musée du quai Branly. 2014 wurden das Museum Fondation Louis Vuitton im Bois de Boulogne und das geschichtsträchtige Grandhotel Hotel The Peninsula Paris nahe dem Triumphbogen eröffnet. 2015 wurde das Hexagone Balard, ein Gebäudeensemble in welchem das französische Verteidigungsministerium seinen neuen Sitz hat, eröffnet. Es beherbergt 9300 Arbeitsplätze. Ebenfalls 2015 eröffnete die neue Pariser Philharmonie im Parc de la Villette. Der Neubau des Forum des Halles eröffnete im Jahr 2016. 2017 eröffnete der Neue Justizpalast im Nordwesten der Stadt. Der Wolkenkratzer mit 160 Meter Höhe stellt eine bedeutende neue Landmarke dar. Seit 2017 im Bau befinden sich die 180 m und 122 m hohen Tours Duo im 13. Bezirk im Südwesten der Stadt (geplante Fertigstellung 2020). Laufende Großprojekte sind der Umbau und die Aufstockung der Tour Montparnasse, die Erweiterung der Gare du Nord und die Errichtung der 180 m hohen Tour Triangle im 15. Bezirk (geplanter Baubeginn 2020).

Kirchen

Mittelalter

Die frühere Abteikirche Saint-Germain-des-Prés am Boulevard Saint-Germain (6. Arrdt.) erinnert daran, dass der fränkische König Childebert I. aus dem Geschlecht der Merowinger, ein Sohn von Chlodwig I., hier im Jahr 557 eine später sehr bedeutende Abtei gründete. Der Portalturm der heutigen Kirche und die unteren Bereiche der Kirchenschiffe stammen aus dem 11. Jahrhundert, den Chor weihte im Jahr 1163 Papst Alexander II. Das Bauwerk erfuhr bis zum 17. Jahrhundert verschiedene Änderungen. Die Wandmalereien im Kirchenschiff schuf im 19. Jahrhundert Hippolyte Flandrin.

Die Kathedrale Notre Dame de Paris auf der Île de la Cité (4. Arrdt.) ist eine der frühesten gotischen Kathedralen Frankreichs. Sie ist Maria, der Mutter Jesu, geweiht (frz.: notre dame = Unsere Liebe Frau). Der Bau wurde im Jahr 1163 unter Bischof Maurice de Sully begonnen und erst 1345 fertiggestellt. Die Ausmaße des Kirchenschiffes betragen 130 mal 48 Meter bei einer Höhe von 35 Metern. Es bietet, Empore eingeschlossen, Raum für 9000 Personen. Die beiden Türme sind 69 Meter hoch, der Dachreiter erreicht 90 Meter.

 
Innenansicht der Pfarrkirche Saint-Séverin

Die Pfarrkirche Saint-Germain-l’Auxerrois, die dem Ostportal des Louvre (1. Arrdt.) gegenüberliegt, stammt in ihren Grundzügen noch aus der Zeit der Romanik. Sie besitzt allerdings sowohl ein gotisches Strebwerk als auch ein hochgotisches Portal. Die Anbauten an dieser Kirche stammen aus dem Barock. Diese Kirche ist dem heiligen Germanus von Auxerre geweiht (Saint Germain l’Auxerrois).

Die Pfarrkirche Saint-Sulpice südlich vom Boulevard Saint-Germain (6. Arrdt.) ist dem heiligen Sulpicius II. von Bourges geweiht. Sie ersetzte einen romanischen Vorgängerbau aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts. Die Arbeiten an der heute existierenden Kirche begannen im Jahre 1649, wurden aufgrund politischer und finanzieller Schwierigkeiten aber erst im 18. Jahrhundert abgeschlossen. Die klassizistische Fassade entwarf Giovanni Servandoni im Jahr 1732. Die Kirche ist berühmt für ihre Cavaillé-Coll-Orgel, eine der größten Orgeln Frankreichs.

Die Palastkapelle Sainte-Chapelle im Palais de la Cité (1. Arrdt.) unweit der Kathedrale ließ Ludwig der Heilige in den 1240er Jahren erbauen, um sehr kostbare Reliquien aufzunehmen: die Dornenkrone Christi und Teile des „Wahren Kreuzes“. Diese für den gotischen style rayonnant des 13. Jahrhunderts beispielhafte Kapelle gehört zu den schönsten Baudenkmälern der Gotik. Der größte Teil ihrer Wände wird von kostbaren Buntglasfenstern eingenommen, wodurch der hohe Raum von unirdisch wirkendem Licht durchflutet wird.

Neuzeit

Mit dem Bau der Pfarrkirche Saint-Eustache wurde im 16. Jahrhundert begonnen. Die Kirche wurde um 1640 fertiggestellt. Sie befindet sich im 1. Arrondissement und war die Kirche der Händler des benachbarten Marktes, der Hallen von Paris (heute mit dem Forum des Halles bebaut). Der spätgotische Sakralbau weist bereits Züge der aufkommenden Renaissance auf.

Der Dôme des Invalides (Invalidendom, eigentlich Invalidenkuppel) wurde zwischen 1670 und 1691 von Jules Hardouin-Mansart auf dem linken Seineufer erbaut (7. Arrdt.). Diese prächtige Kuppelkirche ist, so wie die benachbarte Soldatenkirche Saint-Louis des Invalides Teil des Hôtel des Invalides und zählt zu den schönsten Bauten des klassizistischen Barocks in Frankreich. Ihr Inneres wurde im 19. Jahrhundert zu einem Grabmal für den französischen Kaiser Napoléon I. umgestaltet. Dessen Leichnam ruht hier seit 1861 nach seiner Überführung aus Sankt Helena 1840, so wie verschiedene andere bedeutende Persönlichkeiten.

 
Die Basilique du Sacré-Cœur auf der Butte Montmartre

Der Bau der Kirche La Madeleine nördlich der Place de la Concorde (8. Arrdt.) begann 1764 nach dem Entwurf des Architekten Pierre Contant d’Ivry und wurde im Dezember 1791 aufgrund der Französischen Revolution eingestellt. Die Arbeiten wurden von dem Architekten Jean-Jacques-Marie Huvé (1783–1852) wieder aufgenommen und im Jahre 1842 abgeschlossen, die Weihe zur Pfarrkirche erfolgte am 9. Oktober 1845. Die Innenausstattung entstammt vorwiegend den Jahren 1830–1840. Als besonders sehenswert gilt die Statue der Maria Magdalena von Carlo Marochetti. Die Orgel des bedeutenden französischen Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll (1811–1899) gilt als eine der klangvollsten der Stadt.

Die Basilique du Sacré-Cœur (Basilika vom Heiligen Herzen) ist eine römisch-katholische Wallfahrtskirche auf dem Hügel von Montmartre und bildet den höchstgelegenen Punkt der Stadt nach dem Eiffelturm. Der Bau der Kirche im „Zuckerbäckerstil“ wurde 1875 von dem Architekten Paul Abadie begonnen, der sich in einem Wettbewerb gegen 78 Mitbewerber durchgesetzt hatte und dessen Entwurf deutlich durch den römisch-byzantinischen Stil alter Kirchen wie der Hagia Sophia und des Markusdoms in Venedig inspiriert wurde. Abadie verstarb bereits 1884. Ihm folgten bis zur Fertigstellung 1914 sechs Architekten in der Bauleitung nach.

Grünflächen

Die Pariser Straßen sind mit rund 89.000 Bäumen gesäumt. Das städtische Gartenbauamt Direction des Parcs, Jardins et Espaces Verts de Paris unterhält innerhalb der Stadtgrenzen 2.437 Hektar Grünflächen, zu denen außer den beiden großen Stadtwäldern Bois de Vincennes (995 Hektar) und Bois de Boulogne (846 Hektar) auch die 14 innerstädtischen Friedhöfe (92 Hektar) zählen, die Gartenbauschule École Du Breuil (22 Hektar), das Gartenbauzentrum Jardin des Serres d’Auteuil (8,5 Hektar), in dem Blumen und Sträucher gezüchtet werden, und der neue Centre horticole de la Ville de Paris (Blumenproduktion) in Rungis, Fresnes und Achères (insgesamt 477 Hektar).

Als Erholungsgebiet abzuziehen sind die bepflanzten Böschungen der Ringautobahn Boulevard périphérique (51 Hektar). Auf die Grünanlagen von städtischen Sportanlagen, Schulen, Kindergärten und Krippen entfallen 36 Hektar. Die restliche Fläche (386 Hektar) wird von öffentlichen Promenaden, Parks, Gärten, den squares genannten begrünten Plätzen und von Blumenrabatten eingenommen. Die Stadt Paris besitzt darüber hinaus jenseits ihrer Grenzen sechs weitere Friedhöfe, den Wald Bois de Beauregard bei La Celle-Saint-Cloud.

Außer den städtischen Anlagen stehen den Bewohnern und Besuchern von Paris sieben vom Staat unterhaltene Gärten und Parks mit insgesamt 118 Hektar Fläche zur Verfügung.

Promenaden, Parks und Gärten

 
Künstliche Kaskade im Parc de Bagatelle

Der mit auffällig vielen Statuen geschmückte Tuileriengarten erstreckt sich am rechten Seine-Ufer vom Louvre bis zur Place de la Concorde. Er erinnert an das frühere Schloss der Katharina von Medici, das nach ihr noch viele Herrscher bewohnen sollten, bis es 1871 während der Pariser Kommune zerstört wurde. In dem westlichen Bereich des Gartens befinden sich das ehemalige Ballhaus Jeu de Paume, in dem heute die Galerie nationale du Jeu de Paume untergebracht ist, und die zum Museum umfunktionierte frühere Orangerie.

Einer der beliebtesten städtischen Parks ist der im Jahre 1612 angelegte Jardin du Luxembourg im quartier Latin, der zum Palais du Luxembourg gehört. Der Garten umfasst streng geometrisch angelegte Partien, aber auch freier gestaltete Zonen. Im Jardin du Luxembourg befindet sich außerdem eine zwei Meter hohe Kopie der New Yorker Freiheitsstatue. An den Gittern des Parks sind regelmäßig Foto-Ausstellungen zu sehen.

Der Stadtwald Bois de Boulogne an der westlichen Stadtgrenze bei Boulogne-Billancourt gelegen, ist mit einer Fläche von rund 8,5 Quadratkilometern das größte innerstädtische Erholungsgebiet. Dort befand sich von jeher eine große Waldfläche, der Bois de Rouvray. Bereits der Frankenkönig Dagobert I. kam im 7. Jahrhundert hierher, um zu jagen. 1848 übernahm der Staat den Wald und übertrug ihn 1852 der Stadt Paris. Im Zuge der Umgestaltung von Paris unter Napoleon III. durch Haussmann wurde der Wald unter der Leitung des Gartenarchitekten Jakob Ignaz Hittorff zu einem bewaldeten Park umgebaut. Es entstanden Wege und künstliche Wasserflächen. Fehlplanungen bewirkten, dass die künstlichen Seen nicht gefüllt werden konnten. Einige der Seen lagen am Hang. Hittorff wurde von Haussmann entlassen und durch den Ingenieur Jean-Charles Alphand und den Landschaftsgärtner Jean-Pierre Barillet-Deschamps ersetzt. Die beiden lösten das Wasserproblem durch die Schaffung künstlicher Wasserfälle (Kaskaden).

Der Bois de Vincennes ist der zweite, im Stil englischer Landschaftsgärten angelegte Pariser Stadtwald. Er war von jeher königliches Jagdrevier und beherbergte in früheren Zeiten ein Jagdschloss, das später durch eine Festung ersetzt wurde, die wir heute als Schloss Vincennes kennen. 1860 überließ Napoleon III. den Wald der Stadt Paris mit dem Auftrag, ihn ähnlich wie den Bois de Boulogne neu zu gestalten. Der Landschaftsarchitekt Jean-Charles Alphand ließ das Gelände aufforsten und mit künstlichen Hügeln und drei Seen versehen. Für die Olympischen Sommerspiele von 1900 wurden Sportanlagen gebaut und die Wege für diesen Zweck ausgebaut.

Der 1986 von dem Architekten Bernard Tschumi entworfene neue Stadtpark Parc de la Villette zählt mit 25 Hektar zu den größten Pariser Grünflächen. Er entstand auf dem Gelände des 1974 geschlossenen Schlachthofes von La Villette und wird von dem Canal de l’Ourcq durchquert. Bereits 1984 wurde das Zénith eröffnet, an dessen Gestaltung sich die später errichteten Gebäude orientierten. Sämtliche Elemente des Parks sind in futuristischem Stil gebaut. Der Park beherbergt, neben anderem, die Cité des sciences et de l’industrie (ein Technikmuseum, ähnlich dem schweizerischen Technorama), das kugelförmige IMAX-Kino Géode, die Cité de la musique, das Zénith und das Unterseeboot l’Argonaute.

Friedhöfe

Zu den Grünanlagen zählen in Paris auch die Friedhöfe. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden außerhalb der damaligen Grenzen der Hauptstadt drei und in Paris ein neuer Friedhof angelegt: der Cimetière de Montmartre im Norden, der Cimetière du Père Lachaise im Osten, der Cimetière du Montparnasse im Süden sowie der Cimetière de Passy. Diese Friedhöfe sind aufgrund ihrer Stille und der Gräber vieler berühmter Persönlichkeiten beliebtes Ziel der Spaziergänger und Touristen.

 
Grabsteine im Friedhof Père Lachaise

Der Père Lachaise ist der größte Friedhof von Paris und einer der berühmtesten Friedhöfe der Welt. Er ist nach François d’Aix de Lachaise benannt, auf dessen Gärten der Friedhof errichtet wurde. Das Konzept des Père Lachaise wurde 1808 dem neoklassischen Architekten Alexandre-Théodore Brongniart anvertraut, der zu dieser Zeit Generaloberinspekteur der zweiten Sektion für Öffentliche Arbeiten im Département Seine und der Stadt Paris war. Brongniart entwarf die großen Achsen sowie Grabmonumente, von denen aber nur das für die Familie Greffulhe im neogotischen Stil verwirklicht wurde.

Durch das starke Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert wurde der Platz auf den Friedhöfen in Paris (intra muros) knapp und es wurden mehrere Großfriedhöfe für die Pariser Bevölkerung in den Vorstädten (extra muros) angelegt, welche auch heute noch in Benutzung sind. Die wichtigsten von ihnen sind: Cimetière parisien de Bagneux, Cimetière parisien de Pantin, Cimetière parisien de Saint-Ouen, Cimetière parisien de Thiais und Cimetière parisien d'Ivry. Der größte Friedhof ist der Cimetière parisien de Pantin, der über 200.000 Gräber beherbergt, in denen bis heute weit über eine Million Menschen beigesetzt wurden.

Film

Paris kann auf eine lange und erfolgreiche Filmgeschichte zurückblicken. Pariser Unternehmer und Gesellschaften wie die Gebrüder Lumière, Pathé Frères oder Gaumont waren es, die den Film hinaus in die Welt trugen. So erfanden die Gebrüder Lumière im Jahre 1895 den Cinématographen, ein Gerät das sowohl Filme aufnehmen als auch abspielen konnte. Sie führten ihn am 22. März jenes Jahres erstmals vor. Die Aufführung in der Pariser Société d’encouragement pour l’industrie nationale gilt als eine der ersten Filmvorführungen der Welt. In der Folge bereisten die Lumières die größten Städte Europas, um ihre Erfindung zu verbreiten – mit Erfolg. In den folgenden Jahren machte sich rasch Konkurrenz in Paris breit. Die Pathé Frères stiegen bald zu einem der größten Filmproduzenten Europas auf und exportierten ihre Stummfilme weltweit. In den großen Städten Europas wurden Außenstellen und Kinos gegründet.

Aber auch Paris selbst war in vielen Filmen Drehort und Filmkulisse. Abgesehen von den zahlreichen Aufnahmen der Stummfilmzeit, oft dokumentarischer Natur, war die Stadt sowohl in inländischen, aber auch in ausländischen Spielfilmproduktionen zu sehen.

Sport

 
Rugby im Stade de France

Sportveranstaltungen

Paris ist regelmäßiger Austragungsort bedeutender Großveranstaltungen. Hierzu zählen unter anderem die Zieletappe der Tour de France im Straßenradsport, der Marathon de Paris, das Grand-Slam-Turnier French Open (offiziell Tournoi de Roland Garros) im Tennis, das Meeting Areva (vormals Meeting Gaz de France) in der Leichtathletik, die Trophée Eric Bompard (früher Trophée Lalique) im Eiskunstlauf und das Sechs-Nationen-Turnier (frz. Tournoi des Six Nations) im Rugby.

Im Pferdesport ist der Prix de l’Arc de Triomphe, ein Galopprennen über 2.400 Meter für über dreijährige Rennpferde, neben dem Epsom Derby und dem Kentucky Derby eines der prestigeträchtigsten internationalen Pferderennen seiner Kategorie. Das Rennen wird seit dem 3. Oktober 1920 alljährlich am ersten Sonntag im Oktober ausgetragen. Eingeführt wurde es während einer Feier zum Ende des Ersten Weltkrieges.

Paris war Gastgeber der Olympischen Sommerspiele von 1900 und 1924. Darüber hinaus bewarb sich Paris für die Olympischen Sommerspiele von 1956, 1992, 2008 und 2012. Am 13. September 2017 wurden auf der Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees in Lima die Olympischen Sommerspiele 2024 an Paris vergeben.

Sportstätten

Die Hauptstadtregion beherbergt zahlreiche Sportstätten von nationalem und internationalem Rang, darunter allein fünf moderne Stadien für durchschnittlich 42.000 Zuschauer.

Das Stade de France („Frankreich-Stadion“) liegt in Saint-Denis, einem Vorort nördlich von Paris. Das multifunktionelle und bis zu 80.000 Zuschauer fassende Nationalstadion von Frankreich wurde für die Fußball-Weltmeisterschaft 1998 erbaut und ging als Endspielort des ersten französischen Weltmeistertitels in die Geschichte ein. Sowohl die französische Fußball-Nationalmannschaft, als auch die französische Rugby-Nationalmannschaft tragen ihre Heimspiele im Stade de France aus, das zudem Austragungsort der jährlichen Finalpartien der Rugbyliga Top 14 ist.

Das Prinzenparkstadion (franz. Parc des Princes) ist eine traditionelle Wettkampfstätte im Pariser Stadtkern, die überwiegend vom Fußballverein Paris Saint-Germain genutzt wird und für rund 49.000 Zuschauer konzipiert wurde. Es war das Endspielstadion der ersten Fußball-Europameisterschaft 1960 und der ersten Austragung des Europapokals der Landesmeister 1956. Seit dem Bau des neuen Nationalstadions hat der Prinzenparkstadion an Bedeutung verloren, gehört aber weiterhin zu den modernsten Stadien Europas. Die UEFA (frz. Union des Associations Européennes de Football) verlieh der Sportstätte vier Sterne.

Unmittelbar neben dem Prinzenparkstadion wurde 2013 das moderne Jean-Bouin-Stadion (frz. Stade Jean-Bouin) errichtet. Es bietet mehr als 20.000 Zuschauern Platz und dient dem renommierten Rugbyverein Stade Français Paris als Heimspielstätte. Darüber hinaus war es das Endspielstadion der Rugby-Weltmeisterschaft der Frauen 2014. In Nanterre, einem Vorort westlich von Paris, steht seit 2017 zudem die teilweise überdachte U Arena. Das unmittelbar hinter dem Grande Arche erbaute Multifunktionsgebäude nimmt rund 40.000 Zuschauer auf und dient vor allem dem traditionsreichen Rugbyverein Racing 92 als Heimspielstätte. Beide Bauwerke sind regelmäßig Austragungsorte verschiedener anderer Mannschaftssportarten.

Weitere nennenswerte Einrichtungen sind das 20.000 Zuschauer aufnehmende Sébastien-Charléty-Stadion (frz. Stade Sébastien Charléty) im Pariser Stadtkern oder das Pariser Olympiastadion (frz. Stade Olympique Yves-du-Manoir) in Colombes, einem Vorort nordwestlich von Paris, für etwa 10.000 Zuschauer. Es war unter anderem Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 1924. Beide Stadien sind insbesondere Austragungsorte von Leichtathletikveranstaltungen und Partien kleinerer Fußball- oder Rugbyvereine.

Die Longchamp-Pferderennbahn (frz. Hippodrome de Longchamp) ist die wichtigste Pferderennsportanlage in Paris. Das heutige Hippodrom wurde 1857 auf den Mauern der bei der Französischen Revolution zerstörten Abtei Longchamp errichtet. Neben Pferderennen wie dem Prix de l’Arc de Triomphe finden hier auch Springturniere und andere Sportveranstaltungen statt.

Siehe auch: Fußball in Paris

Regelmäßige Veranstaltungen

 
Soldaten bei der Militärparade am 14. Juli auf den Champs-Élysées

Im Januar findet in Paris die Internationale Modenschau Prêt-à-porter in Porte de Versailles und das Festival Présences (Festival zeitgenössischer Musik) mit zahlreichen Gratiskonzerten in der Maison de Radio France statt.

Der Februar, Monat des Valentinstages, steht Dank einer Initiative des Pariser Fremdenverkehrsamtes, an der sich geschulte Fremdenführer, Museen wie das Musée de la Vie Romantique (9. Arrondissement) sowie das Hôtel Scheffer-Renan und Gaststättengewerbe beteiligen, unter dem Motto „Paris Romantique“.

Im März startet im Parc floral de Paris beim Schloss Vincennes der Pariser Halbmarathon. Auch die Pariser Buchmesse ist im März. In Saint-Denis im Norden von Paris wird das Blues- und Jazzfestival Banlieues Bleues veranstaltet und im Juli das Festival Paris Cinéma.

 
Der jährliche Parismarathon führt auch die Seine entlang

Im April gehen über 30.000 Teilnehmer des Marathon de Paris auf der Avenue des Champs-Élysées an den Start. Gegen Ende April und Anfang Mai bietet Paris ein Schauspiel ganz besonderer Art: die von Ella Fitzgerald in dem Lied „April in Paris“ besungene Kastanienblüte.

Im Mai wird das renommierteste Pferderennen in Frankreich, das Grand Steeple-Chase de Paris im Hippodrome d’Auteuil und Ende Mai/Anfang Juni die French Open, das zweite Tennisturnier der Grand-Slam-Serie, im Roland-Garros-Stadion, ausgetragen. Von Anfang Mai bis in den Monat Juli werden seit einhundert Jahren alljährlich anlässlich eines Rosenzüchterwettbewerbes im Parc de Bagatelle die erlesensten Kreationen prämiert.

Am Sommeranfang, dem 21. Juni, wird die Fête de la Musique veranstaltet, die von Jack Lang initiiert wurde und nun in ganz Frankreich gefeiert wird: es gibt überall kostenlose Konzerte bekannter und weniger bekannter Bands. Ende Juni findet die Gay Pride Parade auf dem Place de la République und der Bastille sowie weiteren Veranstaltungsorten statt.

Die Festivitäten am 14. Juli, dem Nationalfeiertag, finden mit der Militärparade, die auf der Avenue des Champs-Élysées vom Arc de Triomphe beginnt und am Place de la Concorde endet, ihren Höhepunkt.

Während der französischen Sommerferien, in der ein großer Teil der Pariser Bevölkerung die Stadt verlässt, um in die Ferien zu fahren, findet seit dem Jahr 2002 die Veranstaltung Paris-Plage (deutsch: Strand in Paris) vom Quai du Louvre bis zur Pont de Sully, am Port de la Gare und am Bassin de la Villette statt. Damit soll den Daheimgebliebenen auf einigen Kilometern des für den Verkehr gesperrten Seineufers ein Stück Strandleben geboten werden. Diese Veranstaltung dauert meistens vier bis fünf Wochen von Mitte Juli bis Mitte August.

 
Riesenrad auf der Place de la Concorde

Im September öffnen an einem Wochenende zu den sogenannten Journées du Patrimoine (Tage des Kulturerbes) sonst schwer zugängliche Pariser Paläste und Hôtels particuliers/private Stadtpaläste ihre Tore. Eine einmalige Gelegenheit, den Residenzen hoher Würdenträger einen Besuch abzustatten, wie beispielsweise dem Élysée-Palast oder dem Hôtel Matignon. In diesem Monat veranstaltet die Stadt Paris im Rahmen der Fête des Jardins de Paris in den Pariser Parks und Gärten kostenlose Konzerte, Ausstellungen so wie Theater- und Kinovorführungen. Die Theatersaison wird mit dem Festival d’Automne à Paris (Herbstfestival) eröffnet.

Im Oktober finden im ersten Herbstmonat auf dem Weinberg des Montmartrehügel zum Auftakt der Weinlese eine farbenfrohe Parade, zahlreiche Partys und Weinproben statt. Es gibt an einem Wochenende seit 2002 die Nuit Blanche („Lange Nacht der Kunst“) und alle zwei Jahre findet der Mondial de l’Automobile statt.

Anfang November empfiehlt sich der Besuch auf einem der nach Allerheiligen blumenüberladenen Friedhöfe.

Im Dezember wird im noblen Hôtel de Crillon der elegante Debütantinnenball Le Bal des débutantes (auch Crillon Ball genannt) veranstaltet. Allerdings werden hier nur Eingeweihte der High Society zugelassen. Wer sich keinen Zutritt zu verschaffen weiß, mag das einmalige Schauspiel der fabelhaft beleuchteten Champs-Élysées bewundern. Dort trägt von Mitte Dezember bis Mitte Januar jeder Baum eine Krone aus Lichterketten.

Das ganze Jahr hindurch steigt, vorbehaltlich günstigen Wetters, alle 15 Minuten der Eutelsat-Fesselballon vom Parc André-Citroën auf. Aus 150 Metern Höhe bietet seine Gondel jeweils 30 Passagieren einen umfassenden Rundblick über den Westen der Stadt.

Gastronomie

 
Restaurant „Lapérouse“ im 6. Arrondissement
 
Ein marokkanisches Restaurant im 14. Arrondissement

Die zeitlich ersten Restaurants weltweit im heutigen Sinn entstanden mit der Französischen Revolution in Paris, in der auch das alte Zunftrecht aufgehoben wurde, nach dem beispielsweise Suppenküchen und Pastetenbäcker streng getrennt waren. Namensgeber des Restaurants war der Wirt einer Suppenküche in Paris, Boulanger, der laut Eigenwerbung „göttliche Restaurants“, besonders stärkende bouillons, anbot. 1765 erstritt er sich die Genehmigung, trotz der Zunftregeln neben Suppen auch Hammelfüße mit Sauce zu servieren. Von da an nannte er sich „Restaurateur“ und seine bouillon wurde zum Namensgeber der Restaurants, die verschiedene Speisen anboten.

Almanach Dauphin des Jahres 1777; nach Fritz Ruf, 1989

Vor der Revolution gab es in Paris noch weniger als hundert Restaurants, aber schon um 1800 waren es etwa 500 bis 600. Es wurde Sitte, dass sich zugezogene Abgeordnete, die oft wenig repräsentativ wohnten, und wohlhabend gewordene Bürger zu geschäftlichen Besprechungen und privaten Verabredungen im Restaurant trafen. Die Pariser Restaurants wurden mehrheitlich von Köchen und deren Brigaden betrieben, denen nach der Flucht ihrer adligen Arbeitgeber ins Ausland nichts anderes übrig blieb, als sich selbständig zu machen. Dabei brachten sie einen aufwändigen Kochstil mit, der Bürgerlichen bis dahin nicht zugänglich war. So verband sich die Haute Cuisine im Restaurant mit den informellen, die adlige Etikette geringschätzenden, bürgerlichen Umgangsformen. Heute gibt es in Paris Tausende von Restaurants, die dem Gast Speisen der französischen Küche wie auch internationale Gerichte anbieten.

Einkaufen

Paris beherbergt eine Vielzahl an Kaufhäusern, Einkaufszentren und Märkten. Eines der bekanntesten Kaufhäuser sind die Galeries Lafayette. Die große Zentralhalle mit ihrer Glaskuppel ist ein Baumonument und Denkmal. Alle bekannten Hersteller von Mode, Parfüm und Eau de Toilette wie unter anderem Ungaro, Thierry Mugler, Jean Paul Gaultier und Fiorucci sind hier vertreten. Nur wenige Meter vom Galeries Lafayette entfernt befindet sich das Kaufhaus Printemps, deren zentrale Halle ebenfalls mit einer Glaskuppel geschmückt ist. Beide Kaufhäuser bieten Ihren Kunden eine einzigartige Auswahl und Vielfalt an Produkten. Auf der Rive Gauche ist auch das Luxuskaufhaus Le Bon Marché zu finden, das neben Mode in seiner „Grande Épicerie de Paris“ auch mit Leckereien aus aller Welt lockt.

 
Große Halle in den Galeries Lafayette

In der Nähe der Opéra Bastille liegt der Flohmarkt Marché d’Aligre. Das Angebot reicht von Kleidung, Obst, Keramik und Bildern bis zu Lebensmitteln und Blumen. Der Markt ist morgens, täglich außer montags geöffnet. Überwiegend Kleidung aus allen Bereichen, aber auch moderne Kunstgegenstände hat der Puces de la Porte de Montreuil nahe der Metrostation Porte de Montreuil im Angebot. Kleidung und Haushaltswaren kann man auf dem Marché aux puces de la Porte de Vanves nahe der Metrostation Porte de Vanves erwerben. Der Puces de Saint-Ouen-Clignancourt besteht aus einer Anzahl mehrerer Märkte, die miteinander verbunden sind. Einige der dortigen Händler haben sich auf hochwertige Kunstgegenstände spezialisiert, aber es werden vor allem preiswerte Artikel angeboten.

Das Le Louvre des antiquaires nahe dem Palais Royal und dem Louvre gehört zu den größten und bekanntesten Antiquitätengeschäften in Paris. In rund 250 Räumen und auf drei Etagen werden zahlreiche Waren aus der ganzen Welt angeboten. Neben Möbeln, Gemälden und Teppichen kann man Kristall, Waffen, Spielzeug, Uhren und Schmuck käuflich erwerben. Antiquarische und gebrauchte Bücher werden an den vielen Buchhändlerständen (bouquinistes) an der Seine verkauft.

Paris beherbergt zahlreiche Mode-Boutiquen, die auch Prêt-à-porter bekannter Modehäuser verkaufen. Haute couture kann man bei Chanel in der Rue Cambon, bei Dior in der Avenue Montaigne und bei Christian Lacroix in der Rue du Faubourg Saint-Honoré sowie in der Avenue Montaigne erwerben. Laufstegmoden bekommt man bei Gianni Versace in der Rue des Saints-Pères, bei Jean Paul Gaultier in der Nähe der Metrostation Bourse und bei Cerruti 1881 nahe der Metrostation Madeleine. Elegante Kleidung einkaufen kann man auch in Saint-Germain, im Le Marais oder in der Galerie Vivienne (nahe Les Halles).

Sehenswürdigkeiten in der Umgebung

 
Das Schloss Fontainebleau südöstlich von Paris
 
Das Schloss Versailles westlich von Paris

In La Défense, einem seit Ende der 1950er Jahre in den westlichen Vororten Courbevoie, Nanterre und Puteaux entstandenen Büro- und Geschäftsviertel, in dem Wolkenkratzer dominieren, befindet sich als westliche Fortführung der berühmten Pariser Achse die sogenannte Grande Arche. Der 110 Meter hohe Kubus ist ein Entwurf des Architekten Johan Otto von Spreckelsen, der von Paul Andreu ausgeführt wurde. Er bildet den westlichen Ausgangspunkt der axe historique, die zusammen mit dem Arc de Triomphe und dem Arc de Triomphe du Carrousel beim Louvre eine Gerade bildet. Die Einweihung erfolgte mit dem Gipfeltreffen der Staatschefs der G7 am 14. Juli 1989 zur 200-Jahr-Feier der Französischen Revolution. Das Gebäude dient dem französischen Handels- und Verkehrsministerium als Sitz.

Das Schloss Fontainebleau in dem gleichnamigen Ort 65 Kilometer südlich von Paris wurde im 16. Jahrhundert unter Franz I. und Heinrich II. an der Stelle eines Jagdschlosses gebaut. Der Architekt war Philibert de l’Orme (1510–1570). Es ist vor allem für seine Renaissanceausstattung berühmt.

Das Schloss Versailles, welches zu den größten Schlossanlagen Europas zählt, liegt in der westlich von Paris gelegenen Stadt Versailles und war Vorbild vieler europäischer Königs- und Fürstenschlösser. Für die Vergrößerung des Jagdschlosses Ludwigs XIII. zog Ludwig XIV. im Jahre 1661 den Architekten Le Vau, den Hofmaler Le Brun und den Gartenarchitekten Le Nôtre heran. Den mittleren Flügel der insgesamt 750 m langen barock-klassizistischen Gartenfront nehmen die vielbewunderte Spiegelgalerie „Galerie des Glaces“ sowie die Ecksalons des Krieges und des Friedens ein. An diese schließen sich im Norden das Staatsgemach des Königs, im Süden das Gemach der Königin an. Beachtung verdienen weiter das zweite Schlafzimmer des Königs im Mittelpunkt des Schlosses, die Kapelle, die Oper, und die erst im 19. Jahrhundert ausgestattete Schlachtengalerie.

Die Basilika Saint-Denis ist eine ehemalige Abteikirche in der Stadt Saint-Denis nördlich von Paris und die Grabstätte der französischen Monarchen, welche seit dem Ende des 10. Jahrhunderts nahezu alle hier begraben liegen. Schon im 5. Jahrhundert stand hier über dem Grab des Dionysius von Paris ein Kloster, das im 7. Jahrhundert unter Dagobert I. zur Abtei erweitert wurde. In dem ab 1136 erneuerten Chor wurde 1142 das Kreuzrippengewölbe erfunden. Damit wurde die Basilika das erste gotische Gebäude der Welt. Die Kirche hat seit 1966 den Status einer Kathedrale.

Das Disneyland Resort Paris in der Planstadt Marne-la-Vallée, etwa 30 Kilometer östlich von Paris, ist ein 19,43 Quadratkilometer großer Freizeitkomplex mit zwei Themenparks – dem Disneyland Park und dem Walt Disney Studios Park – einem Golfplatz, Vergnügungs- und Einkaufszonen, zehn Hotels und einem Stellplatz für Wohnmobile.

Wirtschaft und Infrastruktur

Laut einer Studie aus dem Jahr 2014 erwirtschafte der Großraum Paris ein Bruttoinlandsprodukt von 715 Milliarden US-Dollar (KKB). In der Rangliste der wirtschaftsstärksten Metropolregionen weltweit belegte er damit den 6. Platz.[27]

In einer Rangliste der Städte nach ihrer Lebensqualität belegte Paris im Jahre 2018 den 39. Platz unter 231 untersuchten Städten weltweit.[28]

Wirtschaft

 
Blick vom Triumphbogen auf La Défense

Paris ist das bedeutendste Wirtschaftszentrum Frankreichs. In der Metropolregion Paris hat sich etwa ein Viertel der Produktionsbetriebe des Landes niedergelassen. Durch den riesigen Absatzmarkt, den die Stadt bietet, übt sie von jeher große Anziehungskraft auf Hersteller von Konsumgütern aus. Paris ist bekannt für die Produktion von Luxusgütern (Haute couture und Schmuck). Zu den wichtigsten Erzeugnissen der Stadt zählen chemische Produkte, Elektrogeräte, Kraftfahrzeuge und Maschinen.

 
Blick von der Austerlitz-Brücke auf Paris

Fast alle großen Dienstleistungsunternehmen Frankreichs, insbesondere Banken und Firmen des Finanzwesens, haben ihren Sitz in Paris. Seit den 1990er Jahren werden vermehrt Anstrengungen unternommen, multinationale Konzerne anzusiedeln. Die Stadt ist heute eine der wichtigsten Handelsmetropolen in Europa.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist die Lage der Stadt inmitten einer der fruchtbarsten Agrarlandschaften in Europa. Die Landwirtschaft war deshalb schon in den früheren Jahrhunderten die bedeutendste Wirtschaftsgrundlage der Region und sicherte die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung in der Stadt. Heute hat Paris den bedeutendsten Großmarkt der Welt für Lebensmittel, den Großmarkt Rungis.

Die Hauptstadtregion hat dank der starken Konzentration nationaler und internationaler Unternehmen einen Anteil von etwa einem Drittel am Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes. Sie gehört zu den wohlhabendsten Regionen Europas. Ein Problem ist die Arbeitslosigkeit, die in etwa dem nationalen Durchschnitt entspricht. Seit Anfang der 1990er Jahre verlor Paris rund eine viertel Million Arbeitsplätze. Ein Grund ist der Abbau von Arbeitsplätzen in der Industrie und die Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten in benachbarte Gemeinden wie das Geschäftszentrum La Défense.

 
Hauptsitz der Tageszeitung „Le Figaro

Die meisten französischen Fernseh- und Radiosender sowie die größten Medienkonzerne des Landes („Vivendi“, „Groupe Lagardère“, „TF1“) haben ihren Sitz in Paris. Die Stadt ist Erscheinungsort international bedeutender Tageszeitungen („Le Figaro“, „Le Monde“, „Libération“) und bedeutendstes internationales Zentrum des Verlagswesens.

Der Tourismus spielt eine besondere Rolle. Die Region Paris ist mit 42 Millionen Besuchern im Jahr das zahlenmäßig bedeutendste Ziel weltweit,[29] davon besuchen 35 Millionen die Stadt Paris.[30] Luxushotels berechneten 2011 durchschnittlich etwa den dreifachen Preis, der in Berlin gezahlt wird.[31] Ausländische Touristen brachten 2016 Einnahmen in Höhe von 12,9 Milliarden US-Dollar.[32]

In einer Rangliste der wichtigsten Finanzzentren weltweit belegte Paris den 24. Platz (Stand: 2018).[33]

Verkehr

Fernverkehr

 
Straßenverkehr auf dem Boulevard du Montparnasse

Paris ist über ein Netz von Autobahnen und Schnellstraßen mit dem ganzen Land verbunden. Eine bedeutende Rolle spielt dabei der Boulevard périphérique (Le Périph’). Diese achtspurige Stadtautobahn leitet den Verkehr rund um Paris und in die Stadt hinein. Fast alle wichtigen französischen Autobahnen führen auf Paris zu und münden aus allen Richtungen in den Boulevard Périphérique: Die A 1 aus Lille, die A 4 aus Reims, die A 5 aus Dijon, die A 6 aus Lyon, die A 77 aus Nevers, die A 10 aus Orléans, die A 13 aus Rouen und die A 16 aus Amiens.

Paris besitzt den zweitgrößten Binnenhafen in Europa und ist Knotenpunkt des Eisenbahn- und Straßenverkehrsnetzes in Frankreich. Am Stadtrand befinden sich vier internationale Flughäfen. 69,5 Millionen Passagiere sind im Jahre 2017 auf dem Roissy-Charles de Gaulle abgefertigt worden – dies war die zweithöchste Zahl aller Flughäfen in Europa. Mit 32,0 Millionen Passagieren nimmt Orly den dreizehnten Platz ein. Der dritte Flughafen Paris-Beauvais befindet sich außerhalb des eigentlichen Großraums und wird überwiegend von Billigfluggesellschaften angeflogen. Der vierte Flughafen Paris-Le Bourget wird nur für den Geschäftsflugverkehr genutzt. Er ist der größte seiner Art in Europa. Insgesamt fertigten die vier Pariser Flughäfen im Jahr 2017 etwa 106 Millionen Passagiere ab. Damit zählt Paris neben London und New York zu den großen Luftdrehkreuzen weltweit. Darüber hinaus befindet sich in einiger Entfernung zu Paris der Flughafen Paris-Vatry, der hauptsächlich von Billigfluggesellschaften angeflogen wird.

 
Der internationale Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle

Die bedeutenden Eisenbahnstrecken in Frankreich beginnen in Paris. In Richtung Lille im Norden, Rennes und Bordeaux im Westen, Lyon und Marseille im Süden sowie Straßburg im Osten gibt es Hochgeschwindigkeitsstrecken, die vom TGV bedient werden. Außerdem gelten die Strecken des Eurostar nach London und des Thalys nach Köln und Amsterdam über Brüssel als bedeutende europäische Verbindungen. ICE und TGV verkehren seit 2007 über Saarbrücken nach Frankfurt am Main sowie nach Stuttgart und München.

Die wichtigsten Personenbahnhöfe sind Gare d’Austerlitz, Gare de l’Est, Gare de Lyon, Gare Montparnasse, Gare du Nord und Gare Saint-Lazare. Dem Eisenbahngüterverkehr dienen unter anderem die Rangierbahnhöfe Le Bourget im gleichnamigen politisch selbständigen Vorort und Vaires, die durch die Große Ringbahn (Grande Ceinture) mit den von beziehungsweise nach Paris führenden Eisenbahnstrecken verbunden sind.

Die Stadt wird von den Pariser Kanälen durchzogen.

Nahverkehr

 
Eingang zur Pariser Metro

Der Verkehr in Paris wird überwiegend über die U-Bahn abgewickelt. Die Métro Paris ist nach London (1863), Glasgow und Budapest (beide 1896) die viertälteste U-Bahn Europas. Die erste Métrolinie wurde am 19. Juli 1900 eröffnet. Das Pariser U-Bahn-Netz besteht aus 16 Linien (14 vollwertige und zwei Ergänzungslinien) und ist mit 219,9 Kilometern Gesamtlänge eines der größten Netze der Welt. Die Métro wird täglich von rund 5 Millionen Menschen genutzt. Ergänzend zum Métro-Netz gibt es das Réseau Express Régional (RER), dessen Züge Paris mit den Vororten (Banlieues) verbinden. Zum RER-Netz gehören die Linien A bis E, die auf den zentralen Streckenabschnitten Zugfolgen von bis zu zwei Minuten erreichen. Das jetzige RER hat seine Ursprünge in den von der staatlichen französischen Eisenbahngesellschaft SNCF oder ihren Vorgängern stillgelegten Vorortbahnen, von denen eine Linie (der heutige südliche Abschnitt des RER B) schon 1937 von der Pariser Métro übernommen wurde.

Der Großraum Paris wird mit dem Nahverkehrssystem Transilien bedient. Dieses unterscheidet sich von den RER-Zügen darin, dass die Transilien-Linien nicht die Stadt unterqueren, sondern in den großen Zentralbahnhöfen enden. Das gesamte Nahverkehrsnetz erschließt sich dem Touristen durch das Ticket Paris Visite oder die günstigeren Tageskarten Mobilis.

Am 21. November 1853 fuhren in Paris die ersten Pferdestraßenbahnen, es waren die ersten in Europa. Mit der Elektrifizierung des Straßenbahnnetzes begann man am 6. November 1881. Der Betrieb wurde am 14. August 1938 eingestellt. Nach 54 Jahren Unterbrechung verkehrt seit dem 6. Juli 1992 wieder eine Straßenbahn durch die Vororte, seit dem 16. Dezember 2006 verkehrt mit der neu gebauten Linie T3 die Straßenbahn auch wieder in Paris selbst. In den letzten Jahren wurden mehrere Neubaustrecken eröffnet und bestehende Strecken erweitert. Heute (Dezember 2014) befahren die insgesamt neun Linien ein 105 Kilometer langes Streckennetz mit 183 Stationen. Die neue Linie T3 führt entlang der Boulevards des Maréchaux in zwei Abschnitten von der Seine-Brücke Pont du Garigliano im Südwesten bis zur Porte de Vincennes im Osten von Paris und von dort zur Porte de la Chapelle im Norden der Stadt. Die seit der Verlängerung im Dezember 2012 gut 22 Kilometer lange Strecke ist überwiegend als Rasengleis ausgeführt und für 270.000 Fahrgäste pro Tag ausgelegt. Zugleich mit dem Streckenbau wurden die Straßen entlang der Strecke architektonisch neu gestaltet, eine Auflage der Pariser Behörden. Dazu gehören auch zahlreiche neu gepflanzte Bäume, Freiluftkunstwerke und neu gestaltete Fahrrad- und Fußwege. Paris ist auch von einem dichten Netz aus Buslinien durchzogen. Die Busse mit den dreistelligen Nummern fahren in die Vororte, die Busse mit zweistelligen Nummern verkehren nur innerhalb der Stadt. Die meisten Omnibusse fahren zwischen 6:30 Uhr und 20:30 Uhr, die wichtigsten Linien länger bis etwa 1 Uhr nachts. Die Nachtbusse Noctilien verkehren täglich die ganze Nacht.

 
Fahrradvermietsystem Vélib’ Métropole in Paris

Seit Sommer 2007 gibt es zudem ein flächendeckendes Netz von Fahrradmietstationen mit Vélib’ Métropole. Das System umfasst über 20.000 Fahrräder an 1202 Stationen in Paris und einigen Gemeinden im Umland der französischen Hauptstadt und gilt als das größte seiner Art weltweit.[34] Mit der Einführung von Vélib spielt Radverkehr erstmals eine signifikante Rolle im Pariser Stadtverkehr.

Trolleybusse fuhren zum ersten Mal während der Weltausstellung in Paris zwischen dem 15. April 1900 und dem 12. November 1900, ein weiteres Mal zwischen 1912 und 1914 sowie nach einer Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg vom 7. April 1925 bis 8. Juli 1935. Nach einer siebeneinhalbjährigen Pause wurde der Betrieb noch während des Zweiten Weltkrieges am 18. Januar 1943 wieder aufgenommen und am 1. April 1966 endgültig eingestellt.

Luftqualität

 
Radler und Radlerinnen auf der Rue du Temple am 27. September 2015, einem autofreien Tag

Paris kämpft mit hoher Luftverschmutzung, die neben der Industrie und Haushalten vom Verkehr stammt. Die durchschnittliche Feinstaub-Konzentration an PM10 ist 38 µg/m³.[35] Der Grenzwert von 80 µg/m³ wurde 2015 in manchen Stadtteilen häufig überschritten.[36] Die Stadtverwaltung erließ mehrere Maßnahmen, darunter sowohl zeitlich beschränkte als auch dauerhafte, um die Luftverschmutzung zu verringern und den Autoverkehr zu reduzieren: Bereits im Jahr 2013 wurde die südliche Seineuferstraße im Bereich der Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt und in eine Fußgängerzone verwandelt, im September 2016 folgte die nördlichen Uferstraße.[37] Im Oktober 2015 ordnete Hidalgo einen autofreien Tag für einen kleinen Teil der Innenstadt an.[38] Seit Mai 2016 werden die Champs-Elysées am jeweils ersten Sonntag des Monats für den Automobilverkehr gesperrt.[39] Am Wochenende nach dem weltweiten autofreien Tag, dem 22. September, 2016 wurden über 640 Kilometer für motorisierten Verkehr gesperrt.[40]

Anfang Dezember 2016 bewegten wochenlange hohe PM10-Werte über 80 µg/m³, die zu Einschränkungen in der Nutzung von Privat-PKWs in Paris und Nachbargemeinden führten: über mehrere Tage wurde u. a. wechselweise das Fahren von Autos mit geraden bzw. ungeraden Kennzeichen-Zahlen verboten und die kostenfreie Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eingeführt.[41] Seit Sonntag, 15. Januar 2017 wurde eine Umweltzone in der Innenstadt, die Zone à circulation restreinte, eingerichtet, die auch für Fahrzeuge aus dem Ausland gilt. Ausgenommen ist die Stadtautobahn Boulevard périphérique. Die erforderliche Plakette ist nach Schadstoffklassen gestaffelt und erlaubt differenziertere Fahrverbote je nach Belastung.[42] Bürgermeisterin Anne Hidalgo will die Zahl der Autos langfristig halbieren[43] und damit vor allem die Luftqualität bezüglich Stickstoffdioxid und der Feinstaubwerte verbessern.[44]

Wissenschaft und Bildung

 
Eingang zur juristischen Fakultät der Sorbonne

Die Gegensätze zwischen Paris und dem Rest des Landes werden besonders im Bereich Bildung deutlich. Denn die angesehensten Bildungsstätten Frankreichs befinden sich in Paris.

Die besten Grandes écoles Frankreichs haben ihren Sitz in Paris, darunter die École polytechnique (eröffnet 1794), École des hautes études commerciales de Paris (HEC), Sciences Po Paris und die École normale supérieure (ENS). Die Eliteverwaltungsschule École nationale d’administration (ENA) ist jedoch nach Straßburg ausgelagert worden. Édith Cresson setzte als Premierministerin 1992 gegen erhebliche Widerstände die Verlegung durch. Über zehn Jahre hinweg lief der Betrieb der ENA zugleich in Paris und in Straßburg ab, bevor 2005 der Umzug der gesamten Schule dorthin abgeschlossen wurde, das ehemalige ENA-Gebäude in Paris wird nun von Sciences Po Paris genutzt.

Weitere höhere Bildungseinrichtungen sind das im Jahre 1530 eröffnete Collège de France, das Institut catholique (1875) und die École du Louvre (1882). Die 1257 gegründete Sorbonne ist die älteste Universität in Frankreich. Die Gründung als Theologenschule wird auf Robert von Sorbon (1201–1274), den Hofkaplan Ludwigs des Heiligen, zurückgeführt; die Bestätigungsbulle Clemens’ IV. datiert von 1268. Ursprünglich ein Alumnat für arme Studenten der Theologie, gelangte die Sorbonne (welchen Namen die Anstalt erst seit dem 14. Jahrhundert erhielt) durch berühmte Lehrer, welche an ihr wirkten, sowie durch reiche Ausstattung gegenüber anderen ähnlichen Kollegien zu immer größerem Ansehen. Im Jahre 1968 wurde die Universität von Paris durch eine umfassende Reform in 13 unabhängige Teile aufgegliedert. Fünf von ihnen liegen außerhalb der Stadt. (Siehe: Liste der Universitäten in Frankreich)

 
Das Ingenieurshaus der Universität Paris-Saclay

Die Académie française ist eine der ältesten Institutionen Frankreichs im Bereich des geistigen Lebens und zugleich die prestigereichste. Sie residiert seit 1801 im Collège des Quatre-Nations gegenüber dem Louvre; dort hat auch der auf Lebenszeit gewählte und wohlbeamtete Secrétaire perpétuel seine Dienstwohnung. Die Académie française ist hervorgegangen aus einem Pariser Literatenzirkel, der sich seit 1629 bei dem heute praktisch unbekannten Autor Valentin Conrart traf und 1634 durch den regierenden Minister Kardinal de Richelieu auf 34 Mitglieder aufgestockt und am 2. Januar 1635 durch Ludwig XIII. zu einer staatlichen Institution erhoben wurde. Die von Richelieu vorgesehenen Statuten und Regelungen wurden 1637 vom Obersten Pariser Gerichtshof, dem Parlement, registriert und damit rechtskräftig. Seit dem Jahre 1803 gehört die Akademie dem Institut de France an.

Von den zahlreichen Bibliotheken in Paris ist die Französische Nationalbibliothek (Bibliothèque nationale de France) die größte. Sie wurde 1368 von König Karl V. auf Basis seiner persönlichen Bibliothek im Louvre gegründet und umfasste zu Beginn 911 Manuskripte. Damals war es allerdings üblich, die Dokumente des Königs nach seinem Tod zu vernichten, so dass die eigentliche Bibliothekssammlung erst mit König Ludwig XI. aufgebaut wurde, der mit diesem Brauch brach. Am 14. Juli 1988 kündigte der französische Staatspräsident François Mitterrand den Neubau des Bibliotheksgebäudes an, der im Dezember 1990 begann. Die neue Bibliothek wurde nach Plänen des Architekten Dominique Perrault entworfen und am 20. Dezember 1996 der Öffentlichkeit übergeben. Die moderne Bibliothek enthält alle Publikationen, die in Frankreich verlegt werden, und umfasst mehr als zehn Millionen Bände.

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

Nach der Ernennung des Malers, Grafikers und Bildhauers Pablo Picasso zum Ehrenbürger der Stadt Paris im Jahr 1971 wurden bis zum Jahr 2003 keine derartigen Ehrungen mehr vorgenommen. Seither wurden zu Ehrenbürgern ernannt: der US-amerikanische Journalist und schwarze Politaktivist Mumia Abu-Jamal (2003), die französisch-kolumbianische Kämpferin gegen Korruption und kolumbianische Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt (2003), die birmanische Politikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi (2004), die nigerianische Rechtsanwältin und Bürgerrechtlerin Hauwa Ibrahim (2006). Darüber hinaus ernannte der Stadtrat im Jahr 2008 den chinesischen Bürgerrechtler Hu Jia, den Dalai Lama, die bangladeschische Frauenrechtlerin Taslima Nasrin und Gilad Shalit zu Ehrenbürgern, im Jahr 2010 die iranische Menschenrechtsaktivistin Schirin Ebadi, im Jahr 2011 den iranischen Filmregisseur Jafar Panahi und den brasilianischen Umweltschutzaktivisten Raoni Metuktire.[45]

Söhne und Töchter der Stadt

In Paris geborene Persönlichkeiten

Paris war Geburtsort zahlreicher bekannter Persönlichkeiten. Dazu gehören unter anderen der Komponist Georges Bizet, die Schriftstellerin, Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir, die Filmregisseure Claude Chabrol, Roman Polański und François Truffaut, der Pädagoge, Historiker und Sportfunktionär Pierre de Coubertin, der Chansonnier, Komponist und Schriftsteller Serge Gainsbourg, der Präfekt und Stadtplaner Georges-Eugène Haussmann, die Chemikerin und Nobelpreisträgerin Irène Joliot-Curie, die Malerin Adélaïde Labille-Guiard, der Maler Édouard Manet, die Schauspielerin Sophie Marceau, der Maler Claude Monet, die Chansonsängerin Édith Piaf, die Schriftstellerin George Sand sowie die Sängerin und Schauspielerin Caterina Valente.

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

Bekannte Einwohner von Paris

Zu den Persönlichkeiten, die in Paris gewirkt haben, gehören unter anderem die US-amerikanisch-französische Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin Josephine Baker, der Schriftsteller Honoré de Balzac, der polnische Komponist Frédéric Chopin, die Schauspielerin Marlene Dietrich, der Metallbauingenieur Gustave Eiffel, der deutsche Schriftsteller Heinrich Heine, der US-amerikanische Sänger und Lyriker Jim Morrison von der Rockgruppe The Doors, der deutschstämmige französische Komponist Jacques Offenbach und die irisch-englischen Literaten Oscar Wilde und James Joyce.

Seit den 1950ern war Paris ein Anziehungspunkt für afroamerikanische Jazzmusiker, die sich dort wesentlich freier bewegen konnten als in den damals noch von der Rassensegregation beherrschten Vereinigten Staaten: Sidney Bechet zog es nach Frankreich, weil es näher an Afrika liegt. Bei den Jazzfestivals 1948 in Nizza und Paris triumphierte der junge Miles Davis, der an der Seine Juliette Gréco kennen und lieben lernte. Paris beflügelte nicht nur ihn, sondern auch Bud Powell, Idrees Sulieman oder Benny Waters. Regisseure wie Louis Malle („Fahrstuhl zum Schafott“) und Roger Vadim experimentierten in den 1950ern mit spontan zur Leinwand improvisierten Jazz-Soundtracks. Ende der 1960er emigrierten Musiker wie Anthony Braxton, das Art Ensemble of Chicago oder Frank Wright an die Seine, wo heute (Stand 2007) noch David Murray mit Valérie Malot lebt.

Siehe auch

 Portal: Paris – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Paris

Literatur

 
Pariser Zentrum bei Nacht

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. [https://www.insee.fr/fr/statistiques/fichier/3353488/TEF2018.pdf INSEE: Tableaux de l’économie française 2018]. Abgerufen am 10. August 2018.
  2. INSEE: Les 60 premières aires urbaines en 2013. Abgerufen am 21. März 2016.
  3. INSEE: POP1B – Population par sexe et âge – Aire urbaine de Paris (001). Abgerufen am 22. November 2015.
  4. INSEE: Villes de France. Abgerufen am 4. Juni 2015.
  5. Dossier complet : Unité urbaine de Paris (00851). INSEE, 25. September 2018, abgerufen am 8. Oktober 2018 (französisch). 
  6. ForgSight.com Meistbesuchte Städte der Welt: London auf Platz eins, Angaben nach MasterCard Global Destination Cities Index; Artikel vom 15. Juni 2015, abgerufen am 13. August 2015
  7. Directmatin.fr Tourisme : l'Ile-de-France plébiscitée, Artikel vom 15. Dezember 2014, abgerufen am 22. Dezember 2014
  8. Paris au Vème siècle bei sainte-genevieve.net, abgerufen am 28. Mai 2018
  9. www.dhm.de (Homepage Deutsches Historisches Museum)
  10. Foto des Befehls
  11. dhm.de
  12. Explosive Marianne. In: Der Spiegel. 12. Mai 1961 (spiegel.de [abgerufen am 10. Juni 2013]). 
  13. Jacques Fauvet: Une double polarisation. In: Le Monde. 19. Oktober 1961 (lemonde.fr). 
  14. Jean-Luc Einaudi: La Bataille de Paris: 17 octobre 1961. Seuil, Paris 2001, ISBN 978-2-02-051061-5. 
  15. Jean-Paul Brunet: Charonne: lumières sur une tragédie. Flammarion, Paris 2003, ISBN 978-2-08-068341-0. 
  16. Was wir über die Anschläge in Paris wissen. In: tagesschau.de. Abgerufen am 14. November 2015. 
  17. Unterhaltsame Wappenkunde, Heinz Machatscheck, Verlag Neues Leben, Berlin, 1981.
  18. Halay Thierry: Paris et ses quartiers. L'Harmattan, 1998, ISBN 2-7384-6691-5, S. 8.
  19. Henri Tausin: Les Devises des villes de France, Leur origine, leur historique, avec les descriptions des armoiries. Éditions Honoré Champion, Paris 1914, S. 128–130 (französisch, archive.org). 
  20. http://www.pariszigzag.fr/histoire-insolite-paris/histoire-origine-blason-paris
  21. Gesche Wüpper: In Paris steigen Immobilienpreise auf Rekordniveau. In: welt.de. 29. Juli 2011, abgerufen am 10. Dezember 2014. 
  22. Les descendants d’immigrés vivant en Île-de-France, IAU Idf, Note rapide Société, no 531
  23. www.eglises.org
  24. Liste der rumänisch-orthodoxen Gemeinden in Frankreich
  25. Offizielle Seite der Pariser Stadtverwaltung
  26. Paris darbt, NZZ, 23, September 2016
  27. Alan Berube, Jesus Leal Trujillo, Tao Ran, and Joseph Parilla: Global Metro Monitor. In: Brookings. 22. Januar 2015 (brookings.edu [abgerufen am 19. Juli 2018]). 
  28. Mercer's 2018 Quality of Living Rankings. Abgerufen am 30. Juli 2018 (englisch). 
  29. Zahlen auf paris-iledefrance.cci.fr (PDF, frz.)@1@2Vorlage:Toter Link/www.paris-iledefrance.cci.fr (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., abgerufen am 24. August 2012.
  30. Zahlen des Tourismusamtes (frz./engl.), abgerufen am 24. August 2012.
  31. Vergleich auf der Seite der Deutschen Hotel- und Gaststättenzeitung, ahgz.de vom 10. April 2012, abgerufen am 24. August 2012.
  32. Global Destination Cities Report 2016. (Nicht mehr online verfügbar.) Mastercard, archiviert vom Original am 24. September 2016; abgerufen am 11. Juli 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/passthrough.fw-notify.net 
  33. The Global Financial Centres Index 23. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 27. März 2018; abgerufen am 13. Juli 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/passthrough.fw-notify.net 
  34. Vélib' peine à trouver un second souffle, in Le Figaro, 25. März 2010.
  35. AFP: Eiffel Tower shrouded in smog as Paris pollution spikes. In: theguardian.com. 18. März 2015, abgerufen am 26. April 2016 (englisch). 
  36. Pollution de l’air en 2015, un bilan mitigé en Ile-de-France. (PDF; 197 kB) Abgerufen am 26. Juli 2018 (französisch). 
  37. Kim Willsher: Paris mayor heralds ‘reconquest of Seine’ as riverbank traffic banned. In: theguardian.com. 26. September 2016, abgerufen am 2. Oktober 2016 (englisch). 
  38. Kim Willsher: Paris’s first attempt at car-free day brings big drop in air and noise pollution. In: theguardian.com. 3. Oktober 2015, abgerufen am 26. April 2016 (englisch). 
  39. AFP: Champs-Elysees bans cars once a month to cut Paris smog. In: theguardian.com. 26. April 2016, abgerufen am 26. April 2016 (englisch). 
  40. Nick van Mead: Paris is banning traffic from half the city. Why can’t London have a car-free day? In: theguardian.com. 22. September 2016, abgerufen am 2. Oktober 2016 (englisch). 
  41. Le Figaro: La circulation alternée reconduite samedi à Paris et en proche banlieue, 16. Dezember 2016, abgerufen am 17. Dezember 2016 (französisch)
  42. Kim Willsher: Paris vehicle pollution sticker scheme comes into force. In: theguardian.com. 16. Januar 2017, abgerufen am 14. Juni 2017 (englisch). 
  43. Kim Willsher: Paris mayor unveils plan to restrict traffic and pedestrianise city centre. In: theguardian.com. 8. Januar 2017, abgerufen am 14. Juni 2017 (englisch). 
  44. Le Monde: Crit’Air : mode d’emploi des vignettes antipollution obligatoires à Paris, 16. Januar 2017, abgerufen am 16. Dezember 2017 (französisch).
  45. Stadt Paris: La défense des libertés aufgerufen am 17. Oktober 2012

Rom

Rom

 
 
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Rom
Staat Italien
Region Latium
Metropolitanstadt Rom (RM)
Koordinaten 41° 53′ N, 12° 29′ OKoordinaten: 41° 53′ 0″ N, 12° 29′ 0″ O |
Höhe 37 m s.l.m.
Fläche 1.285,306 km²
Einwohner 2.872.800 (31. Dez. 2017)[1]
Bevölkerungsdichte 2.235 Einw./km²
Stadtviertel Stadtgliederung Roms
Postleitzahl 00100 (allgemein) und 00121–00199
Vorwahl +39–06
ISTAT-Nummer 058091
Volksbezeichnung Romani
Schutzpatron Petrus und Paulus
Website www.comune.roma.it

Links: Kolosseum, Pantheon und Trevi-Brunnen.
Rechts: Petersdom und Engelsburg.
Unten: Tiber und Engelsbrücke.
 
Satellitenaufnahme von Rom

Rom (lateinisch Rōma; italienisch Roma [ˈroːma]), amtlich Roma Capitale, ist die Hauptstadt Italiens.[2] Mit etwa drei Millionen Einwohnern im Stadtgebiet bzw. rund vier Millionen Einwohnern in der Agglomeration ist sie die größte Stadt Italiens. Rom liegt in der Region Latium an den Ufern des Flusses Tiber.

Rom wurde erstmals im 1. Jahrhundert v. Chr. vom Dichter Tibull[3] Ewige Stadt genannt. Diese Bezeichnung, ursprünglich eine Antonomasie, wurde zu einem Ehrennamen für die Stadt wegen der Bedeutung in ihrer bis heute drei Jahrtausende umspannenden Geschichte.

Sie ist heute Verwaltungssitz der Region Latium und der Metropolitanstadt Rom, bis 2015 Provinz Rom. Innerhalb der Stadt bildet der unabhängige Staat der Vatikanstadt eine Enklave. Der Vatikan ist der Sitz des Papstes, das heißt des Bischofs von Rom und Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche sowie des Heiligen Stuhls. Zudem ist Rom seit 1834 Sitz des Malteser-Ritterordens, der ein eigenständiges (jedoch nichtstaatliches) Völkerrechtssubjekt ist, sowie der UNO-Unterorganisationen FAO, IFAD und WFP.

Rom ist außerordentlich reich an bedeutenden Bauten und Museen und Ziel zahlreicher Touristen. Die Altstadt von Rom, der Petersdom und die Vatikanstadt wurden von der UNESCO im Jahr 1980 zum Weltkulturerbe erklärt.[4]

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Rom von der Santissima Trinità dei Monti aus gesehen

Der älteste lateinische Beleg des Namens findet sich auf der Cista Ficoroni aus dem späten 4. Jahrhundert v. Chr.[5] Doch bereits in der etwa bei Dionysios von Halikarnassos erhaltenen, indirekten griechischen Überlieferung des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. begegnet der Name in der Form ῬώμηRhṓmē, so bei Hellanikos von Lesbos, Antiochos von Syrakus und Damastes von Sigeion.[6] Die Etymologie des Wortes Roma selbst ist ungeklärt, doch werden hierzu seit der Antike unterschiedliche Theorien erörtert.

Neben meist rein mythischen Erklärungen, die den Namen mit zahlreichen Personen namens Romus oder Roma in Verbindung brachten und die Gründungssage mit der griechischen Mythologie verknüpften, stand in der antiken Namenserklärung die Geschichte um Romulus und Remus im Vordergrund. Die erstmals bei Diokles von Peparethos niedergelegte Erzählung, die zumindest für Plutarch als besonders glaubwürdig und belegt galt, führte den Namen auf Romulus, den Gründer der Roma quadrata, zurück, flocht aber den ficus Ruminalis, einen schattenspendenden Feigenbaum auf dem späteren Forum ein. Dessen Name wurde wiederum entweder von Romulus hergeleitet oder von dem altlateinischen Wort ruma für die säugende Brust, was sich in die Geschichte mit den von der Wölfin gesäugten Zwillingen fügte.[7] „Rationalistischere“ Darstellungen verbanden den Namen der Stadt, den die Pelasger in mythischer Vorzeit dem von ihnen gegründeten Ort gegeben haben sollen, mit dem griechischen Wort ῥώμη für „Kraft, Stärke“.[8] Lehnte man eine griechische Stadtgründung Roms ab, verwies man darauf, dass die Stadt einst den Namen Valentia (von lateinisch valentia für „Kraft, Stärke“) trug, der unter griechischem Einfluss sich in Ῥώμη gewandelt habe.[9]

Moderne Herleitungen des Namens verfolgen verschiedene Ansätze. Am weitesten verbreitet ist die Verbindung mit der indogermanischen Wurzel *.sreṷ- „fließen“, was für Roma eine Bedeutung „Siedlung am Fluss“ ergebe.[10] Das lateinische Wort rūma „weibliche Brust“ und Rūmon als alten Namen des Tibers[11] stellte Massimo Pittau immer wieder in diesen bereits in der antiken Literatur konstruierten Zusammenhang.[12]

Gleichermaßen weit verbreitet ist die Herleitung aus einem etruskischen Gentilnamen Ruma. Der Name würde einem Vorschlag des Sprachwissenschaftlers Wilhelm Schulze aus dem Jahr 1904 folgend die „Siedlung der tuskischen ruma“ bezeichnen.[13] Insbesondere in der italienischen Forschung findet dieser Ansatz Zustimmung, wird aber auch von Wissenschaftlern anderer Länder favorisiert.[14] Hiergegen wurde eingewandt, dass der etruskische Name der Stadt zwar *Ruma lautete,[15] lateinische Wörter mit etruskischer Wurzel aber immer deren /u/-Laut behielten. Da das Etruskische ursprünglich jedoch keinen Laut /o/ kenne, der erst nach einer inneretruskischen Lautverschiebung des 6./5. Jahrhunderts v. Chr. und somit Jahrhunderte nach Stadt- oder Siedlungsgründung begegnet, müsste man als Stadtnamen auch im Lateinischen Ruma erwarten. Aus diesem Grund sei eine Herleitung des Stadtnamens aus dem Etruskischen unwahrscheinlich.[16]

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Ansätze, die meist keine weitere Diskussion auslösten und nicht weiterverfolgt wurden.[17]

Die „Ewige Stadt“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem bereits in der späten Republik der Dichter Tibull für Rom die Umschreibung „die ewige Stadt“ gefunden hatte, wurde diese Vorstellung weiter entwickelt. So durch den römischen Dichter Vergil (70–19 v. Chr.), der nach dem Vorbild Homers die Aeneis verfasste, die eine Erzählung der Vorgeschichte und Bedeutung Roms darstellt. Dieses Buch wurde schon in jener Zeit zu einem Lehrbuch an römischen Schulen und gilt als das Nationalepos der Römer. Der Gott Jupiter prophezeit in diesem Werk die Ewigkeit Roms, dem keine räumlichen oder zeitlichen Grenzen gesetzt seien.[18]

Auch am Ende der Kaiserzeit (Mitte bzw. Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr.) sprechen einige Autoren vom nie untergehenden Rom. Der Offizier und Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus (um 333–nach 391) begründet in seiner Lebensanalogie die Ewigkeit Roms damit, dass virtus (Kraft, Tugend) und fortuna (Glück) bei der Gründung einen Bund ewigen Friedens geschlossen hätten, welcher garantiert, dass Rom, solange Menschen leben, bestehen wird. Auch der Jurist und hohe Beamte Aurelius Prudentius Clemens (348–nach 405) verglich die Idee des Ewigen Rom mit der Idee des christlichen Rom. Das Römische Reich habe, so Prudentius, die Menge der Völker geeint und mit seinem Frieden den Christen den Weg bereitet. Weiterhin sei Rom nicht seiner Kraft beraubt oder gealtert, sondern könne immer noch zu den Waffen greifen, wenn die Kriege riefen.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausdehnung des Stadtgebietes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Der Tiber mit Blick auf die Engelsbrücke und den Petersdom

Rom liegt in der Mitte Italiens am Tiber, unweit des Tyrrhenischen Meeres, durchschnittlich 37 Meter über dem Meeresspiegel. In mehreren Windungen fließt der Tiber in südlicher Richtung durch die Stadt. Im Norden mündet im Stadtteil Parioli der Aniene in ihn. Die weitere Umgebung ist die Campagna Romana oder kurz Campagna. Im Osten Roms befinden sich die Abruzzen, im Nordosten die Sabiner Berge und im Südosten die Albaner Berge.

Die Metropolitanstadt Rom grenzt im Norden an die Provinz Viterbo und die Provinz Rieti, im Osten an die Provinz L’Aquila in der Region Abruzzen sowie im Süden an die Provinz Frosinone und die Provinz Latina.

Stadtgliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Stadtgliederung Roms

Rom gliedert sich in vier Stadtbezirke, 15 Munizipien und 155 Stadtbereiche.[19]

Die 15 (bis zum 11. März 2013 waren es 19) Munizipien sind: (1) Municipio I (mit der Altstadt Centro Storico, Prati und weiteren alten Stadtteilen), (2) Parioli und Nomentano – San Lorenzo, (3) Monte Sacro, (4) Tiburtina, (5) Prenestino und Centocelle, (6) delle Torri, (7) San Giovanni und Cinecittà, (8) Appia Antica, (9) EUR, (10) Ostia, (11) Arvalia Portuense, (12) Monte Verde, (13) Aurelia, (14) Monte Mario und (15) Cassia Flaminia.

Die Altstadt (Municipio 1) ist in 22 „Rioni“ (Stadtteile) eingeteilt, die teilweise bis in die Antike zurückgehen. Sie haben verwaltungstechnisch keine Bedeutung mehr.

Der alte Municipio 14 wurde 1992 ausgemeindet und ist heute die selbständige Stadt Fiumicino.

 
Plastico di Roma Antica

Einen realistischen Überblick über die historische Stadt vermittelt auch das 16 × 17 m große Gips-Modell „Plastico di Roma Antica“ im Museo della Civiltà Romana[20] im Maßstab 1:250.

Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Klima Roms ist typisch mediterran, sommertrocken (arid) und winterfeucht (humid). Die Trockenheit im Sommer ist auf die Verlagerung des subtropischen Hochdruckgürtels zurückzuführen; in dieser Hochdruckzone sinkt die Luft ab, und Wolken werden dabei aufgelöst. Der subtropische Hochdruckgürtel verlagert sich im Winter nach Süden, und von Norden her erfasst eine feuchte außertropische Westwindzone das Mittelmeergebiet.

Rom
Klimadiagramm
J F M A M J J A S O N D
 
 
76
 
11
5
 
 
88
 
13
5
 
 
77
 
15
7
 
 
72
 
19
10
 
 
63
 
23
13
 
 
48
 
28
17
 
 
14
 
30
20
 
 
22
 
30
19
 
 
70
 
26
17
 
 
128
 
22
13
 
 
128
 
16
9
 
 
106
 
13
6
Temperatur in °CNiederschlag in mm
Quelle: wetter.de[21]; Luftfeuchtigkeit, Wassertemperatur: wetterkontor.de[22]
Klimatabelle Rom
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez    
Max. Temperatur (°C) 11,1 12,6 15,2 18,8 23,4 27,6 30,4 29,8 26,3 21,5 16,1 12,6 Ø 20,5
Min. Temperatur (°C) 4,5 5,4 7,2 9,8 13,3 17,2 19,6 19,4 16,9 12,8 9,3 6,4 Ø 11,8
 
Niederschlag (mm) 76 88 77 72 63 48 14 22 70 128 128 106 Σ 892
 
Sonnenstunden (h/d) 4,3 4,7 6,6 7 8,6 9,4 10,8 9,9 8,1 6,4 4,1 3,3 Ø 6,9
 
Regentage (d) 6 6 8 8 6 4 2 2 5 6 8 8 Σ 69
 
Wassertemperatur (°C) 14 13 13 14 17 21 23 24 23 20 18 15 Ø 17,9
 
Luftfeuchtigkeit (%) 75 75 75 75 75 73 72 73 75 76 77 77 Ø 74,8
T
e
m
p
e
r
a
t
u
r
11,1
 
4,5
12,6
 
5,4
15,2
 
7,2
18,8
 
9,8
23,4
 
13,3
27,6
 
17,2
30,4
 
19,6
29,8
 
19,4
26,3
 
16,9
21,5
 
12,8
16,1
 
9,3
12,6
 
6,4
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
N
i
e
d
e
r
s
c
h
l
a
g
76
 
88
 
77
 
72
 
63
 
48
 
14
 
22
 
70
 
128
 
128
 
106
 
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Quelle: wetter.de[21]; Luftfeuchtigkeit, Wassertemperatur: wetterkontor.de[22]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch: Römisches Reich

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Die kapitolinische Wölfin säugt die Knaben Romulus und Remus, Bronze, Kapitolinische Museen

Nach der Gründungssage wurde Rom am 21. April 753 v. Chr. von Romulus gegründet. Romulus brachte demnach später seinen Zwillingsbruder Remus um, als sich dieser über die von Romulus errichtete Stadtmauer belustigte. Die Zwillinge waren der Sage nach die Kinder des Gottes Mars und der Vestalin Rhea Silvia. Sie seien auf dem Tiber ausgesetzt, von einer Wölfin gesäugt und dann von dem Hirten Faustulus am Velabrum unterhalb des Palatin gefunden und aufgezogen worden.[23]

Der römische Astrologe Lucius Tarrutius, ein Freund des Gelehrten Marcus Terentius Varro, berechnete abweichend von dem bekannten Gründungsdatum den 4. Oktober 754 v. Chr. zwischen der 2. und 3. Tagesstunde als Zeitpunkt der Gründung, wobei er von einem Geburtshoroskop des Romulus ausging.

Ausgrabungen auf dem Palatin brachten Siedlungsreste aus der Zeit um 1000 vor Christus zutage; wahrscheinlich wurden einige latinische und sabinische Dörfer dann um 800 v. Chr. (vielleicht durch Etrusker) zu einer Stadt vereinigt oder wuchsen zusammen.

Königszeit und Republik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Schematische Karte der sieben Hügel Roms

Die Zusammenfassung einzelner Siedlungen zu einem Gemeinwesen könnte sich also nach Auffassung der Historiker tatsächlich um das legendäre Gründungsdatum herum ereignet haben. Die sprichwörtlichen sieben Hügel Roms sind: Palatin, Aventin, Kapitol, Quirinal, Viminal, Esquilin und Caelius. Heute erstreckt sich das Stadtgebiet auch über die bekannten Hügel Gianicolo, Vaticano und Pincio.

Zu Beginn seiner Geschichte war Rom ein Königreich; als ersten der – großteils legendären – Nachfolger des Romulus nennt Titus Livius Numa Pompilius. Nach Vertreibung des letzten etruskischen Königs Tarquinius Superbus – angeblich im Jahr 509 v. Chr. – wurde Rom eine Republik – wenngleich dies wohl tatsächlich erst um 475 v. Chr. geschah. Die Folgezeit war von Ständekämpfen zwischen den rechtlosen, wenn auch freien Plebejern und den adeligen Patriziern gekennzeichnet. Rom begann nun damit, die umliegenden Gebiete anzugliedern.

Obwohl sich Rom 390 v. Chr. einer Invasion der Kelten kaum erwehren konnte, expandierte die Stadt dennoch ständig. Zum Schutz vor weiteren Übergriffen wurde die Servianische Mauer errichtet (siehe in der Abbildung Die sieben Hügel Roms). 312 v. Chr. folgte der Bau des ersten Aquädukts sowie der Bau der Via Appia. Zur Expansion Roms trugen insbesondere auch die schließlich erfolgreichen Punischen Kriege (264–146 v. Chr.) gegen das nordafrikanische Karthago bei, das den westlichen Mittelmeerraum kontrollierte.

Nachdem die Brüder Tiberius und Gaius Sempronius Gracchus, die als Volkstribunen versucht hatten, Landreformen durchzusetzen, ermordet worden waren, kam es zu einer Phase der Instabilität, die in Bürgerkriegen ihren Höhepunkt fand. Gaius Iulius Caesar setzte als Diktator eine Reihe von Reformen durch, wurde jedoch 44 v. Chr. ermordet. Zu diesem Zeitpunkt erreichte das Forum Romanum bereits eine Bebauungsdichte, die eine Ausweitung des Areals nötig machte. Aus diesem Grund hatte Caesar mit dem Bau des Forum Iulium begonnen.

Kaiserzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Der Brand Roms 18. Juli 64 A. D., Hubert Robert

Im 1. Jahrhundert n. Chr. war Rom wohl bereits eine Millionenstadt[24] und sowohl geografisches als auch politisches Zentrum des Römischen Reiches. Es verfügte über ein funktionierendes Frisch- und Abwassersystem, ein ausgebautes Straßennetz und funktionierende Bevölkerungsschutzeinheiten (Vigiles), die als Feuerwehr mit Polizeibefugnissen ihren Dienst versahen. Der Ausbau Roms, der besonders unter Caesars Erbe Augustus, dem ersten Kaiser, forciert worden war, wurde durch einen großen Brand von Rom unter Nero im Jahr 64 vorübergehend zurückgeworfen.

 
Kolosseum; erbaut 80 n. Chr.

Unter der Herrschaft der Flavischen Dynastie (69–96 n. Chr.) begannen umfangreiche Bautätigkeiten, die von den Kaisern finanziert wurden. Zu diesen neuen öffentlichen Bauwerken gehören einige der berühmtesten Baudenkmäler wie das Kolosseum und ein Teil der Kaiserforen. Das letzte dieser Foren wurde Anfang des 2. Jahrhunderts unter Trajan fertiggestellt. Diese Zeit wird vielfach als Höhepunkt des Römischen Reiches angesehen. Große Thermenanlagen, wie sie im 3. Jahrhundert von Caracalla und Diokletian errichtet wurden, welche sogar Bibliotheken einschlossen, waren fester Bestandteil des stadtrömischen Lebens geworden. Besessen von der Idee, ihre Vorgänger zu übertreffen, errichteten die Kaiser immer größere Bauwerke, wie die Maxentiusbasilika. Dies gilt manchmal als Indiz für einen beginnenden Niedergang des Kaiserreiches, zeigt aber vor allem, dass Rom noch immer die wichtigste Bühne für die herrscherliche Selbstdarstellung war. Ferner wurde im späten 3. Jahrhundert die Aurelianische Mauer errichtet, da die Stadt längst über die Grenzen der Servianischen Mauer hinausgewachsen war.

Spätantike und Niedergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Rom im Altertum

Zu Beginn der Spätantike um das Jahr 300 erreichte Rom wohl seine größte Bevölkerungszahl; die häufigsten Annahmen liegen etwa bei geschätzten 1,2 Millionen Einwohnern.[25] Die Stadt verlor aber bald an politischer Bedeutung, da die verschiedenen Kaiser andere Residenzen (darunter Ravenna, Konstantinopel, Mailand, Trier, Thessaloniki, Split) bevorzugten. Vor allem Konstantinopel stieg im 4. Jahrhundert zur Rivalin auf.

Im 5. Jahrhundert geriet die westliche Reichshälfte dann in einen Teufelskreis aus Bürgerkriegen und Angriffen von Außen, die auch die Stadt Rom in Mitleidenschaft zogen. Ein Fanal war die im Jahr 410 stattgefundene Plünderung Roms durch meuternde gotische Söldner, sowie noch einmal 455 durch die Vandalen. Wichtiger noch war, dass man seit 429 die Kontrolle über Nordafrika verlor, von dessen Getreidelieferungen die Stadt abhängig war. Fortan sank die Einwohnerzahl rapide.

Nach dem Ende des weströmischen Kaisertums im Jahr 476 wurden bekannte städtische Einrichtungen wie die Diokletiansthermen und das Kolosseum zunächst weiter unterhalten; trotz sinkender Einwohnerzahlen bestand das antike Leben fort. Auch der Senat existierte weiterhin. Prokopios hielt fest, dass die Bauwerke der Stadt während der Herrschaft der Ostgoten instand gehalten wurden. Um 530 lebten noch etwa 100.000 Menschen in Rom. Die zivilisatorische Katastrophe kam erst mit den Gotenkriegen und der in diesem Rahmen betriebenen Rückeroberungspolitik des oströmischen Kaisers Justinian. Die Kriegshandlungen führten zur endgültigen Zerstörung fast aller römischen Wasserleitungen (537), zur weitgehenden Auslöschung der das antike Erbe bewahrenden Senatorenschicht und zu einem mehrjährigen Aussetzen des städtischen Lebens durch oströmisch-gotische Belagerungskämpfe. Die Bevölkerungszahl sank als Folge auf wenige Zehntausend. 550 fanden die letzten Wagenrennen im Circus Maximus statt.

Italien gehörte zwar formell seit 554 wieder zum Oströmischen Reich, die Ordnungsfunktionen in Rom wurden jedoch in den Zeiten der „Völkerwanderung“ mehr und mehr von den Päpsten ausgeübt. Der oströmisch-byzantinische Exarch residierte nicht am Tiber, sondern in Ravenna; Rom sank auf den Status einer byzantinischen Provinzstadt und verlor nun auch seine symbolische Bedeutung; einzig das Papsttum sorgte noch für einen Rest an Glanz und Relevanz. Das letzte spätantike Bauwerk in der stark entvölkerten Stadt war die 608 errichtete Phokas-Säule. Bald danach scheint das Forum Romanum seine Bedeutung für die Stadt endgültig verloren zu haben; die antiken Monumente verfielen.

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Die Seeschlacht von Ostia stoppte 849 den dritten arabischen Angriff

Seit Pippin erlangte Rom neue Bedeutung als Hauptstadt des Kirchenstaates (Patrimonium Petri) und als wichtigster Wallfahrtsort des Christentums neben Jerusalem und Santiago de Compostela. Neuer Glanz kam im Jahr 800 in die Stadt, als Karl der Große durch Papst Leo III. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt wurde. Zwischen 843 und 849 scheiterten drei Eroberungsversuche durch muslimische Araber, die Stadthälfte auf dem rechten Tiberufer aber wurde 846 geplündert.

Zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert folgten weitere Belagerungen, Angriffe und Plünderungen durch Langobarden, Sarazenen und Normannen. Um 800 betrug die Einwohnerzahl gerade noch 20.000 Einwohner. Durch den rapiden Bevölkerungsrückgang verwaisten gut drei Viertel des von der Aurelianischen Mauer umschlossenen Stadtgebietes, welches in darauffolgender Zeit brach lag und verwilderte bzw. später landwirtschaftlich genutzt wurde. Die dichtbevölkerten Stadtteile konzentrierten sich auf die umliegenden Ufer des Tiber, aufs Marsfeld sowie auf den Borgo zwischen Alt-St. Peterskirche und Engelsburg. Dies begründete auf dem Gebiet innerhalb der Aurelianischen Mauer den speziellen Gegensatz zwischen den Gebieten abitato (dichtbesiedelte Tiberufer, Marsfeld, Borgo) und disabitato (brach liegende, unbewohnte Landschaftsflächen), der Rom vom 11. bis zum 19. Jahrhundert prägen sollte. Die antiken Stadtzentren, das Forum Romanum, das Kapitol, die Kaiserforen, das Kolosseum usw. lagen allesamt im unbewohnten disabitato. Die neuen Zentren Roms bildeten nun der Borgo mit Alt-St. Peter und der Campo de’ Fiori. Im disabitato existierten im Mittelalter zeitweise eigene kleine Siedlungen, die sich um die großen Kirchen Roms außerhalb des abitato gebildet hatten, wie um die Lateranbasilika oder um die Kirche Santa Maria Maggiore.

Das von der katholischen Kirche direkt in Rom vermutete Grab des nach dem Brand Roms unter Nero im Jahre 64 hingerichteten Apostels Paulus sowie zahlreiche andere Reliquien verhießen ab 1300 in den Heiligen Jahren den Pilgern außergewöhnliche Gnaden und Ablässe. Hierzu trug im Besonderen die Vermutung bei, dass Simon Petrus gemeinsam mit Paulus hingerichtet und in Rom begraben worden sein soll. Diese Annahme ist bis heute unter Historikern äußerst umstritten. Die Pilger stellten ein Standbein der Kommune dar, die sich seit dem 12. Jahrhundert um die Eigenverwaltung bemühte. Ein erstes Aufleben der Kommune im Streit mit dem Papsttum unter Beteiligung des Kirchenreformers Arnold von Brescia wurde mit der Kaiserkrönung Friedrich Barbarossas 1155 gewaltsam unterbrochen.

Renaissance[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Aufblühen Roms in der Renaissance wurde 1527 durch den Sacco di Roma („Plünderung Roms“) unterbrochen, als die Söldnertruppen Karls V. Rom plünderten und verwüsteten.

 
Sacco di Roma, Francisco J. Amérigo, 1884

In christlicher Zeit sind viele bedeutende Bauten entstanden, zum Beispiel die sogenannten vier Patriarchalbasiliken Sankt Paul vor den Mauern über dem Grab des heiligen Apostels Paulus aus dem 4. Jahrhundert, die Lateranbasilika, ebenfalls aus dem 4. Jahrhundert, von Francesco Borromini barockisiert, Santa Maria Maggiore aus dem 5. Jahrhundert und vor allem der Petersdom, der in der heutigen Form aus der Renaissance und dem Barock stammt.

In der Renaissance und im Barock fand die Stadt ein neues Gepräge, das hauptsächlich von Kirchen bestimmt wird, aber auch von neuen Straßenzügen mit Sichtachsen auf Paläste und Plätze mit Brunnen und Obelisken. In diesem Zustand ist Rom bis heute verblieben, weshalb die römische Altstadt neben dem Vatikan eines der beiden Weltkulturerbe in der Stadt Rom darstellt.

Hauptstadt Italiens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Im September 1870 eroberten Bersaglieri Rom und vollendeten damit die Einigung Italiens

1849 stationierte Frankreich Truppen im Kirchenstaat. Im Sommer 1870 – gerade war Sitzungspause des Ersten Vatikanischen Konzils – zog Frankreich diese nach seiner Kriegserklärung gegen Preußen aus Rom ab. Italienisches Militär nutzte die Gelegenheit und marschierte fast kampflos im Kirchenstaat ein; es entmachtete den Papst politisch und proklamierte wenig später Rom zur Hauptstadt Italiens.

Am 26. Januar 1871 wurde Rom die Hauptstadt des im Zuge des Risorgimento als Königreich entstandenen italienischen Nationalstaates; zuvor hatten Turin und ab 1865 Florenz diese Rolle innegehabt. Der seiner weltlichen Macht beraubte Papst sowie große Teile der katholischen Bevölkerung standen diesem neuen Staat jahrzehntelang feindlich gegenüber. Sichtbares Zeichen der neuen Verhältnisse wurde das monumentale Nationaldenkmal Monumento Vittorio Emanuele II (für den gleichnamigen König) nördlich des Kapitolhügels und des Forum Romanum, das 1911 eingeweiht wurde. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte ein starker Zustrom aus den ländlichen Gebieten Italiens ein, so dass Rom erstmals seit der Antike über die Stadtgrenze der Aurelianischen Mauer hinauswuchs. Im Gefolge der gesellschaftlichen Konflikte nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen 1922 die Faschisten unter Benito Mussolini die Macht in Italien. Unter dessen Herrschaft wurden die Differenzen zwischen Staat und Kirche durch die Lateranverträge mit dem Heiligen Stuhl 1929 beendet und der unabhängige Staat der Vatikanstadt begründet. Außerdem wurde in dieser Zeit im Zuge der propagandistischen Verherrlichung der römischen Antike Altertümer restauriert, neue Bauten und Sichtachsen in der historischen Altstadt geschaffen sowie das Stadtviertel EUR (Esposizione Universale di Roma) erbaut. Der bekannteste unter den oft futuristisch anmutenden Neubauten des EUR ist der Palazzo della Civilità Italiana (auch Palazzo del Lavoro). Anders als etwa in Deutschland wurden faschistische Inschriften und Symbole fast nie entfernt, so dass die architektonische und propagandistische Repräsentation des Faschismus nach wie vor im Stadtbild sichtbar sind.

Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Luftangriffe der Alliierten auf Rom am 19. Juli 1943

Am 19. Juli 1943 bombardierten die Alliierten erstmals Rom. Ein Hauptziel der 390 Bomber der United States Air Force war der Bahnhof Tiburtina.[26] Zerstört wurden jedoch vor allem die Arbeiterviertel des Stadtteils San Lorenzo und die Kirche San Lorenzo fuori le mura.[27] Auch bei den folgenden Luftangriffen und als sich im Mai 1944 alliierte Truppen der Stadt näherten, harrte Papst Pius XII. in Rom aus. Um ein zweites Monte Cassino oder gar Stalingrad zu verhindern, bemühte er sich um eine allseitige Erklärung Roms zur „offenen Stadt“. Auf deutscher Seite erhielt der Plan Unterstützung u. a. von Ernst von Weizsäcker und SS-General Karl Wolff. Der deutsche Generalfeldmarschall Albert Kesselring erklärte Rom Anfang Juni 1944 zur offenen Stadt und zog bis auf eine Nachhut alle Truppen ab. Am 4. Juni 1944 marschierten alliierte Truppen in Rom ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verließ 1946 König Umberto II. das Land und Italien wurde Republik.

Rom als moderne Großstadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Nachkriegsjahrzehnten erlebte Italien einen nie da gewesenen Wirtschaftsaufschwung (miracolo economico) und eine starke Landflucht: Millionen Menschen aus Süditalien und den Bergregionen der Abruzzen strömten in die Hauptstadt. Um die Barackensiedlungen der unmittelbaren Nachkriegszeit zu beseitigen, entstanden ab 1962 wie in allen italienischen Großstädten Großwohnsiedlungen, die in Rom oft ungeplant und ohne Baugenehmigung in die römische Campagna gesetzt und nachträglich gegen eine Gebühr legalisiert wurden. Gleichzeitig entstanden in den 1960er und 1970er Jahren auch Wohngebiete für die aufstrebenden Mittelschicht. Bis 1980 hatte sich die Einwohnerzahl der Stadt verdoppelt.

 
Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele 1960

1955 wurde die erste Linie der U-Bahn Metropolitana di Roma eröffnet und 1960 fanden in Rom die XVII. Olympischen Sommerspiele statt.

Die so genannten borgate abusive („missbräuchliche Vorstädte“) boten oft keinerlei Infrastruktur, keine Grünanlagen, keine Schulen oder Kindergärten. Während in der Innenstadt die Kirchen aufgrund ihrer Überzahl oft kaum noch zu erhalten sind, fehlten sie in der Umgebung zunächst völlig. Während inzwischen zahlreiche Kirchenneubauten in den Vorstädten entstanden sind, fehlen dort bis heute Grünanlagen oder Sportstätten und die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist unzureichend. Die sozialen Probleme der Vorstädte waren in den 1970er Anlass für soziale Kämpfe der radikalen Linken, Hausbesetzungen und Streiks. Linksextreme und rechtsextreme Gruppierungen (opposti estremisti) lieferten sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei; gleichzeitig wucherte in diesen Jahren auch die organisierte Kriminalität, für deren Verstrickungen der Fall der Magliana-Bande exemplarisch steht. Trauriger Höhepunkt der politischen Gewalt der 1970er Jahre im ganzen Land war 1978 die Entführung und Ermordung des Ministerpräsidenten Aldo Moro durch Mitglieder der Roten Brigaden. Das zeitlich letzte Beispiel dieser oft als misslungen eingestuften Stadtplanung ist der Wohnkomplex Corviale (auch genannt il serpentone „die Riesenschlange“), der 1975–1982 entstand. In den 1980er Jahren entspannte sich die Situation etwas und ein Teil der römischen Mittelschicht verließ im Zuge einer Suburbanisierung die Stadt.

Unter dem Pontifikat Papst Johannes Pauls II. erlebte die Stadt zweimal einen nie zuvor gewesenen Menschenandrang. Im Heiligen Jahr 2000 kamen zum Gottesdienst am Weltjugendtag zwei Millionen Menschen vor die Tore der Stadt. An den Begräbnisfeierlichkeiten am 8. April 2005 auf dem Petersplatz nahmen 200 Staats- und Regierungschefs sowie drei bis vier Millionen Menschen aus aller Welt teil, von denen aber nur 300.000 Platz fanden, die übrigen verfolgten die Zeremonien auf Videogroßbildschirmen.

Seit der Wahl von Bürgermeister Francesco Rutelli Anfang der 1990er Jahre konnten Verbesserungen bei der Luftqualität erreicht werden, jedoch änderte sich an den strukturellen Problemen der Stadt wie dem Verkehr oder der Müllentsorgung unter ihm und seinen Nachfolgern nur wenig. Nachdem Rom jahrelang von Bürgermeister des Mitte-Links-Lagers regiert worden war, bedeutete die Wahl des Nationalkonservativen Gianni Alemanno im Jahr 2008 einen Einschnitt; in seiner Amtszeit verschlimmerten sich die Probleme der Stadt weiter und unter seinem sozialdemokratischen Nachfolger Ignazio Marino wurde 2015 ein gigantischer Korruptionsskandal um das kriminelle Netzwerk der Mafia Capitale aufgedeckt. Die Enttäuschung der Römer über die etablierten Parteien brachte im Sommer 2016 Virginia Raggi von der Protestbewegung MoVimento 5 Stelle an die Spitze der Stadt.

Rom heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Markt auf dem Campo de’ Fiori
 
Die Spanische Treppe, italienisch Scalinata di Trinità dei Monti

Die großen Bauten des 20. Jahrhunderts wurden fast alle in den Außenvierteln wie dem EUR errichtet; in der Innenstadt dagegen sind Baumaßnahmen aus denkmalpflegerischen Gründen nur selten erlaubt. Derzeit finden große Grabungen im Bereich der antiken Kaiserforen statt. Im modernen Stadtbild ist die Vergangenheit noch an vielen Stellen anzutreffen. So ist etwa das Theater des Pompeius am Campo de’ Fiori aus dem 1. Jahrhundert v. Chr., in dessen Vorhof zu Cäsars Zeit die Kurie untergebracht war und wo er wohl auch getötet wurde, noch zu großen Teilen erhalten. Allerdings ist im Verlauf der Jahrhunderte aus dem Halbrund für die Zuschauer eine Wohnbebauung geworden. Heute befinden sich darin Keller und eine Tiefgarage, Restaurants und Bars, Privatwohnungen und Hotelpensionen. Alle Zimmer haben auf Grund der ursprünglichen halbrunden Theaterstruktur einen trapezförmigen Grundriss.

Die Erneuerung der Stadt stellt die Römer im Alltag oft vor große Probleme. Schon der Bau einer riesigen Tiefgarage zum Jahr 2000 in einen Tuffhügel am Petersplatz war umstritten, weil die Zerstörung archäologischer Reste befürchtet wurde. Aus demselben Grund wurde die dringend benötigte dritte Metro-Linie erst 2014/2015 eröffnet.

Größere Probleme als die historische Innenstadt machen die oft unschönen Vorstädte mit ihrer hohen Kriminalitätsrate. Dort fehlen bis heute Grünanlagen oder Sportstätten, und die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist unzureichend. Bis heute sind in der einstigen Stadt der „Thermen für alle“ öffentliche Bäder kaum vorhanden. Die Römer, die es sich leisten können, besitzen eine Wohnung in einem der oft begrünten und sorgsam gepflegten Innenhöfe oder gar eine kleine Villa im Stadtbereich.

In einer Rangliste der Städte nach ihrer Lebensqualität belegte Rom im Jahre 2018 den 57. Platz unter 231 untersuchten Städten weltweit.[28]

Siehe auch: Zeittafel Rom

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roms Geschichte begann etwa 800 v. Chr. mit einem Bündnis verschiedener kleiner Dörfer mit wenigen hundert bis tausend Einwohnern. Von da an wuchs Rom in den nächsten Jahrhunderten kontinuierlich zu einer Megastadt, die über eine Million Einwohner zählte. Im Zuge der Verlegung bedeutender Hauptstadtfunktionen nach Konstantinopel im 4. Jahrhundert sowie des Zerfalls des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert nahm die Bevölkerung deutlich ab und sank rasch bis zum Jahr 530 auf etwa 100.000.

Im frühen Mittelalter war Rom mit 20.000 Einwohnern im Vergleich zu heute eine Kleinstadt. Erst mit dem Aufstieg des Kirchenstaates blühte Rom erneut auf, wobei immer wieder Kriege und Seuchen diese Entwicklung unterbrachen. Als es 1871 Hauptstadt des vereinigten Italien wurde, zählte es gut 210.000 Einwohner, dreißig Jahre später waren es bereits doppelt so viele. Im 20. Jahrhundert wuchs Rom erneut zur Millionenstadt heran, wobei vor allem nach 1945 die Einwohnerzahl drastisch wuchs. Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Bis 1858 handelt es sich um Schätzungen, von 1871 bis 2015 um Volkszählungsergebnisse und Fortschreibungen des Nationalinstituts für Statistik (ISTAT).

JahrEinwohner
330 1.000.000
410 400.000
530 100.000
650 20.000
1000 20.000
1300 unter 50.000
1400 20.000*
1526 50.000–60.000
1528 20.000–30.000**
1600 100.000
1750 156.000
JahrEinwohner
1800 163.000
1820 139.900
1850 175.000
1853 175.800
1858 182.600
1861 194.500
1871 212.432
1881 273.952
1901 422.411
1911 518.917
1921 660.235
JahrEinwohner
1931 930.926
1936 1.150.589
1951 1.651.754
1961 2.188.160
1971 2.781.993
1981 2.840.259
1991 2.775.250
2001 2.546.804
2009 2.743.796
2017 2.872.800

(*) Schisma 1309–1376, Pestepidemie 1348/50
(**) Sacco di Roma 1527 (Plünderung durch deutsche Landsknechte sowie spanische und italienische Söldner)

Religionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Antike war die römische Religion mit ihren Kulten die am weitesten verbreitete Religion in der Stadt. Dennoch waren in diesem Kulturzentrum auch andere Religionen vertreten, wie zum Beispiel der Mithraskult und weitere Mysterienkulte. Auf dem Palatin befand sich ein Tempel der Kybele oder Magna Mater, im Viertel rechts des Tiber, dem Trastevere, wo sich ursprünglich auch die jüdische Gemeinde angesiedelt hatte, war ein syrisches Heiligtum, auf dem Kapitol stand ein Heiligtum des Serapis und einen Tempel für Isis und Serapis, das Iseum Campense, gab es auf dem Marsfeld.[29]

Bereits sehr früh entstand eine christliche Gemeinde in der Stadt, welche trotz der Christenverfolgungen rasch anwuchs.

Mit der Herrschaftszeit Konstantins des Großen nahm das Christentum im Römischen Reich einen Aufschwung und überlebte auch dessen Untergang. Die Bischöfe von Rom beanspruchten als Nachfolger des Apostels Petrus einen Führunganspruch über die Kirche und nahmen den Titel des Papstes an. Nachdem die Stadt mehrfach von heidnischen Völkern geplündert und zerstört wurde, setzte sich Rom als religiöses Zentrum der Westkirche und seit dem 8. Jahrhundert als Zentrum des Kirchenstaates durch. Infolgedessen wurden in Rom zahlreiche Kirchen errichtet, die die wichtigsten kirchlichen Heiligtümer beherbergen.

1797 wurde Rom von Napoleon Bonaparte im Italienfeldzug erobert. Nach dem Wiener Kongress wurde es 1815 wieder unter päpstliche Hoheit gestellt. Das italienische Nationalbewusstsein war unter der französischen Besatzung gewachsen (siehe Risorgimento). 1861 wurde das Königreich Italien gegründet. Als Frankreich infolge des Deutsch-Französischen Krieges seine Schutztruppen aus Rom abzog, eroberten italienische Truppen ab 11. September 1870 den Kirchenstaat; es gab keinen nennenswerten Widerstand. Am 20. September 1870 wurde Rom eingenommen (Breccia di Porta Pia), die weltliche Herrschaft der Päpste über Rom war damit unwiderruflich beendet. Der Papst zog sich daraufhin in den Vatikan zurück, der 1929 in den Lateranverträgen als eigenständiger Staat anerkannt wurde.

Rom und insbesondere der Vatikan sind bis heute das geistliche Zentrum der römisch-katholischen Kirche. Im Bistum Rom, das das Stadtgebiet mit Ausnahme von Ostia umfasst, waren 2014 82 % der Einwohner katholisch. Diese Zahl ist in den letzten Jahren stark gesunken; 2002 lag sie noch bei 97 %, was sowohl auf Säkularisierung als auch auf Einwanderung Andersgläubiger zurückzuführen ist.[30] Dennoch prägt die römisch-katholische Kirche durch die Vielzahl an Kirchen, Klöstern und anderen religiösen Einrichtungen, Priestern, Ordensbrüdern und -schwestern deutlich sichtbar das Stadtbild. Insgesamt gibt in Rom über 900 katholische Kirchen, die Zeugnis von allen Architekturepochen der europäischen Geschichte von der Antike bis heute ablegen.

Die älteste religiöse Minderheit bilden die Juden in Rom, die in der Stadt schon seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert nachgewiesen sind. Seit dem 16. Jahrhundert mussten die römischen Juden zwangsweise im Ghetto leben, das erst 1870 mit dem Ende des Kirchenstaats aufgehoben wurde. Als Zeichen des Selbstbewusstseins der jüdischen Gemeinde wurden 1901–1904 die Große Synagoge (Tempio Maggiore) errichtet, die auch die Verfolgungen und Deportationen während des Zweiten Weltkrieges unbeschadet überstand. Heute leben in Rom etwa 16.000 Juden.

Die Protestanten verschiedener Konfessionen bilden in Rom nur eine kleine Minderheit. Auch sie genießen erst seit 1870 Religionsfreiheit, zuvor wurde etwa der Cimitero acattolico (auch „Protestantischer Friedhof“ genannt) für die deutschen und britischen Protestanten außerhalb der Stadtmauern angelegt. Nachdem Rom Hauptstadt des italienischen Nationalstaats geworden war, errichteten die aus dem Piemont kommenden Waldenser die repräsentative Waldenserkirche (Tempio valdese di Roma) und weitere Kirchenbauten in der Stadt.

Durch Einwanderung sind heute auch zwei andere Religionsgemeinschaften in nennenswertem Maß in der Stadt vertreten: Die Orthodoxen Christen bilden wie in ganz Italien die größte religiöse Minderheit, unter ihnen sind wiederum die Rumänisch-Orthodoxen die größte Gruppe; ihre Zahl wird auf etwa 90.000 geschätzt. Muslime kommen vor allem aus Albanien, Marokko, Pakistan, Bangladesch sowie weiteren Staaten Nordafrikas, des Nahen Ostens und Südasiens; ihre Zahl lag Ende 2014 bei 101.000. In den Jahren 1984–1995 entstand im Norden der Stadt die Moschee von Rom, die damals die größte Europas war; außerdem bestehen einige kleinere Moscheen.[31] Dazu kommen weitere Minderheiten wie Hindus, Buddhisten und Zeugen Jehovas sowie Konfessionslose.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinderat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gemeinderat von Rom, die Assemblea Capitolina, hat mit seinen 48 Mitgliedern seit der Kommunalwahl 2016 folgende Zusammensetzung:[32]

Der Gemeinderat tagt in der Aula Giulio Cesare im Senatorenpalast. Präsident ist Marcello De Vito (M5S)

Bürgermeister[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Das Rathaus Roms, der Palazzo Senatorio
 
Seit 2016 amtierende Bürgermeisterin Virginia Raggi

Am 19. Juni 2016 wurde Virginia Raggi (M5S) in einer Stichwahl zur neuen Bürgermeisterin von Rom gewählt. Im ersten Wahlgang am 5. Juni 2016 hatte sie gegen mehrere Gegenkandidaten mit 35,26 % die meisten Stimmen erhalten. Der Kandidat der Partito Democratico Roberto Giachetti erreichte mit 24,91 % der Stimmen den zweiten Platz. Die anschließend erforderliche Stichwahl gewann Raggi mit 67,15 % der Stimmen. Bei der gleichzeitig stattfindenden Gemeinderatswahl erreichte Raggis Partei MoVimento 5 Stelle die absolute Mehrheit im Gemeinderat und in 12 der 15 Stadtbezirke.[33]

Bei den Stichwahlen am 9. und 10. Juni 2013 wurde Ignazio Marino (PD) zum Bürgermeister gewählt. Er gewann mit 63,9 % gegen den Amtsinhaber Gianni Alemanno (PdL).[34] Marino musste jedoch im Oktober 2015 zurücktreten. Am 1. November 2015 übernahm Francesco Paolo Tronca kommissarisch die Amtsgeschäfte bis zu einer Neuwahl des Bürgermeisters.[35]

Giovanni Alemanno wurde am 28. April 2008 zum Bürgermeister von Rom gewählt. In der Stichwahl erreichte er gegen den früheren Bürgermeister Francesco Rutelli 53,7 % der Stimmen.[36] Der bisherige Bürgermeister Walter Veltroni wurde 2001 gewählt und am 28. Mai 2006 für eine zweite Amtszeit mit 61 % der Stimmen im ersten Wahlgang im Amt bestätigt.[37] Giovanni Alemanno scheiterte damals mit nur 37,1 %. Veltroni trat am 13. Februar 2008 als Bürgermeister, wegen seiner Kandidatur bei den Parlamentswahlen, zurück.[38]

Bürgermeister von Rom seit 1944 (Sindaci di Roma)

Wappen und Hoheitssymbole[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Bronzeskulptur an der Brücke Ponte Giuseppe Mazzini
 
Flagge der Stadt Rom

Das Wappen der Stadt Rom zeigt einen roten Schild mit dem Akronym S.P.Q.R. und eine mit Edelsteinen besetzte Krone.

S.P.Q.R. steht für das lateinische Senatus Populusque Romanus („Senat und Volk von Rom“ oder „der (römische) Senat und das römische Volk“).

Dieser Schriftzug war das Hoheitszeichen des antiken Rom und findet sich auch heute als Leitspruch im Wappen der Stadt, sowie auf zahlreichen Schrifttafeln, Statuen, Kanaldeckeln und öffentliche Einrichtungen. Die Legionen des Römischen Reiches führten es auf ihren Standarten.

Siehe auch: S.P.Q.R.

Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Form einer Städtepartnerschaft ist Rom weltweit nur mit einer einzigen Stadt verbunden, und zwar seit 1956 mit Paris.[39]

Darüber hinaus unterhält Rom mit folgenden Städten sogenannte Freundschafts- und Kooperationsabkommen:

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rom wurde der Überlieferung zufolge im Jahre 753 v. Chr. auf einem der sieben Hügel gegründet. Jedoch lassen Funde darauf schließen, dass schon 1000 v. Chr. in diesem Bereich menschliche Siedlungen existiert haben müssen. Besonders das Bild des Hügels Palatin und des nördlich gelegenen Tales ist durch antike Bauwerke bestimmt.

Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Palatin in der Kaiserzeit Residenzhügel der Kaiser war, während sich im Tal zwischen dem Palatin und dem Kapitol das Forum Romanum befand, das Zentrum des städtischen Lebens im antiken Rom.

Als Innenstadt Roms gilt der Bereich innerhalb der Aurelianischen Mauer, die im 3. Jahrhundert um das Gebiet der sieben Hügel Kapitol, Quirinal, Viminal, Esquilin, Caelius, Aventin und Palatin errichtet wurde. Das historische Zentrum breitet sich zum großen Teil am linken Ufer des Tibers aus. Hier befinden sich die meisten und größten Baudenkmäler aus der Antike. Die christlichen Gebäude hingegen sind auf beiden Seiten des Tiber verstreut. Die Vatikanstadt mit dem weithin sichtbaren Petersdom befindet sich auf der rechten Seite des Tiber. Das historische Zentrum von Rom, der Petersdom und die Vatikanstadt wurden von der UNESCO im Jahre 1980 zum Weltkulturerbe erklärt.

Die äußere Stadt und die Peripherie Roms befinden sich im Bereich außerhalb der aurelianischen Mauer. Die Konzentration antiker Bauwerke ist hier deutlich geringer, wenn man auch immer wieder solche antrifft. Man findet jedoch zahlreiche Kirchen, welche auch in diesem Bereich errichtet wurden, so zum Beispiel die Basilika Sankt Paul vor den Mauern.

Die 1995 errichtete Moschee von Rom, 1150 Jahre nach einer gescheiterten Belagerung durch die Muslime, war bis 2005 die größte Moschee Europas und ein Zentrum des Islam in Italien.

Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rom beherbergt als eine der großen Kulturstädte Europas zahlreiche Denkmale von der Zeit der Etrusker bis hin zur Gegenwart, wobei die Zeugnisse aus der Zeit der etruskischen Könige und der römischen Frühgeschichte eher spärlich sind. Umso umfangreicher sind die Hinterlassenschaften aus der Epoche des Römischen Reiches.

 
Pantheon, Innenansicht

Sie reichen vom fast vollständig erhaltenen Pantheon (gegründet im Jahre 27 v. Chr., wiederaufgebaut zwischen 118 und 128 n. Chr.), dem einzigen erhaltenen Kuppelbau der Antike, bis zum eindrucksvollen Kolosseum (fertiggestellt 80 n. Chr.), dem größten Amphitheater der Antike, das Austragungsstätte von Gladiatorenkämpfen und anderen Schauspielen war. Seit dem Jahre 1999 dient das Kolosseum auch als Monument gegen die Todesstrafe: Immer wenn ein Staat dieser Welt die Todesstrafe abschafft, wird das Kolosseum 48 Stunden lang hell erleuchtet – was aber nur selten geschieht.

In der Stadt findet man neben den antiken Stadtmauern Triumphbögen, einzigartige Kirchen und Paläste sowie große öffentliche Plätze; besonders bedeutend sind das Forum Romanum und die Kaiserforen, ebenso die Caracalla-Thermen (erbaut um 217 n. Chr.), die heute als Szenerie für die Opernaufführungen im Sommer genutzt werden, die Katakomben – weit verzweigte unterirdische Anlagen, in denen Christen ihre Gottesdienste feierten und bestattet wurden – und die Engelsburg, die als Mausoleum für den römischen Kaiser Hadrian erbaut und im Mittelalter zu einer Festung ausgebaut wurde.

Im 4. Jahrhundert wurde die Kirche San Paolo fuori le mura gebaut und nach der Zerstörung durch einen Brand im Jahre 1823 wiedererrichtet. Die Basilica San Giovanni in Laterano wurde im 4. Jahrhundert errichtet und im 17. und 18. Jahrhundert im Wesentlichen wiederaufgebaut. Die aus dem 5. Jahrhundert stammende Kirche San Pietro in Vincoli ist im 15. Jahrhundert restauriert worden und beherbergt die berühmte Moses-Statue von Michelangelo Buonarroti.

Weitere bedeutende Bauwerke sind die Piazza Navona mit drei Brunnen (darunter die Fontana dei Quattro Fiumi, ein Hauptwerk des italienischen Bildhauers Gian Lorenzo Bernini), die Piazza del Campidoglio (Kapitolsplatz mit einer Bronzestatue des Kaisers Marcus Aurelius, die im 2. Jahrhundert n. Chr. fertiggestellt wurde), die Fontana di Trevi (ein Barock-Brunnen aus dem 18. Jahrhundert, in den Touristen traditionell Münzen hineinwerfen und sich etwas wünschen) und die Piazza di Spagna mit der berühmten, aus dem 18. Jahrhundert stammenden Spanischen Treppe, die zu der aus dem 15. Jahrhundert stammenden Kirche Santa Trinità dei Monti hinaufführt.

 
Santa Maria Maggiore, Innenansicht

Weitere Sehenswürdigkeiten des christlichen Rom sind über die gesamte Stadt verstreut. Das christliche Zentrum bildet hierbei der nicht zugängliche Staat der Vatikanstadt mit dem Petersdom. Weitere große Kirchen wie die Lateranbasilika, Santa Maria Maggiore, Sankt Paul vor den Mauern befinden sich innerhalb des Stadtgebiets. Die meisten Kirchen sind besonders prunkvoll ausgestattet und enthalten Kunstwerke von unschätzbarem Wert.

Sehenswert und von allen Panoramapunkten aus zu erblicken ist auch die Große Synagoge.

Sehenswürdigkeiten des modernen Rom befinden sich eher in den äußeren Bezirken der Stadt, wie zum Beispiel Bauwerke für die Olympischen Sommerspiele 1960, entworfen von Pier Luigi Nervi, einem der führenden italienischen Architekten des 20. Jahrhunderts, aber auch Ehrenmäler und Hochhäuser. Über die ganze Stadt verteilt sind zahlreiche weitere Baudenkmäler, Plätze, Brunnen und Obelisken, welche von großen Künstlern geschaffen und prunkvoll verziert wurden. Im Westen der Stadt entstand 1972–1982 mit dem Wohnkomplex Corviale das längste Wohnhaus Europas.

 

Parks und Plätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch: Plätze in Rom
 
Park bei den Caracalla-Thermen
 
Die Gärten der Villa Borghese

Unter den zahlreichen fürstlichen Villen, die das päpstliche Rom umringten, existieren noch mit ihren riesigen Parkanlagen Villa Borghese, Villa Ada und Villa Doria Pamphili. Villa bezeichnet in Rom in der Regel den Park, nicht das Gebäude. Weitere Parks sind:

Museen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Blick auf die Vatikanischen Museen

Das älteste Museum Roms sind die 1471 eingerichteten Kapitolinischen Museen, die neben den wesentlich größeren Vatikanischen Museen zu den bedeutendsten Kunstkollektionen Roms gehören.

In der Villa Giulia, dem Landhaus Papst Julius III., welches Mitte des 16. Jahrhunderts errichtet wurde, ist eine herausragende Sammlung etruskischer und antik-römischer Kunst untergebracht. Die Kunstsammlung der Familie Borghese wird in deren Palast aus dem frühen 17. Jahrhundert ausgestellt. Sie trägt den Namen Galleria Borghese und besteht vor allem aus Gemälden und Plastiken.

Die weltweit herausragende archäologische Sammlung des Museo Nazionale Romano verteilt sich auf fünf Standorte und ist im Palazzo Massimo alle Terme, der Aula Ottagona, dem Palazzo Altemps, den Diokletiansthermen und der Crypta Balbi untergebracht. Ebenfalls bedeutend sind die Gemäldegalerien im Palazzo Doria-Pamphilj, im Palazzo Colonna und im Palazzo Corsini, die Renaissance-Bronzensammlung im Palazzo Venezia und die Gemäldesammlung im Palazzo Barberini.

Die Moderne ist durch das MAXXI repräsentiert. Das futuristisch gestaltete Gebäude der Architektin Zaha Hadid wurde im Jahr 2009 eröffnet und versteht sich als kreativer Ort und Labor für zeitgenössische Kunst und Architektur.

Theater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Teatro Eliseo

Rom spielt eine führende Rolle im italienischen Kulturleben. Im Opernhaus der Stadt, dem Teatro dell’Opera di Roma, das zu den größten in Italien zählt, werden im Stagionebetrieb Opernaufführungen und Ballette geboten; im Sommer finden die Aufführungen in den Caracalla-Thermen statt. Außerdem gibt es in Rom etwa 150 Theater[40] und sechs Konzertsäle, die außerhalb der Sommermonate mit einem abwechslungsreichen Programm aufwarten.

Eines der ältesten Theater Roms ist das Teatro Argentina, das auf das Jahr 1732 zurückgeht. Das Teatro Eliseo wurde 1900 eröffnet, und bietet im großen Theatersaal 760 und im kleineren Saal 265 Gästen Platz. Im April 2002 wurde im nördlichen Teil der Stadt der Konzertpark Auditorium Parco della Musica eröffnet; das rund 50.000 Quadratmeter große Areal umfasst unter anderem drei Konzerthallen mit 700, 1.200 und 2.700 Plätzen, die nach Plänen des Genueser Architekten Renzo Piano erbaut wurden.

Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kunstmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angesichts der bedeutenden Rolle, die Rom im Laufe der Jahrhunderte spielte, verwundert es kaum, dass es in Renaissance und Barock auch zu den wichtigsten Zentren der Musik gehörte. Nicht nur in der päpstlichen Kapelle des Vatikan, sondern auch in den zahlreichen Kirchen in Rom selber wirkten viele bedeutende Musiker. Dabei waren die führenden Positionen im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts meist in der Hand von 'Niederländern' (d. h. im zeitgenössischen Sinne von Meistern der franko-flämischen Polyphonie), Franzosen, und vor allem in der Sixtinischen Kapelle auch von Spaniern. So waren die bedeutendsten Musiker der Renaissance in Rom: Josquin Desprez (ca. 1455–1521), der etwa von 1486 bis 1495 in der päpstlichen Kapelle sang, und Cristóbal de Morales (1500–1553), der von 1535 bis 1545 Mitglied der päpstlichen Kapelle war und mehrere Messbücher in Rom publizierte; kurzfristig (1553–54) wirkte auch der jugendliche Orlando di Lasso (1532–1594) hier als Kapellmeister von San Giovanni in Laterano; Tomàs Luis de Victoria (ca. 1548–1611) lebte zwanzig Jahre von 1565 bis 1585 in Rom, und war ab 1571 Kapellmeister des Seminario Romano.

Der erste wichtige einheimische Komponist in Rom war Costanzo Festa (1490–1545), doch der einflussreichste und berühmteste von allen war der große Vokalpolyphonist Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525–1594), der die strengen Forderungen der Gegenreformation nach größerer Textverständlichkeit gekonnt umsetzte, und daher jahrhundertelang als Erneuerer und "Retter" der Kirchenmusik galt. Er war nicht nur Kapellmeister des Papstes im Vatikan, sondern auch zeitweise im Lateran, in Santa Maria Maggiore, und am Seminario Romano. Ihm folgte eine ganze Schule von römischen Kirchenkomponisten, darunter Gregorio Allegri (1582–1652), dessen in der Karwoche in der Capella Sistina gesungenes Miserere bis weit ins 19. Jahrhundert hinein einen geradezu mystischen Ruf hatte, und das von Mozart 1770 nach dem Gehör aufgeschrieben wurde. Im 17. Jahrhundert begründete der jahrzehntelang am Collegium Germanicum wirkende Giacomo Carissimi (1605–1674) das Oratorium als religiöse Alternative zur Oper. In Rom lebte und wirkte außerdem der deutsche Jesuit und Schriftsteller Athanasius Kircher, dessen 1650 veröffentlichte Musurgia Universalis – sein bekanntestes Werk – auch Einblicke in das zeitgenössische römische Musikleben gewährt.

Auf dem Gebiet der Instrumentalmusik stechen hervor: die Organisten und Cembalisten Girolamo Frescobaldi (1583–1643) und Bernardo Pasquini (1637–1710), und der Violinist Archangelo Corelli (1653–1713), dessen Sonaten und Concerti grossi einen erheblichen Einfluss auf die Musik seiner Zeit hatten, u. a. auch auf Johann Sebastian Bach (1685–1750) und Georg Friedrich Händel (1685–1759). Dieser war Anfang des 18. Jahrhunderts bei seiner Italienreise vorübergehend auch in Rom, schuf einige bedeutende Jugendwerke, die hier ihre Uraufführung erlebten, darunter das spektakuläre Dixit Dominus (HWV 232) und das Oratorium Il trionfo del Tempo e del Disinganno.

Die römische Oper war im 17. und 18. Jahrhundert durch ein päpstlich verhängtes Auftrittsverbot für Frauen geprägt, was letztlich einer der ausschlaggebenden Gründe für den Erfolg der Kastraten war, die auch in der päpstlichen Kapelle und den hunderten römischen Kirchen sangen. Zeitweise versuchten einige Päpste im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts auch, die Oper ganz zu unterdrücken, was dem Oratorium als Ersatz besonderen Vorschub leistete. Solch musikfeindlichen Tendenzen standen jedoch viele und bedeutende Musikliebhaber und Mäzene gegenüber, wie die Kardinäle Pietro Ottoboni und Benedetto Pamphilj, die nicht nur Aufführungen in ihren eigenen Palästen veranstalteten, sondern sogar selber Texte für Kantaten, Oratorien und Opern schrieben; zu den berühmten Musikmäzenen Roms gehören auch die Exköniginnen Christine von Schweden und Maria Casimira von Polen, sowie diverse Adelige, wie Fürst Francesco Maria Ruspoli. Zu den wichtigsten Musikern, die in Rom als Opern- und Oratorienkomponisten wirkten, gehören: Luigi Rossi (ca. 1598–1653), Alessandro Stradella (1639–1682), Bernardo Pasquini (1637–1710), Alessandro Scarlatti (1660–1725), Antonio Caldara (1670–1736) und Domenico Scarlatti (1685–1757).

Obwohl Rom im Vergleich mit Venedig, Neapel und Mailand für die Geschichte der Oper vor allem im 18. und 19. Jahrhundert weniger bedeutend war, erlebten einige der berühmtesten Opern an römischen Theatern ihre Uraufführung, darunter Rossinis Il barbiere di Siviglia (im Teatro Argentina 1816), Verdis Il trovatore (Teatro Apollo, 1853) und Un ballo in maschera (Teatro Apollo, 1859) und Puccinis Tosca (Teatro Costanzi, 1900) – die Handlung der letzteren spielt auch in Rom, u. a. in der Engelsburg.

Im 20. Jahrhundert wirkte Ottorino Respighi (1879–1936) in Rom, der der ewigen Stadt mit seinen sinfonischen Dichtungen Fontane di Roma (1916), Pini di Roma (1924) und Feste Romane (1928) ein musikalisches Denkmal setzte.

 
Auditorium Parco della Musica

Für Klassische Musik wurde 2002 das Auditorium Parco della Musica in der Nähe des Parks der Villa Glori, im nördlichen Teil der Stadt, errichtet.[41] Es ist über die Straßenbahn Linie 2 an der Station Apollodoro zu erreichen.

Siehe auch: Roma Jazz Festival

Volksmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Giggi Zanazzo, der „Vater“ des römischen Liedes

Erste Spuren der römischen Volksmusik stammen aus dem 13. Jahrhundert, mit dem Lied Sonetto (auch bekannt als Bella quanno te fece mamma tua), das später im Volksmund namensgebend für die römische Musiktradition wurde.[42] Die melodischen Charakteristika dieser Lieder blieben laut dem Komponisten Alessandro Parisotti im Lauf der Jahrhunderte praktisch unverändert.[43]

Das Jahr 1890 gilt gemeinhin als Geburtsjahr des modernen römischen Liedes, mit der Veröffentlichung des Liedes Feste di maggio (mit einem Text von Giggi Zanazzo, dem „Vater“ des modernen römischen Liedes,[44] und Musik von Antonio Cosattini), das für einen Schönheitswettbewerb[45] in Rom anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Hauptstadtstatus geschrieben wurde. Der Erfolg des Titels weckte das Interesse der römischen Künstlerszene, woraufhin 1891 die Verleger Pietro Cristiano und Edoardo Perino die ersten Musikwettbewerbe für römische Lieder initiierten. Die Wettbewerbstradition fasste auch hier schnell Fuß und wurde mit den Feierlichkeiten zum Johannistag verbunden; sie hielt sich bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.[46][47]

Kulinarische Spezialitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Lebensmittelladen in der Altstadt

Das kulinarische Angebot in Rom ist abwechslungsreich und reicht von der Küche berühmter Köche wie Heinz Beck bis zur typisch römischen Küche mit Einflüssen der jüdischen Küche zur Zubereitung von Schalentieren über Spezialitäten aus Latium bis hin zu Fischgerichten.

Typische Gerichte der römischen Küche sind die „coda alla vaccinara“, Ochsenschwanz in Wein mit Tomaten und Pfefferschoten gekocht, die „pajata“, gefüllter Kalbsdarm mit Tomatensoße, das abbacchio alla scottadito (Milchlammkoteletts), oder die trippa alla romana (Kutteln in Tomaten-Minzsoße), die mit der Zeit immer weiter verfeinert wurden und heute Spezialitäten sind. Schmackhaft sind auch die Supplì, frittierte Reisklößchen gefüllt mit Mozzarella, gefüllte Zucchiniblüten und Bruschette, geröstete Brotscheiben mit Öl und Knoblauch oder auch in vielen anderen Varianten, beispielsweise mit Tomaten. Eine weitere römische Spezialität sind verschiedene Zubereitungsarten von jungen Artischocken, beispielsweise alla Romana mit Knoblauch und Minze im Ofen gedünstet oder frittiert alla Giudea, und aus der jüdisch-römischen Küche kommt das beliebte Baccalà, frittierte Kabeljaufilets, die oft als Imbiss zwischendurch gegessen werden. Ein weiterer beliebter Imbiss der Stadt und der Umgebung ist porchetta, ein Rollbraten aus entbeintem Spanferkel.

Auch zwei der berühmtesten Nudelgerichte kommen aus Rom, die „Bucatini all’amatriciana“, das sind Hohlnudeln zubereitet mit Bauchspeck in Tomatensoße, und die „Spaghetti alla carbonara“. Sie wurden einer Legende nach in der Besatzungszeit für amerikanische Soldaten als Ersatz für deren typisches Frühstück mit Speck und Ei erfunden: Tatsache ist, dass sich erst seit der Nachkriegszeit Belege für Namen und Rezept finden lassen.[48] Eine weitere typisch römische Zubereitungsart für Pasta ist cacio e pepe (Pecorino und Pfeffer). Die römische Pizza ist im Gegensatz zur neapolitanischen oft eine Piazza bianca ohne passierte Tomaten; sowohl Pizza bianca als auch Pizza rossa gibt es in verschiedenen Zubereitungsarten.

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Das Olympiastadion im Foro Italico am Tiber

In der Stadt gibt es mit dem 1900 gegründeten Lazio Rom und dem im Jahre 1927 gegründeten AS Rom zwei national und international bedeutende Fußballvereine. Beide Vereine tragen ihre Heimspiele im rund 73.000 Zuschauer fassenden Olympiastadion aus. Das Stadion liegt im Norden der Stadt.

Der AS Rom wurde dreimal Italienischer Meister und neunmal Italienischer Pokalsieger. Lazio Rom wurde zweimal Meister, sechsmal Pokalsieger und gewann einmal den Europapokal der Pokalsieger.

Rom war Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 1960 und der ersten Paralympics überhaupt.

An einem Sonntag im März wird jedes Jahr der Rom-Marathon ausgetragen. Einige Wochen zuvor findet der Halbmarathon Roma – Ostia statt.

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut einer Studie aus dem Jahr 2014 erwirtschafte der Großraum Rom ein Bruttoinlandsprodukt von 163,2 Milliarden US-Dollar (KKB). In der Rangliste der wirtschaftsstärksten Metropolregionen weltweit belegte er damit den 76. Platz. Das BIP pro Kopf lag bei 38.025 US-Dollar gegenüber 41.147 im Großraum Mailand. Insgesamt sind hier ca. 2 Millionen Personen beschäftigt.[49]

Rom ist seit dem Zweiten Weltkrieg der dynamischste Wirtschaftsstandort in Italien. Seine Wirtschaft basiert auf Dienstleistungsbranchen, profitiert speziell von ansässigen Staatsbetrieben und Großkonzernen (Eni, Enel, Leonardo, Poste Italiane, RAI, Telecom Italia, Unicredit) sowie dem Fremdenverkehr. Daneben dominieren besonders der Groß- und Einzelhandel.

Als Industriestandort produziert Rom vor allem die traditionellen Industrieerzeugnisse Textilien und Souvenirs für Touristen, sowie die neueren Erzeugnisse wie Nahrungsmittel, pharmazeutische Produkte, Maschinen, Papier- und Metallwaren. Daneben ist Rom wegen des Klimas und der Monumente auch für die Filmindustrie ein wichtiger Standort (Cinecittà).

Tourismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Fremdenverkehr spielt eine wichtige Rolle für die Wirtschaft von Rom. Mit knapp 7,1 Millionen ausländischen Besuchern stand Rom 2016 auf Platz 16 der meistbesuchten Städte weltweit und belegte den sechsten Platz in Europa. Touristen aus dem Ausland brachten im selben Jahr Einnahmen von 4,5 Milliarden US-Dollar. Die meisten ausländischen Besucher kamen aus Europa, Asien und den USA.[50]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seehäfen (siehe Diskussion): fehlen noch folgende wichtige Informationen:
Es fehlen die Porti di Roma
Hilf der Wikipedia, indem du sie recherchierst und einfügst.

Flugverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rom ist mit drei Flughäfen ausgestattet. Der an der Küste gelegene interkontinentale Flughafen Roma-Fiumicino “Leonardo da Vinci” ist das wichtigste Luftfahrtdrehkreuz des italienischen Luftverkehrs und Italiens Hauptflughafen, sowie Hauptdrehkreuz der größten italienischen Fluggesellschaft Alitalia. Er ist allgemein als Fiumicino Airport bekannt, da er sich in der Gemeinde Fiumicino südwestlich von Rom befindet. Der ältere Flughafen Rom-Ciampino ist ein gemischter Verkehrs- und Militärflughafen. Er wird häufig als Ciampino Airport bezeichnet, da er in Ciampino südöstlich der Stadt liegt. Der kleine Flughafen Rom-Urbe ist vorwiegend für die Allgemeine Luftfahrt vorgesehen und befindet sich ungefähr 6 km nördlich des Stadtzentrums.

Eisenbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als einer der zentralen Knotenpunkte des italienischen Eisenbahnsystems verfügt Rom über die Bahnhöfe Roma Tiburtina, Roma Ostiense, Roma Tuscolana, Roma Trastevere, Roma San Pietro, Roma Aurelia sowie den Hauptbahnhof Roma Termini. Termini ist einer der größten Bahnhöfe Europas und mit ungefähr 400.000 Reisenden täglich einer der am häufigsten benutzten Italiens. Mit der Inbetriebnahme der neuen Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke nach Neapel und dem Ausbau des Bahnhofs Roma Tiburtina werden Züge, die Rom nur als Durchgangsstation durchfahren, nicht mehr den Hauptbahnhof Termini anfahren.[51] Der im Norden der Stadt gelegene Rangierbahnhof Roma Smistamento (italienisch: Rangierbahnhof) wird nach seiner Stilllegung in dieser Funktion noch weiterhin als Güterbahnhof genutzt.

Ferner befindet sich in Rom die vom Bahnhof Roma San Pietro abzweigende kurze, nur dem Schienengüterverkehr dienende Strecke der Vatikanischen Staatsbahn.

Straßenverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rom befindet sich im Zentrum eines sternförmigen Straßennetzes, das ausgehend vom kapitolinischen Hügel dem antiken Straßenverlauf folgt und damals Rom mit seinem Reich verband. Heute wird Rom von einem Autobahnring umschlossen (dem Grande Raccordo Anulare oder GRA), der sich etwa zehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernt befindet.

Die Stadt hat mit schweren Verkehrsproblemen zu kämpfen, da das sternförmige Straßensystem den Einwohnern nur die Fahrt durch das historische Zentrum oder auf der vollgestopften Ringautobahn zur Wahl lässt. Auch das Metrosystem, das im Vergleich zu anderen Städten gleicher Größe recht klein ausfällt, verschafft keine Abhilfe. Darüber hinaus kommen in Rom auf 10.000 Einwohner nur 21 Taxis, weit weniger als in anderen europäischen Großstädten.[52]

In einigen als verkehrsberuhigte Zone (ZTL) (Zona a Traffico Limitato) ausgezeichneten Bereichen der Innenstadt ist zu Tagesstunden nur eingeschränkter Fahrzeugverkehr möglich. Das heißt, Privatautos dürfen sie tagsüber zwischen 6 und 18 Uhr nur mit einer speziellen Ausnahmegenehmigung befahren. Die Zonen wurden wegen der chronischen Überlastung des Straßenverkehrs während der 1970er und 1980er Jahre eingerichtet. In den beiden Stadtteilen Trastevere und San Lorenzo ist hingegen der Nachtverkehr so stark, dass dort entsprechende ZTLs während der Nachtzeit eingerichtet wurden. In Testaccio ist ebenfalls eine Nachtzeit-ZTL geplant. Allerdings hat eine großzügige Praxis der Ausnahmegenehmigungen den Effekt verwässert. Ausländische Reisebusse werden in Rom mit Einfuhrgebühren bis 210 Euro (Stand 2009) zur Kasse gebeten und dürfen dann nur zeitlich befristet oder überhaupt nicht parken.

Öffentlicher Nahverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der öffentliche Personennahverkehr in Rom wird weitestgehend von dem städtischen Verkehrsunternehmen ATAC betrieben. Das Nahverkehrssystem der ATAC umfasst Busse, Oberleitungsbusse, Straßen-, Vorort- und U-Bahnen. Hinzu kommen die S-Bahn-ähnlichen FL-Linien der Trenitalia und das Regionalbusnetz von COTRAL und anderen Anbietern. Diese Verkehrsmittel sind in den Tarifverbund Metrebus integriert.

Das Busnetz umfasst 350 Buslinien mit mehr als 8000 Stationen. Die Straßenbahn von Rom nahm am 2. August 1877 den Betrieb auf. Sie verkehrt in sechs Linien auf einem 51,31 Kilometer langen Streckennetz und fährt 192 Haltestellen an.[53] Nachdem zwischen dem 8. Januar 1937 und dem 2. Juli 1972 schon einmal Oberleitungsbusse in Rom gefahren waren, wurde das System auf einer Linie von 11,3 km nach einer Unterbrechung von 33 Jahren am 23. März 2005 wieder eingeführt.[54]

Das U-Bahn-System (Metropolitana di Roma) verfügt über die drei Linien A, B und C mit insgesamt 74 Stationen auf 60 km Länge (Stand Mai 2016). Die beiden U-Bahn-Linien A und B kreuzen sich in Termini. Der Ausbau des U-Bahn-Netzes verlief nur schleppend, da eine Beschädigung vieler historischer Gebäude und Anlagen durch den Bau weiterer Tunnel befürchtet wurde. Bürokratische und finanzielle Probleme stellten weitere Hindernisse dar.

Die erste Strecke wurde 1954 eröffnet und verband Termini mit dem Stadtviertel Eur, in dem 1942 die geplante Weltausstellung stattfinden sollte. Auf dieser Strecke verkehrt heute die Linie B. Die Linie A wurde 1980 eröffnet und verband die Bahnhöfe Ottaviano und Anagnina. Von 1999 bis 2000 dauerte der Ausbau nach Battistini. In den 1990ern wurde die Linie B von Termini nach Rebibbia erweitert. 2012 wurde die Linie B um eine 3,9 km lange Zweigstrecke mit fünf Stationen erweitert (B1), die vom Bahnhof Piazza Bologna bis zur neuen Endhaltestelle Jonio führt. Der erste Abschnitt der Linie C wurde Ende 2014 auf Teilen der umgebauten Regionalbahnstrecke Termini-Pantano im Südosten von Rom eröffnet. Die Linie soll in den kommenden Jahren unter der Altstadt Roms nach Norden weitergeführt werden. Dieser Ausbau musste wegen finanzieller Probleme, archäologischer Funde und weiterer Unwägbarkeiten bei den geplanten Arbeiten in der Stadtmitte mehrmals verschoben werden. Sie wird voraussichtlich 3 Milliarden € kosten, 25,5 km lang sein und 30 Bahnhöfe anfahren. Die Linie C wird vollautomatisch mit fahrerlosen Zügen befahren.[55] Darüber hinaus ist noch eine vierte Strecke Linie D mit 22 Stationen geplant. Die Vorortbahnen zum Lido di Ostia, nach Viterbo und nach Giardinetti sollen unter Umständen ganz oder teilweise in das U-Bahn-Netz integriert werden (Linien E, F und G).[56][57]

Wissenschaft und Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Universität La Sapienza, eine der größten und ältesten Universität Europas

Rom hat drei staatliche Universitäten: Die Università degli Studi di Roma La Sapienza ist eine der ältesten (Gründung: 1303) und mit 147.000 Studenten eine der größte Universität Europas. Die beiden anderen Universitäten sind die Tor Vergata und Roma Tre. Daneben bestehen mehrere katholische Universitäten als Einrichtungen des Heiligen Stuhls bzw. einzelner geistlicher Orden. Im Stadtteil Trastevere befindet sich die private Amerikanische Universität.

Außerdem ist Rom der Sitz der Nationalen Akademie der Wissenschaften (Accademia Nazionale dei Lincei), der Päpstlichen Akademien, der Accademia di San Luca, der Nationalen Akademie für Tanz, der Nationalen Akademie für dramatische Kunst, des Musikkonservatoriums und des Zentralinstituts für die Restaurierung von Kunstwerken.

Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Rom werden mehrere Tages- und Wochenzeitungen herausgegeben: La Repubblica, Il Messaggero, Il Tempo, Il Foglio, Il manifesto, liberazione

Weiter ist die Filmstadt Cinecittà sehr bekannt für erfolgreiche Produktionen.

Die Rundfunkanstalt Radiotelevisione Italiana hat ebenfalls ihren Hauptsitz in Rom.

Internationale Organisationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Hauptverwaltungen zahlreicher internationaler Unternehmen und Organisationen haben ihren Sitz in Rom. Hierzu zählen unter anderem die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), der Welternährungsrat (WFC) und das Welternährungsprogramm (WFP).

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Persönlichkeiten, die in Rom gewirkt haben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch: Liste der Päpste

Filmproduktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
Spätrömischer Offiziershelm

Aufgrund der historischen Bausubstanz bietet sich Rom als Hintergrund für Film- und Fernsehprojekte an. Die folgende Liste zeigt eine Auswahl von teilweise in Rom gedrehten Filmen und Serien:[58]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Portal: Rom und Römisches Reich – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Rom und Römisches Reich

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur zur Geschichte[59]

Allgemein

Antike

Christliches Rom

  • Chris Wickham: Medieval Rome. Stability and Crisis of a City, 900-1150, Oxford University Press, 2015.
  • Clemens Bombeck: Auch sie haben Rom geprägt. An den Gräbern der Heiligen und Seligen in der Ewigen Stadt. Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2004, ISBN 3-7954-1691-4.
  • Ferdinand Gregorovius: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter vom V. bis XVI. Jahrhundert. Dtv, München 1988, ISBN 3-423-05960-5 (7 Bde.).
  • Mirabilia Urbis Romae-Die Wunderwerke der Stadt Rom, übersetzt und kommentiert von Gerlinde Huber-Rebenich et al. Herder, Freiburg 2014, ISBN 978-3-451-30931-1.

Geschichte der Romreisen

 

Literatur zur Kunst
  1. Concerto Romano. 1999, ISBN 3-7913-2236-2.
  2. Fantasia Romana. 1986, ISBN 3-7913-0292-2.
  3. Sinfonia Vaticana. 1996, ISBN 3-7913-0291-4.
  4. Cantata Romana. 1996, ISBN 3-7913-0404-6.
  5. Divertimento Romano. 1989, ISBN 3-7913-0445-3.
  • Christoff Neumeister: Das antike Rom. Ein literarischer Stadtführer. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42683-2.
  • Claus-Günter Frank: Rom. Literarische Spaziergänge durch die Hauptstadt der Welt. Klöpfer & Meyer, Tübingen 2000, ISBN 3-931402-55-X.
  • Pier Paolo Pasolini: Rom, andere Stadt. Geschichten und Gedichte ausgewählt von Annette Kopetzki und Theresia Prammer. Mit Fotografien von Herbert List, und einem Nachwort von Dorothea Dieckmann. CORSO, Hamburg 2010, ISBN 978-3-86260-001-4.
Literatur zur Küche
  • Livio Jannattoni, Giuliano Malizia: La Cucina Romana e del Lazio, Roma, Newton Compton, 1998. ISBN 978-8854158658.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Statistiche demografiche ISTAT. Monatliche Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica, Stand 31. Dezember 2017.
  2. Artikel 114 der italienischen Verfassung www.quirinale.it (PDF; 128 kB)
  3. Tibull, carmen 2,5,23 f: „Romulus aeternae nondum formaverat urbis / moenia.“ („Romulus hatte noch nicht die Mauern der ewigen Stadt erbaut.“)
  4. Welterbeliste der UNESCO (eingesehen am 29. Januar 2011)
  5. CIL 01, 00561.
  6. Dionysios von Halikarnassos, Antiquitates Romanae 1,72–73.
  7. Beispielhaft sei auf die umfangreiche Darstellung bei Plutarch, Romulus 1–9 verwiesen.
  8. Plutarch, Romulus 1.
  9. Servius, Kommentar zu Vergils Aeneis 1,273.
  10. Paolino Mingazzini: L’origine del nome di Roma ed alcune questioni topografiche attinenti ad essa. La Roma quadrata, il sacello di Volupia, il sepolcro di Acca Larenzia. In: Bullettino della Commissione Archeologica Comunale di Roma. Band 78, 1961–1962, S. 3–18; Edmond Jung: Les noms du Tibre et de Rome. Matériaux et questions. In: Revue Internationale d’ Onomastique. Band 23, 1971, S. 189–205; Band 24, 1972, S. 33–61.
  11. Servius, Kommentar zu Vergils Aeneis 8,63.90.
  12. Massimo Pittau: Sul significato e l’origine del toponimo „Roma“. In: Rosa Bianca Finazzi, Paola Tornaghi (Hrsg.): Lingue e culture in contatto nel mondo antico e altomedievale. Atti dell’ VIII Convegno internazionale di linguisti tenuto a Milanonei giorni 10-12 settembre 1992. Paideia, Brescia 1993, S. 453–466, hier S. 460; siehe auch den Artikel Roma auf der Webseite des Verfassers; zuletzt derselbe: Studi sulla Lingua Etrusca. Kindle Book 2018, S. 452 f.
  13. Wilhelm Schulze: Zur Geschichte lateinischer Eigennamen (= Abhandlungen der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-historische Klasse. Neue Folge 5). Weidmann, Berlin 1904, S. 579–582, Zitat S. 581 (Digitalisat).
  14. Siehe etwa Carlo De Simone: Il nome del Tevere. Contributo per la storia delle più anticherelazioni tra genti latino-italiche ed etrusche. In: Studi Etruschi. Band 43, 1975, S. 119–157; Kurt Latte: Römische Religionsgeschichte (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Abt. 5: Geschichte der Philosophie, Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften, Religionsgeschichte, Teil 4). C. H. Beck, München 1960, S. 111 Anm. 4;Hans Volkmann: Rom. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 4, Stuttgart 1972, Sp. 1441–1444 (hier: Sp. 1441). Eine Zusammenstellung entsprechender Vertreter bietet Hubert Petersmann: Die etymologische Herleitung des Namens Roma. Ein sprachlicher Beitrag zur Erforschung der Frühgeschichte Italiens. In: Andreas Haltenhoff, Fritz-Heiner Mutschler (Hrsg.): Hortvs litterarvm antiqvarvm. Festschrift für Hans Armin Gärtner zum 70. Geburtstag. (= Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften. Reihe 2, Band 109). Winter, Heidelberg 2000, 451-464, hier S. 457 Anm. 30.
  15. Helmut Rix, Gerhard Meiser (Hrsg.): Etruskische Texte. Band 1. G. Narr, Tübingen 1991, S. 121 Nr. Vc 7.33: Cneve Tarχunies Rumaχ „Gnaeus Tarquinius aus Rom“, spätes 4. Jahrhundert v. Chr., aus der Tomba François.
  16. Vergleiche Zsolt Simon: Die etymologische Herleitung des Namens Rōma. In: Rosemarie Lühr, Sabine Ziegler (Hrsg.): Protolanguage and Prehistory. Akten der 12. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft in Krakau vom 11. bis 15. Oktober 2004. Reichert, Wiesbaden 2009, S. 466–477, hier S. 468 (Online).
  17. Zusammenstellung bei Zsolt Simon: Die etymologische Herleitung des Namens Rōma. In: Rosemarie Lühr, Sabine Ziegler (Hrsg.): Protolanguage and Prehistory. Akten der 12. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft in Krakau vom 11. bis 15. Oktober 2004. Reichert, Wiesbaden 2009, S. 466–477, hier S. 469 Anm. 8, der selbst eine Verbindung mit indogermanisch *h2roh3máh2 „Acker, Ackerland, Ackerboden“ > lateinisch Rōma „Acker“ vorschlägt.
  18. Vergil, Aeneis 1, 278–279: his ego nec metas rerum nec tempora pono: imperium sine fine dedi. Deutsche Übersetzung: Vergil: Äneide im Projekt Gutenberg-DE
  19. Roma Capitale. Territorio. (Nicht mehr online verfügbar.) comune.roma.it, archiviert vom Original am 21. Oktober 2013; abgerufen am 9. September 2013 (italienisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.comune.roma.it 
  20. Website des Museo della Civiltà Romana.
  21. Wetter Rom
  22. wetterkontor.de
  23. Die Sage von Romulus und Remus auf roma-online.de
  24. Frank Kolb: Rom. Die Geschichte der Stadt in der Antike, München 1995, S. 453f
  25. Die Schätzungen reichen von 450.000 bis dreieinhalb Millionen.
  26. Richard Overy: Der Bombenkrieg. Europa 1939–1945. Rowohlt, Berlin 2014, ISBN 978-3-87134-782-5, S. 730–733.
  27. Heinz-Joachim Fischer: Zwischen Rom und Mekka. Bertelsmann, München 2009, ISBN 978-3-570-01077-8, S. 61.
  28. Mercer's 2018 Quality of Living Rankings. Abgerufen am 18. August 2018 (englisch). 
  29. Romolo A. Staccioli, Guida di Roma antica. Milano 1994. ISBN 88-17-16585-9
  30. http://www.catholic-hierarchy.org/diocese/droma.html
  31. http://www.piuculture.it/2016/10/essere-musulmani-a-roma-dove-andare-a-pregare/
  32. Assemblea Capitolina. Gemeinde Rom, 22. Juli 2016, abgerufen am 17. September 2016. 
  33. Elezioni Comunali 2016. La Repubblica, 23. Juni 2016, abgerufen am 17. September 2013. 
  34. Elezioni Comunali 2013. La Repubblica, 10. Juni 2013, abgerufen am 10. Juni 2013. 
  35. Valeria Forgnone: Roma, Tronca si insedia in Campidoglio e poi saluta il Papa: "Da lui parole che danno la forza di andare avanti". La Repubblica, 1. November 2015, abgerufen am 17. September 2013. 
  36. Ministero dell’Interno (Memento vom 30. April 2008 im Internet Archive)
  37. tagesschau.de (tagesschau.de-Archiv)
  38. NZZ, 13. Februar 2008
  39. Paris et Rome (Memento des Originals vom 1. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.paris.fr (französisch), abgerufen am 13. Mai 2017.
  40. Turismo Roma: Performance Venues: Theatres (147) – Stichtag 27. Januar 2014
  41. https://en.auditorium.com/lavora_con_noi.html
  42. Gianni Borgna: Storia della canzone italiana. Laterza, Bari und Rom 1992, S. 29–30. 
  43. Giuseppe Micheli: Storia della canzone romana. Newton Compton Editori, Rom 1989, S. 19. 
  44. Felice Liperi: Storia della canzone italiana. 2. Auflage. Rai Eri, Rom 2011, S. 36. 
  45. Giuseppe Micheli: Storia della canzone romana. Newton Compton Editori, Rom 1989, S. 204–206. 
  46. Gianni Borgna: Storia della canzone italiana. Laterza, Bari und Rom 1992, S. 30–31. 
  47. Giuseppe Micheli: Storia della canzone romana. Newton Compton Editori, Rom 1989, S. 211, 578. 
  48. Jannattoni (1998) s.v.
  49. Alan Berube, Jesus Leal Trujillo, Tao Ran, and Joseph Parilla: Global Metro Monitor. In: Brookings. 22. Januar 2015 (brookings.edu [abgerufen am 19. Juli 2018]). 
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  51. Roma Tiburtina. Archiviert vom Original am 6. Mai 2006; abgerufen am 15. Dezember 2011 (italienisch). 
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  53. Streckennetz auf der Seite der ATAC. Abgerufen am 15. Dezember 2011 (italienisch). 
  54. Mary Webb: Jane’s Urban Transport Systems 2009–2010. Coulsdon 2009, ISBN 978-0-7106-2903-6, S. 195. 
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  57. E se la ex Roma-Pantano diventasse la Metro G? (Nicht mehr online verfügbar.) In: CityRailways. 2. Dezember 2014, archiviert vom Original am 18. Mai 2016; abgerufen am 18. Mai 2016 (italienisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cityrailways.net 
  58. Rom in der IMDb
  59. Bibliografie zur Stadt Rom (italienisch, eingesehen am 29. Januar 2011)

Wien

Wien

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Wien
LandesflaggeLandeswappen
Logo
Basisdaten
Staat: Österreich
Amtssprache: Deutsch
ISO 3166-2: AT-9
UN/LOCODE: AT VIE
Kürzel, Kfz-Kennzeichen: W
Gemeindekennzahl: 90001[1]
Gemeindecode: 90101–92301[1]
Postleitzahlen: 1010–1423, 1600,
1601, 1810, 1901
Telefonvorwahl: 01, international: +43 1
Website: www.wien.gv.at
Politik
Bürgermeister und
Landeshauptmann:
Michael Ludwig (SPÖ)
Amtsführende Parteien: SPÖ und Grüne
Sitzverteilung im Landtag und Gemeinderat
44
34
10
7
5
44 34 10 
 
Insgesamt 100 Sitze

 

Letzte Wahl: 11. Oktober 2015
Nächste Wahl: Oktober 2020
Bevölkerung
Einwohner: 1.888.776 (1. Jänner 2018)[2]
Ballungsraum: 2.811.186 (2017)[3]
Rang: 1. von 9
Bevölkerungsdichte: 4553 Einw. pro km²
Arbeitslosenquote: 12,5 % (Mai 2017)[4]
Ausländeranteil: 28,6 % (1. Jänner 2017)[5]
Migrationshintergrund: 42,8 % (Ø 2016)[6]
Wirtschaft
Bruttoinlandsprodukt: 90,11 Mrd. € (2016)[7]
BIP pro Kopf: 48.600 € (2016)[7]
Geographie
Fläche: 414,87 km²[8]
– davon Land: 395,57 km² (95,3 %)
– davon Wasser: 19,30 km² (4,7 %)[9]
Rang: 9. von 9
Höchster Punkt 542 m ü. A.
(Hermannskogel)
Tiefster Punkt 151 m ü. A.
(Lobau)
Koordinaten 48° 12′ N, 16° 22′ O
Verwaltungsgliederung
Bezirke: 1 Statutarstadt/Land,
23 Gemeindebezirke,
89 Katastralgemeinden
Gemeinden: 1
– davon Städte: 1
– davon Marktgemeinden: 0
Lage Wiens in Österreich
Sehenswürdigkeiten

Wien  [viːn] ist die Hauptstadt der Republik Österreich und zugleich eines der neun österreichischen Bundesländer. Mit rund 1,9 Millionen Einwohnern ist das an der Donau gelegene Wien die bevölkerungsreichste Großstadt Österreichs, die zweitgrößte im deutschen Sprachraum sowie die sechstgrößte Stadt der Europäischen Union.[10] Im Großraum Wien leben etwa 2,8 Millionen Menschen – das entspricht rund einem Drittel der österreichischen Gesamtbevölkerung.

Architektonisch ist Wien bis heute vor allem von den Bauwerken um die Wiener Ringstraße aus der Gründerzeit, aber auch von Barock und Jugendstil geprägt. Durch seine Rolle als kaiserliche Reichshaupt- und Residenzstadt des Kaisertums Österreich ab 1804 wurde Wien im 19. Jahrhundert zu einem kulturellen und politischen Zentrum Europas. Um das Jahr 1910, als Wien noch Hauptstadt der Habsburgermonarchie war, zählte die Stadt als fünftgrößte Stadt der Welt über zwei Millionen Einwohner.[11] Das historische Zentrum von Wien sowie das Schloss Schönbrunn gehören heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Mit jährlich rund 7,5 Millionen Touristen und rund 16,5 Millionen Gästeübernachtungen zählt Wien zu den meistbesuchten Städten Europas.[12]

Bereits beim Wiener Kongress 1814/15 spielte die Stadt eine bedeutende Rolle in der internationalen Diplomatie, die sie bis in die Gegenwart beibehalten hat. So ist Wien heute als internationaler Kongress- und Tagungsort Sitz von über 30 internationalen Organisationen,[13] darunter das Erdölkartell OPEC, die internationale Atomenergiebehörde IAEO und die OSZE, und zählt damit zu den Weltstädten.[14][15] Das Büro der Vereinten Nationen in Wien (UNOV) beherbergt im Vienna International Centre (VIC) einen der vier Amtssitze der UNO, im Volksmund meist als UNO-City bezeichnet.

Zudem gilt Wien als Stadt mit sehr hoher Lebensqualität. In der internationalen Mercer-Studie 2017/2018, in der die Lebensqualität von Expatriates[16] anhand von 39 Kriterien wie politische, wirtschaftliche, soziale und Umweltfaktoren in 231 Großstädten weltweit verglichen wurden, belegte Wien zum neunten Mal in Folge den ersten Rang.[17] Eine Studie der Vereinten Nationen sah Wien 2012 als wohlhabendste Stadt der Welt.[18]

Zu einem anderen Ergebnis kam eine OECD-Studie im Jahr 2018, die für Wien seit 2008 einen deutlichen Wohlstandsverfall im Vergleich zum Jahr 2000 (Platz 84) konstatierte und die Stadt nun am 104. Platz von 329 verglichenen Großstädten und Ballungsräumen sah.[19] In dieser Studie wird auch angegeben, dass Wien gemeinsam mit den anderen Bundesländern beim Einkommen im besten OECD-Viertel liegt.[19] Eher kritisch wird die Position der Stadt auch von denen beurteilt, die in ihr einen „Wasserkopf“ sahen bzw. sehen, d. h. eine für die Rolle der Hauptstadt des relativ kleinen Staates Österreich „zu große“ Stadt.[20][21] Diese Kritik wird von Vertretern der „österreichischen Provinz“ mit dem Vorwurf verbunden, der österreichische Staat nehme das in Österreich gültige Föderalismusprinzip nicht ernst genug, indem er, anders als politisch Verantwortliche in den benachbarten Bundesstaaten Deutschland und Schweiz, außerhalb der Bundeshauptstadt keine Institutionen des Bundes angesiedelt habe.[22]

Bezeichnung

Der Name der Stadt wird standarddeutsch [vi:n] ausgesprochen. In den ostösterreichischen Mundarten heißt die Stadt Wean [veɐ̯n]; diese Bezeichnung ist allerdings in der Wiener Mundart selbst, außer in speziellen Fällen wie etwa Dialektkulturveranstaltungen, kaum noch in nennenswertem Ausmaß gebräuchlich.[23]

Etymologie

Der Name leitet sich vom Fluss Wien ab (der üblichen Benennung von Siedlungen nach dem dort mündenden Nebenfluss folgend). Überliefert ist der Name erstmals 881 in den Salzburger Annalen, wo von einer Schlacht ad Uueniam (lies: ad Weniam) berichtet wird, wobei allerdings unklar ist, ob die Stadt oder der Fluss gemeint ist.[24] Der althochdeutsche Name Wenia, von dem sich der heutige ableitet, kommt von der keltoromanischen Bezeichnung Vedunia („Waldbach“) für den Wienfluss; eine slawische Zwischenform ist denkbar, aber nicht belegt.[24] Der Name Vindobona bezog sich auf eine römische Siedlung innerhalb des heutigen Stadtgebiets, und wird heute noch mitunter für Wien benutzt (etwa auf lateinischen Urkunden), obwohl er mit dem heutigen Namen der Stadt keine etymologische Verwandtschaft aufweist.

Bezeichnung der Stadt in anderen Sprachen

Wien gehört zu jenen alten Städten, für die in vielen Sprachen eigene Namen bestehen.

Im Englischen, Italienischen, Spanischen, Portugiesischen und anderen romanischen Sprachen ist Wien als Vienna oder Viena bekannt, im Französischen als Vienne, im Griechischen als Vienni, im Niederländischen als Wenen, auf Russisch Вена (Wena). Eine eigenständige Bildung sind das ungarische Bécs bzw. Beč im Bosnischen/Kroatischen/Serbischen. Davon stammt auch die Form Beç aus der osmanischen Amtssprache ab (im modernen Türkisch heißt es Viyana). Die Form wird auf die ungarische Herrschaft im 9./10. Jahrhundert zurückgeführt und meist mit „am Steilhang“ übersetzt. Die eigenständige Namensbildung wird als Indiz für die geringe Bedeutung Wiens in dieser Periode gewertet.[24] Die slowenische Bezeichnung für Wien, Dunaj, verweist auf die Donau (die aber im heutigen Slowenischen Donava heißt). Auf Tschechisch heißt die Stadt Vídeň, Slowakisch Viedeň, auf Polnisch Wiedeń und auf Ukrainisch Відень (Widen, ˈviːdɛɲ). Diese Formen stehen etymologisch in keiner Beziehung zum Bezirksnamen Wieden.

Weitere Verwendungen der Bezeichnung

Die französische Stadt Vienne ist zwar namensgleich mit der französischen Bezeichnung Wiens, ihr Name ist jedoch weitaus älter als jener Wiens. In den Vereinigten Staaten und in Kanada existieren einige Siedlungen, die die deutsche oder englische Bezeichnung von Wien im Namen tragen. Dies ist in vielen Fällen wohl auf Auswanderer zurückzuführen, die ihre neuen Siedlungen nach ihrem Herkunftsort benannten.

In Nordamerika wird Vienna in seltenen Fällen als weiblicher Vorname verwendet. Ein prominentes Beispiel ist die kalifornische Musikerin Vienna Teng, die den Vornamen in ihrem Künstlernamen verwendet.

Geografie

 
Wien, Satellitenfoto 2002, Außenbezirke nur teilweise; Nord bei 1 Uhr (oben rechts)

Lage und Landschaft

Wien liegt am Ostrand der Alpen, am Übergang zum Alpenvorland im Osten, das zur Pannonischen Tiefebene leitet. Der Stadtkern erstreckt sich schon in der Ebene an der Donau, die westlichen Stadtteile im Wienerwald, der östlichsten Gebirgsgruppe der Nordalpen. Vom Wiener Stadtgebiet ist nur ein relativ kleiner Anteil verbaut. Etwa die Hälfte Wiens ist Grünland, größere Teile werden auch landwirtschaftlich genutzt.

Wien erhebt sich von 151 m ü. A. in der Lobau bis zu einer Höhe von 542 m ü. A. auf dem Hermannskogel. Im Nordwesten, Westen und Südwesten Wiens reicht der Wienerwald mit seinen Höhen (Leopoldsberg, Kahlenberg) und Wäldern bis ins Stadtgebiet hinein. Die Donau tritt durch die Wiener Pforte, eine Enge zwischen dem rechtsufrigen Leopoldsberg und dem linksufrigen Bisamberg, nach Wien ein. Aus dem Wienerwald fließen außerdem zahlreiche kleine Flüsse in die Stadt, der bekannteste davon ist der Wienfluss. Die Berge im Westen werden im Süden von eiszeitlichen Terrassen (Wienerberg und Laaer Berg) fortgesetzt. Dieses gesamte Gebiet wird zum Weinbau genutzt, es bildet die Weinbauregion Wien.

Der Osten der Stadt ist geprägt vom Wiener Anteil am flachen Marchfeld, der der Landwirtschaft dient, aber zunehmend verbaut wird. Im Südosten findet sich die Lobau als Wiener Anteil am Nationalpark Donauauen. Angesichts der (wie bei vielen europäischen Städten) vorwiegenden Westwinde befinden sich die gehobenen Wohngegenden eher am westlichen Stadtrand, wo unter anderem die Luft noch sauberer ist, während die alten Industriegebiete eher am südöstlichen Rand der Stadt liegen.

 
Panorama von Wien vom „Himmel“ aus gesehen (2005)
„Am Himmel“ liegt im NW der Stadt, links sieht man nach NNO, ganz rechts nach SSW

Räumliche Situation

Die Entwicklung zu einer der bedeutendsten und größten Städte Mitteleuropas verdankt Wien unter anderem seiner günstigen geographischen Lage zwischen Alpenostrand und pannonischem Raum und den historischen europäischen Achsen, der Süd–Nord-Achse entlang des Alpenrands (Bernsteinstraße) und der West–Ost-Achse entlang Alpenvorland und der Donau als Wasserweg. Wien entstand am Kreuzungspunkt dieser Verkehrsstraßen. Die historische Stadt bildete sich ausschließlich südlich der Donau: Der Strom ließ sich hier leicht durch- oder überqueren, da sich der Strom im Wiener Becken in zahlreiche Arme mit Inseln dazwischen auffächerte. Heute erstreckt sich das Stadtgebiet weit beiderseits des Flusses.

Die Lagegunst auch in Bezug auf die historischen Nachbarländer Mähren und Königreich Ungarn und die Routen Richtung Steiermark, Krain und Adriaküste trugen entscheidend dazu bei, dass sich Wien auf Dauer als Monarchenresidenz durchsetzte. Etwa von 1840 an führte dies auch zur Errichtung eines von Wien sternförmig ausstrahlenden Eisenbahnnetzes.

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und des Ostblocks 1989 wachsen die seit 1945 unterbrochenen oder erschwert nutzbar gewesenen Verkehrs- und Wirtschaftsbeziehungen zu den nördlichen und östlichen Nachbarstaaten Österreichs wieder deutlich. So liegt Wien beispielsweise nur 55 km von der slowakischen Hauptstadt Bratislava (Pressburg) entfernt; solch eine Nähe zweier Hauptstädte ist in Europa einmalig (abgesehen vom Sonderfall Vatikan/Rom). Die Stadtverwaltung hat auf die Situation mit der Beteiligung an der Europaregion Centrope reagiert.

Geologie

Wien liegt am östlichen Ausläufer der Nördlichen Kalkalpen, die hier am Westrand des tertiären Wiener Beckens sowie an der vom Pleistozän bis heute im Wiener Raum landschaftsbildenden Schwemmebene der Donau in die Tiefe abtauchen. Nördlich der Stadt überspringt die Flyschzone die Donau und leitet in die Karpaten weiter. Der Untergrund der Stadt wird von verschiedenen geologischen Landschaften gebildet:

Ein System von nord-süd-gerichteten Störungen und Brüchen durchzieht das Stadtgebiet. Mächtige Grundwasserkörper sind in den Donauschottern anzutreffen.[25]

Siedlungsstruktur

Wien ist mit einer Fläche von 414,87 Quadratkilometern[8] das kleinste Bundesland Österreichs und vollständig vom Land Niederösterreich umgeben, zu dem es bis 1920 (siehe Trennungsgesetz) gehörte. Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 22,8 Kilometer, die West-Ost-Ausdehnung 29,4 Kilometer.[26] Der höchste Punkt ist der Hermannskogel (542 m ü. A.) am nordwestlichen Stadtrand, der tiefste die Lobau (151 m ü. A.) am südöstlichen Stadtrand.[26]

Da die Statutarstadt Wien seit 1920 zugleich Land ist, scheint sie in Bundesländer-Rangreihungen auf: Wien verfügt unter den Bundesländern über den größten Anteil von Verkehrs- und Bauflächen an seiner Gesamtfläche. 11,6 Prozent[27] der Gesamtfläche sind bebautes Land, 11,1 Prozent Straßenverkehrsflächen und 2,2 Prozent Gleiskörper. Zugleich ist Wien auch das Land mit dem größten Anteil von Gartenflächen, die 28,4 Prozent oder 117,76 Quadratkilometer ausmachen. Gewässer (4,5 Prozent) machen nur im Burgenland einen größeren Anteil an der Gesamtfläche aus.

Wien ist eines von vier Bundesländern in Österreich, die Weinbau betreiben. 1,6 Prozent der Fläche werden von Weingärten eingenommen. Waldflächen bedecken 17,8 Prozent, landwirtschaftlich genutzt werden 14,8 Prozent der Stadt- und Landesfläche.

Stadtgliederung

 
Vereinigtes Wappen Wiens (H. Ströhl, 1902)
Hauptartikel: Wiener Gemeindebezirke
Siehe auch: Demografie Wiens

Wien, das als Statutarstadt auch als politischer Bezirk fungiert, wird seit 1954 in 23 Gemeindebezirke (1905–1938 21 Bezirke, 1938–1954 Groß-Wien mit 26 Bezirken) unterteilt. Von den Wienern werden die Bezirke entweder mit ihren Namen (beispielsweise „Ottakring“) oder mit ihren Nummern bezeichnet (beispielsweise „16. Bezirk“ oder auch „Der Sechzehnte“, schriftlich auch „Wien 16“). Diese Nummern befinden sich auf jedem Straßenschild vor dem Straßennamen (beispielsweise „16., Thaliastraße“) und bilden die zweite und dritte Stelle der Postleitzahl (1010 für den 1. Bezirk bis 1230 für den 23. Bezirk).

Stadtstruktur und Erweiterungen

Die historische Altstadt, heute Großteil des 1. Bezirks, war noch im Revolutionsjahr 1848 deckungsgleich mit dem Stadtgebiet. Unter Kaiser Franz Joseph kam es 1849/50, 1890 bis 1892 und 1904/05 zu drei großen Stadterweiterungen.

Am 17. März 1849 wurde durch kaiserliches Patent eine Provisorische Gemeindeordnung für die Monarchie erlassen; ihr zufolge hatten Vorstädtemit der eigentlichen Stadt immer eine einzige Ortsgemeinde zu bilden.[28] Damit waren die Wiener Vorstädte ex lege eingemeindet.

1850[29] wurden daher die 1849 bestehenden Vorstädte Wiens innerhalb des Linienwalls in die Bezirke 2 bis 8 gegliedert. 1861 erfolgte die Teilung des ursprünglichen 4. Bezirks in zwei Bezirke. 1874 wurden die außerhalb des Linienwalls gelegenen Gebiete des 4. und des 5. Bezirks zum neuen 10. Bezirk, Favoriten, zusammengefasst. Nach einem niederösterreichischen Landesgesetz vom Dezember 1890, das am 1. Jänner 1892 in Kraft trat, wurden die heutigen Außenbezirke am rechten Donauufer, damals Vororte genannt, obwohl teils selbst bereits städtische Viertel, eingemeindet; damit besaß Wien nun 19 Bezirke. 1900 wurde der nördliche Teil des 2. Bezirks zum 20. Bezirk erklärt. Bei der dritten großen Erweiterung, 1904 beschlossen, 1905 in Kraft getreten, wurde die Großgemeinde Floridsdorf am linken Donauufer als 21. Bezirk eingemeindet; er reichte von Strebersdorf im Norden bis zur Lobau im Südosten. (Das Gebiet zwischen Donau und Alter Donau verblieb aber zum Teil bis 1938 beim 2. Bezirk.) Eine Vervierfachung seines Stadtgebietes erlebte Wien zur Zeit des Nationalsozialismus, als die Diktatur per 15. Oktober 1938 Groß-Wien mit 26 Bezirken schuf. Diese Erweiterung wurde durch einen Beschluss des Nationalrates, des Wiener Landtages und des Niederösterreichischen Landtages von 1946, welcher wegen eines Vetos der Besatzungsmächte erst 1954 in Kraft treten konnte, großteils wieder rückgängig gemacht. Von den 97 im Jahr 1938 eingemeindeten Orten blieben nur 17 bei Wien: am linken Donauufer Stammersdorf, Süßenbrunn, Breitenlee und Essling, am rechten Donauufer (südlicher und südwestlicher Stadtrand) Albern, Unterlaa, Oberlaa und Rothneusiedl, die acht Ortschaften des heutigen 23. Bezirks (Liesing) samt dem Lainzer Tiergarten und Hadersdorf-Weidlingau am westlichen Stadtrand. In der Folge änderten sich 1954–1956 einige Bezirksgrenzen. Die Stadtgrenzen sind seit 1954 unverändert.

Gemeindebezirke

Bei der Festlegung der Bezirksgrenzen versuchte man, diese markant entlang wichtiger Straßen oder Flüsse zu ziehen, wenngleich hierdurch einige ehemalige Gemeinden geteilt wurden. Die Innenbezirke 1 und 3 bis 9 werden durch den Gürtel von den Außenbezirken abgegrenzt. In den Bezirken 1, 3, 9, 11 und 19 bildet der Donaukanal einen Teil der Bezirksgrenzen, in den Bezirken 11, 19, 21 und 22 die Donau. Donaukanal und Donau trennen die Bezirke 2 und 20 von allen anderen; die Bezirke 21 und 22 liegen als einzige am linken Donauufer. Auch der Wienfluss ist fast in seinem gesamten Verlauf durch die Stadt (ausgenommen den Abschnitt von der westlichen Stadtgrenze bis Hütteldorf) stets Bezirksgrenze.

Bevölkerung in den 23 Gemeindebezirken (1. Jänner 2017)[30]
GemeindebezirkFläche
(km²)
EinwohnerEinwohner
pro km²
Ausländeranteil
(Prozent)
1. Innere Stadt 01., Innere Stadt 2,87 16.465 5.737 24,5
2. Leopoldstadt 02., Leopoldstadt 19,24 105.003 5.458 33,5
3. Landstraße 03., Landstraße 7,40 90.183 12.187 30,0
4. Wieden 04., Wieden 1,78 33.035 18.559 31,0
5. Margareten 05., Margareten 2,01 55.356 27.540 36,0
6. Mariahilf 06., Mariahilf 1,46 31.865 21.825 28,7
7. Neubau 07., Neubau 1,61 32.197 19.998 29,0
8. Josefstadt 08., Josefstadt 1,09 25.528 23.420 30,1
9. Alsergrund 09., Alsergrund 2,97 42.709 14.380 32,2
10. Favoriten 10., Favoriten 31,82 198.083 6.225 34,5
11. Simmering 11., Simmering 23,26 100.137 4.305 27,0
12. Meidling 12., Meidling 8,10 95.955 11.846 32,7
13. Hietzing 13., Hietzing 37,72 54.171 1.436 19,5
14. Penzing 14., Penzing 33,76 92.337 2.735 25,0
15. Rudolfsheim-Fünfhaus 15., Rudolfsheim-Fünfhaus 3,92 78.999 20.153 41,6
16. Ottakring 16., Ottakring 8,67 104.323 12.033 35,3
17. Hernals 17., Hernals 11,39 57.180 5.020 33,2
18. Währing 18., Währing 6,35 51.128 8.052 27,5
19. Döbling 19., Döbling 24,94 72.107 2.891 23,9
20. Brigittenau 20., Brigittenau 5,71 86.868 15.213 36,5
21. Floridsdorf 21., Floridsdorf 44,44 158.712 3.571 21,6
22. Donaustadt 22., Donaustadt 102,30 184.188 1.800 18,6
23. Liesing 23., Liesing 32,07 101.053 3.151 17,3
Stadt Wien414,871.867.5824.50228,6

Ortschaften und Stadtteile

In den meisten Außenbezirken sind für früher selbstständige Ortschaften die historischen Namen erhalten, aus deren Wappen sich auch die Bezirkswappen zusammensetzen. Einige Dörfer und Siedlungen aus früheren Epochen existieren heute jedoch nicht mehr (siehe Liste der Wüstungen in Wien). Viele Grätzln bzw. Stadtteile sind auf die eingemeindeten Vorstädte und Vororte zurückzuführen, andere wiederum sind durch Wohnbauinitiativen der letzten Jahrzehnte neu entstanden oder werden geografisch klar von anderen Gebieten abgegrenzt.

Weitere administrative Unterteilungen

  • Die Nationalratswahlordnung sieht die Unterteilung des Landeswahlkreises Wien in sieben Regionalwahlkreise vor.
  • Die Stadt besteht bundesrechtlich aus zwölf Gerichtsbezirken.
  • Für das Grundbuch (Dokumentation des Grundeigentums) ist das Stadtgebiet in 89 Wiener Katastralgemeinden gegliedert, deren Grenzverlauf nicht unbedingt mit jenem der Gemeindebezirke übereinstimmt.
  • In der amtlichen Statistik ist Wien in 1364 Zählsprengel in 246 Zählbezirken geteilt.

Klima

Das Wiener Klima bildet ein Übergangsklima mit ozeanischen Einflüssen aus dem Westen und kontinentalen Einflüssen aus dem Osten. Dies macht sich im Jahresvergleich durch meist stark schwankende Messergebnisse bemerkbar. Insgesamt hat Wien meist nur geringere Niederschlagsmengen und längere Trockenperioden zu verzeichnen. Die Winter sind im Vergleich zu anderen Teilen Österreichs eher mild. Die mittlere Lufttemperatur beträgt im 30-jährigen Mittel im Stadtzentrum durchschnittlich 11,4 Grad Celsius, in den Außenbezirken (ZAMG Wetterstation Hohe Warte) 10,2 Grad Celsius. Die mittlere Niederschlagsmenge liegt bei rund 600 Millimetern, wobei im Westen der Stadt im Durchschnitt 741,5 Millimeter gemessen werden, im Osten hingegen nur 514,5 Millimeter. 60 Sommertagen stehen rund 70 Frosttage gegenüber. Am 8. August 2013 wurde an der Messstation „Innere Stadt“ mit 39,5 Grad Celsius die bisher höchste Temperatur in Wien gemessen.[31] In Wien befindet sich der Sitz der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).

Die folgenden Klimadiagramme sind jeweils aus unterschiedlichen Stadtteilen und dienen der Quantifizierung des Stadtklimas von Wien.

 

Klimatabelle für Wien Innere Stadt (171 m)
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez    
Max. Temperatur (°C) 3,8 6,1 10,2 16,1 21,3 24,0 26,7 26,6 21,1 15,3 8,1 4,6 Ø 15,4
Min. Temperatur (°C) −0,8 0,3 3,5 7,8 12,5 15,1 17,4 17,5 13,6 8,8 3,6 0,5 Ø 8,4
Temperatur (°C) 1,2 2,9 6,4 11,5 16,5 19,1 21,7 21,6 16,8 11,6 5,5 2,4 Ø 11,5
 
Niederschlag (mm) 21,3 29,3 39,1 39,2 60,9 63,3 66,6 66,5 50,4 32,8 43,9 34,6 Σ 547,9
 
Sonnenstunden (h/d) 2,1 3,7 4,1 6,1 7,7 7,6 8,4 8,1 5,6 4,5 2,2 1,6 Ø 5,1
 
Regentage (d) 5,3 6,0 8,1 6,3 8,3 9,3 8,2 8,5 6,9 6,0 7,5 7,6 Σ 88
T
e
m
p
e
r
a
t
u
r
3,8
 
−0,8
6,1
 
0,3
10,2
 
3,5
16,1
 
7,8
21,3
 
12,5
24,0
 
15,1
26,7
 
17,4
26,6
 
17,5
21,1
 
13,6
15,3
 
8,8
8,1
 
3,6
4,6
 
0,5
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
N
i
e
d
e
r
s
c
h
l
a
g
21,3
 
29,3
 
39,1
 
39,2
 
60,9
 
63,3
 
66,6
 
66,5
 
50,4
 
32,8
 
43,9
 
34,6
 
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Quelle: [32]

Die Klimastation Wien Innere Stadt weist das wärmste Klima Österreichs auf. Durch die dichte Bebauung wird die nächtliche Abkühlung reduziert und dadurch sind vor allem die Temperaturminima markant höher als im Umland. Die mittlere Windgeschwindigkeit beträgt 14 km/h. Windrichtungen aus West, Nordwest und Südost dominieren.

Flora

 
Der Wien-Blaustern (Scilla vindobonensis) wurde nach der Stadt benannt.

Durch Wien verläuft eine Grenze zwischen zwei Florenregionen, welche beide dem holarktischen Florenreich angehören. Nur der westlichste, zum Wienerwald gehörige Teil der Stadt zählt, wie fast das ganze restliche Österreich, zur Mitteleuropäischen Florenregion, während das restliche Stadtgebiet der Pannonischen Florenprovinz angehört, welche wiederum den westlichsten Teil der südsibirisch-pontisch-pannonischen Florenregion darstellt. Außerhalb von Wien haben in Österreich sonst nur noch das Burgenland und Niederösterreich Anteil an der südsibirisch-pontisch-pannonischen Florenregion, welche sich von Südsibirien über die Ukraine, Siebenbürgen, die Vojvodina und die Ungarische Tiefebene bis an den Alpenostrand erstreckt. Zudem ist in Wien ein submediterraner Einfluss feststellbar. Aus diesem Grund wachsen in Wien viele Arten, die in Österreich einzigartig und entsprechend schützenswert sind.[33]

In Wien treten 1490 Vollstatus-Gefäßpflanzen-Arten bzw. 1545 Elementar-Gefäßpflanzen-Taxa heimisch oder alteingebürgert auf. Inklusive der Neubürger und Unbeständigen sind es 2194 Taxa.[34] Dies sind hohe Werte für eine Großstadt: zum Vergleich kann das mehr als sechsmal so große und viel weniger dicht bebaute Vorarlberg mit nur 1683 Vollstatus-Gefäßpflanzen-Arten, also um 13 Prozent mehr, aufwarten.[35]

Naturschutz

Der Schutz der Natur ist in Wien durch diverse Rechtsnormen, wie das Wiener Naturschutzgesetz, das Wiener Nationalparkgesetz und die Wiener Naturschutzverordnung, geregelt.[36] Es existieren folgende Schutzstufen: Europaschutzgebiet (Natura 2000), Nationalpark, Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet, geschützter Landschaftsteil, ökologische Entwicklungsfläche, Naturdenkmal, geschütztes Biotop, Biosphärenpark und Ramsar-Gebiet.[37]

Die größten und bedeutendsten Schutzgebiete sind der Nationalpark Donau-Auen und der Biosphärenpark Wienerwald, die Osten und Westen der Stadt schützen, sowie der Bisamberg und die Alten Schanzen. Daneben existieren eine größere Anzahl kleinerer Schutzgebiete und -objekte.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Wiens

Die Wurzeln der Stadt sind zumindest vorrömisch. Die Anfänge der städtischen Geschichtsschreibung gehen auf das 13. Jahrhundert mit der Stadtchronik von Jans dem Enikel zurück.

Urgeschichte, Römerzeit, Mittelalter

 
Römische Ausgrabungen am Hohen Markt im Untergeschoß des Römermuseums (2015)

Archäologische Funde zeigen, dass schon während der Altsteinzeit Menschen das Gebiet begangen haben und dass ab der Jungsteinzeit das Wiener Becken kontinuierlich besiedelt war. Von der bronzezeitlichen Urnenfelderkultur zeugen in Wien etliche Brandgräber aber auch Siedlungsspuren. Die ältere eisenzeitliche Hallstattkultur ist in Wien u. a. durch einen noch immer gut sichtbaren Grabhügel und Siedlungsreste vertreten. Aus keltischer Zeit ist ein Oppidum auf dem Leopoldsberg und eine keltische Siedlung mit dem Namen Vedunia („Waldbach“) bekannt.

Im 1. Jahrhundert n. Chr. legten die Römer an der Stelle des heutigen Wiener Stadtzentrums nahe der Donau ein Militärlager (castrum) mit der angeschlossenen Zivilstadt Vindobona (im heutigen 3. Gemeindebezirk) zur Grenzsicherung der Provinz Pannonien an. Noch heute kann man an den Straßenzügen des 1. Bezirks (Innere Stadt), den Mauerverlauf und die Straßen des Lagers erkennen. Die Römer blieben bis ins 5. Jahrhundert. Das römische Legionslager lag weit im Osten des weströmischen Reiches und fiel daher den Wirren der germanischen Völkerwanderung rasch zum Opfer.

Zentrum des frühmittelalterlichen Wien war der Berghof, ein Wirtschaftshof für den Weinbau. Die erste urkundliche Erwähnung im Mittelalter erfolgte 881 in den Salzburger Annalen, wo apud Weniam eine Schlacht gegen die Magyaren stattfand, wobei unklar ist, ob es sich um die Stadt oder um den Wienfluss handelt. Mit dem Sieg des ostfränkischen Königs Otto I. über die Magyaren im Jahr 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld begann der Aufstieg Wiens wie auch Österreichs.

Im Jahre 976 wurde unter den Babenbergern die Markgrafschaft Ostarrichi (Marcha orientalis) eingerichtet, auf deren Gebiet, an der Grenze zu Ungarn, auch Wien lag. Bereits im 11. Jahrhundert war Wien ein wichtiger Handelsort, 1155 machte Heinrich Jasomirgott Wien zu seiner Hauptstadt. Nur ein Jahr später wurde Österreich mit dem Privilegium Minus zum Herzogtum erhoben und Wien damit Residenz des Herzogs.

Nach Beendigung des Dritten Kreuzzuges wurde der englische König Richard Löwenherz bei seiner Rückreise nach England von Markgraf Leopold V. dem Tugendreichen 1192 in Erdberg bei Wien (heute im 3. Bezirk) gefangen genommen und in Dürnstein gefangen gehalten. Mit dem üppigen Lösegeld wurde eine Münzprägestätte eingerichtet und die erste große Stadterweiterung finanziert. 1221 bekam Wien als zweite Stadt im Herzogtum Österreich nach Enns (1212) das Stadt- und Stapelrecht verliehen.[38] Letzteres bedeutete, dass Kaufleute, die durch Wien zogen, in der Stadt ihre Waren zum Verkauf anbieten mussten. Dies ermöglichte den Wienern den Zwischenhandel, sodass Wien bald weit reichende Handelsbeziehungen, insbesondere entlang der Donau und nach Venedig unterhielt und als eine der bedeutendsten Städte des Reichsgebiets galt.

Habsburger

 
Rudolf IV., der Stifter – Er prägte maßgeblich die Stadt.
 
Wien in der Schedelschen Weltchronik, 1493

Mit dem Sieg Rudolfs I. 1278 über Ottokar II. von Böhmen begann die Herrschaft der Habsburger in Österreich. Unter den Luxemburgern wurde Prag zur kaiserlichen Residenzstadt, in deren Schatten Wien stand. Die frühen Habsburger versuchten, die Stadt auszubauen, um Schritt zu halten.

Große Verdienste erwarb sich Rudolf IV., der durch eine kluge Wirtschaftspolitik den Wohlstand hob. Zwei Entscheidungen haben ihm den Beinamen der Stifter eingetragen: die Gründung der Universität Wien 1365 (Vorbild war Prag) und der Bau des gotischen Langhauses von St. Stephan. Die folgende Zeit der Erbstreitigkeiten unter den Habsburgern brachte nicht nur viele Wirren, sondern auch einen wirtschaftlichen Niedergang.

 
Wien, 1773–81

1438 wurde Wien nach der Wahl Herzog Albrechts V. zum römisch-deutschen König (Albrecht II.) Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches; mit dem Namen Albrecht ist auch die Wiener Gesera verbunden, im Zuge derer in den Jahren 1421/22 die Wiener Juden vertrieben oder getötet wurden. 1469 wurde die aufstrebende Stadt zum Bischofssitz und damit der St. Stephan zur Kathedrale. In der Ära des schwachen Friedrich III. war Wien immer auf der Seite seiner Gegner, da er den Landfrieden gegen umherziehende Söldnerbanden nicht gewährleisten konnte. 1556 schließlich wurde Wien endgültig Sitz des Kaisers, nachdem Ungarn und Böhmen zum Herrschaftsbereich der Habsburger hinzugekommen waren.

Ab 1551 begann die Zeit der Rekatholisierung der Stadt, die durch die Lehre des Martin Luther ziemlich rasch protestantisch geworden war. König Ferdinand I. holte die Jesuiten nach Wien, die daraufhin großen Einfluss im Volk erlangten. Die Jesuiten gründeten ein Kollegium, ihnen wurde die Universität Wien übertragen, sie übten die Bücherzensur aus, womit die Stadt zum Ausgangspunkt der Gegenreformation im Heiligen Römischen Reich wurde. Deren wichtigster Repräsentant war Melchior Khlesl, der Bischof von Wien um 1600. Der Glaubenskrieg führte zu brutaler Enteignung und Vertreibung, sodass nach 1640 kaum noch Protestanten in Wien und Österreich lebten.

1583 wurde Elisabeth Plainacher in Wien in einem Hexenprozess verurteilt und hingerichtet.

Türkenbelagerungen durch das Osmanische Reich

 
Die Entsatzschlacht am Kahlenberg 1683 während der zweiten Türkenbelagerung

Im Jahre 1529 wurde Wien das erste Mal von den Türken erfolglos belagert. Die Grenze zwischen dem habsburgischen und dem osmanischen Teil Ungarns verlief fast zweihundert Jahre lang nur etwa 150 Kilometer östlich der Stadt, was ihre Entwicklung ziemlich einschränkte. Immerhin erhielt Wien nunmehr moderne Befestigungsanlagen.

Diese Befestigungsbauten, die bis ins 17. Jahrhundert hinein den Hauptteil der Bautätigkeit ausmachten, sollten sich 1683 bei der Zweiten Türkenbelagerung bewähren, denn sie schützten die Stadt zwei Monate lang, bis die türkische Armee wegen des Eintreffens des vom Polenkönig Jan Sobieski angeführten Entsatzheeres die Belagerung Wiens beenden musste. Dies war der Beginn des endgültigen Zurückdrängens des Osmanischen Reiches aus Mitteleuropa.

Glanzzeit von Barock und Klassizismus

 
Das barocke Wien: Blick vom Schloss Belvedere (Gemälde von Canaletto, 1758)

In der Folge setzte rege Bautätigkeit ein, die Stadt blühte auf. Im Zuge des Wiederaufbaus wurde Wien weitgehend barockisiert (Vienna gloriosa). Zahlreiche Adelspalais wurden gebaut; dies ist vor allem mit den Namen der Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach und Johann Lukas von Hildebrandt verbunden. Rege Bautätigkeit gab es aber auch außerhalb der Stadtmauern. Seit 1704 hatten die Vorstädte ihr eigenes, großzügig angelegtes Befestigungssystem, den Linienwall, etwa im Verlauf der heutigen Gürtelstraße.

Nach den Einschnitten durch die großen Pestepidemien von 1679 und 1713 wuchs die Bevölkerung ständig. Zu dieser Zeit wurden auch die ersten Manufakturen gegründet, die erste in der Leopoldstadt. Es entwickelten sich Kanalisation und Straßenreinigung, was die hygienischen Verhältnisse verbesserte.

Mit dem Aufblühen der Stadt entwickelte sich Wien bald zu einem wichtigen europäischen Kulturzentrum, gipfelnd in der Musik der Wiener Klassik (Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert).

Die Kaiserstadt zwischen Konservativismus und Avantgarde

 
Unter der Herrschaft von Kaiser Franz Joseph I., selbst ein amusischer Mensch, erlebte Wien eine beispiellose Blütezeit der Kunst, Kultur und Architektur.
 
Alt-Wien“ muss weichen. Historistische Zinshäuser (hier im Hintergrund) ersetzen den Dorfcharakter der ehemaligen Vorstädte um 1900.
 
Ringstraße mit k.k. Reichsratsgebäude (Parlament) um 1900; 1902 wurde der Pallas-Athene-Brunnen vor dem Gebäude enthüllt
 
Ball der Stadt Wien mit Bürgermeister Karl Lueger als Gastgeber im Festsaal des Rathauses, 1904

1804 wurde Wien die Hauptstadt eines neuen Staates – des Kaisertums Österreich. In den Koalitionskriegen wurde Wien zweimal – 1805 und 1809 – von Napoleons Truppen eingenommen. 1806 wurde in Wien das Erlöschen des Heiligen Römischen Reiches verkündet. Nach dem Sieg über Napoleon fand 1814/1815 der Wiener Kongress statt, der die politischen Verhältnisse in Europa neu ordnete.

Die folgende Epoche des Vormärzes war von rigider politischer Repression, aber auch durch die aufblühende Biedermeier-Kultur geprägt. In dieser Epoche setzte zudem die Industrialisierung ein – 1837 wurde mit dem ersten Teilstück der (Kaiser-Ferdinand-)Nordbahn von Floridsdorf nach Deutsch-Wagram die erste (Lokomotiv-)Eisenbahnstrecke Österreichs eröffnet.

Die französische Februarrevolution 1848 wirkte sich auch in Wien aus: Am 13. März brach zunächst die Märzrevolution aus, die Staatskanzler Metternich sehr bald zum Rücktritt zwang, am 6. Oktober dann die Wiener Oktoberrevolution. Letztlich siegte das kaiserliche Militär gegen die Demokraten. Der den Bürgern aus Frankfurt am Main zu Hilfe gekommene Demokrat Robert Blum wurde in der Brigittenau exekutiert.

1850 begann die erste Phase der Stadterweiterung, indem die „Vorstädte“ innerhalb des Linienwalls und die auf Donauinseln gelegene Leopoldstadt eingemeindet wurden. Ab 1858 wurden die Stadtmauern um die Altstadt geschleift und an ihrer Stelle die mit Monumentalbauten gesäumte Ringstraße erbaut. Vom Ringstraßenstil (Historismus) ist Wien architektonisch entscheidend geprägt. Mit dem während der Weltausstellung 1873 erfolgten großen Börsenkrach ging die Gründerzeit zu Ende.

Seit der großen Überschwemmung von 1830 hatte es immer wieder Überlegungen zu einer Donauregulierung gegeben, welche zwischen 1868 und 1875 durchgeführt wurde. Dabei wurden die vielen verästelten Seitenarme der Donau abgegraben und ein schnurgerader Hauptstrom abseits der Stadt geschaffen. Der Arm, der zur Inneren Stadt führte, wurde in veränderter, regulierter Form belassen, er trägt den Namen Donaukanal.

 
Schuldverschreibung über 2000 Kronen der Stadt Wien vom 23. Juni 1908[39]

Mit Beginn der Industrialisierung in Wien Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte die Stadt einen enormen Bevölkerungszuwachs. Die Einwohnerzahl erreichte um 1870 eine Million und 1910 zwei Millionen. Die dörflich geprägten „Alt-Wiener“ Bauten außerhalb des Rings wurden nach einem Stadtentwicklungsplan durch vier- bis sechsgeschoßige Wohn- und Geschäftshäuser ersetzt. Damit einher gingen große gesellschaftliche Umbrüche.

Mit dem Entstehen einer großen Arbeiterklasse und Armut in weiten Teilen der Bevölkerung erstarkte die Sozialdemokratie. Die große Unterschicht teilte sich oft kleine Wohnungen untereinander und mit „Bettgehern“ auf. Zuwanderer aus allen Teilen der k.u.k. Monarchie, insbesondere Tschechen, verwandelten Wien in einen kulturellen Schmelztiegel. Der Armut begegnete die Stadt mit speziell beauftragten sog. „Armenräten“.

Bekanntester Bürgermeister der Kaiserzeit war Karl Lueger, ein Christlichsozialer, der von 1897 bis 1910 amtierte. Er wurde sowohl durch umfassende kommunale Reformen als auch durch rabiaten Antisemitismus, der das politische Leben jener Zeit prägte und sich sowohl gegen „Ostjuden“ aus Galizien als auch gegen das assimilierte und wirtschaftlich erfolgreiche jüdische Wiener Bürgertum richtete, bekannt. (Zu Luegers Haltung siehe hier.) Adolf Hitler lebte zu dieser Zeit in Wien. Er bezeichnete 1925 in seinem Werk Mein Kampf Lueger als gewaltigsten deutschen Bürgermeister aller Zeiten.[40]

Bei der 1890 begonnenen Stadterweiterung wurde auch der Linienwall demoliert und an seiner Stelle der Gürtel als dritter Straßenring um die Stadt angelegt. Die Mautgrenze für die Verzehrungssteuer, nunmehr die Stadtgrenze, bestand aber noch bis 1922; dazu wurden 1891 einige neue Linienämter errichtet, die größtenteils baulich noch vorhanden sind.

Um 1900 erlebte die Stadt in der Wiener Moderne einen neuen kulturellen Höhepunkt. Er ist nicht zuletzt mit der Künstlervereinigung Secession verbunden, die Wien zu einem Zentrum des Jugendstils machte. In der Musik entstand die Zweite Wiener Schule um Arnold Schönberg. In der Literatur steht Jung-Wien für den Übergang zur Moderne, wobei das Kaffeehaus ein Zentrum kulturellen Schaffens darstellte. Inmitten dieser fruchtbaren kulturellen Atmosphäre wurde von Sigmund Freud die Psychoanalyse begründet.

Erster Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg führte zwar nicht zu unmittelbarer Bedrohung Wiens, jedoch mit zunehmender Kriegsdauer zu einer verheerenden Versorgungskrise, die sich unter anderem in Lebensmittelunruhen äußerte. Insbesondere Frauen waren hier aktiv und machten ihrer Verzweiflung über den Hunger Luft und schreckten teils auch vor Plünderungen nicht zurück.[41] Das Ende des „großen Krieges“ war auch das Ende Österreich-Ungarns. Am 30. Oktober 1918 entstand der neue Staat Deutschösterreich.

Erste Republik und „Ständestaat“

Am 11. November 1918 gab Kaiser Karl I. seine Verzichtserklärung ab und verließ am selben Tag Schloss Schönbrunn und die Stadt Wien. Am Tag darauf wurde von der Provisorischen Nationalversammlung im Parlament die Republik ausgerufen und beschlossen, dass Deutschösterreich ein Teil der deutschen Republik sein sollte. Das Vorhaben erwies sich im Frühjahr 1919 als undurchführbar.

Das am 10. November 1920 in Kraft getretene Bundes-Verfassungsgesetz, Kern des österreichischen Verfassungsrechts, definiert Wien als eigenes Land. Daher enthält die am gleichen Tag beschlossene und am 18. November 1920 in Kraft getretene Wiener Stadtverfassung einen Abschnitt über Wien als Land, und der Bürgermeister (als Landeshauptmann) und der Gemeinderat (als Landtag) nehmen die Landeskompetenzen Wiens wahr. Das die letzten vermögensrechtlichen Regelungen der Trennung von Niederösterreich enthaltende Trennungsgesetz trat am 1. Jänner 1922 in Kraft. Deshalb wird irrigerweise oft dieses Datum als Gründungsdatum des Landes Wien genannt, obwohl es seit 10. November 1920 besteht.

Wien bildet seither, ausgenommen die Zeit 1934–1945 (bundesunmittelbare Stadt im Austrofaschismus, Reichsgau unter NS-Herrschaft), ein eigenes Land. Einer der Gründe der Trennung vom Umland waren, neben der von den bevölkerungsärmeren Bundesländern befürchteten Dominanz Niederösterreichs im neuen Kleinstaat, die Differenzen zwischen mehrheitlich sozialdemokratischer Stadt- und mehrheitlich christlichsozialer Landbevölkerung. Die Trennung war für die weitere Entwicklung Wiens sehr bedeutsam, da die Stadt nunmehr Steuerhoheit besaß.

 
Der Karl-Marx-Hof ist ein Paradebeispiel des sozialen Wohnbaus des „Roten Wiens“ vor 1934.

Die Politik der Stadtregierung dieser Zeit („Rotes Wien“) wurde international als Pionierleistung anerkannt. Es wurde ein dichtes Netz an Sozialeinrichtungen und den Arbeitern in „Gemeindebauten“ (kommunalen Wohnbauten) Wohnraum in großem Stil geschaffen.

Wien war die Bühne für die wirtschaftliche und politische Instabilität der Ersten Republik. Hier wurden im Parlament, in den Medien, in den politischen Organisationen und auch bei vielen Demonstrationen die politischen Entscheidungen der konservativen Regierung angegriffen bzw. verteidigt. Der Brand des Justizpalastes am 15. Juli 1927, bei dem es zu schweren Zusammenstößen zwischen dem Bundessicherheitswachekorps und Demonstranten mit insgesamt 94 Todesopfern kam, war ein Zeichen beginnender Radikalisierung.

Der Kampf der beiden großen politischen Lager kulminierte vom 12. bis 15. Februar 1934 im „Februaraufstand“ der Sozialdemokraten (so die Regierungsversion) bzw. im „Bürgerkrieg, bei dem die Regierung das Militär gegen das Volk einsetzte“ (sozialdemokratische Lesart). Es folgte für vier Jahre die klerikale, austrofaschistische Diktatur des Ständestaates, die Wien zur „bundesunmittelbaren Stadt“ erklärte und seine demokratische Stadtverwaltung am 12. Februar 1934 des Amtes enthob. Der im gleichen Jahr folgende Juliputsch österreichischer Nationalsozialisten scheiterte, kostete aber Diktaturkanzler Engelbert Dollfuß das Leben.

Wien zur Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges

Am 12. März 1938 ließ Adolf Hitler die deutsche Wehrmacht in Österreich einmarschieren, um hier mit tätiger Mithilfe der österreichischen Nationalsozialisten, die bereits am 11. März mit der „Machtübernahme“ begonnen hatten, die austrofaschistische Diktatur durch die NS-Herrschaft zu ersetzen (siehe Anschluss Österreichs). Am 15. März 1938 hielt Hitler auf dem Balkon der Wiener Hofburg vor hunderttausenden begeistert jubelnden Menschen auf dem Heldenplatz seine berühmte Anschlussrede.

Die auf die Vernichtung der Juden zielende Politik Hitlers fiel beim in Wien schon viele Jahrhunderte alten und seit Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmenden Antisemitismus auf fruchtbaren Boden. Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann die sogenannte „wilde Arisierung“: Wer wollte, beraubte seine jüdischen Nachbarn, warf sie aus ihren Geschäften oder Wohnungen oder ließ sie auf andere Art seine Verachtung spüren. Dieser von der NS-Bürokratie so nicht erwartete Ausbruch der Judenfeindlichkeit wurde bald in geordnete Bahnen gelenkt, die Diskriminierung, Entrechtung, Beraubung usw. in bürokratische Vorgänge verwandelt, die den Anschein von Recht und Ordnung haben sollten.

Bei den Novemberpogromen beginnend am 9. November 1938 wurden 92 Synagogen Wiens zerstört. Nur eine einzige blieb verschont, der Stadttempel im 1. Bezirk, da in den angrenzenden Gemeinderäumen im Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde die Adressen aller Juden Wiens aufbewahrt wurden. Von dort aus hatten vom NS-Regime ausgesuchte jüdische Wiener die Auswanderung bzw. Deportation ihrer Glaubensgenossen mitzuorganisieren. Im Palais Rothschild (4., Prinz-Eugen-Straße, heute Neubau der Arbeiterkammer) amtierte Adolf Eichmanns Zentralstelle für jüdische Auswanderung (mit Auswanderung war im Krieg zumeist Beraubung, Deportation und Ermordung gemeint). Von den knapp 200.000 beraubten jüdischen Wienern wurden rund 120.000 in die Emigration getrieben und etwa 60.000 ermordet. Nach Kriegsende zählte die jüdische Bevölkerung Wiens nur noch 5.243 Personen.

Ab dem 17. März 1944 erfolgten über fünfzig Luftangriffe auf Wien, die rund ein Fünftel der Stadt zerstörten. Flächenbombardements wie in Hamburg oder Dresden fanden dabei nicht statt. Allerdings wurde ungefähr ein Drittel der Innenstadt zerstört, auch kulturell wichtige Gebäude wie die Staatsoper oder die Albertina fielen dem Bombenkrieg zum Opfer. Der Stephansdom, der den Luftkrieg ohne Bombentreffer überstanden hatte, geriet nicht durch Kampfhandlungen, sondern infolge einer Plünderung in Brand. Alle Versuche, Wien nach dem Vorbild Roms zur „offenen Stadt“ zu erklären, wurden von Gauleiter Baldur von Schirach verhindert. Ab dem 5. April kam es zur achttägigen Schlacht um Wien, die mit der Niederlage der Wehrmacht und der Besetzung durch die aus Ungarn vorgerückte Rote Armee endete.

Folgen der Zeit des Nationalsozialismus

Der bis 1938 wirksame Nachhall der Hauptstadtfunktion Wiens in der Monarchie war mit dem Beginn der NS-Zeit zu Ende. Das geistige und künstlerische Leben Wiens erlitt vor allem durch die Judenverfolgung einen enormen, nicht wieder zu kompensierenden Aderlass. Das Entstehen des Ostblocks machte Wien zu einem Treffpunkt der Spione aus Ost und West, bremste aber den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Wiederaufbau Wiens stark.

Mehr als 20 Prozent des Hausbestandes waren ganz oder teilweise zerstört, beinahe 87.000 Wohnungen unbewohnbar. Im Stadtgebiet wurden mehr als 3000 Bombentrichter gezählt, zahlreiche Brücken lagen in Trümmern, Kanäle, Gas- und Wasserleitungen hatten schwere Schäden erlitten. Zunächst ging es somit um die Lösung elementarster Probleme, die Stadt musste erst wieder funktionsfähig gemacht werden.[42]

Besatzung, Zweite Republik, Wiederaufbau

 
Von 1. September 1945 bis 27. Juli 1955 war Wien in seinen Grenzen vor 1938 in vier Sektoren geteilt. Die aufgehellten Gebiete wurden 1938 Groß-Wien eingemeindet und zählten zur sowjetischen Besatzungszone Niederösterreich.

Wenige Tage nach dem Ende der Kämpfe des Zweiten Weltkriegs im Raum Wien Mitte April sorgte die Sowjetarmee für den Aufbau einer neuen Stadtverwaltung. Auch politische Parteien formierten sich – noch bevor der Krieg am 8. Mai endgültig in Europa zu Ende gegangen war. Erst im Herbst 1945 ließen die Sowjets auch Militärkontingente der anderen drei Alliierten, Vereinigte Staaten, Großbritannien und Frankreich, nach Wien; es blieb dann bis 1955 Viersektorenstadt. Im 1. Bezirk, der keiner der vier Besatzungsmächte fix zugeteilt war, wechselte die Besatzung jeden Monat.

Auf dem Schwarzenbergplatz, dessen südlicher Teil 1946–1956 Stalinplatz hieß, errichtete die Rote Armee 1945 das als Befreiungsdenkmal, Heldendenkmal oder Denkmal der Roten Armee bezeichnete Monument. Es wurde am 19. August 1945 enthüllt und wird seither von der Stadtverwaltung instand gehalten. Seine Bestandsgarantie ist im Staatsvertrag vereinbart.

Nach dem Krieg erfolgte in Wien, wie überall im Land und in Westeuropa, ein beispielloser Wirtschaftsaufschwung, an dem der Marshallplan ganz wesentlichen Anteil hatte. Mit dem 4. Lohn-Preis-Abkommen der Sozialpartner unzufriedene, kommunistisch dominierte Arbeiter führten 1950 den Oktoberstreik durch. Sie blieben durch das Eingreifen der sozialdemokratisch dominierten Bauarbeitergewerkschaft erfolglos.

1954 konnte, nachdem die Sowjetunion ihr Veto aufgegeben hatte, die 1946 beschlossene Reduktion Groß-Wiens auf das heutige Stadtgebiet in Kraft treten. 80 frühere Ortsgemeinden kehrten zu Niederösterreich zurück, 17 blieben bei Wien.

Am 15. Mai 1955 erlangte das Land mit dem Österreichischen Staatsvertrag die volle Freiheit zurück. Der Vertrag trat am 27. Juli 1955 in Kraft, worauf die Besatzungstruppen binnen drei Monaten abzuziehen hatten.

 

Vom Ungarnaufstand zur Gegenwart

 
Die zweite Reichsbrücke im Jahr 1975 (1976 eingestürzt); links im Hintergrund das gerade in Bau befindliche Vienna International Centre
 
Das moderne Wien: Blick auf den DC-Tower 1 in der Donau City; dahinter das Vienna International Centre, der dritte Sitz der Vereinten Nationen, ganz links der Donauturm und rechts das Hochhaus Neue Donau

Im Herbst 1956 nahm Wien viele Ungarn auf, die nach dem gescheiterten Aufstand gegen das kommunistische Regime nach Westen geflohen waren. Ebenso wurden 1968 viele Tschechen und Slowaken aufgenommen, die nach dem gewaltsamen Ende des Prager Frühlings die Tschechoslowakei verlassen hatten. Eine weitere Flüchtlingswelle erlebte Wien nach dem Zerfall Jugoslawiens ab 1991. Erst vom November 1989 an wurde Wien wieder selbstverständliches Reiseziel für die Bürger dieser Länder.

1957 nahm – als erste internationale Organisation nach 1945 – die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) ihren Sitz in der Stadt. Seit 1965 ist Wien zudem der Sitz der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC). 1961 fand in Wien ein Gipfeltreffen zwischen dem US-Präsidenten John F. Kennedy und dem sowjetischen Parteichef Nikita Chruschtschow statt. 1979 wurde das Vienna International Centre (der dritte Amtssitz der Vereinten Nationen), das gemeinsam mit dem später erbauten Austria Center Vienna die UNO-City bildet, eröffnet. All dies trug zur Positionierung Wiens als Stadt der Kongresse und der Vermittlung in Konfliktsituationen bei. Seit 2003 gehört Wien zur Europaregion Centrope und bildet gemeinsam mit dem benachbarten Bratislava eine „Twin City“ („Zwillingsstadt“), die heute eine Bevölkerung von rund 3 Millionen Menschen umfasst.

1964 fand auf dem Gelände eines früheren Mistplatzes am linken Donauufer die WIG 64, die Wiener Internationale Gartenschau 1964, statt – mit dem Donauturm als neuem Wahrzeichen. 1986 wurde die an Stelle des alten Überschwemmungsgebiets neben dem Donaustrom gegrabene Neue Donau fertiggestellt, ebenso die zwischen den beiden Gewässern entstandene Donauinsel, die sich zu einem beliebten Erholungsgebiet entwickelte. Ende des 20. Jahrhunderts begann man beiderseits der Donau neue Wohnquartiere zu schaffen und mit der Donau City ein Hochhausviertel am linken Donauufer zu etablieren.

Heute wird Wien in internationalen Bewertungen zu den Städten mit der besten Lebensqualität gezählt, zuletzt (2016) erreichte es Rang 1 weltweit vor Zürich und Auckland an zweiter und dritter sowie München und Vancouver an vierter bzw. fünfter Stelle.[43] Dazu tragen der hohe Grünanteil am Stadtgebiet (ca. 50 Prozent), die vergleichsweise sehr gute ökologische Qualität der Stadt (mit Ausnahme der Luftqualität und des Verkehrs),[44] die hohe soziale und polizeiliche Sicherheit, das erstklassige Gesundheitswesen, das hoch entwickelte Bildungswesen, die Dichte an kulturellen Einrichtungen, die effiziente öffentliche Verwaltung, die Freizeitqualität Wiens und das dichte Netz öffentlicher Verkehrsmittel wesentlich bei.

Bevölkerung

Hauptartikel: Demografie Wiens

Bevölkerungsentwicklung

 
Bevölkerung von Wien, 1590–2013
 
Bevölkerungsentwicklung in Wien seit 2002

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges zählte Wien rund 2,1 Millionen Einwohner. Um 1910 war es die sechstgrößte Stadt der Welt, von Berlin überholt. Nach dem Ersten Weltkrieg sank die Einwohnerzahl um etwa 200.000 Personen; viele Beamte und Angestellte nichtdeutscher Muttersprache kehrten in ihre Ursprungsländer zurück. Die Jahre als Hauptstadt eines Vielvölkerstaates haben Wien jedoch nachhaltig geprägt. Damals war die Stadt ein „Schmelztiegel“ von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion. Nach Jahrzehnten der Bevölkerungsstagnation ist Wien seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts neuerlich eine Zuwandererstadt.

Seit den 1950er Jahren machen sich im Ballungsraum Wien mehrere Siedlungstrends bemerkbar: Einerseits ist fast die gesamte Region durch große Geburtendefizite gekennzeichnet, andererseits schützt der Zuzug aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland Wien und seine Umlandgemeinden in den meisten Fällen vor einem Bevölkerungsrückgang. Die Einwohnerzahl sank bis 1987 auf 1.484.885 Personen, den tiefsten Stand seit 1890. Seither wächst die Bevölkerung wieder und könnte laut Prognosen hauptsächlich durch Zuwanderung bis zur zweiten Hälfte der 2020er-Jahre erneut zwei Millionen erreichen.[45]

Von den im Jahr 2012 in Wien lebenden Menschen sind 22,3 Prozent nicht österreichische Staatsbürger, 31,1 Prozent wurden nicht in Österreich geboren. Von den 386.000 Einwohnern ohne österreichische Staatsbürgerschaft kommen 9 Prozent aus Deutschland, 27,2 Prozent aus den übrigen Mitgliedsländern der EU, des EWR bzw. der Schweiz, 31 Prozent aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens und 11,5 Prozent aus der Türkei. Vor allem die Zahl der Einwanderer aus EU- und EWR-Ländern nimmt zu, während die Anzahl von Einwohnern aus dem ehemaligen Jugoslawien seit 2002 nahezu konstant blieb.[5][46]

Im Jahr 2016 lebten in Wien 1.840.226 Menschen, davon 704.902 (38,3 %) mit ausländischer Herkunft/Migrationshintergrund (inkl. Eingebürgerte) bzw. 504.197 Menschen (27,4 %) mit ausländischer (also nichtösterreichischer) Staatsangehörigkeit. Die größten Migrantengruppen waren die Menschen serbischer (99.082, 5,4 %), türkischer (76.363, 4,1 %), deutscher (55.361, 3 %), polnischer (51.639, 2,8 %) und bosnisch-herzegowinischer (40.387, 2,2 %) Herkunft. Von den Menschen mit nichteuropäischer Herkunft bilden Menschen aus Asien die größte Gruppe (101.512, 5,5 %), gefolgt von den Afrikanern (27.657, 1,5 %) und Menschen vom amerikanischen Kontinent (14.666, 0,8 %); 1.008 Einwohner (0,05 %) Wiens kommen ursprünglich aus Australien oder Ozeanien.[47]

Mit einem Bevölkerungswachstum von 4,65 % zwischen 2010 und 2025 könnte Wien laut einer Studie des UN-Habitats die am schnellsten wachsende europäische Stadtregion werden.[48]

Religionszugehörigkeit

 
Der Stephansdom, auch Steffl genannt, ist seit seiner Erbauung ein Wahrzeichen der Stadt (Ansicht von Rudolf von Alt, 1832)
 
Der Stadttempel, einzige erhaltene historische Synagoge Wiens, ist Zentrum der Israelitischen Kultusgemeinde

Zahlen

Der prozentuelle Anteil der Religionsgemeinschaften in Wien im Jahre 2011:[49]

Per 1. Jänner 2014 betrug der aktuelle Anteil der Katholiken in Wien mit 653.646 Mitgliedern 36,99 Prozent, sowie der Anteil der Evangelischen (A.B. und H.B.) mit 55.179 Mitgliedern 3,12 Prozent.[50][51]

Das Statistische Jahrbuch Wiens wies für Ende 2015 diese Werte aus:[52]

Christentum

Die römisch-katholische Gemeinde ist die größte Glaubensgemeinschaft Wiens. Die Stadt ist Sitz der römisch-katholischen Erzdiözese Wien, ihr Erzbischof ist Kardinal Christoph Schönborn. 2016 gehörten 34,7 Prozent der Einwohner Wiens der römisch-katholischen Kirche an, 1971 waren es noch 78,6 Prozent.[49] Die zweitgrößte christliche Glaubensgemeinschaft in Wien sind die Orthodoxen Kirchen. Die russisch-orthodoxe Kathedrale der Eparchie Österreich befindet sich im dritten Bezirk. Wien ist auch Sitz des griechisch-orthodoxen Metropoliten von Austria. Drittgrößte christliche Glaubensgemeinschaft der Stadt ist die evangelische. Wien ist Sitz des lutherischen Evangelischen Oberkirchenrates A.B. in Österreich, mit Bischof Michael Bünker an der Spitze, und Sitz des reformierten Oberkirchenrates H.B., dem Landessuperintendent Thomas Hennefeld vorsteht. Die etwa 4000 Mitglieder zählende Altkatholische Kirche Österreichs hat am Schottenring den Sitz der Kirchenleitung,[53] der Bischof von Österreich ist Heinz Lederleitner.[54] In der Stadt Wien existieren mehrere altkatholische Pfarren.[55] Die älteste Pfarrgemeinde ist seit 1871 in der St. Salvatorkirche des Alten Wiener Rathauses beheimatet.[56] Neben der katholischen und evangelischen Kirche, wird nur die altkatholische im Bundesgesetz über den Kirchenbeitrag erwähnt.[57] Baptisten gibt es in Wien seit 1847. 1869 konnte die erste Gemeinde konstituiert werden, nachdem der Staat zuvor lang die Anerkennung verweigert hatte. Daran beteiligt waren unter anderem Johann Gerhard Oncken und Edward Millard. Die Baptisten sind gegenwärtig mit acht Gemeinden in Wien vertreten, darunter zwei rumänische, eine spanische und eine internationale englischsprachige Gemeinde. Auch befindet sich der Sitz des österreichischen Baptistenbundes in Wien. Daneben bestehen in Wien Gemeinden weiterer evangelischer Freikirchen, so zum Beispiel der Adventisten, der Methodisten, der Mennoniten und der Heilsarmee sowie Gemeinden des Bundes evangelikaler Gemeinden und der Pfingstbewegung. Ebenso ist die Christengemeinschaft mit zwei Gemeinden vertreten.

Islam

Zweitgrößte Glaubensgemeinschaft, nach der katholischen, ist die islamische. Ihr Präsident ist, seit 2011, Fuat Sanaç. Der Islam ist in Österreich seit 1912 anerkanntes Religionsbekenntnis (siehe Anerkennung des Islams in Österreich). In den letzten Jahrzehnten wuchs die Gemeinde durch viele muslimische Zuwanderer stark.

Judentum

Bis 1938 hatte Wien eine der größten jüdischen Gemeinden Europas mit zuletzt rund 185.000 Kultusgemeinde-Mitgliedern. Heute zählt die Israelitische Kultusgemeinde Wien rund 7000 Mitglieder.[58] Ihr Präsident ist Oskar Deutsch, Arie Folger ihr Oberrabbiner.[59]

Politik und Verwaltung

 
Michael Ludwig (SPÖ) ist seit 2018 Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien.
 
Landesdienstflagge

 

Verwaltungsgeschichte

In den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern bestand für Männer seit 1907 auf gesamtstaatlicher Ebene das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht. Bürgermeister Lueger und seine Nachfolger verhinderten bis 1918 die Übernahme dieses Wahlrechts für die Wahlen zum Gemeinderat. Die ersten Wahlen, bei denen alle erwachsenen Frauen und Männer wahlberechtigt waren, fanden 1919 nach dem Ende der Monarchie statt. Seit 1919 stellte bei allen freien Wahlen die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) den Bürgermeister und der Stadtsenat (das Kollegium der Stadträte) und Wiener Gemeinderat (das Stadtparlament) weisen seit 1919 eine Mehrheit der Sozialdemokratischen Partei auf.

Am 10. November 1920, dem Tag an dem die Bundesverfassung,[60] in Kraft trat, die in ihrem Artikel 114[61] Wien als eigenes Bundesland definierte und seine Trennung von Niederösterreich möglich machte, beschloss der „Gemeinderat als Landtag“ in der ersten Landtagssitzung überhaupt die demokratische Stadtverfassung,[62] die „der Bürgermeister als Landeshauptmann“ unterzeichnete. Seither ist der Wiener Bürgermeister gleichzeitig Landeshauptmann, der Stadtsenat gleichzeitig Landesregierung, der Gemeinderat gleichzeitig Landtag. Mit dem Wiener Landesverfassungsgesetz vom 29. Dezember 1921, in gleichem Wortlaut auch in Niederösterreich-Land beschlossen, wurde die definitive Trennung bestätigt und das bisherige Landesvermögen aufgeteilt. Die kurzlebige gemeinsame Landesverfassung wurde mit Jahresende 1921 außer Kraft gesetzt. Das Trennungsgesetz besagte (Art. 4 Abs. 3) aber eigens: „Der Landtag und die Landesregierung von Niederösterreich sind berechtigt, ihren Sitz in Wien zu nehmen.“[63] Diese Berechtigung wurde von Niederösterreich bis 1996 genutzt, dann erfolgte die Verlegung der Niederösterreichischen Landesregierung und ihres Landtags in die 1986 neu gewählte Landeshauptstadt St. Pölten.

1934 bis 1945, in der Zeit des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus, fanden keine demokratischen Wahlen statt, und die demokratische Stadtpolitik war durch verfassungswidrige Maßnahmen der Diktatur unterbrochen. 1945 wurde die Wiener Stadtverfassung wieder in Wirksamkeit gesetzt.

Regierungsstruktur

Amtierender Bürgermeister und Landeshauptmann ist Michael Ludwig (SPÖ). In der Verwaltung Wiens ist das Land Wien von der flächengleichen Stadt Wien zu unterscheiden.

Land Wien

Als Land besitzt Wien seit November 1920 den mit dem Gemeinderat (ausgenommen die Vorsitzenden) personenidenten Landtag als Landesgesetzgeber und die Landesregierung als oberstes Verwaltungsorgan. Nach der Bundesverfassung leitet der Landeshauptmann auch die sogenannte mittelbare Bundesverwaltung; Agenden, die auf Grund von Bundesgesetzen von Landesämtern unter Aufsicht des jeweils zuständigen Bundesministeriums verwaltet werden. In diesem Bereich ist der Landeshauptmann (wie auch jeder von ihm beauftragte amtsführende Stadtrat als Landesrat) an Weisungen des Ministers bzw. der Bundesregierung gebunden. Als Amt der Wiener Landesregierung fungiert der Magistrat der Stadt Wien.

Stadt Wien

Oberstes Verwaltungsorgan der Stadtgemeinde ist der, seit 1919 demokratisch gewählte, Wiener Gemeinderat. Er wählt den Bürgermeister und die Stadträte, die seit Juni 1920 den Stadtsenat und seit November 1920 zugleich die Wiener Landesregierung bilden. Die neueste Wahl des Bürgermeisters und neuer Stadträte fand am 24. Mai 2018 statt.

Verwaltet wird die Stadt nach den Beschlüssen des Gemeinderats vom Magistrat der Stadt Wien unter der Leitung des Bürgermeisters, der amtsführenden Stadträte und des Magistratsdirektors, der auch Landesamtsdirektor ist, den gesamten inneren Dienst leitet und direkt dem Bürgermeister untersteht.

Im Magistrat bestehen neben der Magistratsdirektion (strategisch wichtige Bereiche, die dem Magistratsdirektor und damit dem Bürgermeister direkt unterstehen) diverse Magistratsabteilungen und (Magistrats-)Unternehmungen. Diese sind zu Geschäftsgruppen zusammengefasst, die politisch jeweils einem amtsführenden Stadtrat unterstehen. Die Eigentümerfunktionen bei im privatrechtlichen Eigentum der Stadt Wien stehenden Unternehmen (vor allem Wiener Stadtwerke Holding AG und Wien Holding GmbH) werden ebenfalls von amtsführenden Stadträten vertreten. Darüber hinaus besteht im Magistrat im Sinn der bürgernahen Verwaltung für jeden Gemeindebezirk ein Magistratisches Bezirksamt, das dem Magistratsdirektor untersteht; in mehreren Fällen teilen sich zwei benachbarte Bezirke ein Bezirksamt.

Nur dem Bürgermeister persönlich untersteht der Stadtrechnungshof (bis 2013 Kontrollamt der Stadt Wien), der – wie der Rechnungshof im Gesamtstaat – Einschau- und Prüfungsrechte für alle städtischen Dienststellen und Unternehmungen besitzt und bezüglich Art und Umfang seiner Prüfungen weisungsfrei ist.

Bezirksvertretungen

Wien ist neben Graz die einzige Stadt Österreichs mit Bezirksvertretungen. Die Wahlberechtigten jedes Gemeindebezirks wählen gleichzeitig mit dem Gemeinderat ihre Bezirksvertretung (der einzelne Abgeordnete heißt Bezirksrat); diese wählt den Bezirksvorsteher und zwei Stellvertreter. Einige Verwaltungsbereiche der Stadtgemeinde (u. a. bauliche Erhaltung der Pflichtschulen und des lokalen Straßennetzes) und die dazu bereitgestellten Budgets sind an die Bezirke übertragen worden. Die Durchführung von Maßnahmen nach den entsprechenden Beschlüssen der Bezirksvertretung obliegt dem Magistrat.

Gemeinderatswahl 2015

Mandatsverteilung 2015 im Wiener Gemeinderat
     
 
Insgesamt 100 Sitze

Bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2015[64] ergab sich folgende Stimmen- bzw. Sitzverteilung im Gemeinderat (100 Sitze sind zu vergeben):

ParteiWähleranteil
in Prozent
Anzahl
Sitze
Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) 39,59 44
Österreichische Volkspartei (ÖVP) 9,24 7
Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) 30,79 34
Die Grünen 11,84 10
NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum 6,16 5

Am 13. November 2015 einigten sich die SPÖ und die Grünen darauf, die rot-grüne Koalition fortzusetzen, die Regierung wurde am 24. November 2015 angelobt.

Bei den parallel abgehaltenen Bezirksvertretungswahlen konnten sich die SPÖ in 16, die ÖVP in vier, die Grünen in zwei, sowie die FPÖ in einem Bezirk durchsetzen. Die ÖVP erlangte die Stimmenmehrheit in den bürgerlichen Wohngegenden des 1. und des 8. Bezirks sowie in den mit großen Villenvierteln ausgestatteten Bezirken 13 und 19. Die Grünen stellen im 7. Bezirk und 18. Bezirk den Bezirksvorsteher, erhielten jedoch weniger Stimmen in den Außenbezirken. Die FPÖ konnte vor allem dort höhere Stimmenanteile erreichen und erreichte im 11. Bezirk die relative Stimmmehrheit und stellt damit zum ersten Mal einen Bezirksvorsteher in Wien.

Die Wahlbeteiligung erreichte 74,8 Prozent (nach 67,6 Prozent im Jahr 2010) bei der Gemeinderatswahl und 67,4 Prozent bei den Bezirksvertretungswahlen (nach 63,4 Prozent im Jahr 2010).

Internationale Organisationen

 
UNO-City nördlich der Donau, bestehend aus dem Vienna International Centre und dem Austria Center Vienna (links im Bild).
 
OSZE-Hauptsitz in der Hofburg

Wien wurde im Jahre 1979 die dritte UNO-Stadt nach New York und Genf. Zusätzlich ist Wien Sitz zahlreicher weiterer internationaler Organisationen. Beispielhaft seien angeführt:

  • IAEO – Internationale Atomenergiebehörde (Friedensnobelpreis 2005; seit 1957 in Wien)
  • CTBTO PrepCom – Vorbereitende Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen
  • IPI – Internationales Presseinstitut
  • IKSD – Internationale Kommission zum Schutz der Donau
  • OPEC – Organisation Erdölexportierender Staaten
    • OFID – OPEC-Fonds für Internationale Entwicklung
  • OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
  • UN – Vereinte Nationen
    • Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (früher: EUMC – Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit)
    • UNIDO – Organisation für industrielle Entwicklung
    • UNODC – Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung
    • UNDCP – Internationales Drogenkontrollprogramm
    • UNHCR – Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen
    • UNCITRAL – Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht
    • UNOOSA – Büro der Vereinten Nationen für Weltraumfragen
    • UNSCEAR – Komitee der Vereinten Nationen über die Wirkung der atomaren Strahlung
    • UNPA – Postverwaltung der Vereinten Nationen
  • Dienstsitz des Hochmeisters der Deutschordensritter
  • Internationale Organisation der Obersten Rechnungskontrollbehörden

Wappen, Flagge und Hymne

 
Das Wappen Wiens von 1461, verliehen von Friedrich IV.

Die Symbole Wiens sind im „Gesetz über die Symbole der Bundeshauptstadt Wien“ (Landesgesetzblatt Nr. 10 / 1998) festgelegt und sind seit 1945 die gleichen wie bis 1934 im Roten Wien. Das Wiener Wappen zeigt „in einem roten Schild ein weißes Kreuz“. In einer weiteren Darstellungsform kann das Wappen „auch in Form eines Brustschildes in der Figur eines schwarzen, golden bewehrten Adlers verwendet werden“,[65] dessen Verwendung durch die Organe der Gemeinde Wien und des Landes Wien vorbehalten sind. Der Kreuzschild geht vermutlich auf die Reichssturmfahne zurück. Als Wappen mit Adler ist es 1237 nachweisbar[66] und erstmals 1278 auf einem Wiener Pfenning zu sehen,[67] auf Siegeln datiert es frühestens, als Zeichen Wiens aber unsicher, 1228.

Die Wiener Flagge „besteht aus zwei gleich breiten, waagrechten Streifen; der obere ist rot, der untere ist weiß. Das Verhältnis der Höhe der Flagge zu ihrer Länge ist zwei zu drei.“[65] Die Flagge wurde 1946 (wieder) eingeführt.[67]

Auch das Siegel der Bundeshauptstadt Wien verwendet das Wappen im Brustschild eines Adlers. Als Umschrift findet der Schriftzug „Bundeshauptstadt Wien“ oder die Bezeichnung des Gemeindeorgans oder des Landes Wien Verwendung.

Wien verfügt als einziges Bundesland über keine offizielle Landeshymne.

Landeswappen
(primäre Darstellungsform)
Landeswappen als Brustschild (sekundäre Darstellungsform;
Verwendung durch die Organe Wiens vorbehalten)
Siegel Landesflagge Landesdienstflagge Logo

Städtekooperationen

Wien unterhält Städtekooperationen anhand definierter thematischer Schwerpunkte:

  • seit 1990 – Ungarn Budapest (Ungarn)
  • seit 1991 – Russland Moskau (Russland)
  • seit 1991 – Ukraine Kiew (Ukraine)
  • seit 1993 – Slowakei Bratislava (Slowakei), erneuert 2003 („Twin City“)
  • seit 1994 – Kroatien Zagreb (Kroatien)
  • seit 1998 – Tschechien Brünn (Tschechien)
  • seit 2001 – Polen Warschau (Polen)
  • seit 2003 – Serbien Belgrad (Serbien)
  • seit 2005 – Israel Tel Aviv-Jaffa (Israel)
  • seit 2006 – Vereinigte Staaten New York City (Vereinigte Staaten)
  • seit 2008 – Tunesien Tunis (Tunesien)
  • seit 2010 – Turkei Istanbul (Türkei)

Auch einzelne Wiener Bezirke unterhalten Partnerschaften zu Stadtbezirken anderer Städte, siehe jeweils dort.

Wirtschaft

 
Ehemalige Wiener Postsparkasse am Georg-Coch-Platz, 1906 erbaut von Otto Wagner
 
Die Alte Börse am Schottenring

In der Europäischen Union gehört Wien zu den wohlhabendsten Regionen. Im Vergleich mit dem Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreichte Wien im Jahr 2014 einen Index von 158 (EU-28: 100 Österreich: 129).[68] Die Stadt genießt international den Ruf hoher Lebensqualität, niedriger Kriminalitätsraten und wird aus westeuropäischer Perspektive gerne als „Sprungbrett in den Osten“ bezeichnet, da die Stadt und ihre Unternehmen schon lange gute Beziehungen zu den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) pflegen. Besonders im Vorfeld der EU-Osterweiterung fassten zahlreiche ausländische Großunternehmen ihre Aktivitäten in den mittel- und osteuropäischen Ländern auf ihrem Standort in Wien zusammen, oder gründeten eine solche Zentrale neu, um die Erschließung dieser Märkte von Wien aus anzugehen. In einigen Fällen ging dieser Entschluss auch einher mit der Übernahme eines österreichischen Unternehmens mit Sitz in Wien und Tätigkeit in den MOEL. Dies tat etwa der niederländische Getränkekonzern Heineken mit der Übernahme der Brau Union oder die italienische Großbank Unicredit mit der Übernahme der Bank Austria. Weitere ausländische Konzerne mit Osteuropa-Zentrale in Wien sind etwa der französische Baustoffkonzern Lafarge und die deutschen Konzerne Henkel, REWE und Beiersdorf. Auch die Mehrheit der großen österreichischen Konzerne haben ihren Hauptsitz in Wien. Darunter sind etwa der Mineralölkonzern OMV, der Ziegelhersteller Wienerberger, die Telekom Austria und fast sämtliche österreichische Banken.

Mit der Wiener Börse befindet sich auch Österreichs einzige Wertpapierbörse in Wien. Seit 2010 ist Wien zudem Sitz der CEE Stock Exchange Group, der als Tochtergesellschaften nicht nur die Wiener Börse, sondern auch die Börsen in Budapest, Ljubljana und Prag angehören.

In Wien waren laut Volkszählung 2001 821.458 Personen in 87.691 Unternehmen beschäftigt. Der Bezirk mit den meisten Arbeitsplätzen ist die Innere Stadt (1. Bezirk).

Im Jahr 2005 waren durchschnittlich 92.864 Wiener arbeitslos gemeldet. Das entsprach einer Arbeitslosenquote von 13,3 Prozent nach Österreichischer Berechnungsmethode, beziehungsweise 8,2 Prozent nach der Berechnungsmethode der EU. Im Vergleich zu den anderen acht Bundesländern hat Wien damit die höchste Arbeitslosenquote. Im März 2018 zählte Wien knapp 155.000 Arbeitslose inklusive Schulungsteilnehmern.[69]

Immobilienpreise

Die Preise für Immobilieneigentum als auch für Miete in Wien sind in den letzten Jahren (bis Ende 2014) stark angestiegen. Trotzdem sind die Preise für Eigentum und Miete im Vergleich zu anderen Städten mit ähnlicher oder geringerer Lebensqualität vergleichsweise günstig.[70]

So wurde gegen Ende 2014 ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von circa 4.500 Euro für den Kauf von Immobilieneigentum bei tatsächlich getätigten Transaktionen ermittelt, sowie ein durchschnittlicher Mietpreis von 14,16 Euro, wobei in den inneren Stadtbezirken die Preise entsprechend höher liegen.

Tourismus

 
Das Weltkulturerbe Schloss Schönbrunn zieht jährlich rund 6,7 Millionen Besucher an.
 
Fiaker mit pausierenden Kutschern am Heldenplatz
 
Das Wiener Riesenrad, 1897 errichtet und ein Wahrzeichen der Stadt

Dank zahlreicher Prunkbauten aus der römisch-deutschen und der österreichischen Kaiserzeit, vielfältiger Kulturangebote und nicht zuletzt auch dank des Rufes als Musikhauptstadt, den Wien aufgrund des Schaffens zahlreicher berühmter klassischer Musiker, wie Beethoven, Mozart oder Mahler, erwarb, ist die Stadt weltweit bekannt und ein beliebtes Touristenziel.

Fiaker kutschieren Gäste durch die zum Weltkulturerbe zählende Innere Stadt, die Altstadt, in deren Zentrum sich der Stephansdom befindet.

Im 1. Bezirk befinden sich zudem die Staatsoper, die Hofburg (Stadtresidenz der Kaiser), die Kärntner Straße (die am stärksten frequentierte Fußgängerzone Österreichs), bekannte Hotels und Konditoreien und die prunkvolle Ringstraße, die die Altstadt umgibt. Wien hat seit 1980 eine sehr lebendige und vielfältige Szene mit Lokalvierteln, Kunstgalerien, Kabaretts, Jazzlokalen und Veranstaltungen aller Art entwickelt.

Viele Touristen kommen im Dezember, wenn die Stadt mit ihren Weihnachtsmärkten, ihrem „Silvesterpfad“ durch die Altstadt und ihrem „Kaiserball“ aufwarten kann. Die meisten der Wiener Sehenswürdigkeiten sind ganzjährig zu besuchen. Zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten zählen der Stephansdom, das Schloss und der Tiergarten Schönbrunn, das Belvedere, das Kunsthistorische Museum, die Hofburg, die Albertina, das Riesenrad sowie das MuseumsQuartier.[71]

Ergebnisse 2017

2017 registrierte Wien bei 7,097 Millionen Gästeankünften 15,51 Millionen Gästeübernachtungen (+3,7 Prozent gegenüber 2016), davon 82 % ausländischer Gäste, und netto 792 Millionen € Beherbergungsumsatz (+ 7,2 %). Die Anzahl der Hotelbetten stieg 2017 auf 65.100; sie waren zu 58,9 % ausgelastet. Das Ergebnis war (zum achten Mal in Folge) das bisher beste. Der Gesamtumsatz des Tourismus in Wien wird auf über 4 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

2015 hatten die wichtigsten zehn Quellmärkte zusammen einen Anteil von 66,3 Prozent am Nächtigungsergebnis:

Nächtigungen 2015
Rang nach NächtigungenStaatAnteil an den Nächtigungen (%)
bzw. am Beherbergungs­umsatz (%)
1. Deutschland Deutschland 19,4 % bzw. 17,6 %
2. Osterreich Österreich 18,3 % bzw. 15,5 %
3. Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 5,9 % bzw. 8,4 %
4. Italien Italien 5,2 % bzw. 4,6 %
5. Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 4,1 % bzw. 4,9 %
6. Spanien Spanien 3,0 % bzw. 2,9 %
7. Schweiz Schweiz,
Liechtenstein Liechtenstein
3,0 % bzw. 3,3 %
8. Russland Russland 2,8 % bzw. 2,9 %
9. Frankreich Frankreich,
Monaco Monaco
2,6 % bzw. 2,7 %
10. Japan Japan 2,0 % bzw. x,x %

x,x = in der Aussendung nicht angeführt

Hotellerie

Die Beherbergungskapazität stieg in den letzten Jahren durch Hotelneubauten deutlich an und wird weiterhin steigen, da mehrere Hotels in Bau sind. Im Dezember 2017 standen den Gästen mehr als 65.100 Betten zur Verfügung.

12 Prozent der Betten wurden in der 5-Sterne-Kategorie angeboten, 48,7 Prozent in der 4-Sterne-Kategorie, 26,8 Prozent mit drei Sternen und 12,5 Prozent der Betten in Betrieben mit zwei Sternen oder einem. In der Praxis haben einige Betriebe schon vor längerem darauf verzichtet, offiziell klassifiziert zu werden und Sterne zu führen.[72]

Die Bettenauslastung betrug 2013 je nach Saison zwischen 36,3 Prozent im Jänner und 65,5 Prozent im August, die Zimmerauslastung zwischen 46,3 Prozent (Jänner) und 82,8 Prozent (August). Pro Gast und Nächtigung wurde zuletzt für 2009 ein Gesamtumsatz von 276 Euro errechnet.[73]

Für 2015 wurde im Tourismuskonzept Wien 2015, das im Oktober 2009 publiziert wurde, ein Resultat von elf Millionen Nächtigungen (+10 Prozent gegenüber 2008) und eine Erhöhung des Nächtigungsumsatzes um 100 Millionen Euro (+20 Prozent gegenüber 2008 = über 584 Millionen Euro) angestrebt (Umsatz 2008: 487 Millionen Euro). Das Nächtigungsziel wurde 2011 mit 11,4 Millionen Nächtigungen bereits erreicht und 2014 mit 13,5 Millionen Nächtigungen deutlich übertroffen; der Umsatz betrug 2012 540 Millionen Euro.

Siehe auch: WienTourismus

Kongresstourismus

Zum touristischen Erfolg Wiens tragen viele internationale Kongresse, Firmentagungen, Belohnungsreisen und allgemeine Geschäftsreisen bei. Von der International Congress and Convention Association (ICCA) wurde Wien für 2013 auf Rang 3 weltweit gereiht;[74] die Union of International Associations (UIA) reihte Wien für 2013 mit 318 internationalen Tagungen ebenfalls auf Rang 3 weltweit, hinter Singapur und Brüssel.[75] Zuvor war Wien von der ICCA sieben Mal in Folge auf Rang 1 gereiht worden.

Das Gesamtergebnis des Wiener Kongressgeschäfts 2013 mit 3389 Veranstaltungen, 501.000 Teilnehmenden, 1,4 Millionen Nächtigungen (11 % des Gesamtergebnisses) und 832 Millionen Euro an Wertschöpfung wurde vom Wiener Tourismusverband als auf hohem Niveau, aber kein Rekord bezeichnet. Pro Kopf und Nächtigung wurden 483 Euro ausgegeben.[76]

Medien

 
Das ORF-Zentrum Küniglberg im 13. Wiener Gemeindebezirk
 
Palais Orsini-Rosenberg in der Herrengasse, ehemalige Zentrale der Tageszeitung Der Standard.

Wien ist der Hauptsitz zahlreicher Medien jeglicher Gattung. Das größte Unternehmen dieser Art ist die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ORF mit Sitz am Küniglberg im 13. Gemeindebezirk Hietzing und seinen Radioprogrammen Ö1, Radio Wien, Ö3 und FM4 mit Sitz in der Argentinierstraße im 4. Gemeindebezirk und an der Heiligenstädter Lände. International über Mittelwelle ausgestrahlt wird Radio 1476, besser bekannt als Ö1 International. Die Filmstudios des ORF, die gelegentlich auch für Fernsehsendungen herangezogen werden, befinden sich am Rosenhügel im 23. Gemeindebezirk Liesing.

Weitere Fernsehanstalten mit Sitz in Wien sind der österreichweite Privatsender ATV (ehemals ATVplus) und der Musiksender gotv, der seine größte Reichweite in Wien erzielt. Seit Juni 2004 ist PULS 4 (ehem. Puls TV) empfangbar, dessen Sendegebiet bis Anfang 2008 auf Wien beschränkt war. Die im siebenten Bezirk ansässige Fernsehanstalt produziert mehrere österreichspezifische Sendungen, darunter die Nachrichtensendung Austria Top News für ProSieben Austria. Ende 2005 startete unter dem Namen Okto ein nichtkommerzieller Fernsehsender für Wien.

Neben den ORF-Radiosendern senden elf[77] private kommerzielle Radiosender sowie der nichtkommerzielle lokale Radiosender Orange 94.0 auf UKW aus Wien.

Auch die bedeutendsten österreichweiten Printmedien haben neben den lokalen Zeitungen ihren Hauptsitz in Wien. Die Verlagsgruppe News ist eindeutige Marktführerin im Zeitschriftenbereich. Zu ihren Publikationen zählen unter anderen die Magazine News, Profil, Trend, woman und TV-Media. Auflagenstärkste Wochenzeitung ist eigenen Angaben zufolge jedoch das Unterhaltungsmagazin Die ganze Woche mit über 300.000 Exemplaren österreichweit. Die auf ganz Österreich bezogenen Tageszeitungen Kronen Zeitung, Kurier, Österreich, Der Standard, Die Presse und Wiener Zeitung sind ebenfalls in Wien ansässig. Eine ehemals bedeutende Wiener Tageszeitung, aus der viele erfolgreiche Journalisten hervorgingen, war die 1889 gegründete und 1991 eingestellte Arbeiter-Zeitung, die sich als erstes Medium in Wien auch sozialkritischen Themen widmete. Von großer lokaler Wichtigkeit ist die wöchentlich erscheinende Stadtzeitung Falter, die mit ihrer investigativen journalistischen Arbeit häufig mediale Themen in ganz Österreich bestimmt. Eine Besonderheit ist die vor allem in U-Bahn-Stationen erhältliche Gratiszeitung Heute, die vor allem durch einen hohen Werbeanteil und die höchste Auflage in Wien auffällt. Zudem existieren noch zahlreiche Printmedien mit kleinerer Auflage und thematischer Spezialisierung auf Themen wie Religion oder Politik. Unter diesen ist Die Furche die bedeutendste. Mit dem Augustin und dem in wesentlich geringerer Auflage erscheinendem Uhudla gibt es in Wien zwei Straßenzeitungen die von Obdachlosen verkauft werden.

Die Wiener Stadtverwaltung besitzt zahlreiche Medien, die unter der Dachmarke „wien.at“ laufen. Neben dem Webservice der Stadt gibt es zahlreiche Printprodukte, wie das monatlich erscheinende „wien.at – Das Infoblatt Ihrer Stadt“ sowie sieben kostenlose Zielgruppenmagazine, die auf Wunsch zugeschickt werden. Im Auftrag der Stadt wird die wöchentliche Nachrichtensendung „wien.at TV“ produziert, die auf dem Kabelkanal W24 ausgestrahlt wird und online abrufbar ist. Für die Medien der Stadt Wien ist die Magistratsabteilung 53 – Presse- und Informationsdienst zuständig.[78]

Neben klassischen Medienunternehmen konzentrieren sich auch zahlreiche weitere Unternehmen der Medienbranche sehr stark auf Wien, wie Werbeagenturen, Webagenturen und Unternehmen aus der Filmbranche.

Landwirtschaft

16 Prozent der Fläche Wiens werden landwirtschaftlich von rund 900 gärtnerischen und bäuerlichen Betrieben genutzt. Mehr als 5.000 Hektar davon sind Ackerland, 637 Hektar sind Weinanbauflächen in 140 Rieden (Weingärten), 870 Hektar werden für Gartenbau – vor allem für die Gemüseproduktion – genutzt. Die wichtigsten Weinbaugebiete sind Bisamberg, Nussberg, Kahlenberg und Georgenberg. Es werden vor allem Grüner Veltliner, Riesling, Chardonnay, Weissburgunder, Zweigelt, Welschriesling, Neuberger, Traminer und Gelber Muskateller angebaut. Der sogenannte Wiener Gemischter Satz besteht aus drei Qualitätsweinsorten in einer Riede von je 10 bis 50 %, die zusammen gelesen und verarbeitet worden sein müssen.[79] Von den rund 115.000 Tonnen jährlicher pflanzlicher Nahrungsmittelerzeugung entfallen circa 60.000 Tonnen auf die rund 40 Sorten Gemüse, die in Wien angebaut werden, vor allem Tomaten, Paprika, Gurken, Salat und Radieschen. Circa ein Drittel der in Wien verbrauchten Gemüsemenge wird somit innerhalb der Stadtgrenzen erzeugt.[80][81] Anbaugebiete sind etwa die Simmeringer Haide. Auch der größte österreichische Gemüsevertrieb, die LGV-Frischgemüse, hat ihren Sitz und ihr Hauptlager in Simmering.

Infrastruktur

Für große Teile der technischen und sozialen Infrastruktur der Stadt ist der Magistrat der Stadt Wien, quasi das Wiener Gemeindeamt, zuständig. Die über 60 thematisch spezialisierten Magistratsabteilungen verwalten gemeinsam mit den 19 Magistratischen Bezirksämtern, den Unternehmungen nach § 71 Wiener Stadtverfassung (Krankenanstaltenverbund, Wiener Wohnen, Wien Kanal) und den ausgegliederten oder von Anfang an privaten Unternehmen der Stadt (Wiener Stadtwerke Holding AG, Museen der Stadt Wien, Wien Holding GmbH) wichtige Bereiche des öffentlichen Lebens in der Bundeshauptstadt (Kindergärten, Schulen, Parkanlagen, öffentliche Waldflächen, Müllabfuhr etc.).

Zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten wurde 1998, wie damals bei größeren Kommunen in Europa gängig, die U-Bahn Wien und 2002 die Wiener Kanalisation im 21. und 22. Bezirk mittels Cross-Border-Leasing-Vertrag verkauft und wird seither über eine Laufzeit von 35 Jahren zurückgemietet.[82] Die Stadt Wien sollte dadurch von einem Steueranreiz in den Vereinigten Staaten profitieren, doch wurde diese Steuerlücke vor mehreren Jahren geschlossen und etwaige Ertragsausfälle des Investors müssen von der Stadt getragen werden. Dieses Gesetz sieht zwar mit der „Grandfathering Clause“ vor, dass vor dem 17. September 2003 eingegangene Verträge ihre Gültigkeit behalten sollen, doch verstößt dies gegen Regelungen der Welthandelsorganisation (WTO) und stößt auch auf EU-Widerstand, weshalb diese Regelung modifiziert werden muss.[83] Mittlerweile werden die Cross-Border-Verträge seitens der Wiener Stadtregierung wieder aufgelöst.

Für die technische Sicherheit der Stadt (Baupolizei, Eisenbahnrecht, Wasserrecht usw.) ist der Magistrat der Stadt Wien verantwortlich; bei der Baupolizei mit der Landesregierung, im Eisenbahnrecht mit dem Verkehrsministerium, im Wasserrecht mit dem Umweltministerium als zweite Instanz.

Technische Infrastruktur

Stadtplanung

Der Wiener Stadtentwicklungsplan (kurz: STEP) wird von der MA 18 (Magistratsabteilung 18) erstellt, legt die Richtlinien für die Stadtentwicklung in den nächsten Jahren fest und trägt somit maßgeblich zur städtischen Infrastruktur bei. Die Stadtentwicklungspläne werden in Abständen von zehn Jahren überarbeitet. Während nach 1945 lange Zeit demographische Stagnation herrschte, die auch in den Stadtentwicklungsplänen ihren Niederschlag fand (Privilegierung der Verbauung von Baulücken etc.), kommt es seit der Wende in Osteuropa wieder zu expansiveren Konzepten. Die 1994 beschlossene Revision des STEP 84 trug beispielsweise bereits dem deutlichen Bevölkerungswachstum durch Zuwanderung Rechnung. Der Stadtentwicklungsplan 2005 (STEP 05) befasst sich mit einem Dutzend von Zielgebieten, beispielsweise der Waterfront, einem Gebiet vom Donaukanal über den Praterstern, Nordbahnviertel, Handelskai zur Alten Donau, oder dem Wiental. Die Stadtplanung befasst sich außerdem mit der regionalen und internationalen Verkehrsanbindung Wiens.

Besonders umstritten ist in Wien die Errichtung von Hochhäusern, namentlich im Stadtzentrum. Im Jahr 2001 wurde von der Stadtplanung ein Hochhauskonzept erarbeitet, das in der Folge ausführlich diskutiert wurde. Es basierte auf früheren Hochhausstudien (Architekt Hugo Potyka 1972 und Coop Himmelb(l)au 1992). Nach positiver Äußerung der Stadtentwicklungskommission wurde das Konzept „Hochhäuser in Wien“ vom Gemeinderat im April 2002 angenommen.

Stadtversorgung

 
Das Wiener Wasser stammt seit 1873 aus dem Schneeberg-Gebiet.

Wien wird seit 1873 durch die I. Wiener Hochquellenwasserleitung mit Wasser aus dem Rax-Schneeberg-Gebiet und seit 1910 zusätzlich durch die II. Wiener Hochquellenwasserleitung aus dem Hochschwab-Gebiet versorgt. Die Gebiete wurden 1965 zum Wasserschutzgebiet erklärt, betreut werden sie von der Forstverwaltung der Stadt Wien. Wasser aus einem Grundwasserwerk in der Lobau wird selten, etwa bei Wartungsarbeiten oder besonders hohem Wasserverbrauch, in bestimmten Bezirken dem Hochquellenwasser beigemengt.

Sämtliche Abwässer werden durch die Wiener Kanalisation in die städtische Hauptkläranlage in Simmering geleitet, wobei bis 2006 bei Reinigungsarbeiten und starkem Regen verdünntes Kanalwasser, sogenanntes Mischwasser, in den Donaukanal bzw. die Donau gelangte. Dieses Problem wurde von der Stadt Wien mit dem Bau des Wientalkanals behoben. Er ist 3,5 Kilometer lang und wurde 2006 fertiggestellt. Seither wird das Abwasser gänzlich gesammelt und nach verfügbarer Kapazität der Kläranlagen dann an diese abgegeben.

Das Kanalsystem gelangte durch den Film Der dritte Mann zu internationaler Berühmtheit.

Für das Strom-, Gas- und Fernwärmenetz Wiens ist die Wiener Netze GmbH mit rund 2800 Mitarbeiter zuständig,[84] ein Tochterunternehmen der Wiener Stadtwerke, welche zur Gänze der Stadt Wien gehören. Der Strommarkt selbst ist liberalisiert, der Wettbewerb jedoch nur im Großkundenbereich ausgeprägt. Wien Energie ist der wichtigste Stromlieferant Wiens.

In Wien existiert ein großes Fernwärmenetz, welches von Wien Energie betrieben wird. Die Erzeugung erfolgt unter anderem in den drei großen Müllverbrennungsanlagen Spittelau, Simmeringer Haide und Flötzersteig.

Das (begehbare) Kraftwerk Freudenau staut den Donaustrom, zwei Rohrbrücken führen Leitungen vom linksufrigen Wien zum rechtsufrigen Niederösterreich.

Kommunikation

Seit Februar 2014 ist mit .wien eine Neue Top-Level-Domain für Internetadressen (Domains) für Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen mit Bezug zu Wien in Betrieb. Verwaltet und vermarktet wird diese im Auftrag der Stadt Wien durch die punkt.wien GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Compass Gruppe GmbH.[85]

Verkehrsinfrastruktur

Im Jahr 2014 wurden 39 Prozent aller Wege in Wien mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. 27 Prozent wurden zu Fuß bewältigt und weitere 27 Prozent der Wege per PKW. Nach wie vor gering erscheint mit 7 Prozent den Wiener Stadtplanern der Anteil der Wege, die mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.[86]

Zehn Donaubrücken (Straßen, Eisenbahn, U-Bahn, Fußgänger) verbinden das Stadtgebiet links und rechts der Donau, sieben (inkl. zweier befahrbarer Wehre) verbinden das linke Donauufer über die Neue Donau mit der Donauinsel, 35 Brücken (sowie ein Wehr und eine Schleuse) überspannen den Donaukanal.

Straße

Hauptartikel: Straßen in Wien
 
A23 – Wiener Stadtautobahn
 
Gürtel an der Alser Straße mit Station der U6

Wie die Bahnlinien verlassen auch die alten Fernstraßen (später Bundesstraßen) die Stadt sternförmig. Teilweise sind sie immer noch nach den Fernzielen benannt (Prager Straße B3, Brünner Straße B7, Triester Straße B17).

Gleiches gilt auch für die Autobahnen: A1 Westautobahn, A2 Südautobahn, A4 Ostautobahn und A22 Donauuferautobahn verlassen die Stadt radial. Die A3 ins Burgenland zweigt südlich von Wien von der A2 ab. Als A5 wird derzeit die Nordautobahn Richtung Brünn verlängert, die an das tschechische Autobahnnetz anschließen soll. Als A6 wurde 2007 östlich von Wien die Nordostautobahn von der A4 nach Pressburg (Slowakei) eröffnet.

Die A23 Wiener Südosttangente (die meistbefahrene Straße Österreichs) ist eine ringförmige Verbindung zwischen A2, A4 und A22 im südlichen Stadtgebiet; zu ihrer Entlastung wurde an der südlichen Stadtgrenze die S1 Außenring-Schnellstraße gebaut und am 28. April 2006 eröffnet. Diese soll östlich der Donau in einem Autobahnring fortgesetzt werden, über den man zur A5 gelangt; die dazu nötige Untertunnelung des Nationalparks Donauauen ist aus ökologischen Gründen umstritten. A1, A2 und S1 sind durch die außerhalb Wiens verlaufende A21, die Außenring- oder Wienerwaldautobahn verbunden, über die der West-Ost-Transitverkehr geleitet wird.

In der Stadt gehen die Fernstraßen vom Gürtel aus, der die inneren Bezirke umschließt. Diese sechs- bis achtspurige Straße ist daher besonders staugefährdet und beeinträchtigt durch ihre enorme Verkehrsfrequenz die Wohnqualität. Problemstellen sind des Weiteren vor allem die Stadteinfahrten, insbesondere im Westen auf Grund des Wienerwaldes. Im Süden sind die Stauschwerpunkte vor allem auf A2 und A23 zu finden. Auf der A23, der Südosttangente, stockt der Berufsverkehr fast jeden Tag.

Parkraumprobleme beschränken sich nicht mehr nur auf die inneren Bezirke, die großflächig als Kurzparkzonen eingerichtet sind (Anrainer können mit dem gebührenpflichtigen, sogenannten „Parkpickerl“ Dauerparkplätze beanspruchen); die Parkraumbewirtschaftung wurde 2012 auf Gebiete außerhalb des Gürtels ausgedehnt. Für einpendelnde Verkehrsteilnehmer bestehen einige Parken-und-Reisen-Anlagen mit Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel; die Stadtverwaltung strebt allerdings, auch mit ihrer Beteiligung am Verkehrsverbund Ost-Region (VOR), danach, dass die Pendler bereits außerhalb von Wien in öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Für die Bewohner parkplatzarmer Viertel werden mit finanzieller Hilfe der Stadt „Volksgaragen“ errichtet, die in „grün bewegten“ Bezirken politisch umstritten sind.

Generell ist es Ziel der Stadtverwaltung, den Anteil des Individualverkehrs am Gesamtverkehr aus ökologischen Gründen zu reduzieren. Bis 2012 waren in Wien zehn Busspuren abhängig von der jeweiligen Verkehrssituation für einspurige Kraftfahrzeuge freigegeben.[87] Bürgermeister Michael Häupl forderte 2014 die Freigabe weiterer Busspuren: „… die Motorrad- und Mopedfahrer behindern ja niemanden auf den Busspuren.“[88][89]

Öffentlicher Nahverkehr

 
Vier Generationen der „Bim
 
Stadtbahnstation Karlsplatz, heute Station von U1, U2 und U4

Wien verfügt über ein großes Netz öffentlicher Verkehrsmittel. Es besteht aus den zu den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) gehörenden S-Bahn-Linien, der Badner Bahn und dem Netz der Wiener Linien (U-Bahn, Straßenbahn und Autobuslinien), dem City Airport Train und diversen privaten Autobuslinien. Allein die Wiener Linien transportieren im Jahr 2016 rund 954,2 Millionen Fahrgäste.[90]

Die Wiener Straßenbahn existiert seit 1865 und die Wiener Linien betreiben heute ein 179 Kilometer langes Gleisnetz. Damit verfügt Wien über eines der ältesten und längsten Straßenbahnnetze der Welt. Ab 1898 wurde die im Jugendstil errichtete Wiener Dampfstadtbahn eröffnet, die 1925 schließlich zur Wiener Elektrischen Stadtbahn mutierte und deren Gleisnetz ab 1976 von der schrittweise neu errichteten U-Bahn übernommen wurde. 1978 wurde die erste Neubau-Teilstrecke der Linie U1 eröffnet. Der Autobuslinienbetrieb wurde in Wien am 23. März 1907 aufgenommen. Heute verfügt Wien mit der 24-Stunden-U-Bahn an den Wochenenden[91][92] und der NightLine auch über ein Nachtverkehrs- und Anrufsammeltaxinetz. Darüber hinaus fahren vor allem in den Stadtrandzonen private Busunternehmen in Tarifgemeinschaft mit den Wiener Linien. Gemeinsam mit den Bahn- und Buslinien in Niederösterreich und dem Burgenland bildet das Wiener Verkehrsnetz den Verkehrsverbund Ost-Region (VOR).

Fahrrad

 
„Citybike“-Verleihstation auf der Schönbrunner Brücke

Der Anteil des Fahrradverkehrs am Gesamtverkehr betrug 2016 in Wien 7 Prozent.[93] In manchen Bereichen liegt der Wert jedoch deutlich höher. Der Radverkehr wird dabei an rund zehn automatischen Zählstellen gemessen und nahm an diesen Standorten gegenüber 2015 um 6,4 Prozent zu.[94] Das Netz an öffentlichen Radwegen, Radfahrstreifen und Radrouten im Stadtgebiet umfasst 2017 rund 1298 Kilometer; davon sind 53,73 Prozent Radrouten, verkehrsberuhigte Bereiche, Wohnstraßen, Fußgängerzonen, Fahrstraßen und geöffnete Busspuren, 20,74 Prozent vom Autoverkehr baulich getrennt und 25,53 Prozent markierte Anlagen (wie Radfahrstreifen, Mehrzweckstreifen und Radfahren gegen die Einbahn).[95]

Seit Jahren wird das Leihfahrradsystem „Citybike“ der Gewista angeboten, deren Räder an festen Stationen zum Abstellen eingeklinkt werden müssen. Mittels eines Kfz-Anhängers verteilt der Betreiber die Räder wieder an unterversorgte Stationen. Bis 2017 kamen drei Verleihsysteme dazu: Zuletzt OBike[96] und Ofo[97] aus China, die frei abgestellt werden konnten, per Smartphone-App gefunden werden konnten und dabei auch von Missbrauch betroffen waren. Donkey Republic aus Dänemark arbeitet hingegen mit festen Stationen und wird von Pedal Power betreut. Die Stadt Wien plant nun Regeln zur Nutzung des Stadtraums durch Radverleiher.[98] Nach der Pleite von Obike kündigte im Juli 2018 auch Ofo den Rückzug aus Wien an. Als Grund wurden die hohen regulatorischen Auflagen genannt.[99][100]

Eisenbahn

 
Karte der Eisenbahnstrecken nach Wien und Lage der wichtigsten Wiener Bahnhöfe
 
Der Wiener Südbahnhof, größter Kopfbahnhof Wiens, zur Zeit der k.u.k. Monarchie
 
Die Bahnsteigebene des Wiener Hauptbahnhofs

Historisch bedingt – alle Verkehrsverbindungen orientierten sich nach der Haupt- und Residenzstadt der österreichisch-ungarischen Monarchie – wurden in Wien mehrere Kopfbahnhöfe errichtet. Alle größeren Bahnhöfe Wiens wurden jedoch im Zweiten Weltkrieg auf Grund ihrer strategischen Bedeutung zumindest beschädigt. Die meisten wurden wieder aufgebaut und neu gestaltet. So wurde 1951 der alte Westbahnhof durch einen Neubau ersetzt. In den Neubau des (3.) Südbahnhofs wurde 1956 der früher getrennte Ostbahnhof integriert. In den Jahren 1976 bis 1980 wurde der Franz-Josefs-Bahnhof überbaut. Der Nordbahnhof, eine stattliche Ruine, die erst 1965 entfernt wurde, wurde nicht wiederhergestellt (seine architektonische Bedeutung wurde damals nicht erkannt), da durch den Zerfall der Habsburgermonarchie und den Eisernen Vorhang der Fernverkehr der Nordbahn seine Bedeutung verloren hatte. Ab dem 9. Dezember 2012 wurde der Teilbetrieb am neu errichteten Wiener Hauptbahnhof aufgenommen, die vollständige Inbetriebnahme erfolgte am 13. Dezember 2015.[101] Es handelt sich nicht, wie bei den traditionellen großen Wiener Bahnhöfen, um einen Kopfbahnhof, sondern um einen Durchgangsbahnhof, der Südbahn und Ostbahn verknüpft, aber auch Züge von Nord- und Westbahn einbinden kann.

Heute bestehen in Wien noch zwei große Kopfbahnhöfe; sie dienen vorwiegend dem Regionalverkehr:

Durchgangsbahnhöfe:

Für den Lokal- und Regionalverkehr ist der intensive Wiener S-Bahn-Betrieb wichtig. Er bedient auch viele kleinere Bahnhöfe bzw. Stationen. Sehr dichter Verkehr wird auch auf der stadteigenen Lokalbahn Wien–Baden, vulgo Badner Bahn, geboten.

Für den Güterverkehr wichtig sind der Lainzer Tunnel, die beiden Verbindungsbahnen zwischen West- und Südbahn sowie zwischen Süd- und Nordbahn, die mehrere Strecken verknüpfende Donauländebahn und die Donauuferbahn (die zwischen den beiden seit 1945 fehlende Winterhafenbrücke wurde bis 2008 neu errichtet) sowie der Zentralverschiebebahnhof Wien-Kledering an der Ostbahn.

Flughafen

 
Flughafen Wien

Der Flughafen Wien befindet sich im niederösterreichischen Schwechat, einer 16 km südöstlich von Wiens Zentrum gelegenen Stadtgemeinde. Er ist Heimatbasis und Drehkreuz von Austrian Airlines, Eurowings Europe und EasyJet Europe und der größte Arbeitgeber der Ostregion Österreichs. Im Geschäftsjahr 2017 verbanden ihn 74 Fluggesellschaften mit 195 Zielen in 70 Ländern weltweit. Dabei wurde ein neuer Passagierrekord erreicht. Insgesamt wurden 24.392.805 Millionen Passagiere (+4,5 %), davon 17.844.391 Millionen Lokalpassagiere (+4,5 %) und 6.442.112 Millionen Transferpassagiere (+4,4 %), bei 224.568 Flugbewegungen (−0,8 %) abgefertigt.[102]

Schifffahrt

 
Twin City Liner an der Schiffstation City am Donaukanal

Durch den Rhein-Main-Donau-Kanal ist Wien durch eine Wasserstraße sowohl mit dem Hafen Rotterdam als auch den deutschen Industriegebieten verbunden. Über die Donau gibt es eine Verbindung mit den Ländern Osteuropas bis zum Schwarzen Meer. Der geplante Donau-Oder-Kanal blieb unvollendet. Die Personenschifffahrt auf der Donau hat heute fast nur noch touristische Bedeutung, es gibt einen Tragflügelbootverkehr nach Bratislava und Budapest. Der Wiener Personenhafen liegt bei der Reichsbrücke; daneben gibt es Anlagestellen für Personenschiffe bei Nussdorf und am Donaukanal beim Schwedenplatz.

Seit Juni 2006 verbindet der Schnellkatamaran „Twin City Liner“ dreimal täglich die beiden Hauptstädte Wien und Bratislava über die Donau. In Wien wurde als Ein- und Ausstiegsstelle der Schwedenplatz, Abgang Marienbrücke, gewählt. In Bratislava dient das denkmalgeschützte „Propellerhaus“ im Zentrum als Anlegeplatz. 2006 verkehrte das Schiff bis Ende Oktober, 2007 wurde die Saison bereits im März begonnen, 2008 wurde ein zweiter Schnellkatamaran angeschafft, und verkehrt seither fünfmal täglich zwischen Wien und Bratislava.

2003 wurden im Frachthafen neun Millionen Tonnen Güter (vor allem Mineralölprodukte, landwirtschaftliche Produkte und Baustoffe) umgeschlagen und dazu 1550 Schiffe abgefertigt.

Sicherheits-Infrastruktur

Polizei

Die Sicherheitsverwaltung und alle zu ihr zählenden Behörden und Organe sind Kompetenz des Innenministers. Die Landespolizeidirektion Wien hat ihren Sitz im 1., Schottenring 7–9. Derzeit gibt es in Wien 98 Polizeiinspektionen, drei Polizeihundeinspektionen und zwei Strompolizeiinspektionen, in denen fast 4000 Polizisten ihren Dienst versehen. Dabei stehen ihnen 630 Fahrzeuge und elf Motorboote zur Verfügung.

Für Einsätze mit erhöhtem Gefährdungsgrad steht die Sondereinheit WEGA, für Einsätze mit sehr hohem Gefährdungsgrad das Einsatzkommando Cobra zur Verfügung. Zur Sicherung des Flughafens Wien steht außerdem die Einsatzabteilung Kranich bereit. Bei Großdemonstrationen und gewaltsamen Ausschreitungen, z. B. nach Fußballspielen, kommt auch die Einsatzeinheit Wien zum Einsatz.

Feuerwehr

 
Berufsfeuerwehr Am Hof

Die Berufsfeuerwehr ist die 68. Abteilung des Magistrats der Stadt Wien (MA 68). Das Feuerwehrkommando, die Nachrichtenzentrale für den gesamten Raum Wien und die Dienstführungen aller drei Sparten des Feuerwehrdienstes haben ihren Sitz in der Zentrale (1., Am Hof 7, 9 und 10). Wien ist in neun Brandschutzsektionen aufgeteilt; die einzelnen Sektionen haben spezifische Aufgaben und verfügen über spezielle Ausrüstung. Die 22 Feuerwachen mit insgesamt ungefähr 1700 Feuerwehrleuten sind über das ganze Stadtgebiet so verteilt, dass jeder Einsatzort durchschnittlich nach fünf Minuten erreicht werden kann. Weiters befinden sich im AKH und im Rathaus eigenständige Feuerwachen, wie die Rathauswache, die aber ebenfalls in die MA 68 integriert sind.

Die Berufsfeuerwehr Wien ist die älteste Berufsfeuerwehr der Welt. Außerdem bestehen in zwei früheren Dörfern knapp innerhalb der Stadtgrenze die Freiwilligen Feuerwehren FF Breitenlee und FF Süßenbrunn. Sie sind organisatorisch in die Berufsfeuerwehr eingegliedert und werden als Gruppenwachen geführt. Ihnen gehören ca. 70 Feuerwehrleute an. Weiters bestehen 47 Betriebsfeuerwehren mit knapp 1450 Feuerwehrleuten; insgesamt können somit 3300 Feuerwehrleute mobilisiert werden.

 

Justiz und Vollzug

 
Landesgericht für Strafsachen Wien

In Wien bestehen unabhängige Gerichte aller Instanzen: zwölf Bezirksgerichte (und ein eigenes Bezirksgericht für Handelssachen), das Landesgericht für Strafsachen Wien, das Oberlandesgericht für Wien, Niederösterreich und das Burgenland sowie der für ganz Österreich tätige Oberste Gerichtshof. Als Anklagebehörden bestehen unter Aufsicht des Justizministers die Staatsanwaltschaft Wien, die Oberstaatsanwaltschaft Wien und die Generalprokuratur.

Weiters bestehen in Wien Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts: der Verfassungsgerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof und die als Unterinstanzen zu diesem 2014 errichteten Institutionen Bundesverwaltungsgericht, Bundesfinanzgericht und Landesverwaltungsgericht Wien.

In Wien gibt es vier Justizanstalten:

Soziale Infrastruktur

Schulwesen

In Wien gibt es 283 Volksschulen (darunter 217 öffentliche), 120 Hauptschulen (darunter 96 öffentliche), 46 Sonderschulen (darunter 40 öffentliche) und 95 Allgemeinbildende höhere Schulen (darunter 67 öffentliche). Zudem befinden sich in Wien 28 Berufsschulen (darunter 25 öffentliche), beispielsweise für Elektrotechnik, Gastgewerbe, oder Bürokaufleute, 22 technische und gewerbliche mittlere und höhere Schulen (darunter 11 öffentliche), wie für Textilindustrie oder Chemische Industrie, 21 wirtschaftsberufliche mittlere und höhere Schulen (darunter 8 öffentliche), beispielsweise HBLA für Mode und wirtschaftliche Berufe für Mode oder Tourismusschule und 16 kaufmännische mittlere und höhere Schulen (darunter 6 öffentliche).

Universitäten

 
Hauptgebäude der Universität Wien am Universitätsring
 
Akademie der bildenden Künste Wien

In keiner Stadt des deutschen Sprachraums gibt es mehr Studierende als in Wien.[103] Nach offiziellen Angaben der Stadt Wien studierten im Wintersemester 2016/2017 mehr als 196.000 Studenten an den Universitäten und Fachhochschulen.[104]

Die Universität Wien ist zudem die älteste und größte Universität im heutigen deutschen Sprachraum (die älteste deutsche Universität war die Karls-Universität Prag). Die Universität Wien wurde 1365 als Alma Mater Rudolphina gegründet und war vor allem für ihre medizinische Fakultät berühmt, die seit 2004 als eigenständige Universität unter dem Namen Medizinische Universität Wien existiert. 1692 wurde die Akademie der bildenden Künste Wien als Privatakademie des Hofkammermalers Peter Strudel gegründet. 1765 wurde von Maria Theresia die Veterinärmedizinische Universität Wien gegründet. 1767 ging die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien aus der Singschule des Antonio Salieri hervor. 1815 wurde die Technische Universität Wien als k.k. polytechnisches Institut gegründet. 1867 wurde die heutige Universität für angewandte Kunst als Kunstgewerbeschule gegründet. 1872 erfolgte die Gründung der Universität für Bodenkultur Wien. 1898 wurde die k.u.k. Exportakademie gegründet, die heutige Wirtschaftsuniversität Wien.

Neben diesen staatlichen Universitäten gibt es in Wien noch vier Privatuniversitäten (Webster Vienna Private University, Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK), Sigmund Freud Privatuniversität Wien sowie Modul University Vienna) und einige Fachhochschulen (FHWien Studiengänge der WKW, Fachhochschule des bfi Wien, Fachhochschule Technikum Wien, FH Campus Wien, sowie die Lauder Business School). Außerdem befinden sich noch einige unabhängige Institute wie das Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik in Wien.

Bibliothekswesen

Die führenden wissenschaftlichen Bibliotheken Wiens sind die Österreichische Nationalbibliothek, die Universitätsbibliothek Wien und die Wienbibliothek im Rathaus (ehemals Wiener Stadt- und Landesbibliothek). Dazu kommen die Bibliotheken der Wirtschaftsuniversität Wien, der Technischen Universität, der Medizinischen Universität und anderer Hochschulen sowie die Fachbibliotheken der Universitätsinstitute, außerdem die Sozialwissenschaftliche Bibliothek der Arbeiterkammer und die Parlamentsbibliothek. Im Akademietrakt der Stiftskaserne befindet sich die Österreichische Militärbibliothek, die größte Amts- und Behördenbibliothek Österreichs. Die 41 städtischen Leihbüchereien Wiens sind als Wiener Büchereien zusammengefasst, darunter die Hauptbücherei am Urban-Loritz-Platz.

Gesundheitswesen

Das Allgemeine Krankenhaus (AKH) im Wiener Gemeindebezirk Alsergrund ist das größte Spital Wiens und Österreichs und zugleich das Klinikum der Medizinischen Universität Wien.

Sozialer Wohnbau

Wien ist bekannt für den sozialen Wohnbau. Während der Zeit des Roten Wiens von 1918 bis 1934 entstanden erstmals im großen Stil zahlreiche Gemeindebauten, die von der Stadt errichtet und betrieben wurden, nicht auf Gewinne ausgerichtet waren und primär für die Arbeiterschaft zahlreiche Wohnungen zu günstigen Mieten bereitstellten. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es erneut eine starke Bautätigkeit an Gemeindebauprojekten.

Für die Politik der „sanften Stadterneuerung“ erhielt die Stadt Wien im Jahr 2010 die „Scroll of Honour“-Auszeichnung des UN-HABITATs.[105]

Soziale Einrichtungen

Die ersten sozialen Einrichtungen Wiens entstanden im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, als aufgrund der großen Armut in der Bevölkerung die ersten Obdachlosen- und Männerwohnheime errichtet wurden, etwa das 1905 eröffnete in der Meldemannstraße, in dem von 1910 bis 1913 auch der jugendliche Adolf Hitler gewohnt hat. Heute leben etwa 200.000 Menschen in Wien unter der Armutsgrenze.[106] Um sie kümmern sich, so gut es geht, gemeinnützige Organisationen wie Volkshilfe und Caritas. Letztere betreibt auch die stadtbekannte Obdachloseneinrichtung Die Gruft im Bezirk Mariahilf, die seit 1986 besteht. Für Jugendliche wird Streetwork angeboten.[107] Im Auftrag der Stadt Wien führen die Wiener Sozialdienste gemeinnützige Aufgaben durch.

Kultur

 
Schloss Belvedere
 
Die Spanische Hofreitschule mit den Lipizzanern geht auf das Jahr 1572 zurück.

In der kaiserlichen Residenzstadt wurden Museen und Sammlungen errichtet, die Kunstwerke von Weltrang besitzen. Zur Wiener Kultur zählt das kaiserliche Erbe der Stadt mit den Palästen Hofburg, Schloss Schönbrunn und Schloss Belvedere. In der Spanischen Hofreitschule werden Vorstellungen der Hohen Schule der Reitkunst der Lipizzaner gezeigt.

Die Zeit um 1900 wird als Wiener Moderne bezeichnet, womit der damaligen kulturellen, künstlerischen und wissenschaftlichen Großmachtstellung Wiens Rechnung getragen wird. Der Erste Weltkrieg beeinträchtigte diese Stellung der Stadt, der Terror gegen jüdische Wiener sowie der Zweite Weltkrieg beseitigten die Weltgeltung Wiens.

Wissenschaftlich hat sich Wien vor allem in der Medizin hervorgetan. Hier befindet sich die älteste bis heute bestehende Universität im deutschen Sprachraum; ihr prominentester Professor war Sigmund Freud. Bemerkenswert sind auch der Wiener Kreis der Philosophie und die Österreichische Schule der Wirtschaftstheorie.

Von internationaler Bedeutung war und ist das Wiener Musikleben. Historisch ist es vor allem von Komponisten wie Mozart, Beethoven, Johann Strauss, Gustav Mahler und Arnold Schönberg geprägt. Der Wiener Walzer war und ist weltweit bekannt. Heute sind vor allem bekannte Interpreten wie die Wiener Philharmoniker, die Wiener Symphoniker, das Ensemble der Wiener Staatsoper und der Concentus Musicus Wien zu nennen. Wichtige Strömungen bzw. Zirkel waren oder sind etwa die Wiener Schule (Vorklassik), die Wiener Klassik und die Wiener Schule (Moderne) der Musik. In den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde Wien auch zu einem der Zentren elektronischer Musik.

Wien gilt als Theaterstadt, mit deren vielfältigem Angebot im deutschen Sprachraum vor allem Berlin konkurriert. Im 19. Jahrhundert waren Grillparzer, Raimund und Nestroy die bekanntesten Wiener Theaterautoren, im 20. Jahrhundert waren es Arthur Schnitzler und Thomas Bernhard. In der Literatur sind im 20. Jahrhundert Autoren wie Karl Kraus, Robert Musil, Heimito von Doderer, H. C. Artmann und seine Wiener Gruppe hervorgetreten.

Historisch ist im Wiener Kulturleben auch die Wiener Schule des Phantastischen Realismus in der Malerei zu erwähnen.

Die aktuelle Kulturszene, seit 2001 mit dem MuseumsQuartier als neuem Schwerpunkt, ist mit Konzerthallen, Galerien, Ausstellungshäusern, Bühnen, Festivals und vielem anderen sehr abwechslungsreich und wird mit öffentlichen Geldern stark gefördert. Traditioneller ist die Gastronomiekultur ausgerichtet: mit dem Wiener Kaffeehaus, der Wiener Küche und dem Wiener Weinbau.

Sprache

Wien ist Zentrum der österreichischen Varietät der deutschen Sprache. Die gesprochene Stadtmundart ist ein ostmittelbairischer Dialekt mit teilweise sehr eigenem Wortschatz und zahlreichen Lehnwörtern aus den Sprachen der Habsburgermonarchie, vor allem dem Tschechischen. Ein beträchtlicher Teil der heutigen Einwohner der Stadt hat eine andere Muttersprache als Deutsch; inwieweit dennoch der Wiener Dialekt beherrscht wird, ist sehr unterschiedlich.

Hauptartikel: Wienerisch

Musik

 
Goldener Saal des Musikvereinsgebäudes, in dem das Neujahrskonzert stattfindet

In Wien waren im Laufe der Jahrhunderte Komponisten von Weltrang tätig. Die bekanntesten Vertreter sind jene der Wiener Klassik (ca. 1780–1827) – Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven –, später wirkten Franz Schubert, Franz Liszt, Johannes Brahms, Johann Strauss (Vater), Johann Strauss (Sohn), Franz Lehár, Joseph Lanner, Anton Bruckner, Gustav Mahler, sowie zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Mitglieder der Zweiten Wiener Schule (Arnold Schönberg, Anton Webern, Alban Berg) und Ernst Krenek.

Mit den Wiener Philharmonikern, die aus Mitgliedern des Wiener Staatsopernorchesters zusammengesetzt sind, residiert in Wien das 2006 und 2007 von zehn führenden Fachjournalisten zum besten Orchester Europas gekürte Ensemble.[108] Auch die Wiener Symphoniker, das Konzertorchester der Stadt Wien, sind ein international renommierter Klangkörper. Ebenso sind in dieser Stadt die berühmten Wiener Sängerknaben beheimatet.

Das Wienerlied als eigene Musikgattung stand und steht auch heute noch in Wechselwirkung mit anderen Musikstilen.

Auch in der Popmusik gibt es einige namhafte Interpreten aus Wien, etwa Georg Danzer, Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros. Der international wohl bekannteste Wiener Künstler dieses Genres war Falco, der 1986 mit dem Lied Rock Me Amadeus für mehrere Wochen Platz 1 der amerikanischen Billboard Hot 100 belegte. In den 1990er-Jahren sorgten Musiker und Musikproduzenten aus dem Bereich der elektronischen Musik für internationale Bekanntheit, Wien galt als heimliche Hauptstadt des Downbeat. Beispiele hierfür sind Kruder & Dorfmeister und Tosca.

Theater und Oper

 
Wiener Staatsoper, in der der alljährliche Opernball stattfindet
 
Das Burgtheater ist eine der renommiertesten deutschsprachigen Bühnen.

Kunst und Kultur können in Wien im Bereich von Theater, Oper oder auch Bildender Kunst auf eine sehr lange Tradition zurückblicken. Neben dem Burgtheater, das zusammen mit seiner Zweitbühne, dem Akademietheater, als eines der wichtigsten Schauspielhäuser der Welt gilt, sind auch das Volkstheater sowie das Theater in der Josefstadt namhafte Sprechtheater. Daneben gibt es noch eine Vielzahl kleinerer Bühnen, die den großen in puncto Qualität zuweilen um nichts nachstehen und sich oft moderneren, experimentellen Stücken oder dem Kabarett und der Kleinkunst verschrieben haben. Seit 2000 wird in Wien der Nestroy-Theaterpreis, der wichtigste im deutschsprachigen Raum, verliehen.

Die Staatsoper pflegt die klassische Operntradition mit Aufführungen in Originalsprache, die Volksoper bietet ein aus der typisch wienerischen Operette, dem klassischen Musical und der Oper zusammengesetztes Repertoire. Konzerte mit klassischer Musik finden unter anderem im Wiener Musikverein (mit dem berühmten Goldenen Saal) und im Wiener Konzerthaus statt.

Das Theater an der Wien, in dem Beethovens Oper Fidelio uraufgeführt wurde, brachte bis 2005 erfolgreich Musical-Uraufführungen (mit Abstand am erfolgreichsten war das Musical Elisabeth, das bis Japan reüssierte und in mehreren Sprachen aufgeführt wurde). Seit dem Mozartjahr 2006 fungiert es als drittes Opernhaus der Stadt; im Unterschied zu Staatsoper und Volksoper im Stagionebetrieb.

Die Wiener Kammeroper, seit 2012 zum Theater an der Wien gehörig, bringt mit ihrem jungen Ensemble alte und neue Opern in traditionsferner Inszenierung. Im Haus der Musik hat Wien seit 2000 ein Klangmuseum für Kinder und Erwachsene. Das Marionettentheater Schloss Schönbrunn pflegt das kunstvolle Spiel mit kostbaren Marionetten in Opern und Theaterstücken für Erwachsene und Kinder.

Das Vienna’s English Theatre wurde 1963 gegründet und ist das älteste englischsprachige Theater Europas außerhalb der Britischen Inseln.

Die 1994 gegründete Kinderoper Papageno war die erste mobile Kinderoper Österreichs.

Seit dem Jahr 2000 findet jährlich das Europäische und Internationale Gehörlosentheaterfestival veranstaltet von ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater in Wien statt. Zeitgleich mit dem Festival wird auch die Europäische Gehörlosentheaterkonferenz abgehalten, die vom Netzwerk Deaf Theatre Network Europe Vienna ausgerichtet wird.

Staatsoper und Volksoper sind Bundestheater. Das Theater an der Wien bildet gemeinsam mit der Musicalbühne Raimund Theater und dem kürzlich renovierten Etablissement Ronacher das im Eigentum der Stadt Wien stehende Unternehmen Vereinigte Bühnen Wien.

Siehe auch: Alt-Wiener Volkstheater, Carltheater, Leopoldstädter Theater, Simpl, Theater am Kärntnertor, Wiener Metropol, Wiener Theaterreform, Kabelwerk Wien-Meidling, Schauspielhaus, Kategorie „Theater (Wien)“

Museen

 
Kunsthistorisches Museum am Maria-Theresien-Platz
 
Das MuseumsQuartier in den ehemaligen Hofstallungen
 
Die Albertina, Kunstmuseum mit der größten grafischen Sammlung der Welt.
 
Oberes Belvedere
 
Technisches Museum Wien
 
Das Wien Museum am Karlsplatz, derzeit wegen Umbaus geschlossen

Der größte Museumskomplex Wiens und einer der größten der Welt besteht aus den Museen in der Hofburg mit ihren Annexen, den beiden ehemaligen Hofmuseen, und wird in westlicher Richtung vom MuseumsQuartier abgeschlossen, das in den 1990er Jahren in den ehemaligen k.u.k. Hofstallungen errichtet und 2001 eröffnet wurde. In diesem Areal befinden sich:

Die Österreichische Galerie Belvedere präsentiert im Schloss Belvedere Kunst aus Österreich vom Mittelalter über das Barock bis zum frühen 20. Jahrhundert, darunter Der Kuss, das bekannteste Werk Gustav Klimts. Im Unteren Belvedere wurde 2006/2007 eine neue Ausstellungshalle errichtet. Weiters befindet sich hier das Barockmuseum mit Franz Xaver Messerschmidts bekannten Charakterköpfen. 2011 wurde in unmittelbarer Nähe des Belvedere das 21er Haus (ehemals 20er Haus) als Dependance für zeitgenössische Kunst wiedereröffnet.

Das Wien Museum (früher Historisches Museum der Stadt Wien) dokumentiert die Geschichte Wiens mit Wechselausstellungen und einer ständigen Präsentation und betreut die Gedenkstätten von Ludwig van Beethoven, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert und Johann Strauß. Zu den weiteren Dependancen des Hauses zählen die Hermesvilla, das Uhrenmuseum der Stadt Wien, das Römermuseum und das Pratermuseum.

Zur Wien Holding gehören das Jüdische Museum Wien, welches sich der tragischen Geschichte der Juden in Wien widmet, das Haus der Musik, das Kunst Haus Wien mit Werken Friedensreich Hundertwassers und fotografischen Wechselausstellungen sowie das Mozarthaus Vienna, untergebracht in einem ehemaligen Wohnhaus Wolfgang Amadeus Mozarts, auch als Figarohaus bekannt, da er dort an der Oper Le nozze di Figaro arbeitete.

Als Museum ist funktional auch die ehemalige kaiserliche Sommerresidenz Schloss Schönbrunn, Wiens meistbesuchte Sehenswürdigkeit, mit den Schauräumen des Schlosses und der kaiserlichen Wagenburg eingerichtet.

Das Heeresgeschichtliche Museum im Arsenal ist das Leitmuseum des Österreichischen Bundesheeres und dokumentiert anhand von Exponaten die Geschichte des österreichischen Militärwesens, darunter Waffen, Rüstungen, Panzer, Flugzeuge, Uniformen, Fahnen, Gemälde, Orden und Ehrenzeichen, Fotografien, Schlachtschiffmodelle und Dokumente.

Weitere Museen in Wien (Auswahl):

Dazu kommen, insbesondere im Bereich der zeitgenössischen Kunst, mehrere Ausstellungshäuser wie etwa die Kunsthalle Wien, die Secession, das Bank Austria Kunstforum, WestLicht, und das Künstlerhaus Wien.

Literatur

Besonders erwähnenswert unter den Autoren, die zumindest einen Teil ihres Lebens in Wien verbracht haben, sind Ilse Aichinger, Peter Altenberg, H. C. Artmann, Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Hugo Bettauer, Elias Canetti (Literaturnobelpreisträger), Heimito von Doderer, Albert Drach, Franzobel, Barbara Frischmuth, Arno Geiger, Daniel Glattauer, Friedrich Glauser, Franz Grillparzer, Wolf Haas, Peter Henisch, Theodor Herzl, Hugo von Hofmannsthal, Ernst Jandl, Elfriede Jelinek (Literaturnobelpreisträgerin), Daniel Kehlmann, Egon Erwin Kisch, Klara Köttner-Benigni, Karl Kraus, Alexander Lernet-Holenia, Friederike Mayröcker, Eva Menasse, Carl Merz, Jörg Mauthe, Adelbert Muhr, Robert Musil, Johann Nestroy, Leo Perutz, Alfred Polgar, Helmut Qualtinger, Ferdinand Raimund, Christoph Ransmayr, Joseph Roth, Felix Salten, Arthur Schnitzler, Hilde Spiel, Bertha von Suttner (Friedensnobelpreisträgerin), Friedrich Torberg, Georg Trakl, Walther von der Vogelweide, Josef Weinheber, Franz Werfel, Wolf Wondratschek und Stefan Zweig.

Film

 
Vor dem Kino Klein im Wurstelprater, 1905

Ab 1906 wurden in Wien erste Kurzfilme produziert, wobei die zahlreichen französischen Filmschaffenden damals auch in Wien noch die Überzahl im Vergleich zu den heimischen Aktiven stellten. Ab 1910 setzte mit Gründung der Wiener Kunstfilm-Industrie die österreichische Stummfilmproduktion ein. Es folgte die Sascha-Filmfabrik Wien des böhmischen Grafen Alexander Kolowrat-Krakowsky, 1913 in Liesing (damals eigene Gemeinde, heute 23. Bezirk) gegründet, 1914 im 20. Gemeindebezirk Brigittenau eingerichtet. Im Ersten Weltkrieg entstanden neben zahlreichen Propagandaproduktionen auch die ersten (Kriegs-)Wochenschauen. 1920 erreichte die Filmproduktion mit 142 Filmen ihren Höhepunkt. 1923 eröffnete die Vita-Film die „Rosenhügel-Filmstudios“, die noch wesentlich größer und moderner als die Sascha-Film-Studios in Sievering waren. Über ein Dutzend weitere Filmproduktionsgesellschaften produzierten damals regelmäßig Filme.

 
Die 1923 von der Vita-Film eröffneten damals größten und modernsten Filmstudios Österreichs.

Mit der schrittweisen Enteignung der Sascha-Film ab 1935 entstand aus dieser 1938 die Wien-Film, die mittels der Cautio Treuhandgesellschaft der Reichsfilmkammer unterstand, und Wien neben Berlin und München zur Hauptproduktionsstätte von Propagandafilmen werden ließ. Wie in allen Bereichen fand auch in der Film- und Kinobranche eine hemmungslose „Arisierung“ statt.

 
Das Apollo-Kino in Mariahilf

Bei der „Entnazifizierung“ durch die Alliierten im besetzten Nachkriegswien gingen zahlreiche Kinos unberechtigterweise in die stadteigene Kinobetriebsanstalt (Kiba) über. Zugleich setzte mit Gründung neuer Filmgesellschaften, wie zum Beispiel der Belvedere-Film 1947, die Heimat- und Musikfilm-Produktion wieder an, um zu ihrem absoluten Höhepunkt in den 1950er- und 1960er-Jahren aufzusteigen. Mittendrin wieder viele Wiener Schauspieler, wie Hans Moser, Peter Alexander, Waltraut Haas, Romy Schneider, Hans Holt und Nadja Tiller – um nur ein paar zu nennen. Einer der bedeutendsten Regisseure zu dieser Zeit war Franz Antel – ebenfalls ein Wiener. 1948 wurde mit Der dritte Mann ein mit internationalen Starschauspielern besetzter Film abgedreht, der Wien weltweit einen Popularitätsschub verschaffte und als Nebeneffekt dem Sieveringer Zitherspieler Anton Karas zu unverhoffter Bekanntheit verhalf.

Doch die 1960er-Jahre waren auch vom einsetzenden Kinosterben geprägt. Existierten 1953 noch über 200 Kinos in der Stadt, blieben 1983 lediglich 69 Kinos mit 96 Sälen über. Mit steigender Verbreitung von Multiplex-Kinos ab den 1980er-Jahren konnte zwar der Trend der sinkenden Kinoanzahl nicht gestoppt werden, doch stieg in den 1990ern die Anzahl der Säle auf 191 im Jahr 2001 wieder an. Wegen des nunmehrigen Überschusses und geringerer Auslastung sank die Zahl auf Kosten weiterer Kinos bereits 2002 wieder auf 166 ab.

Das 1900 gegründete Erika-Kino in der Kaiserstraße galt bei seiner Schließung im Jahr 1999 als ältestes noch betriebenes Kino der Welt. Heute ist es ein Theaterspielraum. Seither gelten die 1905 gegründeten, im 14. Wiener Gemeindebezirk befindlichen Breitenseer Lichtspiele als das älteste noch bespielte Kino Wiens.

In der Gegenwart besteht in Wien, nicht zuletzt aufgrund von Produktionsaufträgen des Österreichischen Rundfunks und staatlicher Filmförderung, eine sehr kreative Filmszene. Das Filmfestival Viennale, das Österreichische Filmarchiv, das Österreichische Filmmuseum und die Vienna Film Commission, 2009 von der Stadt Wien gegründet, tragen dazu bei.

Bildende Kunst

In der bildenden Kunst hat Wien in Vergangenheit und Gegenwart international beachtete Künstler aufzuweisen, darunter Gustav Klimt, Koloman Moser, Richard Gerstl, Oskar Kokoschka, Egon Schiele, Fritz Wotruba, Maria Lassnig, Arnulf Rainer, Bruno Gironcoli, Franz West, Erwin Wurm und Heimo Zobernig.

Architektur

 
Die Kirche am Steinhof, 1904–1907 nach dem Entwurf von Otto Wagner im Jugendstil erbaut
 
Das Hundertwasserhaus, 1983–1985 erbaut

In Wien finden sich Bauwerke aller Stilepochen der Architektur, von der romanischen Ruprechtskirche über den gotischen Stephansdom, die barocke Karlskirche, die hochbarocke Jesuitenkirche und die Bauten des Klassizismus bis zur Moderne.

Besonders hervorzuheben ist jedoch die Architektur der Gründerzeit, die die ehemalige Kaiserstadt Wien wie aus einem Guss erscheinen lässt. Genau diese ist es, die in ehemaligen Städten der Donaumonarchie, wie Budapest oder Prag oder Lemberg im ehemaligen Galizien, deren Zugehörigkeit zu Österreich-Ungarn architektonisch repräsentiert.

Der Jugendstil hat ebenfalls seine Spuren in Wien hinterlassen: Die Secession, die Stadtbahnstation Karlsplatz und die Kirche am Steinhof von Otto Wagner zählen zu den weltweit bekanntesten Bauten dieser Epoche. 1910 entstand mit dem Kai-Palast auch das österreichweit erste Bürohochhaus in Stahlbetonbauweise.

Wien hat eine lange und große Tradition als Schauplatz und Ausbildungsort internationaler Architektur. Folgende Architekten stammen von hier bzw. studierten hier: Adolf Loos, Josef Hoffmann, Otto Wagner, Joseph Maria Olbrich, Josef Plecnik, Richard Neutra, Rudolph Michael Schindler, Margarete Schütte-Lihotzky, Friedrich Kiesler, Josef Frank, Coop Himmelb(l)au, Gustav Peichl, Günther Domenig, Hans Hollein und Luigi Blau.

Eine der beliebtesten Touristenattraktionen stellt das Hundertwasserhaus von Friedensreich Hundertwasser dar, das als Gegenmodell zur nüchternen modernen Architektur gedacht ist. Ebenfalls von Hundertwasser künstlerisch gestaltet wurde die Müllverbrennungsanlage Spittelau. Ein weiteres Beispiel außergewöhnlicher Architektur ist die Wotrubakirche (Kirche Zur Heiligsten Dreifaltigkeit) des Bildhauers Fritz Wotruba. Auffällig im Stadtbild sind auch die Wiener Flaktürme und die Wiener Hochquellenwasserleitung.

Eine Reihe von Stadtteilen wurden seit den 1990er Jahren neu erschlossen. Umfangreiche Bauvorhaben wurden rund um die Donau City (nördlich der Donau) und am Wienerberg (im Süden von Wien) umgesetzt. Der 202 m hohe Millennium Tower am Handelskai war zwischen 1999 und 2014 das bisher höchste in Wien gebaute Hochhaus und Zeichen einer architektonischen Wende in Wien hin zu mehr Selbstbewusstsein, aber auch Konformität. 2014 wurde er vom 250 Meter hohen DC Tower 1 abgelöst.

In den letzten Jahren werden vermehrt alte Gebäude mit moderner Architektur kombiniert, wie bei der Revitalisierung der Gasometer 2001, welche weltweites mediales Interesse auf sich zog. Der 2002 geschaffene Diva Award zeichnet jährlich mutige Immobilienprojekte aus, die das neue Selbstbewusstsein der Stadt demonstrieren.

Wien hat im Vergleich zu anderen Metropolen eine statistisch geringe Anzahl von Hochhäusern. Im Jahr 2006 gab es um die 100 Bauwerke über 40 Meter Höhe. Die Stadtverwaltung setzt hier mittlerweile auf Qualität vor Quantität, mit dem Ziel, die Naturräume Wiens und die als Weltkulturerbe anerkannten historischen städtebaulichen Elemente zu erhalten. An geplanten Hochhausprojekten, die in den 1950er Jahren verwirklicht werden sollten, entzündeten sich wiederholt hitzige Diskussionen – zum Beispiel beim Bau des Gartenbauhochhauses, dessen Planung 1950 begann, aber erst 1963 fertiggestellt werden konnte.

Deshalb gelten in Wien sehr strenge Richtlinien für die Planung, Genehmigung und den Bau von Hochhäusern. Gemäß Stadtplanung sind weite Teile Wiens, insbesondere in den inneren Bezirken, Ausschlusszonen, in denen keine Hochhäuser errichtet werden dürfen.[109]

Nur rund 26 % der Gesamtfläche Wiens kommen somit überhaupt für die Hochhausplanung infrage. Auch dort müssen die Bauwerke dem städtebaulichen Leitbild entsprechen, eine Reihe von Auflagen erfüllen und dürfen keine bedeutenden Sichtachsen beeinträchtigen. Deshalb entstehen neue Hochhäuser vorrangig in äußeren Bezirken, wo noch mehr Gestaltungsspielraum vorhanden ist und weniger städtebauliche Besonderheiten berücksichtigt werden müssen.

Siehe auch: Liste der Hochhäuser in Wien, Liste der höchsten Bauwerke in Wien und Ungebautes Wien

Wissenschaft

Im Bereich der Pharmazie konnte sich Wien erfolgreich als Standort für Pharmakonzerne etablieren. So betreibt hier etwa Baxter International ein großes Laboratorium.

Ess- und Trinkkultur

Hauptartikel: Wiener Küche
 
Wiener Schnitzel
 
Der Naschmarkt um 1900

Die traditionelle Wiener Küche ist geprägt von den früheren Einflüssen der Zuwanderer aus den Regionen und Ländern der k.u.k. Monarchie. Bedingt durch die Lage der Stadt nahe der Grenze zu Ungarn und dem früheren Böhmen finden sich vor allem Speisen aus diesen Ländern auf den Speisekarten. So stammt das Gulasch mit seinen Wiener Varianten – dem Wiener-, Fiaker- und dem Zigeuner-Gulasch – aus Ungarn. Aus Böhmen kamen vor allem die Mehlspeisen, wie verschiedene Strudel, Golatschen und Palatschinken sowie verschiedene Knödelvarianten. Besonders beliebt sind das Wiener Schnitzel und der Tafelspitz.

Der größte und vielseitigste Markt mit festen Ständen ist der Naschmarkt, auf dem Obst, Gemüse, Gewürze, Fisch, Fleisch und vieles mehr aus aller Welt gekauft werden kann. Der Naschmarkt gilt als der Spezialitätenmarkt Wiens. Der längste Straßenmarkt Europas ist hingegen der Brunnenmarkt im 16. Wiener Gemeindebezirk.

Zum Stadtbild Wiens gehören in belebten Gegenden die Würstelstände, an denen verschiedene heiße Würstel sowie heißer Leberkäse zu finden sind. Alternativ zum Hotdog wird dort häufig die Bosner angeboten. Ebenso häufig sind mittlerweile Kebabstände zu finden.

Wiener Kaffeehaus

Hauptartikel: Wiener Kaffeehaus

Eine weitere Besonderheit der Wiener Kultur stellt das Wiener Kaffeehaus dar, in dem neben einer Vielzahl von Kaffeespezialitäten auch kleine Speisen serviert werden. Viele Besucher nutzen die Möglichkeit, während ihres Besuchs stundenlang die meist reichlich vorhandenen Zeitungen zu lesen. Neben vielen neueren chromblitzenden, Espresso genannten Kaffeebars italienischen Stils existieren noch viele „echte“ Wiener Kaffeehäuser, die in Angebot, Ausstattung und Stil den ursprünglichen Charme dieser Institution bewahrt haben. Das erste Kaffeehaus Wiens wurde 1685 von einem Griechen namens Johannes Theodat in seinem Wohnhaus am Haarmarkt, heute Rotenturmstraße 14, eröffnet.

Heurigen

 
Typisches Heurigen-Lokal in Grinzing

Wien ist weltweit eine der wenigen Metropolen mit eigenem Weinbaugebiet. Dieser Wein wird in Wien in kleinen Lokalen, sogenannten Heurigen, ausgeschenkt, die sich vor allem in den Weinbaugebieten Döblings (Grinzing, Neustift am Walde, Nussdorf, Salmannsdorf, Sievering), Floridsdorfs (Jedlersdorf, Stammersdorf, Strebersdorf) sowie Mauer und Oberlaa konzentrieren. Der Wein wird oftmals auch als Gespritzter getrunken, ein Mischgetränk aus Weißwein und Soda- oder Mineralwasser, wobei das Mischungsverhältnis jahreszeitlich variieren kann (Sommer- oder Wintergespritzter).

Sub- und Jugendkultur

 
Das Werkstätten- und Kulturhaus (WUK) an der Währinger Straße ist ein beliebter Jugendtreffpunkt.

Eine eigenständige Jugendkultur abseits des Mainstreams gibt es auch in Wien, wenngleich sie nie über ein gewisses Nischendasein hinausgekommen ist.

Eines der ältesten Zentren für Jugend- und Subkultur ist das Werkstätten- und Kulturhaus (WUK) auf dem Standort des ehemaligen Technologischen Gewerbemuseums (TGM), das in den frühen 1980er Jahren zu einem freien Kultur- und Werkstättenhaus wurde. Auch heute noch findet hier eine Vielzahl künstlerischer Veranstaltungen aller Art statt.

Ein bekannter Veranstaltungsort der Stadt für subkulturelle Aktivitäten ist das früher im Besitz der KPÖ stehende und von Autonomen besetzte Ernst-Kirchweger-Haus (EKH). Dort wurden neben diversen Workshops, Arbeitsgruppen, Informations- und Beratungstätigkeiten auch regelmäßig Konzerte und Partys mit Rock, Punk oder auch Tekno abgehalten. Auch die Volxtheaterkarawane findet ihre Heimat im EKH. Mittlerweile ist dieser Treffpunkt im Besitz der Stadt Wien.

Ein weiteres Zentrum von Jugend- und Subkultur ist das Flex am Donaukanal, das internationale, genreübergreifende Konzerte und DJ-Events, die irgendwo zwischen Pop- und Alternativmusik angesiedelt sind, aufwartet und somit auf ein großteils jugendliches Publikum verweisen kann. Obwohl direkt am Kanal gelegen und daher ohne Anrainer, gab es bei seiner Etablierung am jetzigen Standort heftige Proteste von Bezirkspolitikern.

Auf dem Gelände des alten Schlachthofs in der Baumgasse befindet sich die Arena, ein ehemals besetztes Gelände, das mittlerweile ein eigenständiges Kulturzentrum ist. Bestehend aus Großer Halle, kleiner Halle, Dreiraum und Beisl finden hier regelmäßig Konzerte und Partys statt. Im Sommer gibt es auf der großen Freiluftbühne im Zentrum der Arena auch etliche Konzerte und Kinovorstellungen.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, da im Untergrund aktiv, ist die Wiener Freetekno-Szene. Nur gelegentlich veranstalten Soundsysteme auch in bekannten Clubs öffentlich bekannt gegebene Tekno-Partys. Die meisten Veranstaltungen finden in Hallen am Stadtrand oder etwas außerhalb der Stadtgrenze, in Niederösterreich, statt. Angekündigt werden die Partys im Freundes- und engeren Bekanntenkreis per Mundpropaganda oder Infolines.

Jährliche Veranstaltungen

 
Stadtkino zur Viennale

(Auswahl jährlicher Veranstaltungen, chronologisch im Jahreslauf gereiht)

Freizeit

Wiener Parks, Wälder und Auenlandschaften

 
Das Heustadelwasser in den Praterauen
 
Blick von der Donauinsel zum Leopoldsberg und Kahlenberg im Hintergrund
 
Das Donauinselfest findet jeden Sommer auf der Donauinsel statt.

Wien besitzt viele unterschiedliche Parkanlagen und ist weltweit eine der Städte mit dem höchsten Grünflächenanteil, der die Hälfte des Stadtgebiets ausmacht. In der Innenstadt gibt es mehrere Parks, deren Geschichte bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht und die reich mit Denkmälern und Parkbauten bestückt sind.[110] Hierzu zählen der Stadtpark, der an die Hofburg anschließende Burggarten, der Augarten sowie der Volksgarten. Von den barocken Gartenanlagen der Vorstadtpalais ist der Schlosspark von Schloss Belvedere mit dem botanischen Garten noch fast in Originalgröße erhalten geblieben. Neben den großen Parks gibt es zahlreiche kleinere Parkanlagen insbesondere in den inneren Bezirken. Diese werden umgangssprachlich auch Beserlparks genannt. Auch Friedhöfe wurden nach dem Ersten Weltkrieg in Parkanlagen (beispielsweise der Währinger Schubertpark) umgewandelt.

Die größte Parkanlage Wiens ist der Wiener Prater in der Leopoldstadt. Mit 600 Hektar ist er fast doppelt so groß wie der Central Park in New York und dreimal so groß wie der Berliner Tiergarten. Das ehemalige kaiserliche Jagdgebiet, das noch heute zu großen Teilen aus Aulandschaften besteht, wurde 1766 von Joseph II. dem Volk übergeben. Rund um den grünen Prater entstanden im Laufe der Zeit das Messegelände, wo die Weltausstellung 1873 stattfand, der Vergnügungspark Wurstelprater mit seinem Wahrzeichen, dem Riesenrad und das Ernst-Happel-Stadion (ehemals Praterstadion), das größte Fußballstadion Österreichs.

Die 21,1 Kilometer lange und 200 Meter breite Donauinsel, die in den Jahren 1972 bis 1988 als Hochwasserschutz errichtet wurde, ist ebenfalls ein beliebtes Naherholungsgebiet der Wiener Bevölkerung. Einmal pro Jahr findet hier das Donauinselfest statt. Es gibt hier unter anderem einen großen FKK-Badebereich. Im Gebiet der Reichsbrücke hat sich zudem eine vielfältige Lokalszene entwickelt.

Im Westen der Großstadt reichen die Ausläufer des Wienerwaldes zum Teil weit in die verbauten Bereiche der Außenbezirke hinein. Hier findet sich unter anderem der Lainzer Tiergarten, ein weitläufiges Waldgebiet (2500 Hektar) mit reichem Wildbestand. In dem ehemaligen kaiserlichen Jagdgebiet finden sich neben dem Jagdschloss Hermesvilla bis heute Jagdwild, wobei insbesondere die Wildschweine im Lainzer Tiergarten sehr populär sind. Die Wälder im Westen werden durch den Wiener Grüngürtel im Süden (Wienerberg und Laaer Berg), der teilweise aufwändig wieder aufgeforstet wurde, fortgesetzt. Nördlich der Donau dient neben dem Donaupark insbesondere die Lobau als Naherholungsgebiet. Das Auengebiet der Donau ist Teil des Nationalparks Donau-Auen.

Sowohl Sehenswürdigkeiten als auch Grünoasen sind die Wiener Friedhöfe, die als Erholungsorte gelten und zum Spazieren einladen. Der Zentralfriedhof ist nicht nur für seine Ehrengräber berühmt. Es befinden sich dort auch ein evangelischer Friedhof, der neue und alte jüdische Friedhof, eine islamische Abteilung, eine moslemisch-ägyptische Abteilung sowie zahlreiche orthodoxe Abteilungen und Grabstätten der Anatomie. Im Frühjahr 2019 wurden im Zentralfriedhof zwei Laufstrecken markiert. Auch der Sankt Marxer Friedhof ist ein beliebtes Areal für Spaziergänge. Er wurde Ende des 19. Jahrhunderts geschlossen und wird heute als Parkanlage geführt. Hier wurden einst Mozart und Josef Madersperger, einer der Erfinder der Nähmaschine, in Schachtgräbern bestattet, wodurch die exakte Lage ihrer Grabstellen heute nicht bekannt ist.

Sport

Sportstätten

 
Ernst-Happel-Stadion im Prater
 
Wiener Stadthalle
 
Siegerehrung 2004 zum Vienna Marathon mit Bundespräsident Heinz Fischer

Wien spielt im österreichischen Sportgeschehen eine zentrale Rolle. Viele neue Sportarten verbreiteten sich von hier aus nach ganz Österreich. Zu den Lieblingssportarten der Wiener zählt das Schwimmen. Hierfür stehen zahlreiche Schwimmbäder und natürliche Gewässer zur Verfügung, beispielsweise das Gänsehäufel, eine Sandinsel in der Alten Donau.

Das größte Fußballstadion Wiens, das Ernst-Happel-Stadion, mit seinen 49.825 Plätzen wird unter anderem von der österreichischen Nationalmannschaft genutzt. Es ist eines der wichtigsten Fußballstadien Europas und war in der jüngsten Vergangenheit dreimal Gastgeber des Finales des Europapokals der Landesmeister (1987, 1990) bzw. der Champions-League (1995). 2008 fanden hier das Finale und einige andere Spiele der Europameisterschaft statt.

Neben den Mannschaftssportarten gibt es in Wien ein breites Angebot für Individualsportarten. Als Laufstrecken sind die Wege im Wiener Prater oder auf der Donauinsel beliebt. Trainiert kann auch im Ferry-Dusika-Hallenstadion werden. Einmal jährlich findet zusätzlich der Vienna City Marathon statt. Radfahrern stehen neben über 1.000 Fahrradkilometern zahlreiche Mountainbikestrecken in den Wiener Bergen zur Verfügung. Golfplätze stehen beispielsweise am Wienerberg zur Verfügung.

Auch für den Wintersport, der in Österreich einen hohen Stellenwert genießt, gibt es vielfältige Angebote. Die Stadt Wien betreibt auf der ehemaligen FIS-Strecke Hohen-Wand-Wiese und auf der Dollwiese zwei Schipisten. Ab einer Schneelage von 20 cm zieht das Sportamt der Stadt Loipenspuren durch den Prater, auf der Donauinsel, am Wienerberg, auf den Steinhofgründen, im Schwarzenbergpark, am Cobenzl und im Maurer Wald. Die Streckenlängen reichen von 2,5 Kilometern (am Wienerberg) bis zu 12 Kilometern (Donauinsel). Wegen der geringen Schneefälle und dem Klimawandel war das Langlaufen über einen längeren Zeitraum in der Stadt zuletzt im Jahr 2013 möglich. Erst in den Jahren 2017 und 2018 konnten für ein paar Tage wieder gespurte Loipen benützt werden.[111]

Vereine

Hauptartikel: Fußball in Wien

Fußball genießt in Wien große Beliebtheit. Mit dem Rekordmeister SK Rapid Wien und dem Rekordcupsieger Austria Wien gibt es zwei stark rivalisierende Vereine in der Stadt. Der SK Rapid stand bislang zwei Mal in einem Europapokalfinale und konnte sogar Meister und Pokalsieger werden. Die Austria erreichte ebenfalls einmal das Europacupfinale und gewann zwei Mal den Mitropapokal. Sporthistorisch wertvoll ist auch die First Vienna, Österreichs ältester Fußballklub, sowie der Wiener Sport-Club, der ebenfalls große Erfolge im Europapokal feiern konnte. Auch zwei der Vorläufervereine des in der Südstadt spielenden VfB Admira Wacker Mödling (Wacker Wien und Admira Wien) waren Wiener Vereine. Die Dominanz der Wiener Vereine zeigt sich alleine dadurch, dass mit dem LASK erst 1965 eine Mannschaft aus den Bundesländern Meister werden konnte.

Neben den Fußballvereinen gibt es zahlreiche erfolgreiche Wiener Vereine in anderen Sportarten. Im Eishockey wurden bei den Herren die Vienna Capitals 2005 und 2017 österreichischer Meister, sowie bei den Damen die EHV Sabres, die mit dreizehn Meistertiteln österreichischer Rekordmeister sind. Die Footballer von den Raiffeisen Vikings Vienna konnten fünf mal, zuletzt 2013, die Eurobowl gewinnen. Die Vienna Wanderers sind fünffacher österreichischer Staatsmeister, zuletzt 2015. Die Volleyballer der aon hotVolleys sind 18‑facher Österreichischer Meister. Die Handballer der SG Handball West Wien gewannen fünf Mal den Österreichischen Meistertitel, die der Margareten Fivers gewannen zwei Mal die Meisterschaft.

An der Alten Donau und an der Donau gibt es für Freunde des Rudersports insgesamt elf verschiedene Rudervereine. In Wien gibt es drei ordentliche und vier außerordentliche Mitgliedsclubs des Österreichischen Golf-Verbands. Als Fechtklub ist vor allem der Wiener Sport-Club bekannt.

Öffentliche Badeanlagen

Hauptartikel: Baden und Schwimmen in Wien

Die wohl bekannteste öffentliche Badeanlage Wiens ist das Gänsehäufel – eine Insel an der Alten Donau, die zur Gänze dem Badevergnügen gewidmet ist. Direkt daneben befindet sich das „Kleine Gänsehäufel“, eine Halbinsel, auf der sich mehrere Arbeiterbäder, die während der Zeit des „Roten Wiens“ eröffnet wurden, befinden. Auch andere öffentliche Bäder stammen aus dem „Roten Wien“, wie etwa die Kinderfreibäder oder das Amalienbad im 10. Bezirk. Noch unter einem christlichsozialen Bürgermeister wurde 1914 das Jörgerbad eröffnet. Noch älter ist das Dianabad, welches 1806 vorerst nur für die gesellschaftliche Oberschicht fertiggestellt wurde. Ebenfalls zum Baden genutzt werden die zwischen der Neuen Donau und der Donau gelegene, über 21 km lange Wiener Donauinsel sowie die am nordöstlichen Ufer der Neuen Donau gelegenen Badebereiche im 21. und 22. Bezirk.

Nachtleben

Das Nachtleben Wiens wurde lange Zeit von den bis heute beliebten Nachtkaffeehäusern bestimmt. In den 1980er-Jahren entwickelte sich zunächst im Grätzl rund um den Schwedenplatz und die Ruprechtskirche eine rege Beislszene, die scherzhaft Bermudadreieck genannt wird, weil so mancher nach einer langen Nacht dort verschollen sein soll. In den 1990er Jahren entstanden im Zuge der Sanierung des Gürtels zahlreiche Szenelokale in den ehemaligen Stadtbahnbögen, die mittlerweile fester Bestandteil des Wiener Musik- und Nachtlebens sind. Die Unterbringung dieser Lokale in den Gürtelbögen hat aufgrund ihrer mittigen Straßenlage den Vorteil, für die Anrainer keine zusätzliche Lärmbelästigung darzustellen. In den 2010er Jahren entstanden mehr und mehr Cocktailbars insbesondere im ersten Bezirk und den umliegenden Straßenzügen. Während der Sommermonate verlagert sich ein guter Teil des Nachtlebens in Schanigärten, etwa im Museumsquartier und im Alten AKH, sowie in Freiluftlokale, etwa am Donaukanal und auf der Donauinsel.

Persönlichkeiten

Literatur

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: ab Anm.: Wien ist die einzige Gemeinde in Österreich, deren Gemeindekennzahl (GKZ, auch Polit. Gemeinde-Nr.) nicht mit dem Gemeindecode (GCD, auch Gemeindeschlüssel) ident ist. Der GCD beinhaltet als weitere Unterteilung die Bezirksnummern. Quelle: Statistik Austria, Regionale Gliederungen – Gemeinden. Abgerufen am 15. September 2011.
  2. Statistik Austria - Bevölkerung zu Jahresbeginn 2002-2018 nach Gemeinden (Gebietsstand 1.1.2018) (CSV)
  3. Bevölkerung am 1. Jänner nach Geschlecht und Altersgruppen. Statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat), abgerufen am 25. Mai 2017.
  4. Arbeitsmarktdaten 05/2017, Arbeitsmarktservice Österreich
  5. Hochspringen nach: ab Bevölkerung zu Jahresbeginn seit 2002 nach zusammengefasster Staatsangehörigkeit – Wien, Statistik Austria.
  6. Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach Bundesländern (Jahresdurchschnitt 2016) – Wien, Statistik Austria.
  7. Hochspringen nach: ab Basisdaten Österreich. (PDF) In: Wirtschaftskammer österreich. Abgerufen am 4. April 2018. 
  8. Hochspringen nach: ab Stadtgebiet – Statistiken, Stadt Wien, abgerufen am 6. Mai 2014.
  9. Stadtgebiet nach Nutzungsklassen und Gemeindebezirken 2012. Stadt Wien, abgerufen am 6. Mai 2014.
  10. Wien zweitgrößte deutschsprachige Stadt. Stadt Wien, abgerufen am 17. Februar 2015. 
  11. Günther Chaloupek: Wien: Wirtschaftsgeschichte, 1740-1938. Wien: Industrie. In: Geschichte der Stadt Wien. Band 1. Jugend und Volk, 1991, ISBN 978-3-224-16051-4. 
  12. Top 100 City Destinations Ranking. vom 27. Jänner 2015.
  13. Internationale Organisationen und Institutionen mit Sitz in Österreich. Abgerufen am 28. August 2015. 
  14. Österreich als Amtssitz internationaler Organisationen. Abgerufen am 28. August 2015. 
  15. Außen- und europapolitischer Bericht. Abgerufen am 28. August 2015. 
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  93. Anteil bei 7 Prozent. Wien: „Zu viele Hügel sind schuld an Rad-Flaute.“ In: Krone. 21. Dezember 2016.
  94. Radverkehr nahm in Wien im Jahr 2016 deutlich zu. In: fahrradwien.at, 17. Jänner 2017.
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  101. derStandard.at – Eröffnung des Wiener Hauptbahnhofs in Bildern. Artikel vom 10. Oktober 2014, abgerufen am 27. Oktober 2014.
  102. Rekordjahr 2017: Flughafen-Wien-Gruppe mit 30,9 Mio. (+6,9 %) Passagieren erstmals über 30 Mio.-Grenze. In: viennaairport.com, 16. Jänner 2018.
  103. Wien ist größte Unistadt im deutschen Sprachraum. wien.gv.at, abgerufen am 25. April 2014. 
  104. Wien in Zahlen 2017 Broschüre der Stadt Wien, abgerufen am 1. August 2018
  105. Erfolgsstory sanfte Stadterneuerung (Memento vom 6. April 2012 im Internet Archive). In: wieninternational.at. 22. Februar 2012 abgerufen am 23. Februar 2012.
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  108. 2. und 3. November in Peking: Wiener Philharmoniker Tourneen 2013/14, Österreichisches Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres.
  109. Hochhauskonzept – Städtebauliche Leitlinien für die Planung von Hochhausprojekten. Magistrat der Stadt Wien, MA 41.
  110. Christian Hlavac: Kurze Anmerkung zu Wien: Vom barocken Grüngürtel zu den städtischen Parks der Zwischenkriegszeit. In: Die Gartenkunst. Band 27 (1/2015), S. 95–108.
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Neueste Kommentare

26.12 | 23:58

Ja, bin auch so ein männliches Opfer weiblicher Gewalt. Das ist jetzt meine erste Aussage nach über 30 Jahren Fresse halten (müssen).

10.11 | 02:19

Sehr gut und sehr wichtige Anerkennung und Feststellung.
Man(n) kann garnicht genug betonen, wie wichtig dieses Thema ist.

Grösse Anerkennung und Kudos!